Sonntag, 7. Juli 2024

Steinkauzland (Teil 2)

Moin Kinners!

Steinkauzland habe ich diesen zweiteiligen Beitrag genannt. 

Gemeint waren und sind natürlich die Westfälische Tiefebene sowie das an diese angrenzende Osnabrücker Land.

Doch das wahre Steinkauzland befindet sich ganz woanders!

Der großartige kleine Steinkauz ist nämlich vor allem ein Charaktervogel des Mittelmeerraumes.

Dort lebt er mitten in den Dörfern und somit unter den Menschen, aber auch in alten Olivenhainen oder Ruinenstätten, die ihm reichlich Höhlen für die Brut bieten, die von der kleinen Eule aber auch als Tageseinstand genutzt werden können. 

Im warmen Süden kann der Steinkauz auch ein viel umfangreicheres Nahrungsangebot nutzen als zum Beispiel in Norddeutschland. Neben Kleinsäugern und Vögeln, die vor allem im Schlaf oder als unerfahrene Kinder und Jugendliche erbeutet werden, wimmelt es dort von Eidechsen, Geckos und kleinen Schlangen sowie natürlich auch immer von Großinsekten!

Vor allem sind es diverse Heuschrecken-Arten, die seinen Magen innerhalb kürzester Zeit füllen können, ohne dass der Vogel einen allzu großen Aufwand betreiben müsste. Ich habe das selbst mal vor ganz vielen Jahren in Griechenland an einem frühen Morgen beobachtet.

Alle heimischen Eulen, da brauchen wir uns gar nicht erst zu streiten, sind wunderschöne und superinteressante Vögel! 

Doch für mich persönlich ist der Steinkauz die Krone der von mir gerade erst erfundenen Eulenschöpfung. Einfach deshalb, weil er so lustig rüberkommt, obwohl er bestimmt alles, was er so treibt, ganz ernst meinen dürfte. 

Vier Cousins (aus der Gattung Athene) hat der kleine Kobold: den Brahmakauz, die Kanincheneule und den Blewittkauz. Der Brahmakauz sieht eigentlich kaum anders als der Steinkauz aus, und warum er irgendwann mal Artstatus erlangt hat, weiß ich nicht einmal. Er bewohnt ein Areal, das vom Süden des Iran über Pakistan und Indien bis nach Kambodscha reicht.

Auch die Kanincheneule ähnelt dem Steinkauz sehr, hat aber als Anpassung an eine deutlich verschiedene Lebensweise proportional längere Beine. Sie verbringt nämlich nahezu ihr ganzes Leben am Boden und bewohnt Erdbaue von größeren Nagern und Kaninchen, kann aber auch selbst eifrig buddeln, wenn es erforderlich ist, um sesshaft zu werden. Sie kommt in beiden Amerikas vor, von Feuerland bis Kanada. Und im Gegensatz zum Steinkauz gibt es bei der Kanincheneule auch ziehende Populationen. Die Vögel aus dem Norden des Areals müssen dem kalten und schneereichen Winter nämlich ausweichen, wenn sie nicht verhungern oder erfrieren wollen, und reisen deshalb in den Süden der USA und nach Mexiko. 

Ich selbst habe die Kanincheneule in Cape Coral (Florida) beobachtet, wo sie mitten in Siedlungen auf Brachländereien lebt, wahrscheinlich immer bedroht von der Bauwut des Menschen, weil es natürlich auch in den USA nicht ohne ewiges Wachstum geht. 

Und damit sind wir bei der vierten und letzten Art der Gattung der Steinkäuze, beim Blewittkauz!

Der dürfte wohl tatsächlich bald aussterben, wenn kein Wunder mehr geschieht, schätzt Birdlife den Bestand doch auf nur noch etwa 50 bis 250 Individuen! 

Kinners, das ist die Weltpopulation! 

Und der Blewittkauz hatte schon über einen Zeitraum von satten 113 Jahren als ausgestorben gegolten, doch 1997 konnte er spektakulär wiederentdeckt und erstmals auch fotografiert werden! Der Blewittkauz kommt wohl ausschließlich in winzigen Gebieten innerhalb Indiens vor und lebt dort in Laubwäldern. Und wie so viele andere Tier- und Pflanzenarten, keineswegs nur in Indien, ist auch er ein Opfer der immer weiter ansteigenden Zahl der Menschen, die ihm den Lebensraum nehmen, weil sie ihn für sich nutzen wollen. Aber der Anspruch eines Landes, möglichst schnell zu einer Weltmacht heranzuwachsen, ist natrülich auch viel wichtiger als der Erhalt bedrohter Arten.

Das ist in Deutschland ja auch nicht anders.

Doch all das nur am Rande:


this female Little Owl was staring at me with large bright eyes

Ich war also ein zweites Mal im Kreis Steinfurt unterwegs.

Und zwar Ende Juni.

Im Gehn (hügeliges Waldgebiet bei Bramsche), wo ich bereits am Anreisetag einen Zwischenstopp einlegte, entdeckte ich auf einem Waldweg eine riesige Nacktschnegge, die sehr wahrscheinlich ein Schwarzer Schnegel und somit eine neue Art für mich war:


likely an Ash-black Slug – lifer!

Das Biest mampfte gerade etwas Undefinierbares und hüpfte anschließend fröhlich pfeifend davon.

Der verwandte und bisweilen sehr hübsch gezeichnete Tigerschnegel, der sich in den letzten Jahren auch in Ostfriesland rasant ausgebreitet hat, übrigens auch auf dem Rysumer Nacken, sieht schon sehr verschieden aus. Doch leider war mir ein wichtiges Bestimmungsmerkmal im Feld nicht bekannt, nämlich die gestreifte Sohle der Schnegge. Ich hätte sie also in die Hand nehmen müssen, um sie sicher bestimmen zu können, doch das habe ich nicht getan. 

Eine Restunsicherheit bei der Bestimmung muss also in diesem Fall leider hingenommen werden, ihr bunten Knicklichter da draußen. 

Eigentlich hatte ich vorgehabt, meine Zeit denselben Steinkäuzen zu widmen wie bei meinem ersten Tripp im Mai (siehe dazu Teil 1). Einmal angefüttert, immer angefüttert, so dachte ich logisch. Doch als ich mich auf dem Weg zu ihnen befand, sah ich im Eingang eines Schleiereulen-Kastens in einer anderen Feldscheune einen anderen Steinkauz stehen. 

Und der trug einen Ring! 

