Donnerstag, 1. Mai 2025

Über eine "Beinahe"-Brut des Rothalstauchers auf dem Rysumer Nacken

Moin Kinners!

Zehn Prozent aller Bürger dieses Landes sollen ein Suchtproblem haben. 

Das habe ich vor einiger Zeit im Radio gehört. 

Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das stimmt!

Denn ich bin einer dieser Suchtbolzen.

Doch dazu später mehr. 

Der neue US-Präsident, dessen Name mir immer so schwer über die Lippen kommt, um mal ein ganz anderes Thema anzuschneiden, hat in den wenigen Wochen seit Beginn seiner zweiten Amtszeit meine schlimmsten Erwartungen noch um ein Vielfaches übertroffen!

Wenn ich ehrlich sein soll, hielt ich das für ausgeschlossen, eben weil meine Erwartungen schon so schlimm waren, dass man sie eigentlich gar nicht mehr hätte toppen können. Doch der rücksichtslose Mensch in Washington D.C. hat diese Hürde mit Leichtigkeit genommen, ohne mit der Wimper zu zucken. 

Und ich wage jetzt eine Prognose. 

Diese richtig rüpelhafte Person im Weißen Haus wird es nicht bis zum Ende ihrer zweiten Amtsperiode schaffen. Entweder sie fällt einem Attentat zum Opfer oder sie wird ihres Amtes enthoben werden. Ich bin echt gespannt, was da noch so auf uns zukommt. Aber eigentlich würde ich lieber auf alles, was mit dieser unsäglichen Figur im Oval Office zu tun hat – die übrigens im Knast ganz bestimmt besser aufgehoben wäre – verzichten. 

Glücklicherweise gibt es aber auch sehr viele sehr kluge und vor allem sehr kritische Menschen in den USA. 

Einer davon ist Bruce W. Nelson

Er ist Musiker und Wortakrobat durch und durch und schreibt und komponiert im US-Bundesstaat Wisconsin seine Lieder. Einige Jahre hat er auch in der russischen Hauptstadt Moskau gelebt und dort als Chorleiter an einer amerikanischen Schule gearbeitet, und er bezeichnet sich selbst als den Menschen, der die meisten Anti-Trump-Songs geschrieben hat. 

Bis heute sollen es über 1000 sein!

Ihr findet sie hier: klick!

 

Oh, ein Rothalstaucher:


Red-necked Grebe

Am 5. April 2025 hielt ich mich auf einer Weide auf dem Rysumer Nacken auf.

Ich stand direkt neben einem Zaun, auf dessen anderer Seite sich ein Gewässer befindet. Plötzlich erklang eine Rufreihe, die neu für mich war. Ich hatte sie wirklich noch nie zuvor gehört. Ich machte einen langen Hals, doch sehen konnte ich nicht viel, denn da stand ein ganzer Haufen Schilf im Weg. Schilf steht, ähnlich wie es Deiche zu tun pflegen, immer im Weg. 

Ich ging etwa 300 Meter zurück zu einer Stelle, von der ich wusste, dass ich von ihr aus nahezu das ganze Gewässer überblicken konnte. Kaum war ich dort angekommen, ertönten wieder diese seltsamen Rufe, jetzt sogar noch lauter! Voll der Lärm ist das hier, so dachte ich, doch wer steckt dahinter? 

Diese Rufreihe bestand aus zwei Teilen. Zu Beginn erklangen schnell aufeinanderfolgende krächzende Rufe, die mich spontan an jene einer männlichen Nilgans erinnerten, doch dann folgte das eigentliche Spektakel, das ich gar nicht in Worte fassen kann. 

Ich habe das Ganze natürlich auch aufgenommen, anhören könnt ihr es euch hier: klick!

Da stirbt ein Schwein, so dachte ich. Und der bis dahin einzige mir bekannte Vogel, der wie eine arme Sau ruft, ist die geile Wasserralle. Aber eine Wasserralle war in diesem Fall ganz bestimmt nicht der Urheber, dafür waren die Rufe auch viel zu laut.  

Und so musste ich warten, warten und warten. 

