Moin Kinners!
Kennt ihr den Karmingimpel?
Das ist er einer der begabtesten Sänger der heimischen Vogelwelt.
Für mich steht er bezüglich seines Talentes auf dem zweiten Platz der ewigen Bestenliste.
Gleich hinter Fasan, Rothalstaucher und Helene Fischer.
Ab Ende Mai, vor allem aber im Juni, wird er wieder den Rysumer Nacken mit seinem virtuosen Liedgut beschallen.
Und genau im Juni, so etwa in der Mitte des Monats, wird es hier einen ganz prächtigen Beitrag geben!
Aber nicht über den Karmingimpel.
Sondern über eine seltene Art, die ich hier in der Vergangenheit nur ein einziges Mal und mit einem einzigen Bild vorgestellt habe.
Ist noch gar nicht so lange her.
Das
Bild war super, aber das Exemplar dieser Art, um die es hier geht,
hatte zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits reichlich Federn gelassen. Und
weil selbst ich aus Kacke kein Gold machen kann, muss ich im kommenden
Frühsommer nachsitzen und einen zweiten Versuch starten, auf den ich mich schon seit dem Frühsommer 2024 so richtig freue! Hoffen wir mal, dass alles gut ausgehen wird. Da gibt es nämlich so einige unkalkulierbare Faktoren, die mir am Ende noch alles vermasseln könnten.
Um welche Art genau es sich handelt, wird natürlich noch nicht verraten, aber stellt euch schon mal auf Spektakuläres ein!
Und damit ihr diesen herausragenden Beitrag nicht verpasst: Eine kleine Notiz im Kalender hilft weiter.
Spannend, oder?
Jetzt werdet ihr bis Mitte Juni nicht mehr schlafen können.
Ist mir aber egal.
Heute geht es nach langer Zeit mal wieder um den Bergpieper:
Water Pipit, likely a female
Der letzte Bericht über diese interessante Art in meinem Blog stammt vom 28. November 2022: klick!
Auf dem Rysumer Nacken (Stadt Emden/Ostfriesland) gibt es eine extensiv bewirtschaftete Kuhweide, die die in ihrer Umgebung überwinternden Bergpieper vor allem morgens anzieht wie der Sommerschlussverkauf die kaufrauschigen Schnäppchenjäger.
So sah sie am ganz frühen Morgen eines kristallklaren Tages Ende März 2025 aus:
habitat of wintering Water Pipits at so called Rysumer Nacken (city of Emden/Germany)
Ich kenne diese Fläche natürlich schon seit einer Ewigkeit.
Doch erst im Frühjahr 2024 war mir aufgefallen, wie viele Bergpieper dort verlässlich nach Nahrung suchen. Zu diesem Zeitpunkt war es schon sehr lange mein Wunsch gewesen, diesen Vogel auch mal im hübschen Prachtkleid zu fotografieren, und von meinem Wagen aus sah ich jetzt gleich drei sehr prächtige Männchen auf einmal!
Das Resultat dieser Beobachtungen und der darauffolgenden Knipserei im März 2024 sieht auch heute noch so aus:
this male Water Pipit in breeding plumage I photographed in March 2024 on a pasture in Emden-Wybelsum
Ihr seht, ich hatte Erfolg.
Doch mein Glück währte damals nur kurz.
Zwar waren ab Anfang April 2024 nach wie vor Bergpieper auf der Weide anwesend, doch eben auch schon eine Herde Kühe.
Mit Kühen auf einer Weide kann man aber keine Vögel fotografieren. Diese schwarzbunten Mistviecher sind nämlich furchtbar neugierig und kommen sofort angetrabt, sobald man über den Zaun steigt. Angst vor ihnen habe ich nicht, aber man muss trotzdem mit Schlimmstem rechnen, zum Beispiel damit, dass sie mein Tarnzelt zerstören, indem sie sich daran reiben, wenn ihnen ihr Scheißfell juckt.
Alles schon erlebt, aber im Wybelsumer Polder.
Heute ist der 6. April 2025, und auf der Weide hat es bislang noch keinen Almauftrieb 2025 gegeben. Ich kann also an meiner Bergpiper-Geschichte in diesem Jahr etwas länger schreiben als vor zwölf Monaten. Doch sollten die Kühe in den nächsten Tagen nach draußen gebracht werden, dann wäre das für mch jetzt auch nicht mehr so furchtbar schlimm, denn ich habe schon ausreichend brauchbare Fotos im Kasten.
Es ist wie auf einem wunderbaren Konzert: Alles, was jetzt noch folgt, ist Zugabe.
Bevor es aber so richtig losgeht, gibt's jetzt schnell noch ein Suchbild für euch:
how many Water Pipits do you see?
Wie viele Bergpieper sind auf dem Foto zu sehen?