Eigentlich sind Steinkäuze im Kreis Steinfurt nie beringt worden. Ich hatte diesbezüglich und vor Antritt meiner Reise sogar extra elektrobrieflich angefragt. Aber vor einigen Jahren hat es wohl doch eine kleine Ausnahme gegeben, wie ich erst Wochen später im Feld erfuhr, als man eine Handvoll Vögel gefangen und mit Vogelwartenringen markiert hat. Dieser Steinkauz wird also von hier sein, so dachte ich, aber weil ich eine Herkunft aus einer anderen Region nicht hundertprozentig ausschließen konnte, packte mich schließlich doch der Ehrgeiz. Und ich hatte Glück, denn gleich neben der Feldscheune befand sich eine vegetationsfreie Fläche auf einem Maisacker, wo ich tonnenweise Mehlwürmer abkippen konnte (vergleiche auch hier die Herangehensweise im 1. Teil des Beitrages!).

Dann schlenderte ich mal wieder über den Flugplatz Achmer.

 

"Die seltene Eulenart der Steinkäuze galt in Ostfriesland als ausgestorben. Wie die Jägerschaft Aurich diesen Trend umbiegen konnte."

Dieses reichlich eigentümlich formulierte Zitat hatte ich dem letzten Bericht vorangestellt. Entnommen, um mal ein Wort aus der Jägersprache zu benutzen, hatte ich es zuvor der Internetseite der Jägerschaft Aurich. 

In Ostfriesland gibt es seit Jahrzehnten keine Steinkäuze mehr. Die Gründe für das hiesige Aussterben dieser Eule sind unbekannt. Häufig wird der Steinkauz hier aber nie gewesen sein, doch immerhin soll er ganz früher sogar auf Norderney gebrütet haben. 

Überprüfen lassen sich solch alte Angaben natürlich nicht mehr. 

Vor einigen Jahren oder so hat sich die Jägerschaft Aurich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Sie will den Steinkauz in Ostfriesland wieder heimisch werden lassen, und so hat man gleich mehrere Dutzend Vögel am Rand der Stadt ausgesetzt. Eine solche Wiederansiedlung kann funktionieren, doch die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt kläglich scheitert, ist um ein Vielfaches höher, allein schon wegen der völligen Isolation dieser kleinen und vor allem künstlichen "Population", befinden sich die nahesten Vorkommen doch in den aus der Sicht eines Steinkauzes fernen Landkreisen Vechta und Cloppenburg. 

Für jeden Furz, den die Auricher Jäger nun im Rahmen ihrer aktuellen Heldengeschichte fahren lassen, lancieren sie mindestens einen Artikel in jeder Tageszeitung dieser Welt, damit auch noch der letzte Bürger erfährt, wie selbstlos sich die Grünröcke doch für die Belange der Natur einsetzen: "Hier, seht her, wir machen was, während die anderen nur labern!

Und die Redakteure all dieser Blätter machen einfach mit und berichten völlig unkritisch, ohne die richtigen Fragen zu stellen. 

Aber woher sollen sie die richtigen Fragen auch kennen?

Man muss wissen, es hat hier in der Vergangenheit schon etliche dieser sinnfreien Jäger-Aktionen gegeben. Auch in anderen Teilen Deutschlands und vor allem das Rebhuhn betreffend. Als Lodenträger sind die Lösungen, ähnlich wie bei den meisten AfD-Politikern und Frau Zarenknecht, immer einfache. Man sät ein paar Blühstreifen ein und denkt, alles sei wieder gut für diesen einst so häufigen, in Ostfriesland aber längst ausgestorbenen Feldvogel, doch Pustekuchen, alle ausgesetzten Individuen verschwanden wieder nach ein paar Jahren. 

Auch auf dem Rysumer Nacken. 

Der Grund dafür aus der Sicht der Jäger: "Raubzeug"

Die Wahrheit: Der Lebensraum stimmt schon lange nicht mehr für das Rebhuhn, und Blühstreifen, die fast ausschließlich aus Pflanzen bestehen, die bei uns überhaupt nichts zu suchen haben, so von Borretsch über Dill bis hin zur Ringelblume, können nicht einmal ansatzweise das ersetzen, was nicht nur in Ostfriesland durch ewiges Überdüngen der Flächen verloren gegangen ist. 

Merksatz: Sie ersetzen rein gar nichts.

Wenn man heute noch hin und wieder Rebhühner in Ostfriesland zu Gesicht bekommt, dann sind das ganz sicher keine Wildvögel mehr. Das gilt wahrscheinlich schon seit Jahrzehnten und auch für jene munteren Gesellen, die sich seit Jahren und wenig scheu im Dunstkreis des Minigolfplatzes von Dornumersiel herumtreiben. Man kann davon ausgehen, dass dort fortwährend neue Vögel ausgesetzt werden. Und man kann davon ausgehen, dass da ein Jäger seine Finger im Spiel hat. Dass es sich dort über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren nicht immer um dieselben Individuen gehandelt haben kann, ist darin begründet, dass die Lebenserwartung eines Rebhuhnes in einem dermaßen ungeeigneten Habitat kaum höher als ein Jahr liegen dürfte.

Jetzt die Preisfrage: Werden solche Projekte von den Jägern wirklich völlig uneigennützig angepackt, wie man als Laie oder als unbedarfter Zeitungsredakteur vielleicht meinen könnte?

Natürlich nicht!

Wenn Jäger etwas machen, dann sollten grundsätzlich die Alarmglocken schrillen! 

Sie machen nämlich nichts ohne Berechnung!

So sammeln sie z. B. Fasanengelege ein und brüten sie selber aus (nicht selber, sondern mit Maschinen), um einen hundertprozentigen Schlupferfolg zu erzielen und allen Beutegreifern auf diese Weise die Arschkarte zu zeigen. Da soll es hier in Ostfriesland auch schon mal vorgekommen sein, dass sich aus den vermeintlichen Fasanen-Eiern plötzlich Greifvögel ans Licht dieser Welt gekämpft haben, wie mir mal ein sehr zuverlässiger Mensch zugeflüstert hat. 

Ein echter Insider.

Jäger suchen alljährlich mit Drohnen nach Rehkitzen – das sind diese possierlichen Tierchen mit den hübschen weißen Flecken auf dem wattierten Fell und den großen dunklen Augen –, um sie heldenhaft vor der Mahd zu retten. Haben diese Kitze das Erwachsenenalter erreicht, ist es mit der selbstlosen Hilfe vorbei, dann werden sie geschossen.

Und immer, wirklich immer, gehen Jäger mit ihren ach so sympathischen Aktionen in die Öffentlichkeit!

Tatsächlich geht es nicht um das Individuum, das man retten möchte, sondern ausschließlich um eine möglichst hohe Niederwilddichte. Man möchte halt so viel schießen wie eben möglich. Aus demselben Grund verfolgen sie die gesamte tierische Konkurrenz.

Stellt euch doch mal ganz einfach die Frage, warum die Auricher Jäger in der Vergangenheit nie auf die Idee gekommen sind, den ebenfalls hier über Jahrzehnte ausgestorbenen Uhu wiederanzusiedeln. 