Und warten. 

Erst nach einer mir wie eine Ewigkeit vorkommenden ganzen Stunde sah ich endlich den Schreirothals:



with Mallard – this assumed male Red-necked Grebe wanted to breed at a hidden pond at so called Rysumer Nacken (city of Emden/Ostfriesland), but failed. The bird maintained a territory for at least four weeks in April 2025, but unfortunately no female showed up, although this specimen sang the whole day and even at night. This species has bred in this northwesternmost part of Germany only for a very few times, so this would have constituted the second or third or fourth ever breeding record for Ostfriesland

Cool! 

Da schwamm und tauchte doch glatt ein Rothalstaucher zwischen all den Enten und Blässrallen und für mich prsönlich auch noch der allererste Rothalstaucher im Prachtkleid und zur Brutzeit in Deutschland!

Ich schoss einige Belegbilder und fuhr daraufhin nach Hause. Das Internet und einige meiner Bücher sollten etwas Licht ins Dunkel bringen bezüglich des Auftretens dieser Art zur Brutzeit in Ostfriesland. Zunächst gab ich auf Ornitho die entsprechende Meldung ein, klickte dann die Karte an und sah einen roten Punkt auf dem Rysumer Nacken. 

Klar, der stammt von mir, so dachte ich. 

Trotzdem riskierte ich noch schnell eine Datenbankabfrage für die Region. Und es war unglaublich, denn der Rothalstaucher war bereits zwei Tage zuvor von einem anderen Beobachter auf einem sehr versteckt liegenden Teich innerhalb eines alten Spülfeldes, der nicht mit meinem identisch ist, enttarnt worden! Von einem Beobachter aus Oldenburg. Von Etienne Köpke. Sogar ein Belegfoto hatte der junge Mann gewissenhaft geschossen und dann auch an seine Meldung angehängt. 

Vorbildlich!

Trotzdem hatte ich von dieser Meldung zuvor gar nichts mitbekommen. Auf Ornitho sehe ich immer nur die Fotos auf der Startseite und die rot angezeigten Arten am rechten Bildrand. Noch nie habe ich die ganzen Beobachtungen eines Tages durchgestöbert, das wäre mir auch zu viel Unsinn auf einmal. Das Bild vom Rothalstaucher wird mir deshalb entgangen sein, weil an diesem Tag von diversen Meldern sehr wahrscheinlich sehr viele Fotos hochgeladen worden sind, es können aber nur fünf oder sechs angezeigt werden. Der Rest verschwindet nach kurzer Zeit oder gar auf der Stelle im Nirwana.

Und ich kannte Etienne, der den Rothalstaucher schon zwei Tage vor mir gefunden hatte, sogar, denn er war mir an jenem Tag, an dem er den seltenen Gast entdeckte, bereits in den sehr frühen Morgenstunden auf der Bergpieper-Weide (siehe letzten Bericht!) begegnet, und zwar genau in dem Augenblick, als ich nach dem Abschluss meiner Fotosession für diesen Tag gerade meinen ganzen Kram zum Auto schleppte. 

Der junge Mann kartiert zurzeit den Nacken und wollte mal hübsche Bergpieper sehen. Dass es sie auf dieser Weide geben soll, hatte er zuvor auf Ornitho herausgefunden. Ja, Kinners, die Welt ist bisweilen transparent wie Plexiglas. Wenig später machte er sich auf den Weg durch das Gebiet, und ich fuhr ganz woanders hin. 

Wir hatten also denselben Rothalstaucher unabhängig voneinander an zwei verschiedenen Tagen und auf zwei verschiedenen Gewässern auf dem Rysumer Nacken entdeckt. Das war schon reichlich abgefahren, wie ich auch jetzt noch finde!

Hübsch:


with Gadwall

Was Anderes:



not IKEA, but Agroeca brunnea did this

Im vergangenen Jahr hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben ein so genanntes Feenlämpchen entdeckt und euch auch hier vorgestellt.  

Auf dem Rysumer Nacken. 