Auflösung folgt weiter unten.
Angefangen habe ich mit der Bergpieper-Knipserei in diesem Frühjahr am 10. März:
male Water Pipit photographed in March 2025, several specimen followed the coming weeks – note the rosy supercilium
Das Bild zeigt ein mauserndes Männchen.
Auf dem folgenden Foto war sein Scheitel plötzlich ganz platt, denn das Auslösegeräusch meiner Kamera hatte den Vogel mächtig zusammenzucken lassen:
same specimen
Und den Bruchteil einer Sekunde war er weg.
Auf der Weide existiert ein Bergpieper-Futterplatz.
Ich weiß das ganz genau, denn ich selbst habe ihn eingerichtet. Zum Frühstück gibt es Mehlwürmer, zum Mittagessen Mehlwürmer und zum Abendbrot Mehlwürmer. Die Vögel sind trotz der einseitigen Kost begeistert, ich meine, kleine Kinder wären in den allermeisten Fällen auch volle Kanne damit zufrieden, wenn sie jeden Tag Spaghetti mit Ketchup essen dürften.
Ohnehin suchen sich auch von mir angefütterte Bergpieper immer wieder ganz selbstständig Ergänzungsnahrung, weil sie instinktiv wissen, was gut für sie ist. Das ist anders als bei kleinen Kindern.
Hier seht ihr ein noch weitgehend schlichtes Individuum vom 10. März 2025:
still in non-breeding plumage
Das Licht war an diesem Tag winterlich fahl.
Und die meisten der Vögel sahen zu diesem Zeitpunkt wie Flickenteppiche aus.
Mauser kann wirklich grausam sein, wie man bei diesem Männchen sehen kann:
moulting male
Zu diesem Zeitpunkt war es noch ein weiter Weg bis zum Hochzeitskleid!
Zu Beginn meiner Beobachtungen, also am 10. März 2025, hielten sich auf der Weide etwa 20 Bergpieper auf, doch ihre Zahl stieg rasch auf über 50 Individuen am 23. März an.
Wahrscheinlich waren sogar deutlich mehr Vögel anwesend, doch von meinem Wagen aus habe ich immer nur einen relativ kleinen Teil der Fläche im Blick. Bis zum 28. März änderte sich zahlenmäßig kaum etwas, doch mit Beginn des Monats April legte der Wettergott den Hebel mal wieder um von trüb und windig hin zu wolkenlos und eher ruhig. Fortan sank die Zahl der Bergpieper von Tag zu Tag. Waren es am 2. April noch etwa 25 Vögel, so sah ich am 5. nur noch 13.
Am 2. April hielt sich dieses Männchen vor meinem Versteck auf:
another male
Die Aufnahme entstand eine ganze Weile vor Sonnenaufgang.
Wie auch die folgende:
same male right before sunrise
Eine halbe Stunde später war das Licht schon gleißend:
half an hour later with bright sun
Und nach weiteren zehn Minuten sah das Ganze schon so farblos aus:
more ten minutes later, the colours have already vanishedAn einem Tag so ganz ohne Wolken kann man maximal eine Stunde lang fotografieren.
Jeweils etwa eine halbe vor und eine halbe nach Sonnenaufgang. Das war's dann auch schon. Alles was danach kommt, sieht einfach nicht mehr gut aus.
Derselbe Vogel, diesmal wieder vor Sonnenaufgang geknipst:
same specimen, but one more time before sunrise
Leider stand er für meinen Geschmack ein bisschen zu weit von mir entfernt herum:
same
Das war deshalb schade, weil er sich ausgiebig putzte:
preening
Und einen sich putzenden Bergpieper würde ich sehr gerne mal passabel ablichten.
Schüttel dein Haar:
shake it off
So, nur noch diese eine Feder:
one last feather left behind
Ein letztes mal kräftig durchschütteln:
same
Und fertig.
Einen Tag später, also am 3. April, war derselbe Bergpieper immer noch da:
same specimen, but one day later
Im Profil:
same
Und wieder einen Tag später gelangen mir weitere Bilder von diesem Vogel:
pictures taken one more time before sunrise
Die drei da oben vor Sonnenaufgang und das folgende nur eine Viertelstunde später:
same, but after sunrise
Jau, da ließ sich der Vogel genüsslich die Morgensonne auf die Plauze scheinen.
Und seht ihr, welchen Einfluss das Licht auf die Farben eines Vogels hat?
Nicht nur auf die eines Vogels.
Zwischen
den Mahlzeiten sucht man als Bergpieper einen weniger exponierten und
somit etwas sichereren Ruheplatz auf. Schließlich können in so einem Lebensraum jederzeit Sperber und Merlin auftauchen.
