Dienstag, 8. Juli 2025

Naturkundliches aus dem Landkreis Osnabrück

Kinners, ich war mal wieder im Landkreis Osnabrück unterwegs. 

Genau genommen im so genannten Nordkreis.

Eingeborene bezeichnen so die Nordhälfte des Landkreises und somit alles, was nördlich der Stadt Osnabrück liegt. 

Und hier wiederum war ich vor allem um Bramsche und Wallenhorst herum auf der Pirsch, freilich nur mit Kamera und Fernglas und nicht etwa mit einer bescheuerten Flinte. 

Viel Interessantes habe ich entdecken können, auch einige echte und aufregende Lifer und darunter wiederum auch zwei Arten, die eigentlich in der ganzen Republik verdammt häufig sein sollen, denen ich aber in meinem ganzen vorherigen Leben nicht ein einziges Mal begegnet war, ohne dass ich auch nur einen plausiblen Grund dafür benennen könnte. 

Kurz: Es war mal wieder ein buntes Abenteuer, das ich erleben durfte. 

Und ich brauchte nichts dafür zu bezahlen!

 

Sie hat auch zum Gelingen der Geschichte beigetragen: 




in June 2025 I have spent two weeks in a village, that belongs to Landkreis Osnabrück, where I grew up and was raised and so on. I have had some amazing encounters with so many different critters of many different taxa, of which at least four constituted true lifers for me. The notorious Bumblebee Robberfly shown in the picture above, I had already seen in Ostfriesland and elsewhere before

Doch wer sie ist, wird erst später verraten.  

Bevor ich aber so richtig loslege, gibt es für euch wieder ein paar Rätselbilder zum Nulltarif: 


who is hiding here

Wer versteckte sich hier so blöd hinter dem viel zu breiten Grasblatt? 

Und wer wollte auf dem folgenden Bild partout nicht fotografiert werden?







hide and seek part 2

Was ist das?


what's that?

Zu guter Letzt:



who did this?

Welche Sau hat hier ihre Spuren hinterlassen? 

Und war es nur eine?

 

Die Anreise am 14. Juni 2025 war ein schnelles Ding, die Straßen nämlich frei, und im Gehn und dort an der beschaulichen Borgbeeke legte ich von zehn bis zwölf Uhr einen kleinen Zwischenstopp ein. 

Danach fuhr ich weiter Richtung Achmer und musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass die Straße, die von dort aus nach Hollage führt, komplett gesperrt war. Die Laake, das ist so ein verfickter Bach, der genau an dieser Stelle in die Hase einmündet, bekommt nämlich zurzeit eine neue Betonbrücke verpasst. 

Jetzt wollen sie mich aber mal so richtig in den Wahnsinn treiben, so dachte ich ganz spontan, denn schon seit einer Ewigkeit und auch noch für eine weitere hatte man die Hollager Straße gesperrt. Ihr versteht die Bedeutung des Ganzen jetzt nicht sofort, aber nur über diese beiden wichtigen Verkehrsadern ist der Flugplatz Achmer für mich schnell erreichbar, wenn ich in Hollage bin und nicht über München fahren möchte, um es etwas überspitzt zu formulieren. Und auf dem Flugplatz gedachte ich wieder sehr viel Zeit zu verbringen. 

Es lag ein fieser Fluch über diesem Gebiet. 

Oder über mir.

Schweren Herzens schrieb ich den Flugplatz einfach ab für die zwei Wochen, die ich im Landkreis bleiben würde, und dachte mir ein Alternativprogramm aus, das aber natürlich auch den geilen Steinkauz beinhalten sollte, den ich ja in den vergangenen zwei Jahren immer am Vogelpohl fotografiert hatte. 

Und natürlich war ich meine Reise nicht ganz unvorbereitet angetreten und hatte bereits hier in Ostfriesland im Netz gestöbert. Und ich war fündig geworden. Es gab da irgendwo im Nordkreis in einem Hausgarten brütende Steinkäuze. Und zu allem Überfluss waren die benötigten Kontaktdaten frei zugänglich. Eine Mail war schnell geschrieben, die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und ein Treffen war rasch verabredet. 