In den letzten Wochen und als Resultat meiner gezielten Suche fand ich gleich etliche dieser märchenhaften Gebilde in der Bodenvegetation ganz in der Nähe der beiden Rothalstaucher-Gewässer. Feenlämpchen kann man nicht bei IKEA kaufen, es gibt sie nur im Outback und auch nur an Orten, wo auf Düngung und Mahd weitestgehend verzichtet wird. 

In der aus ökologischer Sicht nahezu halbtoten Krummhörn würde man also vergeblich nach ihnen suchen, fündig aber wird man auf Brachland, das der der Natur gegenüber überhebliche Mensch gerne auch als Ödland bezeichnet, weil er nicht verstehen will oder kann, dass gerade unbewirtschaftete Flächen von besonderem Wert für die geile Natur sind. Ich vermute, dass man diese hübschen Lämpchen auch in den Mooren rund um Aurich entdecken könnte, auch wenn sie mir dort nie aufgefallen sind in der Vergangenheit. 

Doch um was handelt es sich hier eigentlich genau?

Feenlämpchen sind Eikokons, und zwar die Eikokons diverser Feenlämpchenspinnen-Spezies. Da die Kokons dieser verschiedenen Spinnen einander sehr stark ähneln können, ist eine sichere Artdiagnose nicht immer möglich, vor allem dann, wenn die Mutterspinne ihren in der Nacht gefertigten Eisack perfekt getarnt hat, was fast immer der Fall ist. 

Das sieht dann so aus: 



Agroeca spec. did this.  Females almost always camouflage their eggsacs by attaching particles of soil or plants. These masked eggsacs blend perfectly in their weedy habitat and in case of these camouflaged eggsacs it is impossible to separate the different Agroeca-species from each other

Sie tut das, indem sie die Außenhülle mit Erd- und Pflanzenpartikeln verkleidet, bis das, was sich im Innern des Gebildes befindet, nicht einmal mehr an seiner Form zu erkennen ist. 

Von solchen getarnten Eikokons habe ich in diesem Frühjahr auf dem Rysumer Nacken gleich Hunderte gefunden, ungetarnte Feenlämpchen dagegen nur wenige, vielleicht insgesamt 20 oder so. 

Und die stammten auch alle von der Großen Feenlämpchenspinne:


Agroeca brunnea eggsac

Denn nur sie bastelt Kokons, die diese klassische Lampenform zeigen. 

Apfelblüte auf dem Rysumer Nacken:


Apple

Eine blühende Vogelkirsche ebenda: 


Sweet Cherry

Es folgt ein Dachs:  



European Badger unfortunately killed on da road

Der musste in der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag auf der Straße an der Knock, also unweit des Radarturmes, offensichtlich ganz schön viel Pech gehabt haben. 

Ich fand ihn gegen vier Uhr morgens, überfahren worden war er wahrscheinlich nur wenige Minuten zuvor. Was für Menschen sich außer mir zu dieser komischen Tageszeit dort aufhalten, ist mir bis heute nicht bekannt. Interessanterweise war der Dachs auf meinem Rückweg etwa sieben Stunden später nicht mehr nachweisbar, er lag auch nicht am Straßenrand! 

Kinners, es war Ooostern, wenn ihr versteht, was ich meine. Ein Wunder hatte sich also sehr wahrscheinlich nach über 2000 Jahren wiederholt!

Und dazu passt, dass ich heute (2. Mai 2025) gar nicht weit vom Unglücksort entfernt einen lebenden Dachs gesehen habe, wieder gegen vier Uhr in der Früh, der vor meinem Auto und mir die Straße querte.  

Ich entschuldige mich noch schnell für den eher unschönen Übergang von einer blühenden und bezaubernden Vogelkirsche hin zum toten Dachs. 

Sorry!

Der Rothalstaucher vom Rysumer Nacken, aufgenommen an einem sonnigen Morgen: 






Red-necked Grebe currently does not breed in Ostfriesland, has never been a regular breeder here, but is a scarce winter visitor, mainly seen off the Ostfrisian islands

Der Vogel ist also auf zwei verschiedenen Gewässern entdeckt worden. 