Die Antwort kennt ihr.

Der Steinkauz ist den Lusttötern eigentlich völlig wumpe. Er wird hier quasi für die Belange der Jäger durch diese missbraucht und vor den Karren gespannt, ohne sich dagegen wehren zu können. In Wirklichkeit geht es den Jägern nämlich um zwei ganz andere Dinge. 

Und eines davon und das mit Abstand wichtigste ist Prestige!

Das andere verrate ich weiter unten.

Wenn man eine ausgestorbene Tierart wiederansiedeln möchte, dann muss man die Gründe ihres Aussterbens kennen! Das ist beim Steinkauz in Ostfriesland nicht wirklich der Fall. War eine Art ausschließlich wegen einer nie nachlassenden Verfolgung (durch Jäger!) verschwunden, dann sind die Erfolgsaussichten für so ein Projekt keine schlechten. Ist aber der Lebensraum auf lange Sicht zerstört worden, kann man sich eine solche Aktion besser schenken, weil in unserer viel zu dicht besiedelten Republik kaum eine realistische Chance besteht, Naturlandschaften, wie es sie früher einmal gegegen hat, wiederherzustellen. 

Der Uhu hat es übrigens aus eigener Kraft zurück nach Ostfriesland geschafft. Und mit etwas Geduld könnte das auch beim Steinkauz passieren – falls (ihm) der Lebensraum hier passt. Das zu beurteilen, sollte man aber ausschließlich der kleinen Eule selbst überlassen und nicht irgendwelchen Wald-und-Wiesen-Jägern, die lediglich etwas gegen ihren ramponierten Ruf unternehmen wollen.

Der Idiot hat was gegen die Jagd und gegen Jäger, werdet ihr jetzt bestimmt denken, wenn ihr das hier lest. Der schreibt immer dasselbe. 

Nein, nicht grundsätzlich. Ich habe was gegen Jäger, die nichts über die Natur wissen und die all jene Arten verteufeln und verfolgen, die ihnen nicht in den Kram passen. Und ich schreibe es ein weiteres Mal: Kein ostfriesischer Jäger kennt auch nur eines der Tiere oder eine der Pflanzen, die ich hier in diesem Beitrag vorstelle, weil bei diesen Menschen das Interesse an der Natur praktisch nicht existiert, obwohl sie immerzu Gegenteiliges behaupten. 

Das sagt alles aus.

Im Harz hat man vor vielen Jahren damit begonnen, Luchse auszusetzen. Der Luchs erfüllt das einzige Kriterium für so ein Projekt. Er war nämlich nur deshalb verschwunden, weil man (wieder die Jäger!) ihn zuvor rücksichtslos verfolgt hatte. Er ist eigentlich nicht besonders anspruchsvoll, und entsprechend breiten sich die Harzer Luchse inzwischen sogar aus. Richtung Hessen, Richtung Südheide und so weiter. Dieses Projekt wurde doch tatsächlich von einem Jäger initiiert, von einem Jäger allerdings, der weder Wölfe hasst noch Füchse schießt oder Steinmarder tötet (Ferndiagnose). Und von einem Jäger, der dieses Projekt gegen den Widerstand eines beträchtlichen Teils seiner Grünrock-Kollegen durchgeboxt hat!

Es hat mal einen entsprechenden Beitrag in der Glotze darüber gegeben, den ihr vielleicht heute noch auf Youtube aufrufen könnt. 

Solche Jäger wird man in Ostfriesland aber vergeblich suchen. Ich meine, sonst hätte ich doch bestimmt schon mal von einem Waidmann gehört oder gelesen, der seine Stimme erhebt gegen die ewige Hetze der Kollegen, z. B. gegen den Wolf (zurzeit ganz schlimm!) und andere unerwünschte Tiere. Das ist nie passiert, und deshalb gehe ich davon aus, dass sie sich einig sind und geschlossen so denken, wie sie denken. Und sie sprechen es auch aus. Früher übrigens nur hinter vorgehaltener Hand, heute ganz ungeniert in der Öffentlichkeit.

Ein Schachbrett auf dem Flugplatz Achmer:


this Marbled White, which is everything else but a true White, had chosen this place for the night

Zu Beginn meines Aufenthaltes sah ich nur einzelne Individuen, doch dann wurde es wärmer und die Zahl der Tiere nahm schlagartig zu. Fast könnte man von einem Massenschlupf schreiben. 

Das Schachbrett ist sehr anspruchsvoll und fliegt nicht über überdüngtem Grünland. Es benötigt Brachland, das im Idealfall nie landwirtschaftlich genutzt worden ist, und kommt im Landkreis Osnabrück deshalb nur an ganz wenigen, vielleicht sogar nur an zwei Orten vor.

Einer dieser Orte ist der Flugplatz, der andere der Silberberg bei Hasbergen, wo man auch etliche Orchideen-Arten bewundern kann. 

In Ostfriesland fehlt dieser Falter zumindest auf dem Kontinent komplett, was angesichts der Landnutzung nicht verwundern darf. Ob er auf einer der Inseln vorkommt, entzieht sich meiner Kenntnis. 

Ein weiteres Individuum, diesmal an Berg-Sandglöckchen



second specimen

Und ein drittes, sich sonnendes Tier:



third

Die offenen Flächen des Flugplatzes waren im Juni ein echtes Blütenmeer!

Es war unglaublich, wirklich unglaublich schön.

Ich fotografierte die dort megahäufige, gleichzeitig aber auch sehr unauffällige Sprossende Felsennelke


Petrorhagia prolifera

Einziges Vorkommen im Landkreis Osnabrück!

Und der geile Natternkopf blühte auch wieder in großen Beständen: 


Viper's Bugloss

Mit Bodennebel:



same

Und wo diese Pflanze auf dem Flugplatz blüht, da ist das Taubenschwänzchen meist nicht weit.  

Das gilt inzwischen auch für den großen Bruder, den Labkrautschwärmer (und für ganz, ganz viele verschiedene Hautflügler): 


Bedstraw Hawk-moth was flying at daytime like in last August (2023)

Ich hatte die Tagaktivität dieses laut Literatur eigentlich nur in der Dämmerung fliegenden Falters im letzten August für eine Eintagsfliege gehalten, doch auch in diesem Jahr war es nichts Besonderes, diese geilen Schmetterlinge mit Sonne am Himmel zu beobachten!

Zwei weitere Bilder:




I saw up to five specimen at the same time from the same position

Ich gehe davon aus, dass es sich hier um die Falter einer ersten Generation gehandelt hat.

Und im letzten August um die einer zweiten. Überall auf dem Flugplatz blüht zurzeit ein Labkraut unbekannter Artzugehörigkeit, das sowohl den Raupen des Taubenschwänzchens als auch jenen des Labkrautschwärmers als Nahrungsgrundlage dienen dürfte.  