Doch vorher wollte ich nach geeigneten Flächen suchen, die mir ein reichhaltiges Nicht-Steinkauz-Programm bieten sollten. 

Ich meine, selbst so ein Vogel braucht ab und zu mal seine Ruhe.

Und so fuhr ich noch am Anreisetag zum Piesberg, um dort meine Möglichkeiten auszuloten:






Hart's-tongue Fern at so called Piesberg (city of Osnabrück)

Der Piesberg war mal ein richtig gutes und aus faunistischer Sicht sehr spannendes Gebiet, in dem es darüber hinaus auch noch stets sehr ruhig zuging, von den Sprengungen im Steinbruch einmal abgesehen.

Doch jetzt, es war zu allem Überfluss auch noch Wochenende, gab es dort Trubel wie in Greetsiel zur schlimmsten Jahreszeit. War man am Piesberg früher immer ganz allein unterwegs gewesen, dann ist das heute dem Anschein nach nicht mehr möglich. Noch schlimmer: Der Berg ist inzwischen komplett dem Massenterrorismus anheimgefallen, und man hat sogar, ähnlich wie in Norddeich, eine sinnfreie Bimmelbahn aus dem Boden gestampft, weil die meisten Bürger immer etwas Besonderes geboten bekommen müssen, und da reicht die Natur natürlich nicht aus.  

Okay, die Bimmelnahn in Norddeich fährt auf ganz normalen Reifen und Straßen, dient aber demselben Zweck. .

Nachdem ich also meinen Irrtum bemerkt hatte, machte ich umgehend auf dem Absatz kehrt. Immerhin fand ich noch vier Exemplare der hübschen Hirschzunge am Bahnhof der Bimmelbahn, also direkt am Fürstenauer Weg, die ich in Bildern festhalten konnte, ohne dass mich jemand umrannte oder über den Haufen fuhr. 

Das war aber reines Glück und vor allem meiner eigenen Umsicht zu verdanken!

In meiner Kindheit hatte ich oft die Heideflächen an der Penter Straße unweit meines Elternhauses besucht. Dort hatte ich die ersten Kammmolche meines Lebens gesehen, auch die ersten Laubfrösche. Beide kommen in diesem Gebiet aber schon seit ganz vielen Jahren nicht mehr vor, doch es hat dort immerhin wieder für Zaun- und Waldeidechse gereicht. 

Ich parkte an der Straße und schlenderte in den Kiefernwald hinein. Gleich zu Beginn sah ich einige männliche Bremsen der Gattung Hybomitra (mehr geht leider nicht) über dem Waldweg in der Sonne balzen.

Seht: 


male Hybomitra fly hovering in a Pine forest

Sie freuten sich ihres kurzen Lebens und schwebten auf der Stelle, wie es sonst vor allem diverse Schwebfliegen zu tun pflegen.  

Man kann sich ihnen bis auf wenige Zentimeter annähern, ohne dass sie Angst bekommen. Und selbst der Autofokus meiner Kamera funktionierte einwandfei, weil die Bremsen ihre Position ewig lange nicht veränderten. 

Ein zweites Bild:


same

Und weil es sich um Kerle handelte, brauchte ich auch keinen Blutzoll zu bezahlen. 

In Ostfriesland war mir diese oder eine nahe verwandte Art bereits am 6. Juni 2024 im Knyphauser Wald (Kreis Wittmund) begegnet.

Ich ging weiter und immer geradeaus, bis ich schließlich den Osnabrücker Stichkanal erreichte. Es war unglaublich, aber im klaren und im Uferbereich seichten Wasser, auf und zwischen den veralgten Steinen, tummelten sich unglaublich viele Schwarzmundgrundeln aller Altersklassen!

Und hin und wieder ließ sich auch noch ein (mutmaßlicher!) Kamberkrebs blicken:



as an invasive species Spinycheek Crayfish is abundand in Stichkanal Osnabrück and invasive in the whole country. Actually it is native to North America

West trifft hier auf Ost, so dachte ich, denn der Kamberkrebs stammt ursprünglich aus Nordamerika, die Schwarzmundgrundel aus Südosteuropa.  