Meistens versteckt man sich neben einer Binsen- oder Grasbulte:
Water Pipit did this
Und hinterlässt dort seine Spuren.
Oder man drückt sich in den Hufabdruck einer Kuh, sodass nur noch der Scheitel zu sehen ist. Unter diesen Umständen sind die Vögel nahezu unsichtbar. Doch als erfahrener Bergpieper-Extremkenner finde ich sie natürlich trotzdem und meistens auch nach nur kurzer Suche. Oft sind es ihre Bewegungen, die die Vögel letztendlich verraten.
Und ich weiß natürlich auch, wo ich gucken muss.
Das ganze Kackdilemma aus der Nähe:
close up
Schlimm, oder?
Und
wenn man das Elend so aus der Nähe betrachtet, dann braucht man den
Landwirten wirklich nicht mehr vorzuwerfen, dass sie nahezu ganz
Ostfriesland etliche Male im Jahr unter einem flüssigen Teppich aus
Gülle verschwinden lassen.
Als Bergpieper ist einem so etwas aber ohnehin egal. Man steht neben seiner Grasbulte und putzt sich ausgiebig, weil der Sudendey dafür gesorgt hat, dass man ausreichend Zeit für so wichtige Dinge hat.
Und die Männchen singen fleißig und endlos vor sich hin, während sie gleichzeitig vielleicht schon vom alpinen Brutgebiet träumen. Diesen Subsong eines männlichen Bergpiepers habe ich endlich auch mal aufgenommen, weil der Vogel unweit meines Verstecks herumstand und trällerte.
Anhören könnt ihr ihn euch hier: klick!
Anderes Thema:
blooming Blackthorn
Wenn die hübsche Schlehe zu blühen beginnt, dann ist für mich Frühling!
In der Regel ist das ab Anfang März der Fall, je nach Standort:
this species constitutes a important food source for so many insects at this early time of the year
Und wenn die Schlehe blüht, dann sieht man erst, wie häufig sie hier in Ostfriesland ist!
Vor allem frei stehende Individuen, die sich entfalten können, gefallen mir ausgesprochen gut:
beautiful
Wenn ich einen Garten hätte, die Schlehe wäre ganz bestimmt ein Teil davon.
Aber
ich besitze gar keinen. Und ich wünsche mir auch gar keinen, weil das
Outback doch schon mein Garten ist und ich mich dort um nichts zu
kümmern brauche.
Weitere Bilder, die ich übrigens alle auf dem Rysumer Nacken geschossen habe:
same
Nur etwa 200 Meter Luftlinie vom Bergpieper-Futterplatz entfernt.
Nahaufnahme desselben Zweiges:
same
Die Kronblätter der Schlehenblüte sind reinweiß, wie ihr Nichtsnutze da draußen unschwer erkennen könnt.
Reinweiße Blüten kann man meiner Meinung nach nur sehr schwer mit der Sonne im Rücken fotografieren. Eigentlich ist das sogar unmöglich. Also wählte ich auch hier das frühmorgendliche Gegenlicht für meine Aufnahmen. Dass sich über Nacht auch noch attraktive Tautropfen auf den Blüten gebildet hatten, machte diese Fotosession zu einer wirklich runden Sache.
Drei Stunden später, jetzt wieder im abartigen Licht der bereits hochstehenden Sonne, war nichts mehr übrig geblieben von der morgendlichen Schönheit der Schlehe.
Das folgende Bild soll aber auch etwas ganz Anderes dokumentieren:
foraging European Peacock
Nämlich dass die großartige Schlehe ein ganz wichtiger Nahrungslieferant ist für all jene Insekten, die sehr früh im Jahr unterwegs sind.
Hier ist es ein Tagpfauenauge, das sehr wahrscheinlich auf dem Rysumer Nacken überwintert hat.
Doch natürlich besuchen auch andere Wirbellose wie Fliegen und Wildbienen die Blüten der Schlehe, um sich und ihren Nachwuchs mit lecker Nektar und Pollen zu versorgen. Auf dem Rysumer Nacken sind es zum Beispiel gleich mehrere Sandbienen-Arten der Gattung Andrena.
Morgendliches Gegenlicht gefällt mir aber trotzdem besser:
same
Die Blüte einer Schlehe währt nur kurz, ihre Pracht ist so vergänglich wie eigentlich alles in der Natur.
Und schließlich fühlt man sich an einen Wintertag erinnert, wenn die Kronblätter wie Schneeflocken durch die Luft wirbeln und wenig später den Boden bedecken. Ich schreibe das auch deshalb, weil ich verhindern möchte, dass ihr auf diesen billigen Trick der Natur hereinfallt und womöglich sogar noch reflexartig das bescheuerte Streusalz aus der Besenkammer oder der Garage hervorholt.