Und im letzten Jahr hatte ich ja auch mehrfach Weibchen bei der Eiablage beobachten können. Natürlich auch tagsüber. 

Es folgen drei weitere Fotos von dieser hübschen Art, die mir vor August 2023 nicht ein einziges Mal begegnet war:




different specimen

Die Rallyestreifen und die Farben sind einfach nur superschön, und selbst die Antennen sind sportlich weiß gesäumt. 

Am 27. Juni sah ich dann abends am Rande eines Pappelwäldchens auf dem Flugplatz einen fliegenden Falter, den ich nicht einordnen konnte, der aber sehr hübsch aussah! Schließlich landete er auf dem Blatt einer Großen Brennnessel. Ich hob mein Fernglas an und staunte nicht schlecht, denn es war mein allererster Schönbär in diesem Leben!

Nicht einmal für schlechte Belegfotos hat es allerdings gereicht, denn noch bevor ich meine Kamera startklar machen konnte, flog der hübsche Schmetterling auf und davon.

Der Schönbär breitet sich zurzeit, wie so viele andere Arten auch, nach Norden aus. Der Grund dafür nennt sich Klimawandel.

Das ist der männliche Steinkauz mit dem Ring: 



ringed (banded) male Little Owl

Ich hielt ihn für einen Einzelvogel, weil ich dort im Mai nie einen Steinkauz gesehen hatte. 

Doch meine Wildkamera wusste es besser; ich hatte ein weiteres Paar ausfindig gemacht!

Hier steht mein Tarnzelt in den Blüsen:


my hide

Schenkt bitte auch den offenen Flächen im Hintergrund ein wenig Beachtung, ihr kleinen Lausfliegen da draußen!

Das Weibchen (ohne Ring):

female

Von hinten:  


note the fake face on the back of the head

Wie der Sperlingskauz besitzt auch der Steinkauz auf dem Hinterkopf eine Zeichnung, die an ein zusätzliches Gesicht erinnert. 

Viel ist über die Bedeutung dieses zweiten Gesichts spekuliert worden, einmischen möchte ich mich da aber nicht.

Die Feldscheune steht auf einem Maisacker und direkt neben einem Wirtschaftsweg:


this barn harboured the Little Owl family introduced to you in this blog post

Unten rechts seht ihr die bereits oben erwähnte vegetationsfreie Fläche sowie den von mir in den Boden geprügelten Pfosten, den ich schon im Mai an der anderen Hütte eingesetzt und den ich Wochen zuvor auf dem Rysumer Nacken gefunden hatte. 

Der Wirtschaftsweg wird von Stieleichen gesäumt: 



habitat

Es handelt sich also um so eine Art Baumhecke, wie sie vom Steinkauz gerne bewohnt wird, aber natürlich nur dann, wenn ihm auch das Drumherum passt. 

Und in diesen Eichen standen die Altvögel fast immer herum.

Anmerken ließen sie sich nichts, wenn ich anwesend war. Sie beobachteten mich zwar, warnten aber nie. Doch als ich an einem Morgen im Tarnzelt saß, wurde es plötzlich richtig laut. Männchen und Weibchen schrien sich geradezu die Seele aus dem kleinen Leib. Nach ein paar weiteren Sekunden wusste ich auch, warum. Da tauchte am Futterplatz plötzlich eine Hauskatze auf, die sich auch noch an Ort und Stelle hinsetzte, um sich zu putzen. 

Viel Lärm! 

Nachdem sich die Katze wieder aus dem Staub gemacht hatte, warnte nur noch der Kerl eine ganze Weile, wenn auch jetzt mit angezogener Handbremse. 

Ein frecher Mehlwurmdieb:



this Tree Pipit visited the feeding place and stole tons of mealworms to feed his offspring as a Blackbird did and a Mistle Thrush

Zwei Baumpieper, eine Amsel und eine Misteldrossel tauchten immer sofort am Futterplatz auf, sobald ich frische Mehlwürmer ausgelegt hatte. 

Vögel sind nicht dumm und kriegen wirklich alles mit. 

Und selbst wenn sich einer der Steinkäuze gerade am Boden befand und aß, ließen sich die "Kleptomanen" nicht aus der Ruhe bringen. In einem Abstand von oft nur einem halben Meter sammelten sie weiter fleißig Mehlwürmer ein, die sie dann ihren Kindern brachten. Der Steinkauz ist ein langsamer Flieger, ein Überraschungsangriff wäre völlig sinnfrei, wenn die potenzielle Beute ihn von Beginn an mitbekäme. 

Das wussten alle Beteiligten. 

Noch ein Bild:



another specimen

Frau Steinkauz: 



female

Eigentlich hatte ich ja vorgehabt, das Männchen zu fotografieren, eben wegen seines Ringes, den ich ablesen wollte.  

Doch dieser Vogel war ein echter Fuchs (und keine Katze, siehe letzten Bericht). Er sah, da kommt jemand, verschwindet im Versteck und taucht dann nicht mehr auf. Also, so dachte er bestimmt, muss der Vollpfosten noch da sein. Dann bleibe ich mal lieber hier oben auf meinem Ast stehen, bis die Luft wieder rein ist. 

Nie mehr als fünf Minuten, nachdem ich gegangen war, ist er dann auf den Boden geflogen, um sich rasch den Bauch vollzuschlagen. Meine Wildkamera hat das alles aufgezeichnet. Und irgendwie rang mir dieses Männchen Respekt ab, weil es so klug war und sich von mir nicht reinlegen ließ.

Es tauchte aber auch morgens vor meinem Versteck auf, nachdem ich zwar Mehlwürmer ausgestreut hatte, dann aber doch wieder weggegangen war:



the male with the ring, photo taken by trail camera

Weggegangen war ich, weil ich etwas gehört hatte. 

Und gehört hatte ich etwas, das ich zuvor mehrere Jahrzehnte nicht mehr gehört hatte.

Und der gebetsmühlenartig vorgetragene Gesang kam aus diesem Lebensraum, auf den ich ja schon viel weiter oben, nämlich bei der Vorstellung meines Tarnzeltes, aufmerksam gemacht hatte:


habitat of my first singing Corn Crake since decades on early morning at so called Vogelpohl

Es war ein Wachtelkönig, der da eifrig knarrte.  

Ich wusste, sehen würde ich den Vogel ganz bestimmt nicht, dafür war das Gras viel zu hoch, aber es langte immerhin für einige Audioaufnahmen, die ich hier aber leider nicht reinstellen kann. Der Vogel sollte an allen folgenden Tagen und somit bis zum 28. Juni allmorgendlich singen. Und vielleicht auch noch darüber hinaus, doch da befand ich mich längst wieder in Ostfriesland. 