Beide Arten sind nach Deutschland verschleppt worden, beide Arten haben sich rasch übers ganze Land ausgebreitet und vor allem der Kamberkrebs zum Nachteil des bei uns bodenständigen Flusskrebses (vergl. Wikipedia). Aber die heimische Natur weiß sich auf neue Situationen einzustellen. Früher hatte ich nie Haubentaucher auf dem Stichkanal gesehen, jetzt schwammen überall welche. Wenn man so leicht Beute machen kann ...

In der ersten Woche meines Osnabrück-Aufenthaltes war es warm und sonnig. 

So warm, dass ich es für ratsam hielt, an jedem dieser Tage ins Wasser zu springen. Anfangs in das des Stichkanals, später musste die Hase herhalten. Die Pariser baden schließlich auch wieder in ihrer Seine. Vor 30 Jahren wäre ein Bad in der Hase sicher nicht so prickelnd gewesen und weitere zwanzig Jahre früher wahrscheinlich sogar lebensgefährlich. Denn ich erinnere mich daran, dass da noch zu Beginn der 1970er Jahre in Osnabrück am Ende der Hasestraße ein Schild mitten im Fluss stand, das vor Typhus warnte!

Kein Scherz.

Glücklicherweise hat sich die Wasserqualität nicht nur dieser beiden Flüsse in den letzten Jahrzehnten wirklich stark verbessert.

Und so geriet es zu einer äußerst angenehmen Routine für mich, allabendlich das alte und schon in meiner Kindheit nicht mehr intakte Hasewehr in der Hollager Bauernschaft Barlage aufzusuchen, wo es echte Stromschnellen gibt! Dort bin ich dann ins Wasser gestiegen und habe mich einfach auf dem Rücken treiben lassen.

Immer im Kreis. 

Denn auch das Wasser dort dreht seine Runden.

Nur auf der anderen Seite der Hase, ganz dicht am Ufer, macht es sich aus dem Staub. Und das muss es natürlich auch, kommt doch ständig neues nach. Das Wasser fließt Richtung Bramsche, Quakenbrück und Meppen, wo es bekanntlich die Ems erreicht, nur um dann über Papenburg-Neuguinea, Leer, den Dollart fast am Ende seiner Reise – darauf wollte ich von Beginn dieses komplizierten Satzes an hinaus – den Rysumer Nacken zu erreichen, wo ich gerne nach Vögeln gucke und künftig, beim Blick auf die Emsmündung, immer daran denken werde, dass ich in diesem Wasser, zumindest in einem klitzekleinen Teil davon, gebadet habe.

Man muss also beim Baden nur darauf aufpassen, nicht in diese Strömung hineinzugeraten, dann geht man auch nicht verloren. Ich meine, ich bin fast sechzig und hatte wahrlich nicht vor, die Badeunfallstatistiken aufzumotzen und zu einer Radiomeldung zu mutieren, doch natürlich war mir bekannt, dass es vor allem Männer meiner Alterklasse trifft, weil sie im Schnitt besonders leichtsinnig, nicht selten auch einfach strunzdumm sind, letzteres vor allem dann, wenn Alkohol im Spiel ist.

Ihr seht aber an diesem Bericht, ich habe überlebt!

Und es war so schön und kühl und sprudelig am Hasewehr, und um mich herum balzten unglaublich viele Gebänderte Prachtlibellen und Blaue Federlibellen über dem Wasser. Gründlinge, in meiner Kindheit wie auch heute noch der wohl mit Abstand häufigste Fisch dieses Abschnitts der Hase, teilten vorübergehend ihren Lebensraum mit mir, und Eisvogel und Gebirgsstelze flogen etliche Male über mich hinweg, sehr wahrscheinlich erschrocken darüber, dass da plötzlich ein ausgewachsener Weißwal im Wasser dümpelte.  

Den hatten sie sicher nie zuvor an diesem Ort gesehen. 