Wahrscheinlich Grauweide:
likely Grey Willow
Auch Weiden blühen sehr früh im Jahr und stellen, wie die Schlehe, eine unverzichtbare Nahrungsgrundlage für viele Insekten dar.
Dieser riesige weibliche Grasfrosch querte meinen Weg auf dem Rysumer Nacken am 13. März 2025:
female Grass Frog
Die Dame blieb sehr lange einfach so stehen, sodass ich in aller Ruhe meine Kamera startklar machen und ein paar Bilder von ihr schießen konnte.
Erst dann setzte sie zu einem gewaltigen Sprung an, der mich ganz spontan an Bob Beaman denken ließ und an seinen etwa 23 Jahre währenden Weltrekord, gesprungen im Oktober 1968 bei den Olympischen Sommerspielen in Mexiko-Stadt.
Kinners, damals konnte ich wahrscheinlich gerade laufen, ganz bestimmt aber noch nicht springen.
Oh, eine Dohle:
Jackdaw is one of my favorite birds. The picture shows a maleGenaugenommen handelt es sich um einen Dohlen-Mann.
Dieser Vogel ist der Partner einer weiblichen Dohle auf dem Rysumer Nacken, die auf der Stelle auf mich zugeflogen kommt, sobald sie mich am Horizont erblickt. Der Grund dafür: Sie hat bei jeder Begegnung eine leckere Überraschung von mir bekommen in den letzten vier Jahren. Während sich dieses Weibchen bis auf einen Meter an mich herantraut, bleibt das scheuere Männchen stets auf Sicherheitsdistanz im Hintergrund.
Vor ein paar Tagen habe ich Mehlwürmer auf die Straße gestreut und mich dann etwas zurückgezogen, um auch dem gezeigten Vogel mal eine Chance einzuräumen. Und was macht er? Er sammelt zwar fleißig Mehlwürmer ein, schluckt diese aber im Gegensatz zu seiner Partnerin nicht herunter, sondern sammelt sie in seinem Kehlsack. Es ist Anfang April und somit zu früh für Dohlennachwuchs, war mein Gedanke, und wenig später wurde auch schon aufgelöst. Mit den gebunkerten Mehlwürmern fütterte der Gemahl nun seine ihn anbettelnde Angetraute.
Balz hoch zehn!
Künftig werde ich also kein schlechtes Gewissen mehr haben müssen, wenn ich nur ihr etwas zu essen gebe.
Am 23. März fand ich gleich zwei Trauerbachstelzen in einem größeren Trupp "normaler" Bachstelzen auf einem Acker auf dem Rysumer Nacken:
male Pied Wagtail on a field on March 23th
Das Bild oben zeigt einen Kerl, das folgende eine Dame (links):
female (left bird)
Die für mich mit Abstand früheste Ringdrossel meines Lebens tauchte bereits am 21. März auf einem Acker des Rysumer Nackens auf:
never ever I had seen a Ring Ouzel that early. This male showed up already on March 21rst
Wahrscheinlich dasselbe Männchen sah ich dort auch noch einmal eine Woche später.
Und erst am 7. April sind weitere Individuen eingetroffen, bzw. von mir entdeckt worden. Das ist aber ganz normal, diese Vögel liegen voll im Zeitplan einer nordischen Ringdrossel. Dass man sich ungewöhnlich frühe Individuen grundsätzlich genau ansehen sollte, haben zwei Alpenringdrosseln in den Niederlanden eindrucksvoll aufgezeigt, je ein Männchen und ein Weibchen an zwei verschiedenen Orten, beide ganz sauber fotografisch dokumentiert.
Das kam einer Sensation gleich, denn nie zuvor war dieses Taxon in den Niederlanden beobachtet worden.
Am 30. März sah ich auf dem Knockster Tief meine erste Tundrasaatgans auf dem Gebiet der Stadt Emden:
my first Tundra Bean Goose ever in Emden, unfortunately somehow injured and not able to fly
Diese Art taucht auch in der Krummhörn nur selten auf.
Die hübsche Kurzschnabelgans, die der Tundrasaatgans ein wenig ähnelt, bekommt man hier jedenfalls deutlich häufiger zu Gesicht. Auf der Geest hingegen ist die Tundrasaatgans nicht so furchtbar ungewöhnlich; man kann dort auf Stoppelfeldern auch schon mal mittelgroße Trupps beobachten.
Leider war der Vogel auf dem Knockster Tief irgendwie verletzt und konnte nicht fliegen, doch immerhin hat es für einen jesusmäßigen Dauerlauf über das Wasser gereicht.
Austreibender Roter Hartriegel:
Common Dogwood finally becoming green
März und April sind einfach nur schön.
Alles wird wieder grün, und die Fauna erwacht auch zu neuem Leben. Zurzeit weiß man gar nicht, wohin man blicken soll, denn wirklich überall ist was los.