An jedem Morgen suchte ich diesen Ort um vier Uhr auf, um dem Wachtelkönig zu lauschen. Für Steinkauz-Fotos war es zu diesem Zeitpunkt ohnehin noch viel zu früh. Und einmal, als ich dort auf dem Weg stand, geschah etwas Unglaubliches: Während die Wiesenralle sang, eine Waldschnepfe am Himmel balzte und eine Wachtel (ein Untertan) sich lautstark weigerte, die Anweisungen ihres Königs zu befolgen, kam da plötzlich ein zunächst noch unbekanntes Flugobjekt auf mich zugedüst. Laut brummend und bis auf einen Meter an mich heran! 

Es umkreiste mich sogar und rauschte dann wieder davon.

Alles, jedes Detail, hatte ich erkennen können: Es war mein allererster Nashornkäfer* gewesen! Ein Männchen, ein Lifer! Ich hätte ihm einen mitgeben und ihn so zur Landung zwingen können, um dann Bilder zu schießen, doch der Respekt vor diesem seltenen Tier war viel zu groß. Und wahrscheinlich hatte es all seine Energie aufwenden müssen, um sich überhaupt in die Luft zu schwingen. Da wollte ich ihm nicht in die Quere kommen.

Was für ein Erlebnis!

Vor über 40 Jahren, nachem ich den Flugplatz gerade kennengelernt hatte, war dort eine andere Käfer-Art noch sehr häufig gewesen. Längst ist sie aber verschwunden, ebenfalls seit Jahrzehnten. Gemeint ist der Stierkäfer, dessen Larven sich besonders vom Kot des Wildkaninchens ernähren. Diese Art ist zwar bedeutend kleiner als der riesige Nashornkäfer, aber von ihrem Erscheinungsbild her ebenfalls irgendwie eindrucksvoll. 

Einen dritten spektakulären Käfer wird es am Ende dieses Beitrages für euch geben.

Bodennebel über den Wiesen am so genannten Vogelpohl:






beautiful fog on early morning

Wie oft habe ich hier schon vergleichbare Bilder gezeigt? 

Obwohl es an den ersten acht Tagen mehr oder weniger windstill war, bewegte sich die Nebeldecke über den weiten Flächen wie ein riesiges Banner über den Fußballfans in der "Gelben Wand" im Westfalenstadion. 

Mal waberte alles nach rechts, wenig später wieder nach links. Mal stieg der Nebel etwas in die Höhe, dann wieder ließ er sich einfach fallen. Es war immer Bewegung im Spiel, und ich war fasziniert von der wunderschönen Szenerie, vielleicht sogar ein bisschen hypnotisiert

Oder einfach noch müde, weil ich doch wieder so furchtbar früh aufgestanden war. 

Einem singenden Wiesenpieper erging es jedenfalls ähnlich:  







Meadow Pipit

Ja, für mich ging es wirklich an jedem Tag sehr früh raus. 

Aber nicht immer direkt zur Feldscheune mit den Steinkäuzen. Ich hatte schon auch das Ziel, Kleintiere und Pflanzen auf dem nahen Flugplatz zu fotografieren. 

Und so bin ich an einem weiteren Morgen mutig durch diese Nebelwand gestiefelt, während aus dem Dach des Waldes, den man im Bild sehen kann, ein Pirol sang.

Der Pirol war während meines Aufenthaltes grundsätzlich ein überraschend häufiger Mitstreiter:


Viper's Bugloss left hand side

Links im Bild seht ihr wieder einen blühenden Bestand des Natternkopfes. 

Und etwa in der Bildmitte eine alte Straße. Es handelt sich ja hier um einen ehemaligen Kriegsflugplatz, doch in den vergangenen vierzig Jahren sind die Hinweise darauf immer weiter von Mutter Natur gnädig verschleiert worden. In wenigen weiteren Jahrzehnten wird auch vom Asphalt nichts mehr zu sehen sein, da bin ich mir sicher. 

Die Natur holt sich alles zurück – wenn der Mensch sie aus freien Stücken lässt, was sehr selten vorkommt, oder ihr das Zepter unfreiwillig überlassen muss, wie zum Beispiel in Tschernobyl.

Ich fand eine hübsche Raupenfliege aus der Unterfamilie Phasiinae (Wanzenfliegen), die auf einem Grashalm ruhte: 


likely Cylindromyia brassicaria

Die Larven dieser Art ernähren sich von diversen Wanzen, auch von der attraktiven Streifenwanze, die an Doldenblütlern lebt und die ich hier ja schon einmal vorgestellt hatte.  

Übrigens in einem Bericht über den Flugplatz Achmer!

Und ich entdeckte wieder hübschen Natternkopf, diesmal die VFL-Osnabrück-Unterart


Viper's Bugloss, subspecies vflosnabrückus

Und dann, im blütenreinen weißen und königlichen Trikot, die noch viel seltenere Real-Madrid-Variante


subspecies E. v. realmadridensis

Und ich kann mich nicht vom Flugplatz lösen, bevor ich die geile Heidenelke abgelichtet habe:  




Maiden Pink

Diese hübsche Art blüht zurzeit millionenfach auf dem Flugplatz Achmer!

Hier mal ein halber Blumenstrauß für euch: 


same, but with much more morning dew

Später, als es bereits sonnig war, fand ich gleich drei verschiedene Blindschleichen, die es sich auf dem Weg gemütlich gemacht hatten, um sich nach einer kühlen Nacht aufzuwärmen.  

Und noch später, da war es bereits wieder richtig heiß, schoss ich noch schnell einige Bilder von einer männlichen Feuerlibelle



Scarlet Dragonfly – see last blog post

Diese Art traf ich an vielen Orten an (vergleiche letzten Bericht).

Färberwau:



Dyer's Rocket

Und schließlich das auf dem Flugplatz omnipräsente Kleine Wiesenvögelchen


Small Heath

Ja, es wurde richtig heiß in den kommenden Tagen.  

Sogar so furchtbar heiß, dass ich es nicht mehr aushalten konnte und in den Mittellandkanal sprang. 

Unweit einer Stelle, wo ich vor unglaublichen 50 Jahren das Schwimmen erlernt hatte. Jetzt blieb ich gleich drei Stunden am Stück im kühlen Nass. Nach einer kurzen Phase der Akklimatisation legte ich dann so richtig los und schnitt das Wasser so elegant und gleichzeitig kraftvoll, wie es normalerweise nur ein Barrakuda kann. 

Oder vielleicht noch Peggy Büchse, falls ihr die noch kennt. 