Und ich konnte der Verlockung nicht widerstehen, die Stromschnellen zu knipsen. Eine lange Verschlusszeit musste her, um das rauschende Wasser verwischen zu lassen, während die von ihm permanent umspülten Steine möglichst scharf abgebildet werden wollten. 

Um das zu erreichen, musste ich ein Stativ einsetzen: 




beautiful river rapids

Diese Aufnahme entstand zur Blauen Stunde, kurz vor Sonnenaufgang.  

Ganze drei Sekunden lang habe ich hier belichtet, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Nur eine Stunde später sah alles schon ganz anders aus, vor allem farblich:



same, but one hour later. Note how the light has changed and therefore the colours

Die Sonne war inzwischen aufgegangen, doch den Fluss erreichten ihre Strahlen noch lange nicht, aber immerhin hatte sich das Licht verändert, es war jetzt nicht mehr so blau. 

Die drei folgenden Fotos habe ich einen Tag später am Abend, so gegen 19:00 Uhr, geschossen:




in the afternoon

Der eigentliche Grund für meinen Heimatbesuch war natürlich wieder mein uraltes und inzwischen fast völlig erblindetes Muttertier

Es sitzt seine Zeit ab, wie es selbst bisweilen sagt, kann weder eine Zeitung oder ein Buch lesen noch in die Glotze schauen. Und da meine Mama nichts mehr sehen kann, fällt ihr auch das Gehen schwer, weil sie sich unsicher fühlt und deshalb Angst vor einem Sturz hat, sodass sie sicherheitshalber den ganzen Tag im Sessel verbringt. 

Das ist nicht schön, und deshalb habe ich in den zwei Wochen wirklich alles gegeben, ihr die Zeit zu vertreiben, sie so angenehm wie nur möglich verstreichen zu lassen. Und es ist mir tatsächlich wieder gelungen, sie ein ums andere Mal mit meiner Laberei zum Lachen zu bringen, denn so, wie ich schreibe, so rede ich schließlich auch. 

Doch natürlich musste ich auch immer mal wieder ins Outback gehen, vor allem am frühen Morgen und eben auch am Nachmittag, weil es mich einfach immer nach draußen zieht wie an einem unsichtbaren Bindfaden.  

Und die Flächen an der Penter Straße haben mir in diesen Tagen wirklich viel gegeben. 

Vor allem Zecken!

Kinners, an wirklich jedem verfickten Tag musste ich mindestens fünf dieser Biester aus meinem Körper herausziehen! Meist waren es aber deutlich mehr. Und insgesamt dürften es weit über hundert Individuen gewesen sein, die es bis zum Anstich geschafft haben, doch die allermeisten von ihnen bemerkte ich schon, bevor sie mich anzapfen konnten. 

So wie dieses Biest:






tons of ticks this year tried to suck my precious blood

Ich gehe hier mal laienhaft von einem Holzbock aus. 

Ich schnippte sie dann mit den Fingern einfach von meiner Hose oder von meinen Armen zurück in ihren Lebensraum oder so. 

Nie zuvor in meinem Leben hatte ich so viele Zecken gesehen wie in diesen Tagen! Es wimmelte von ihnen an der Penter Straße. Und all diese Biester sind blutrünstig. Doch sie wollen nicht etwa irgendein Blut saugen, nein, sie wollen ausschließlich meins. 

Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass sie über hundert Jahre leben können, ohne Nahrung zu sich zu nehmen. Und sie warten ganz bewusst hundert Jahre darauf, dass ich dort, wo sie warten, auftauche. Und dann machen sie sich geschlossen auf den Weg, die Greise unter ihnen mit einem quietschenden Rollator. Und wenn ich über so eine Fläche laufe, dann kann ich nicht nur das Quietschen hören, sondern auch, wie den Zecken um mich herum bereits das Wasser im Saugrüssel zusammenläuft. 

Es plätschert geradezu. 

Etwa so wie am Hasewehr.