Und so ging es auch weiter; er pendelte etwa im 2-bis-4-Tage-Rhythmus zwischen diesen beiden Teichen und sehr wahrscheinlich auch anderen Gewässern im Gebiet hin und her, um mal hier, mal dort laut herumzuschreien und anderen Vögeln mächtig auf den Sack zu gehen – und das keineswegs nur wegen seines Gebrülls (siehe unten). Vielleicht rechnete sich der Rothalstaucher bessere Chancen auf eine Partnerin aus, wenn er nahezu gleichzeitig zwei bis fünf Reviere beackerte.

Hurtig: 


chasing a single Crested Grebe

Ostfriesland liegt abseits des geschlossenen Areals dieser Art.

Der Rothalstaucher brütet sowohl in Nordamerika als auch in weiten Teilen Asiens und Europas. In Europa kommt er vor allem im Osten vor, zum Beispiel im Baltikum, in Belarus oder Polen. Die Westgrenze seiner Verbreitung verläuft durch unsere geile Republik. Man findet brütende Rothalstaucher innerhalb Deutschlands vor allem im Osten Schleswig-Holsteins, in Mecklenburg-Vorpommen sowie im noch recht dünn besiedelten Brandenburg, wo es an geeigneten Gewässern bekanntlich nicht mangelt. Darüber hinaus sind Teile Sachsens und Sachsen-Anhalts besiedelt. 

Niedersachsen hingegen beherbergt lediglich wenige Paare, die vor allem um die Landeshauptstadt Hannover herum zur Brut schreiten. Abseits dieser Region existieren in Niedersachsen zurzeit keine alljährlich vom Rothalstaucher besetzten Gewässer. Am Dümmer z. B. soll er bis 1955 alljährlich gebrütet haben, seither ist er auch dort nur noch ein vergleichsweise seltener Gastvogel außerhalb der Brutzeit.

Ansonsten ist es in der Westhälfte Niedersachsens und abseits des Dümmers nur zu wenigen Einzelbruten gekommen. So auch in Ostfriesland. Im Atlas der Brutvögel Niedersachsens 1981 bis 1995 und des Landes Bremen findet sich lediglich ein Hinweis auf eine Brut für diese Region. Stattgefunden haben müsste sie laut Karte irgendwo um das Stapeler Moor herum. Genaueres ist der Arbeit aber leider nicht zu entnehmen. 

Auch in den benachbarten Niederlanden gibt es brütende Rothalstaucher. Mehr als um die zehn Paare sollen es aber nie gewesen sein, zumindest gilt das für die letzten 30 Jahre. 

Seht:




with Greylag Goose

In Ostfriesland ist der Rothalstaucher ein regulärer, aber meist nur einzeln auftretender Gastvogel außerhalb der Brutzeit.

Entdeckt wird er hier vor allem vor den Inseln auf der Nordsee, manchmal aber auch auf anderen Gewässern. 

Ich selbst hatte die Art vor meiner Begegnung mit dem Vogel vom Rysumer Nacken nur zweimal in Ostfriesland zu Gesicht bekommen, beide Beobachtungen waren mir im Hafenbecken von Norddeich gelungen.

Oh, wer bist denn du:


who am I?

Wenn man nach Feenlämpchen sucht und gebannt und gebeugt die ganzen Halme und Stängel der Pflanzen scannt, dann findet man auch schon mal einen Erdenbürger außer der Reihe, den man in so einem Augenblick vielleicht gar nicht auf dem Schirm hat.

Vonne Seite:


my very first Puss Moth, a lifer!

Schon vor über 40 Jahren hatte ich diese hübsche wie eindrucksvolle Art auf meinen Wunschzettel gepackt! 

In der Literatur gilt sie als verbreitet, regional sogar als häufig. Und trotzdem war mir bis zum 22. April 2025 kein einziger Nachweis gelungen. Dabei wäre es wahrscheinlich nicht so schwer, zumindest die Raupe zu finden. Die lebt u.a. an Salweide und Espe und ließe sich bestimmt einfach nachweisen durch das Abklopfen von Zweigen. Das habe ich aber noch nie gemacht, und man muss ja auch nicht alles ausprobieren, wie ich finde. 