Ich schwamm meine Bahnen Richtung Hörstel (nicht nach Hörstel) und dann wieder Richtung Achmer. Immer hin und her. Wenn ein Schiff kam, dann rettete ich mich Richtung Ufer, was ich früher nie gemacht habe. Früher bin ich immer zusammen mit einigen Kumpels auf die Pötte geklettert, ein Stück mitgefahren und dann wieder ins Wasser gesprungen und zurückgeschwommen. Noch heute erinnere ich mich an den Geruch all dieser Schiffe nach Farbe und Lack, wenn man sie an einem heißen Sommertag erklomm. Ich meine, die Rümpfe werden quasi permanent neu gestrichen, weil das böse Wasser sonst Rost entstehen ließe. Und ein rostiges Schiff bekommt irgendwann Löcher und sinkt ...

Egal, ich schweife ab wie ein Sechsjähriger. 

Wir sind übrigens auch immer von den Brücken gesprungen, vor allem von der geilen Jugendstil-Maschbrücke, die es heute gar nicht mehr gibt. Die Höhe konnte man sich aussuchen. Sprang man vom Bogen, waren es neun Meter, wählte man das Geländer, waren es sechseinhalb, und im Falle des Trägers der Brücke blieben immerhin noch viereinhalb Meter übrig. Ich habe alle Varianten ausprobiert, doch der Sprung vom Bogen war immer am geilsten, aber auch nicht ganz ungefährlich, weil das Wasser des Osnabrücker Stichkanals nicht so furchtbar tief war und man sich deshalb unmittelbar nach dem Eintauchen unbedingt abrollen musste, wenn man nicht wie ein Meteorit einschlagen und am Ende auch noch kopfüber im Schlamm am Grund des Kanals stecken bleiben wollte.

Heute würde ich mich so etwas nicht mehr trauen, Kinners, das will ich zugeben, aber mit fünfzehn macht man auch schon mal Unsinn. Und heute wäre der Kanal auch schon nach dem ersten Sprung ohne Wasser ...

Mein Schatten und ich:


one of the few Painted Ladys, that I have seen this year so far

Dieser hübsche Distelfalter sonnte sich abends auf dem Wirtschaftsweg neben der Steinkauz-Feldscheune.  

Nur wenig später klappte er seine Schwingen zusammen, damit ich auch ihre hübsch gezeichnete Unterseite fotografieren konnte: 


same

2024 scheint ein schlechtes Jahr für diesen alljährlich aus dem Süden zu uns einwandernden Falter zu sein.  

Jedenfalls habe ich bislang nur ganz wenige dieser Schmetterlinge gesehen. 

Im Falle der Gefleckten Weinbergschnegge sah das zumindest im Garten meiner Mutter ganz anders aus:




Garden Snail

Sie war dort nämlich megahäufig und kroch auch schon mal diverse Mauern sowie das Fliegengitter vor der Küchentür hoch. 

Das gezeigte Individuum "klebte" über die gesamte Woche an der Decke über der Terrasse. 

Im Energiesparmodus. 

Die Gefleckte Weinbergschnegge ist, wie so viele andere Arten auch, ein noch junger Bürger unserer Republik. Erst in den letzten zwanzig Jahren hat sie den äußersten Westen Deutschlands erobert, kurioserweise aber auch große Teile Mecklenburg-Vorpommerns. In den meisten Regionen unseres Landes kommt sie aber noch nicht vor.

Kinners, das wird bestimmt nicht so bleiben!

Achtung, ein hübscher Staketenzaun in Lotte-Halen:


nice fence for low budget

Ich kannte diese Teile gar nicht, doch als ich einen Markt ("Postenbörse") in Wallenhorst betrat, standen gleich einige in aufgerolltem Zustand im Eingangsbereich herum. 

Noch am selben Tag entdeckte ich einen bereits errichteten Zaun, eben jenen in Halen. Es war ein verwildertes Grundstück mitten im Ort, auf dem auch kein Haus stand, das mit diesem Zaun würdevoll eingefasst worden war, vielleicht vergleichbar mit einem alten Ölgemälde, das umrahmt wird von einem schmucken Holzrahmen mit natürlicher Patina. Ich fühlte mich auf der Stelle an Rumänien erinnert, an Zäune, die eben nicht perfekt waren, dafür aber umso schöner aussahen. Und entsprechend kam der Staketenzaun in Halen geradezu wie eine Erfrischung rüber im ansonsten immer so ordentlichen und sterilen deutschen Dorfbild.

Wer auch immer sich den Staketenzaun ausgedacht hat, er muss ein Held sein:



same

Echt jetzt mal.

Bevor ich mich am Morgen ins Tarnzelt begab, checkte ich natürlich immer erst die ganzen Aufnahmen, die meine Wildkamera ab dem letzten Nachmittag gemacht hatte. Und da war dann plötzlich ein männlicher Kuckuck zu sehen, der sich Mehlwürmer reinzog! Am Vortag um 21:20 Uhr war er dort aufgetaucht. Natürlich spekulierte ich darauf, er würde sich erneut vor meinem Versteck blicken lassen, doch das war leider nicht der Fall. 

Also setzte ich mich ausnahmsweise auch noch einmal am Abend ins Tarnzelt, um dem blöden Vogel eine weitere Chance einzuräumen. Doch auch die ließ er ungenutzt verstreichen. Stattdessen hörte ich etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang ein leises, aber durchdringendes Kreischfauchen, das ich zuvor noch nie gehört hatte. 

Und wenig später wusste ich auch schon, wer der Urheber war.

Er hier:





kid cutie

Seht doch mal, wie flauschig und putzig!

Es war ein Steinkauz-Kind und, wie sich wenig später herausstellen sollte, auch ein Einzelkind. 

Die Mama wird im Mai sicher mehr als nur ein Ei gelegt haben. Und sehr wahrscheinlich sind aus den Eiern auch mehrere Geschwister geschlüpft. Doch eine realistische Chance auf ein Erreichen des Erwachsenenalters hatten sie nicht, weil das Frühjahr einfach zu kalt und verregnet dahergekommen war und es deshalb an ausreichend Nahrung gemangelt haben dürfte.

Übrig geblieben ist am Ende also nur eines der Kinder. Und das stand jetzt in einem Mauerloch und lugte neugierig hinüber zu den Mehlwürmern:


they had only one single child, maybe as the result of an unusual cold and rainy spring

Und nur wenig später geschah das Unfassbare!

Der Vogel konnte wider Erwarten schon fliegen und landete auf dem Boden, um fleißig zu essen. Er lief hin und her. Und alles wirklte noch sehr unbeholfen. Nach einigen schnellen und tapsigen Schritten blieb er immer abrupt stehen und schwankte ein wenig wie ein Besoffener vor der Hafenkneipe, um dann plötzlich wieder loszulaufen und einen weiteren Mehlwurm zu "erbeuten". 

Kinners, das war gar keine Eule, das war ein Menschenkind, das gerade das Laufen lernte. Es sah wirklich exakt so aus. Fotos habe ich aber nicht geschossen, weil ich saß und die Perspektive mir so, wie sie war, nicht gefiel. Ich hoffte, der Kinderkauz würde noch auf dem Pfosten landen, doch das tat er leider nicht. Stattdessen hob er zu meiner großen Überraschung ab und steuerte das Mauerloch an, wo er zuvor gestanden hatte. Und die Landung klappte gleich beim ersten Mal!