Die Flächen an der Penter Straße, die an einen Kiefernwald angrenzen, sehen um Sonnenaufgang herum übrigens so aus:  



habitat of diverse Robber Flies and tons of ticks

Ich fand dort gleich mehrere Gelbe Mordfliegen, die meist auf Totholz oder an Baumstämmen herumstanden, um sich ausgiebig zu sonnen und gleichzeitig auf vorbeifliegende Beute zu lauern:



another Bumblebee Robberfly

Hier mal eine an einer Waldkiefer:


another

Eine weitere bevorzugte Moorbirke:  



another

Von allen mir bekannten Raubfliegen der Republik ist diese Art für mich die spektakulärste. 

Ich habe euch hier ja auch schon mal die ebenfalls geile Hornissenraubfliege vorgestellt, die auch sehr groß ist und viel seltener in Deutschland gefunden wird als die Gelbe Mordfliege, doch letztere ist einfach nur großartig und durch keine andere Art zu toppen. Sie sieht aus wie die personifizierte Bedrohung – also so aus der Sicht eines kleinen Insektes

Dieser hübsche Schnellkäfer der Gattung Andemus, fotografiert am selben Ort, wird wissen, was ich meine: 


pretty beetle of genus Andemus 

Am Samstag war ich angekommen in Hollage, am Montag traf ich endlich bei den Steinkäuzen ein. 

Den genauen Aufenthaltsort der Vögel darf ich aber nicht verraten, denn die Familie möchte es ruhig halten, was ich übrigens sehr gut verstehen kann. Ich musste sogar einen Knebelvertrrag unterschreiben, in dem man mir den Tod androhte durch das Eintrichtern von zu viel viel zu heißem und starkem Kaffee – ich bin nämlich grundsätzlich kein Fan von Heißgetränken –, gesetzt den Fall, dass ich mich verplappern sollte. Wie gut, dass ich so verschwiegen wie ein Mafioso sein kann, wenn es eine Situation erfordert. 

Kaum war ich in die richtige Straße eingebogen, da entdeckte ich auch schon die Brutröhre, und kaum hatte ich die Brutröhre entdeckt, da sah ich einen der beiden Jungvögel in ihrem Eingang stehen:


one of two young Little Owls in front of the nest box

Ich schoss schnell ein paar Bilder und fuhr dann auf den Hof der Familie. 

Schon nach einem nur kurzen Kennenlernen sagte man mir: "Du kannst hier im Garten frei schalten und walten.

Das war nicht selbstverständlich, denn wir waren einander nie zuvor begegnet. Aber zweimal sagen lassen wollte ich mir das auch wieder nicht, und so ging ich zusammen mit Frau L. (Name vom Redakteur geändert) nach draußen in den Garten, der so schlecht nicht aussah. Es gab einen gepflegteren Bereich und einen, wo das Gras einfach wachsen durfte. Und es gab tolle Obstbäume, und die Brutröhre der Steinkäuze befand und befindet sich in einer Echten Walnuss

An geeigneter Stelle rammte ich einen Pfosten in den Boden, der aus der Garage von Familie L. stammte, und legte meine Steinkauz-Tonschale auf den Boden, um sie daraufhin mit Mehlwürmern zu füllen. Es war an Frau L., diesen ersten Schritt des Ganzen abzurunden, indem sie ihre Wildkamera neben dem Futterplatz aufstellte. 

Am kommenden Tag befand ich mich wieder an der Penter Straße. Ich stand gerade auf einem sandigen Weg mitten im Kiefernwald herum, als ich zwei Großlibellen entdeckte, die einander soeben gefunden hatten. In Bodennähe bildeten sie noch ein Tandem, doch dann ging es rasch hinauf Richtung Kronenbereich der Bäume, wo aus dem Tandem ein Paarungsrad wurde. 

Ich ahnte, wer das gewesen war, und verfolgte die beiden mit blinzelndem Blick durch mein Fernglas. Schließlich landeten sie im lichtdurchfluteten Blätterdach. Ich meine, so verdammt viele richtig große Libellen gibt es nicht, die zu dieser frühen Jahreszeit, also Mitte Juni, für Nachkommen sorgen.  