Auch auf einem Stein am Zaun des Gassco-Geländes:
cute Moss of unknown identity
Kleine Moospolster sahen wie gemütliche Sitzkissen aus.
Fast schon einladend:
same
Ich hatte aber keine Zeit für eine bescheuerte Pause.
Zurück zur Bergpieper-Weide gleich nebenan:
Hawthorn, sculpured by cattle
Eigentlich handelt es ich hier gar nicht um eine schnöde Weide, wie es sie überall gibt, sondern um einen Skulpturenpark für ganz Anspruchsvolle!
Und die Künstler sind die Kühe, so genannte Wiederkäuer-Warhols.
Im Falle der vielen Büsche handelt es sich um Weißdorn. Und die werden permanent von den Kühen beknabbert. Auf dem Bild da oben kann man sehr schön die Reichweite der Viecher erkennen. Da ist eine Grenze sichtbar, und oberhalb dieser Grenze darf der Weißdorn doch noch machen, was er will.
Ziegen ließen weniger von den Büschen übrig, für Ziegen existieren nämlich auch keine Grenzen. Sie klettern auf alles drauf und ignorieren locker jedes Gesetz der Physik. Schwerkraft? Noch nie was von gehört. Doch glücklicherweise gibt es auf dem Rysumer Nacken keine Ziegen, was die Weißdorne sehr zu schätzen wissen.
Noch ein Bild von der hübschen Morgenstimmung:
same
Wenn sich der Nebel verzogen hat und ich die Bergpieper im Kasten, dann darf ich mein Versteck endlich wieder verlassen.
In
so einem Augenblick befindet sich meine Blase wirklich immer kurz vor
der Explosion, das muss ich jetzt mal ungeschönt hier schreiben. Die
verfickte Kälte, ihr wisst und so weiter.
Und natürlich gehe ich auch deshalb irgendwann wieder raus, um mein Versteck und die ganze Szenerie drumherum mal für euch wunderbare Besucher dieses Blogs in Bildern festzuhalten:
where
the birds mainly forage. It is a mixture consisting of hay and mud
created by cattle, which attracts tons of insects and spiders which
attract many birds again, like for instance the Water Pipit
Solche Flächen, wie das Bild sie zeigt, gibt es auf der Weide gleich in mehrfacher Ausfertigung.
Seht:
same
Und hier:
same
Mein Tarnzelt:
my hide
Fotografiert nach einem heftigen Graupelschauer.
Ein paar Tage später bin ich dann umgezogen, aber nur ein paar Dutzend Meter weiter nach Süd:
after I had moved few meters South
Im Falle dieser eigentümlichen Flächen handelt es sich um ein Gemisch aus Heu, Stroh und Schlamm.
Das Heu wird den Kühen als zusätzliches Futter gereicht, vor allem im Spätherbst, und weil Kühe nicht ganz so helle sind, laufen sie auch schon mal mitten durch ihr Essen. Genaugenommen vermengen sie die ganze Pampe mit ihren Huftritten, bis eben diese einzigartige Mischung ensteht, die zahllose Insekten und wohl auch kleine Spinnen anzieht. Und diese Wirbellosen wiederum üben eine unwiderstehliche Anziehnungskraft auf viele Vögel aus, keineswegs nur auf den Bergpieper.
Doch wie ich es bereits weiter oben hatte anklingen lassen: Die Bergpieper halten sich nicht den ganzen Tag über dort auf. Interessanterweise kommen sie morgens etwa eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang in kleinen Gruppen, bestehend aus zwei bis zehn Individuen, aus unterschiedlichen Richtungen angeflogen und suchen zunächst allesamt auf den Heu-Schlamm-Flächen eifrig nach Nahrung, doch im Laufe des Vormittags verteilen sie sich auf der ganzen Weide und auch darüber hinaus. Schaut man also erst gegen Mittag nach den Vögeln, wird man zwar welche sehen, aber eben nur sehr wenige.
Ich habe nicht nur einmal morgens kontrolliert, der Ablauf war immer derselbe.
Call me Notail:
male White Wagtail
Unter diversen anderen Piepmätzen ließ sich auch immer wieder diese schwanzlose Bachstelze am Futterplatz blicken.
Ich verpasste ihr in Gedanken den Namen Notail.
Sie war, wenn anwesend, auch der ultimative Platzhirsch, der alle anderen Vögel mühelos in Schach hielt.
Notail-Gedanken: Ohohoho, ich bewege mich hier auf sehr schmalem Grat, und es könnte glatt sein. Hoffentlich stürze ich nicht den steilen Abhang hinab:
walking
Dann bin ich mausetot.
Eigentlich war und ist Notail voll die Aggrostelze, wenn ich ehrlich sein soll.