Zufallsfunde haben auch ihren Charme. Und damit ihr nicht dumm sterben müsst, verrate ich euch jetzt auch den Namen des Falters: Die Bilder zeigen einen Großen Gabelschwanz!

Wenn ihr wissen wollt, wie er zu seinem Namen gekommen ist, dann müsst ihr Wikipedia bemühen. 

Plötzlich ertönte ein lauter Rülpser direkt zu meinen Füßen, dann noch weitere: 






Drinker, caterpillar

Die Raupe einer Trinkerin, auch Grasglucke genannt, balancierte da besoffen auf einem Halm herum. 

Dass sie trotz ihres Zustandes das Gleichgewicht  halten konnte und nicht in die Tiefe stürzte, kam wirklich einem Wunder gleich:



same


same

Natürlich war die Raupe nicht besoffen, und woher der Falter seinen seltsamen Namen hat, ist mir ein Rätsel. 

An diesem Morgen war es sehr frisch mit Temperaturen knapp oberhalb des Gefrierpunktes. Als Raupe einer Grasglucke, die in diesem Fall übrigens fast so lang wie mein Zeigefinger war, trägt man aber immer einen dicken Pulli, der sowohl vor Kälte als auch vor Nässe schützt.  

Ein weiteres Individuum hatte ich bereits einige Tage zuvor an einer anderen Stelle auf dem Rysumer Nacken gefunden und geknipst:


another specimen, but without dew and spotted few days earlier

Hier kann man die hübschen Farben und auch die Zeichnung der Raupe viel besser erkennen, weil es an diesem Morgen keinen Tau gab.

Weitere Feenlämpchen für euch:



second image: a female has attached her naked eggsac to a camouflaged one, which might have been spinned previously by another female 

Auf dem zweiten Bild sind zwei Kokons zu sehen.

Ein getarnter und ein nackter. Beide könnten rein theoretisch vom selben Weibchen und somit auch von derselben Art stammen, wahrscheinlicher aber erscheint es mir, dass zwei verschiedene Damen in unterschiedlichen Nächten denselben Stängel emporgeklettert sind, um dort nacheinander jeweils einen Kokon anzubringen. Ob sie derselben Art oder zwei verschiedenen angehörten, muss leider offen bleiben.

Ein männlicher Bluthänfling bei seiner Morgentoiledde:




male Common Linnet

Und ein prächtiger männlicher Steinschmätzer beim Herumstehen: 




male Northern Wheatear

Jetzt gibt es den bereits von mir versprochenen Hinweis auf den Hauptdarsteller des prächtigen Berichtes, den ich hier (sehr wahrscheinlich) im Juni hochladen werde:


habitat of the main actor of one of the coming blog posts

Das Foto zeigt seinen Lebensraum!

Zwischen diesem Beitrag über den Rothalstaucher und dem angekündigten prächtigen im Juni wird es aber hoffentlich noch mindestens einen weiteren geben, auch wenn ich da noch nichts an Bildern gebunkert habe. Ich weiß oft auch nicht mehr als ihr, also so in Bezug auf das, was hier kommen wird. Alles hängt nur davon ab, wem ich im Outback begegne und ob es mir gelingt, vernünftige Fotos zu schießen. Und das ist doch auch das Schöne, wenn man selbst noch überrascht werden kann.

Es folgt ein Bild von einem der Rothalstaucher-Teiche:


habiat of Red-necked Grebe at Rysumer Nacken

Drei uralte Graugans-Nester gibt es an diesem Gewässer; alle befinden sich im Wasser vor dem Schilfgürtel, sind diesem also vorgelagert wie die Inseln der komplett verhunzten ostfriesischen Plastikküste.

Und zwischen diesen alten Nestern pendelte der Rothalstaucher nahezu permanent hin und her wie zwischen den Gewässern auf dem Nacken, um sich immer mal wieder auf einem von ihnen niederzulassen:


Red-necked Grebe sitting on an old nest likely built by Greylag Goose years ago

Der hübsche Vogel mit der rauhen Stimme, die mich spontan an jene von Dendemann erinnerte, war sehr wahrscheinlich ein Kerl.