Ein Belegfoto: 




take your glasses and you'll see a pair of Golden-ringed Dragonfly making love not war

Jau, es handelte sich doch tatsächlich um ein Paar der Zweigestreiften Quelljungfer

Es gab in dieser Umgebung nur ein Fließgewässer, das als Lebensraum der Quelljungfer infrage kam, und genau das suchte ich sofort auf. Ich stellte mich ans Ufer und wartete. Und lange musste ich nicht warten, da tauchte schon das erste Mänchen auf, das den Bach ganz unauffällig entlangpatrouillierte. 

Ein zweites folgte, dann ein drittes. Nie zuvor hatte ich diese Art an diesem Ort gesehen, allerdings hatte ich diesen Bach auch sehr viele Jahre nicht besucht. Ich richtete mich häuslich ein und baute mir aus Steinen, die im Bachbett lagen, einen gemütlichen Thron.

Seht:




where I spent much time for watching Golden-ringed dragonfly – a kind of throne

Jetzt war ich der König des Wallenhorster Bachs!

Dass der Wallenhorster Bach Wallenhorster Bach heißt, weiß ich übrigens erst seit ein paar Tagen. Google Maps hat es mir verraten. Und dass man diese Libelle übersehen kann, wenn man nicht mit ihr rechnet, ist auch nicht neu. Zwar ist sie groß – die Weibchen sollen sogar die größten Libellen der Republik sein –, aber im Licht-und-Schattenspiel eines durch einen finsteren Wald fließenden Baches fällt sie nicht auf, was auch für ihre eigentlich eher schrille Färbung gilt. 

An fast allen Tagen sah ich nicht nur patrouillierende Kerle, sondern auch Weibchen bei der Eiablage: 


female Golden-ringed Dragonfly laying her eggs into shallow water

Das gezeigte am 20. Juni. 

Schön zu sehen sind die gelben Flügelvorderränder, wie sie auch einige Mosaikjungfern besitzen, obwohl Quelljungfern und Mosaikjungfern nicht einmal entfernt miteinander verwandt sind. 

Seht: 



same

Fast senkrecht stehen die Weibchen bei der Eiablage in der Luft, um ihr Abdomen geradezu rhythmisch ins Substrat zu rammen und auf diese Weise jeweils ein Ei abzulegen. Das Ganze kann minutenlang dauern, und in diesem Fall konnte ich sogar noch meine in einigen Metern Entfernung auf der Böschung des Baches liegende Kamera holen und dann auch noch das passende Objektiv dransetzen!

Eingetaucht: 


same

"Guck mal, ich kann Kreise und du nicht!" rief mir die Libelle völlig sinnfrei zu. 

Wo die Damen ihre Eier ablegen, kann man übrigens nicht immer vorhersehen. 

Mal handelt es sich um einen Abschnitt des Baches ganz ohne Vegetation, mal um einen komplett von ihr zugewucherten.

So wie hier:


another female on a different day at a different location

Wichtig ist eigentlich nur, dass das Wasser sehr seicht ist, oft nicht einmal tiefer als einen Zentimeter.

Dieses Weibchen sah ich am 28. Juni in einem Abschnitt des Baches außerhalb des Waldes, der längst vom Schilf erobert worden war. 

Oft sieht man die Libellen dann gar nicht, hört sie aber umso deutlicher, weil ihre "Plastikschwingen" permanent mit Pflanzenstängeln und -blättern in Berührung kommen und dann ein knatterndes Geräusch verursachen. Dieses Geräusch erinnert mich immer an meine Kindheit. Damals hatten wir spaßeshalber eine Spielkarte mit einer Klammer an der Gabel unserer Fahrräder befestigt, die während des Fahrens von jeder einzelnen Speiche berührt wurde und so eben auch ein knatterndes Geräusch erzeugte, das das eines Motorrades imitieren sollte. 

Brummbrumm, ihr wisst, was ich meine. 

Aber das nur so am Rande. 

Erst drei oder sechs Tage, nachdem wir den Steinkauzköder ausgelegt hatten, bekam ich eine Mail von Frau L. 

Titel: Treffer, versenkt. 