Aber irgendwann fliegt sie wieder ab, und alle anderen Vögel kommen wieder zum Zug:
pretty Notail
Zum Beispiel diese männliche Rohrammer:
male Reed Bunting
Auch ihr habe ich einen vermeintlich indianischen Namen gegeben.
Und zwar Slightly-hanging-left-wing:
I called her Slightly-hanging-left-wing because of her slightly hanging left wing
Ihr linker Flügel hing stets etwas herab, doch Auswirkungen auf die Flugkünste des Vogels konnte ich nicht erkennen.
Rohrammern mögen Mehlwürmer, das war nicht neu für mich.
Interessant war aber, dass gleich vier Paare meinen Futterplatz regelmäßig besucht haben! Und noch interessanter war für mich, dass sie immer aus großer Distanz angeflogen kamen, sodass ich mir die Frage gestellt habe, wieso sie ausgerechnet dort nach Nahrung suchten. Auch hier ist die Antwort einfach: Es war das Heu-Schlammgemisch mit all seinen wirbellosen Bewohnern, das die Vögel wie ein Magnet angezogen hat.
Eben auch einige Bergpieper:
likely a female Water Pipit
Dieser Vogel hat nie gesungen.
Und weil er so schlicht daherkam, gehe ich von einer Dame aus:
same
Ganz nah:
same
Schlicht sah der Vogel aus, aber irgendwie doch etwas anders als ein Bergpieper im klassischen Schlichtkleid, wie ich finde.
Hier mal ein Vergleichsfoto aus dem März 2024:
Water Pipit in non-breeding plumage
Bei dem mutmaßlichen Weibchen wirkt die Unterseite nicht so sauber kreideweiß.
Ich
kann nur vermuten, dass auch die Damen ein Brutkleid anlegen, das aber
eben nicht so prächtig daherkommt wie das der meisten Männchen. Es existiert beim Bergpieper also ein Geschlechtsdimorphismus, der aber in der Bestimmungsliteratur überhaupt keine Erwähnung findet.
Kerle sehen zurzeit nicht selten so aus:
male in almost complete breeding plumage, note the rosy supercilium one more time
So schön bunt!
Sie tragen ein Kleid, das so prächtig daherkommt wie der Beitrag, den ich Mitte Juni hier veröffentlichen werde. Am liebsten würde ich jetzt vorspulen, sicherheitshalber schon mal meine Bilder schießen und dann wieder zurückspulen, weil es zwischen Mitte April und Anfang Juni sicher auxh noch eine Menge zu entdecken gäbe.
Trendfarbe Rosa:
the current field guides do not mention this but instead always show the supercilium plain white, which seems to be wrong in my opinion
Stellt euch den Wecker, wenn ihr den Juni-Beitrag nicht verpassen wollt.
Und beachtet bitte auch hier wieder den einheitlich rosafarbenen Überaugenstreif:
same
Unter einer fahlen Mittagssonne sieht man das aber nicht.
Unter einer fahlen Mittagssonner wirken solche Prachtkleid-Vögel grundsätzlich eher farblos.
In
der gängigen Bestimmungslieratur, die in Teilen wohl neu geschrieben
werden sollte, wird der Überaugenstreif des Bergpiepers grundsätzlich reinweiß dargestellt. Nach meinen
eigenen Beobachtungen ist er aber zumindest vor dem
Auge immer rosa gefärbt.
Derselbe Vogel, nur eine Viertelstunde später:
only a quarter later, note the different colours
Der Überaugenstreif bleibt natürlich farbig, doch das Rosa hat sich jetzt ein bisschen verändert, und zwar hin zu einem pastelligen Orange.
So hat der Bergpieper durchaus ein wenig Ähnlichkeit mit einem Pazifikpieper im Prachtkleid, der aber schon noch deutlich satter gefärbt sein müsste und ganz bestimmt keinen mahagonibraunen Mantel und Bürzel besäße. Beim Anblick dieser Bilder versteht man aber durchaus, warum Bergpieper, Strandpieper und Pazifikpieper lange Zeit als Unterarten einer einzelnen Art, nämlich des so genannten Wasserpiepers, betrachtet wurden.
Kuckuck, hier bin ich:
maybe
you ask yourself how does this guy separate males from females? Males
do sing even in wintering grounds! With the beginning of their moult
into breeding plumage at the end of February they display a subsong
which you can hear only from very close distance. Rosy birds have always
been males in the past, but specimen in non-breeding plumage do not
automatically have to be females. 2nd year males also can look like this
Das Klicken meiner Kamera ließ den Vogel genau hinsehen:
same
Manchmal schreibe ich in Etappen, und heute ist bereits der 9. April.