Beim Rothalstaucher lassen sich die Geschlechter zwar nicht an ihrem Erscheinungsbild unterscheiden, doch weil der Vogel zu allen Tageszeiten fleißig sang, würde ich eine Dame eher ausschließen wollen, auch wenn ich gar nicht weiß, ob die Weibchen singen oder nicht. 

Es ist eher so ein Bauchgefühl.

Was ich aber mit Sicherheit schreiben kann, ist, dass der Rothalstaucher anderen Tauchern gegenüber sehr aggressiv auftrat. Das bekamen vor allem die Zwergtaucher, die an denselben Gewässern brüten, zu spüren, einmal aber auch ein einzelner Haubentaucher. Waren zwei Haubentaucher anwesend, dann fehlte der Rothalstaucher und hielt sich sehr wahrscheinlich an einem der anderen Gewässer ganz in der Nähe auf, nicht selten auch gleich für zwei oder drei Tage. War er plötzlich wieder da, konnte ich an den meisten Tagen keine Haubentaucher sehen. Irgendwie schlossen diese beiden etwa gleich großen Arten einander fast immer aus. 

Und das könnte an der geringen Größe der Wasserfläche eines der beiden Gewässer liegen, die nicht einmal einen ganzen Hektar einnahm (100 x 77 Meter laut Google Maps, okay, passt nicht ganz, weil der Teich keine Ecken hat). Auf so einem kleinen Teich hat man als Taucher eben keine Möglichkeit, einem Konkurrenten um Lebensraum und Nahrung dauerhaft aus dem Weg zu schwimmen oder zu tauchen. Und auch die Haubentaucher übten sich immer mal wieder in Probebrüten auf den alten Gänsenestern. 

Einmal war aber nur ein Haubentaucher anwesend, und den scheuchte der Rothalstaucher den ganzen Vormittag über vor sich her: Das ging wirklich über viele Stunden so, bis der Haubentaucher schließlich so sehr genervt war, dass er nachgab und abhob. 

Was lehrt uns das? Haubentaucher sind klüger als Rothalstaucher, denn der Klügere gibt bekanntlich nach.

Hier war der Rothalstaucher aber ganz allein und dümpelte friedlich und entspannt auf dem Wasser:



Red-necked Grebe




same

Jetzt zeige ich euch einige Aufnahmen vom Lebensraum um die Teiche herum, wo ich all diese geilen Wirbellosen entdeckt habe und auch ihre Bauwerke:


habitat of all those critters I introduce to you in this post

Aufgenommen habe ich sie an einem märchenhaften Morgen Ende April:










same

Cool, oder?

Es gab an diesem Vormittag leichten Bodenfrost – da war nämlich Eis auf meinem Stativ, das ich dort immer zurückgelassen und versteckt hatte, weil ich zu faul war, es jedesmal hin und her zu schleppen –, und unglaublich schicker Bodennebel hatte sich über Nacht gebildet und über der ohnehin schon so hübschen Landschaft ausgebreitet, um ihr so noch deutlich mehr Charme zu verleihen.

Das war ein wahrlich großartiger Anblick für mich, und ich wusste gar nicht, was ich zuerst fotografieren sollte. Egal in welche Richtung ich blickte, es sah einfach immer nur großartig aus. Und es ist in so einem Moment natürlich auch immer ein Wettlauf mit der aufsteigenden Sonne, die der natürliche Feind des Bodennebels ist, ihm nach dem Leben trachtet und ihn auch rasch ins Jenseits befördert, je höher sie steigt. 

All diese Aufnahmen entstanden zwanzig Minuten nach Sonnenaufgang, doch nur eine halbe Stunde später war es schon wieder vorbei mit der temporären Pracht. 

Schilf mit Tau:



Reed

Und eine von etwa fünftausend Schilfradspinnen


female Furrow Spider is a reed dweller

Pro Quadratmeter.