Das hätte ich dem jungen Vogel wirklich nicht zugetraut!

Das Weibchen: 



trail camera shot

Auf dem Pfosten stehend: 





















Oh, der Herr Sudendey hat endlich nachgelegt:



looking for Mealworms

In den Eichen habe ich die Steinkäuze nie fotografiert.

Sie standen einfach zu hoch in den Bäumen, da wäre am Ende auch nichts Vernünftiges herausgekommen. 

Ein passendes Bild gibt es aber trotzdem:



another Little Owl from another spot, photograph taken by Sigrid Lömker (Quakenbrück)

Klassisch kugelig und mit Schlafzimmerblick steht die Eule auf dem dicken Ast.

Dieses Foto schickte mir Sigrid Lömker aus Quakenbrück (Landkreis Osnabrück) am vergangenen Samstag als spontane Reaktion auf den ersten Teil meines Steinkauz-Berichts.

Vor zwölf Jahren hatte ein gemeinsamer, im Mai 2024 leider verstorbener Bekannter einen Fototermin mit den Steinkäuzen in Sigrid Lömkers Garten für mich arrangiert. Allerdings musste ich zweimal anreisen, denn beim ersten Mal ließ sich keiner der Vögel vor dem bereits errichteten Versteck blicken. 

Steinkäuze sind halbe Brasilianer, sie wollen nichts wissen von Terminen, deutscher Pünktlichkeit oder dem Beginn der Saison und bleiben dem Auftakttraining einfach unabgesprochen fern, um den Urlaub zu verlängern (siehe auch Teil 1). 

Nachvollziehbar. 

Und so war es auch hier. 

Doch beim zweiten Treffen (das erste war ja eigentlich gar keins) nur eine Woche später oder so hat es dann doch geklappt, wie das folgende Bild eindrucksvoll belegt:




taken in 2012 and from the archives

Und vielleicht handelt es sich bei dem von Sigrid fotografierten Vogel ja sogar immer noch um dasselbe Individuum, das ich damals vor der Linse hatte, ich meine, zwölf Jahre sollten für einen Steinkauz schließlich schon drin sein. 

Wissen kann man es aber nicht.

Sigrid Lömker hat also das große Glück, diese wunderbare Eule im eigenen Garten beobachten und fotografieren zu können. Und alljährlich gibt es dort sogar Nachwuchs! Hätte ich dieses Glück,. würde ich den Käuzen jeden Tag etwas Leckeres aus dem Outback mitbringen, heute ein Großes Heupferd, morgen vielleicht sechs Regenwürmer

Danke, Sigrid, für das schöne Foto!

 

"Die seltene Eulenart der Steinkäuze galt in Ostfriesland als ausgestorben. Wie die Jägerschaft Aurich diesen Trend umbiegen konnte."

Und da ist es auch schon wieder, das geile Zitat der Auricher Jäger. Ich kann mich einfach nicht an ihm sattlesen. 

Bestimmt ist euch aufgefallen, dass sie sich schon selbst feiern und dass sie allen Ernstes glauben, bereits Historisches geleistet zu haben? Nein, liebe Jäger, ihr habt lediglich ein paar Vögel ausgesetzt, einen Trend umgebogen im Falle des Steinkauzes aber habt ihr definitiv noch lange nicht!

Mehrere hunderttausend Euro soll das auf fünf Jahre ausgelegte Projekt übrigens verschlingen. Rausgeschmissenes Geld, wie ich finde, und zwar aus den bereits oben genannten Gründen. 

Ich weiß nicht, was man den Geldgebern – darunter befindet sich auch die BINGO-Umweltlotterie, die eben keineswegs nur sinnvolle Projekte unterstützt, wie schon zuvor bekannt gewesen sein dürfte – verklickert hat, um die notwendige finanzielle Unterstützung zu bekommen. Und ich frage mich natürlich, ob es da kein Entscheidungsgremium gibt, das feilgebotene Projekte auf Herz und Nieren und vor allem Sinnhaftigkeit überprüft. Darüber hinaus frage ich mich auch, welche Behörde so einen Unsinn überhaupt genehmigt hat.

Ein "wichtiger Teil des Projektes" ist übrigens das so genannte "Prädatoren-Management", also das völlig sinnfreie Fangen und Töten vor allem von Steinmardern. Das ist zumindest ein aus der Sicht der Jäger neben dem Prestigegewinn weiterer positiver Haupteffekt der ganzen Kiste, den ich bereits oben angedeutet hatte. Die Steinkäuze sollen also eine noch schärfere Verfolgung des Steinmarders legitimieren, und man hat doch glatt dreißig zusätzliche neue Fallen aufgestellt im Revier! 

Dabei handelt es sich hier um typische Kindergarten-Jägerdenke, frei nach dem Motto: Wir beseitigen alle natürlichen Feinde, und dem Kauz wird es schon gut bei uns gehen. 

Genauso gut könnte man die Vögel gleich in der Voliere belassen oder gar in Watte packen. Ich meine, ich halte auch nichts von so genannten Anti-Prädationszäunen, weil sie nur die Symptome bekämpfen, aber nicht die Ursache für den Rückgang vieler Bodenbrüter. 

Die geht nämlich immer auf zwei Beinen.

Der arme Steinmarder richtet weder einen ökologischen Schaden an, noch ist er annähernd so häufig wie der Mensch. Und man muss schon frei von einem Gewissen sein, wenn man einem gefangenen Steinmarder die Knarre an den Kopf hält und abdrückt. Aber es ist nicht neu, dass die meisten Jäger überhaupt keine Skrupel besitzen, wenn es darum geht, ihr schändliches Tun auszuüben. 

Merksatz: Die Skrupel der meisten Jäger sind exakt so ausgeprägt wie ihr Wissen über ökologische Zusammenhänge. 

Was mich aber immer am meisten aufregt, ist, dass sie ihr erbärmliches Tun als Naturschutz deklarieren – und damit auch noch durchkommen! Ich meine, stellt euch doch mal einen Serienmörder vor, der von sich selbst behauptet, er sei eigentlich ein Menschenfreund und habe es immer nur gut mit seinen Opfern gemeint, die er ins Jenseits befördert hat. 

Würdet ihr ihm das wirklich abnehmen?

Ich sehe da jedenfalls keinen Unterschied. 

Und zum besseren Verständnis solltet ihr das hier lesen: klick!