Gestern waren noch mindestens zwölf Bergpieper anwesend auf der Weide im äußersten Westen Emdens. Diese Weide und auch die umliegenden Flächen werden extensiv bewirtschaftet und sind deshalb aus ökologischer Sicht wirklich von sehr hohem Wert! Nicht umsonst beherbergen sie die letzten brütenden Braunkehlchen Emdens. Und das Braunkehlchen ist wirklich anspruchsvoll! Wie viele Paare es in diesem Jahr sein werden, weiß ich aber noch nicht, denn die Vögel sind noch nicht zurück aus ihrem afrikanischen Winterquartier.
Ein weiterer Bergpieper für euch:
another male
Auch in seinem Fall handelte es sich um ein Männchen, das zwischen den Mahlzeiten fleißig sang.
Lange
wird es nicht mehr dauern, bis auch diese letzten Vögel den Abflug machen werden, auch wenn man einzelne späte Nachzügler in Ostfriesland durchaus auch noch im Mai
antreffen kann.
Denn wenn sich die Bergpieper ausreichend Hüftgold angefuttert haben und sich die Zugbedingungen plötzlich verbessern, dann geht für sie die große Reise los. Als ein Bergpieper, der in Ostfriesland überwintert, muss man mindestens 800 Kilometer zurücklegen, um das Brutgebiet in den Hochgebirgen Europas zu erreichen. Ich kann nur vermuten, dass "meine" Vögel aus dem Alpenraum stammen, doch auch eine Herkunft aus den Karpaten oder sogar den Pyrenäen erscheint mir nicht unmöglich.
Bis heute hat es meines Wissens keinen Wiederfund eines in einem der Brutgebiete beringten Bergpiepers im niedersächsischen Winterquartier gegeben, Aussagen über die Herkunft der Vögel müssen also spekulativ bleiben. Falls Bergpieper überhaupt beringt werden, dann am ehesten in ihren Winterquartieren, die für uns Menschen leichter zugänglich sind und wo sich die Vögel auch viel einfacher fangen lassen. So gibt es z. B. in den Niederlanden einen Beringer, der vor allem Bergpieper markiert, doch noch nie hat es für einen Wiederfund eines seiner Vögel mehr als zehn Kilometer vom Beringungsort entfernt gereicht.
Das sagt was aus!
Und es liegt sicher auch daran, dass der Bergpieper sehr scheu ist, sich in der Regel nur schlecht beobachten lässt und vielleicht auch unter Ornithologen grundsätzlich nur wenig Beachtung findet. Über 50 Individuen konnte ich bisweilen auf der Kuhweide gleichzeitig beobachten, wie ich bereits oben geschrieben habe, doch es mögen zeitweilig bestimmt mehr als 100 gewesen sein. Ein beringtes Individuum konnte ich leider nicht entdecken, obwohl ich immer ganz genau auf Ringe geachtet habe.
Ein Vergleich mit dem Frühjahr 2024: Damals waren es deutlich weniger Bergpieper auf der Kuhweide gewesen. Ich glaube, mehr als 20 Vögel habe ich nie gleichzeitig beobachten können, höchstens knapp darüber. Und auch in Bezug auf die Mauser sind diese beiden Frühjahre sehr verschieden gewesen. 2024 sah ich bereits am 13. März ein Männchen im vollständigen Prachtkleid zwischen Visquard und Greetsiel, und am 23., das hatte ich bereits weiter oben geschrieben, waren es gleich drei unter gerade mal 16 Bergpiepern! 2025 sah ich bis Ende März kein einziges fertiges Indivduum, doch mit dem Beginn des April nahm ihre Zahl etwas zu bei einer gleichzeitigen Abnahme der Gesamtzahl der anwesenden Bergpieper, wenn ihr versteht, was ich meine und so weiter, ihr tumben Taugenichtse da draußen. Es dürften auch immer wieder neue Individuen aufgetaucht sein, während andere die Weide Richtung Brutgebiet verlassen haben. Doch auch so einen möglichen Austausch kann man ohne Ringe nicht sicher belegen!
Es folgen jetzt vier Bilder eines weiteren Männchens, aufgenommen an einem rauhreifigen Morgen Anfang April:
next male
Schaut sie euch genau an!
Was fällt euch auf?
same
Diese vier Fotos vom selben Vogel entstanden jeweils im Abstand von einer Minute zueinander.
Und zwar direkt während des Sonnenaufgangs.
Auf dem ersten Bild war das Licht noch sehr schwach, auf dem zweiten minimal bunter und auf dem dritten wiederum greller und farbiger und auf dem vierten schließlich schon grenzwertig, wie ich finde.