Hier ist es ein Weibchen. 

Eine ebenfalls weibliche Herbstspinne (Metellina mengei) hatte sich als Ruheplatz ausgerechnet den Kokon einer Feenlämpchenspinne ausgesucht:



in contrast to the very common Metellina segmentata M. mengei occurs in spring and is much rarer than the cousin

Diese Art galt lange Zeit als eine Variante oder Unterart der sehr häufigen Echten Herbstspinne, tritt aber im Gegensatz zu dieser vornehmlich im Frühjahr auf und ist darüber hinaus auch deutlich seltener als die Cousine. 

Eine Gemeine Winterlibelle schmiegte sich eng an einen Grashalm:


Common Winter Damselfly

Es folgen weitere fünf Bilder von einem der beiden Feenlämpchen wie oben:



another eggsac

Ganz wild habe ich an diesem Morgen um mich geschossen, mich regelrecht verrenkt, auf dem staunassen Boden gelegen und zu allem Überfluss beinahe auch noch eine Nackenstarre bekommen, nur um möglichst viele brauchbare Resultate zu erzielen:



beautiful morning light

Und ich bin sehr zufrieden!


same

Trotzdem wollte ich am folgenden Tag weitere Bilder von diesem Feenlämpchen schießen, hatte ich dem Wetterbericht doch entnehmen können, dass die Bedingungen noch besser werden sollten, doch als ich morgens um vier Uhr im Gebiet ankam, war die Enttäuschung groß!

Am Nachmittag nach meinem Shooting hatte man den Weg, der parallel zu einem der Christstollen (für Insider) verläuft, gemäht. Von den Feenlämpchen keine Spur mehr. Am Ende dieses Weges befindet sich ein Hochsitz, und weil Jäger grundsätzlich keinen Meter zu Fuß gehen können und ihre Schießbude zu jeder Zeit mit dem PKW erreichen müssen, hatte der Revierinhaber seinen Bauernkollegen wohl darum gebeten, alles wegzuflexen. Eine Hand wäscht in diesen Gruppierungen schließlich die andere. 

Es ist doch nur ein Feenlämpchen, werdet ihr jetzt vielleicht denken. Nein, lautet meine Antwort! Es ist mehr als das, nämlich ein Bild für die ewige Naturzerstörung durch Menschen, die mit ihr absolut nichts anzufangen wissen, auch wenn sie stets Gegenteiliges behaupten. 

Beim Anblick des gemähten Weges war ich plötzlich noch glücklicher darüber, dass mir am Vortag wirklich schöne Bilder gelungen waren: 




same

Und, könnt ihr die Energiesparlampe im Innern des Lämpchens erkennen?  

Als Fehnlämpchenspinne geht man nämlich mit der Zeit!

Eine männliche Reiherente witterte Unheil, das es aber gar nicht gab:


male Tufted Duck

Der Rothalstaucher blieb bis zum 29. April:



this Red-necked Grebe stayed in the area until April 29th. For weeks he tried to find a female but he failed because he settled in the wrong place, far away from his actual distribution. A waste of energy

Leider hat es nicht mit einer Brut geklappt:


same

So etwas kann immer dann passieren, wenn sich ein Vogel, gleich welcher Art, weit abseits der eigentlichen Verbreitung niederlässt.  

Ich habe das schon bei so einigen Arten erlebt, so von Drosselrohrsänger über Schlagschwirl bis hin zum Wiedehopf,  Doch wenn reichlich Glück im Spiel ist, kann es am Ende doch klappen mit der Partnersuche fernab der eigentlichen Heimat. Das vielleicht abgefahrenste Beispiel in dieser Hinsicht waren zwei erfolgreich in der Eifel brütende Brillengrasmücken vor einigen Jahren!

Doch in seinem Fall hat es leider kein Happy End gegeben: 



same

Hätte sich aber ein zweiter Vogel passenden Geschlechts im Gebiet blicken lassen, dann wäre ganz bestimmt auf der Stelle mächtig die Post abgegangen.

Hundertpro.