Im Kreis Steinfurt werden natürlich auch Marder getötet, Jäger ticken schließlich überall gleich. Eine verstärkte Verfolgung des Steinmarders ist aber nie von Steinkauz-Macher Friedhelm Scheel (Westerkappeln) gefordert worden, weil er es besser wusste und weiß. Und selbst mardersichere Kästen hat es dort nur in der Anfangszeit gegeben, also vor über 40 Jahren! Und trotzdem prosperieren die Steinkäuze seit einer gefühlten Ewigkeit und breiten sich aus, wenn auch langsam. Auch das ist wieder einmal ein eindeutiger Beleg für den unglaublichen Unsinn, den so viele Jäger immer und immer wieder von sich geben. 

Da wird mir wieder richtig übel. Und selbst das Käsebrötchen, das vor mir auf dem Teller liegt, mag ich jetzt nicht mehr anrühren!

Kinners, eine Welt ohne diese Lodenträger, die sich gerne gegenseitig Orden und Urkunden verleihen und überflüssige Ämter bekleiden, weil sie sich dann wichtig vorkommen, wäre schon eine deutlich bessere. 

Abgeschafft werden wird die Jagd aber leider nie, und der Grund dafür ist hinreichend bekannt.

 

Das Bild von ganz oben noch einmal:



same as above

Es entstand unmittelbar nach Sonnenaufgang und ist vielleicht das schönste der vielen Fotos, die ich im Kreis Steinfurt machen konnte. 

Im kommenden Jahr werde ich es wieder versuchen. Dann hoffe ich auf besseres Wetter und einen größeren Bruterfolg der kleinen Eulen, die mir mit ihrem munteren Wesen und dem clownesken Auftreten wirklich viel Freude bereitet haben.

Und noch einmal am Boden:



same bird 

Vonne Seite krasses Sonnenlicht, das den Vogel anstrahlt, und der Hintergrund noch tief im Schatten.

Quasi unbelichtbar. 

Und eine gefühlte Tonne Kontrast habe ich schon rausgenommen! 

Ich kann dieses Bild nicht so richtig einordnen, finde es mal geil, vor allem wegen des fast irren Blicks der Eule, dann wieder nicht so prickelnd, aber ich hab's trotzdem eingebaut, damit ihr mal seht, wie hart es ist oder sein kann, Vogelfotos zu schießen. Man kann vieles beeinflussen, das Licht aber nicht. Und so stelle ich fest, so richtig zufrieden bin ich mit keinem der Bilder.

Bevor ich zurück nach Ostfriesland fuhr, legte ich wieder einen Stopp im Gehn ein. 

Zehn Kilometer legte ich an diesem Morgen zu Fuß zurück, um das Waldgebiet zu umrunden. Und es hat sich gelohnt, denn am Stamm einer Stieleiche an der so genannten Heide am Gehn entdeckte ich gleich fünf Hirschkäfer!

Ein Kerl:



male European Stag Beetle

Derselbe oder ein anderer:


another or the same

Die ist meine:


male and his fiancée

Und dann war da nämlich noch dieser mächtige Bulle, der seine Eroberung hermetisch gegen die Konkurrenz abschirmte, indem er sich einfach über sie stellte.

Zu einer Paarung kam es während meiner Anwesenheit aber nicht. 

Trotzdem klangen mir die tiefen Brunftrufe der Männchen noch eine ganze Weile in den Ohren nach. Auch als ich mich längst an der zweieinhalb Kilometer entfernten Borgbeeke befand. Die Borgbeeke ist so ein kleiner und unauffälliger Bach, der den Nordabhang des Gehn hinabplätschert und dessen Wasser man bedenkenlos trinken kann, wenn man keine Pulle dabei hat, zumindest oberhalb des Weges, der die Borgbeeke überquert

Habe ich schon oft in die Tat umgesetzt, auch diesmal wieder. 

Abgesehen hatte ich es dort auf die Zweigestreifte Quelljungfer, die BVB-Libelle, wenn man so will, doch ich ging leer aus, obwohl die Jahreszeit perfekt war und ich diese hübsche wie anspruchsvolle Art dort vor vielen Jahren allsommerlich beobachtet hatte. 

Man kann nicht immer gewinnen. 

Zu guter Letzt gibt es jetzt noch drei Bilder für euch.

Zwei von ihnen zeigen das Steinkauz-Männchen aus dem letzten Bericht:



male Little Owl (see last blog post)

Das allerletzte Bild habe ich, passend zu diesem Beitrag, Jägerromantik getauft:


hunter's dreamworld

Ich sollte es als Fototapete für viel Geld unters Lodenvolk bringen und einfach behaupten, es sei vom heiligen Hubertus gemalt worden. 

Ich meine, Jäger erzählen immer so gerne Märchen. Und vielleicht sollte endlich mal jemand mit gleicher Münze zurückzahlen.

Oh Gott!

Kinners, obwohl sich das unkooperative Männchen nicht ein einziges Mal vor meiner Linse blicken ließ, ist es mir am Ende doch gelungen, den Ring komplett abzulesen. Ich habe die Mehlwürmer einfach direkt vor die Wildkamera gestreut, sodass der Vogel ganz nah herankommen musste. Zunächst war ich der Auffasung gewesen, nur die letzten sechs Zahlen der Kombination erkannt zu haben, doch jetzt hat man mir geschrieben, dass die Ringnummer ohnehin nur aus einem sechsstelligen Code besteht. 

Woher der Vogel stammt, muss aber noch offen bleiben, denn eine offizielle Meldung an das IfV steht noch aus. Ich denke aber nach wie vor, er wird auch vor Ort beringt worden sein.

So Kinners, falls ihr mehr über das Steinkauz-Projekt der Jägerschaft Aurich erfahren möchtet, müsst ihr die entsprechende Seite anklicken. 

Ihr werdet begeistert sein. 

So wie ich.

Zu guter Letzt: Dass wir einander nicht missverstehen (das schreibe ich tatsächlich jedes Mal!), ich bin auch berechnend. Wenn ich Mehlwürmer in die Landschaft streue, dann tue ich das sicherlich nicht nur aus Selbstlosigkeit. Okay, manchmal schon, weil es lustig ist und mir einfach Freude bereitet, wenn Vögel sich freuen. Aber in der Regel hoffe ich natürlich auf gute Bilder. 

Im Gegensatz zu den Jägern bezeichne ich das, was ich mache, aber nicht als Naturschutz. Und natürlich gehe ich nicht raus und töte aus Spaß Wildtiere, von Stechmücken und bösen Bremsen einmal abgesehen. Aber die auch nur dann, wenn sie nach meinem geilen Blut dürsten und mich attackieren.

Dass das mal klar ist.

 

* Der Nashornkäfer ist in der Gegend gar nicht mehr so selten, wie ich dachte. 

"Den hatte ich auch schon an meinem Komposthaufen im Garten", meinte Friedhelm Scheel trocken, nachdem ich ihm von meiner morgendlichen Begegnung berichtet hatte.