Ihr könnt das an den Farben sehen, vor allem an den Farben des Schnabels:
another male on a very cold morning at the beginning of April
Weitere zehn Minuten gingen ins Land, und es war wieder so abscheulich grell, dass ich abbrechen musste, zumal da auch keine Wolke am Himmel zu sehen war, die sich rechtzeitig hätte vor die Sonne schieben können.
Ostwindwetterlage, da machen Wolken sich meistens rar.
Egal, der Bergpieper ist auf jeden Fall ein ganz besonderer Vogel für mich! Und es hat in diesem Blog auch längst eine gewisse Tradition, über diesen Vogel zu berichten.
Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht noch, dass der Bergpieper eine der ganz wenigen Vogelarten auf der Nordhalbkugel ist, die auch nördlich ihrer Brutgebiete überwintern. Eine weitere Art, die das auch sehr gut kann, ist der Silberreiher. Im Anschluss an die Brutzeit machen sich Bergpieper quasi nach allen Richtungen auf den Weg, und so können Vögel aus den Alpen vielleicht in der Toskana überwintern – oder eben in Ostfriesland.
Doch niemand weiß etwas Genaues, weil es keine Ringfunde gibt.
Es folgt schnell noch die Auflösung des Suchbildes:
there were five specimen visible
Kinners, das war's schon wieder für heute.
Noch eine allerletzte Aufnahme gibt's ganz zum Schluss:
at
my Water Pipit feeder on a pasture in Emden were many songbirds
permmanently fighting for Mealworms. The image shows how it looks like,
when a Water Pipit expects to be attacked by an opponent, in this case
another Water Pipit
An meinem Futterplatz auf der Kuhweide ohne Kühe war immer was los.
Und man hat sich auch mächtig gekabbelt wegen der leckeren Mehlwürmer. Nötig war das eigentlich nicht, denn die Futterquelle weigerte sich zu versiegen. Spätestens nach dem zweiten Tag hätten die Vögel auch ganz allein auf die Lösung kommen können, doch weil sie so hohl sind (gleichzeitig aber auch sehr niedlich!), gönnen sie einander absolut nichts.
Was pflege ich in diesem Kontext immer zu schreiben?
Vögel sind auch nur Menschen.
Es waren einmal ...
... einige Mönchsgrasmücken, die den Winter 2022/23 auf dem Rysumer Nacken verbrachten und dort im Laufe der Monate widrigsten Bedingungen trotzten.
Am
19. November 2022 sah ich gleich mehrere Individuen, die zwischen einem
Sanddorngebüsch auf der einen Seite eines Weges und einem fruchtenden Pfaffenhütchen auf der anderen hin und her pendelten.. Der Sanddorn bot den Vögeln Schutz während der Ruhephasen, der Spindelstrauch die erforderliche Nahrung.
Es war saukalt an diesem Morgen, etwa -5 Grad Celsius, als ich ein Männchen entdeckte, das sich aufgeplustert in der Morgensonne "aufwärmte". Und plötzlich tauchte ein Weibchen auf und stellte sich ganz selbstverständlich direkt neben das Männchen. Der Kerl warf der Dame einen empörten Blick zu, der Bände sprach. Ganz frei nach dem Motto: Was willst du hier? Doch dann, nachdem sich die Frau eng an ihn herangekuschelt hatte, wusste er die Vorzüge doch rasch zu schätzen.
Denn es war wirklich bitterkalt an diesem Morgen!
Jetzt standen die zwei Mönchsgrasmücken gemeinsam für eine ganze Weile auf ihrem Zweig herum:
two Black Caps on a very cold morning in November 2022 at Rysumer Nacken
Und ließen sich von mir ablichten.
Immer wieder hört und liest man, die Zahl der bei uns in Deutschland überwinternden Mönchsgrasmücken habe im Laufe der vergangenen Jahrzehnte stark zugenommen.
Für mich sind der erwähnte Winter und der danach bislang die einzigen mit winterlichen Mönchsgrasmücken überhaupt gewesen. Aus meiner Sicht ist da kein seit Jahrzehnten währender Trend erkennbar, jedenfalls nicht in jenen Regionen Deutschlands, in denen ich unterwegs bin, aber vielleicht ändert sich das ja noch in der Zukunft.
Die Mönchsgrasmücken vom Rysumer Nacken mussten irgendwann auf Sanddorn als Hauptnahrung umsteigen, nachdem sie das Pfaffenhütchen komplett geplündert hatten. Doch auch die Früchte des Sanddorn gingen im Februar zur Neige, auch deshalb, weil da noch viele Sing- und Wacholderdrosseln im Gebiet unterwegs waren. Bis Mitte Februar, wenn ich mich richtig erinnere, konnte ich die süßen Vögel dort nahezu auf demselben Quadratmeter nachweisen, doch dann waren sie plötzlich verschwunden.
Kein Mensch weiß, was aus ihnen geworden ist.
Ich auch nicht.