Aufgeschoben bedeutet aber nicht aufgehoben, und vielleicht klappt es ja in einem anderen Jahr: 




same

Ich werde das im Auge behalten, ihr Meganichtsnutze da draußen. 

Und möglicherweise taucht dieser Rothalstaucher schon im kommenden Jahr wieder auf dem Rysumer Nacken auf, im wahrsten Wortsinn.

Ich will ehrlich sein, rechnen sollte man damit aber nicht, das zeigen die Erfahrungen, die man bislang an anderen Orten in Westniedersachsen gemacht hat. 

Zu guter Letzt gibt es jetzt noch weitere Landschaftsaufnahmen vom wunderbaren Morgen Ende April:








habitat shots

Jau Kinners, auch ich gehöre, wie bereits eingangs verraten, zu den zehn Prozent jener Menschen dieses Landes, die einer Sucht verfallen sind.  

Es ist aber eine Sucht, die mir sehr viel Freude bereitet!

Und die weder gesundheitliche Probleme verursacht noch Geld kostet.

Die Natur hat mich süchtig gemacht, schon zu einem Zeitpunkt, als ich noch ein kleines Kind war. Daran hat sich über die vielen Jahre überhaupt nichts geändert. Und ich weiß das auch zu schätzen, denn wenn man sich für die Natur interessiert und ihre unglaubliche Vielfalt zu schätzen weiß, wenn man sich ein bisschen auskennt und ein gutes Auge hat, dann wird man niemals der Langeweile zum Opfer fallen wie der Bodennebel der Sonne. Jeder Tag ist furchtbar spannend für einen Bürger wie mich. Und meine Beiträge in diesem Blog spiegeln all das ja auch wider! 

Gleichzeitig ist es aber auch eine Bürde, die schwer auf einem lastet, denn nur Menschen mit einem Auge für die Natur bekommen etwas mit vom unaufhaltsamen Wandel hin zum Endzeitdebakel, den ausschließlich der Mensch verursacht. So oft, wie ich mich freue, so oft muss ich mich auch aufregen über die grenzenlose Ignoranz vieler Bürger dieses Landes und auf der ganzen Welt. 

Und das ist alles andere als schön.

Ganz zum Schluss noch eine Feststellung: Wie ich gerade erst festgestellt habe, gibt es in diesem Beitrag kein einziges Schwarzweißfoto!


Es war einmal ...

... eine findige und sehr sportliche Blässralle vor einigen Wochen:


Coot looking for food

Sie hatte es auf die süßesten Früchte abgesehen, die aber bekanntlich immer am höchsten hängen. 

Und wenn man sie aufessen möchte, dann muss man zuvor Leistung erbringen.

Hü-hüpf:



jumping for Willow leaves

In diesem Fall waren die Früchte allerdings gar keine, sondern die Blätter einer am Ufer des Mahlbusens des Norder Tiefs bei Neuwesteel stehenden Scheißweide unbekannter Artzugehörigkeit.  

Ich saß auf einer Bank, genoss ein leckeres Käsebrötchen und hatte zuvor beobachtet, wie die Blässralle mehrere Male hintereinander erfolgreich kleine Zweige vom Baum abgebrochen und daraufhin die Blätter einzeln verschlungen hatte, doch jetzt, nachdem ich meine Kamera startklar gemacht hatte, langte es für den klugen Vogel gerade mal für ein einzelnes mageres Blatt:


now Coot is happy

In ihrer Bescheidenheit, vielleicht aber auch wegen ihres bereits prall gefüllten Magens, begnügte sich die geile Ralle mit dem, was sie hatte. 

Dann schwamm sie fröhlich glucksend auf und davon. 

Ich hatte also das große Glück, den Vogel bei seinem letzten Sprung an diesem Vormittag mit der Kamera begleiten zu dürfen. 

Es hätte auch anders, also ich hätte auch leer ausgehen können. 

Und deshalb weiß ich diesen kleinen Erfolg, den ich zusammen mit meiner Kamera erleben durfte, ebenso zu schätzen wie die großartige Natur ganz allgemein. 

Das ist doch was!