Ein angehängtes Bild, geschossen von ihrer Wildkamera, zeigte einen der beiden adulten Steinkäuze beim Essen, mitten auf dem Teller stehend! Ich machte mich auf den Weg und baute mein Versteck im Garten auf, gar nicht weit vom Walnussbaum entfernt. Dann setzte ich mich in meinen Wagen und mir eine Frist: Sollten die Vögel nicht innerhalb einer Stunde wieder an der Brutröhre auftauchen, würde ich das Versteck umgehend wieder abbauen, denn dann wäre Angst im Spiel gewesen. Doch das brauchte ich gar nicht, denn nach nur wenigen Minuten waren alle vier Steinkäuze wieder da. 

Und dann geschah das Unglaubliche: 



one of the young Owls was standing on my hide for a while only few minutes afte I had set it up

Einer der beiden Jungvögel zeigte sich neugierig und landete auf dem Boden direkt neben dem Versteck, um es sich ganz genau anzusehen.

Wenig später flog er aufs Dach und blieb dort eine ganze Weile stehen (Foto)! 

Da geht nichts mehr schief, so dachte ich. Und am kommenden Morgen wollte ich erstmalig ansitzen und Bilder schießen. 

Auf dem Foto seht ihr übrigens den Brutbaum mit der Manschette, die die Vögel vor Steinmarder und Hauskatze schützen soll, links daneben mein Tarnzelt und wiederum einige Meter weiter links die Warte. Ich habe also nicht am Nest fotografiert, denn Nestfotografie ist grundsätzlich blöd. Der nach gärendem Obst duftende Komposthaufen ist auf dem Foto auch erkennbar.

Ich fuhr wieder zur Penter Straße und nahm Platz auf meinem Thron. Mein Ziel war es, eines der fliegenden Quelljungfer-Männchen in Bildern festzuhalten. Das hat nicht geklappt, das will ich mal schon jetzt verraten, doch dann sah ich plötzlich ein elfengleiches Wesen an mir vorüberfliegen, das ich so noch nie gesehen hatte. Es steuerte in einem unbeholfenen Zickzackkurs durch die Ufervegetation und blieb immer im tiefsten Schatten. 

Und dann war es weg. 

Einige Minuten später tauchte wieder so ein zerbrechlich und zart wirkendes Tierchen auf, und diesmal, als es sich direkt neben mir befand, fuhr ich blitzschnell meine Rechte aus. Kinners, ich hatte doch glatt einen Bachhaft gefangen. 

Den ersten Bachhaft meines Lebens!

Nach nur kurzer Begutachtung ließ ich ihn natürlich wieder frei. 

Wenn man gerade nicht fliegt, landet man als Bachhaft fast immer auf der Unterseite von Blättern und meistens dort, wo gar kein Licht mehr hinkommt. Ich mag keine geblitzten Bilder, das gilt nicht nur für den Straßenverkehr, und deshalb sollte es eine echte Herausforderung werden, diese Art wenigstens einigermaßen vernünftig zu fotografieren. 

Doch glücklicherweise hatte ich ja noch einige Tage Zeit. 

Hier mal ein Individuum, das sich auf einem Baumstamm am Bachufer ausruhte: 







my very first Osmylus fulvicephalus – a lifer!

Auch hier im tiefsten Schatten.

Der Bachhaft sieht wie eine Kreuzung aus Florfliege und Ameisenjungfer aus, und wenn er sein Köpchen etwas anhebt wie auf dem Bild da oben, dann kommt auch ein ganz kleines Bisschen Kamelhalsfliege durch.  

Und mit allen dreien ist er als ein Vertreter der Netzflüglerartigen auch entfernt verwandt. Er ist hübsch, aber eben auch schwer zu finden. Dort, wo er vorkommt, fliegt er nicht selten auch in größerer Zahl, so wie eben auch am Wallenhorster Bach. 

Nachdem ich diese ersten beiden Individuen entdeckt hatte, wurde ich neugierig wie zuvor schon der junge Steinkauz. Wie ein Schwarzstorch schritt ich jetzt barfuß durch den Bach und scheuchte immer weitere Bachhafte auf. Wenn es an diesem Ort nur nicht so dunkel wäre, so dachte ich. Ich meine, wie sollen mir hier im tiefsten Schatten jemals passable Aufnahmen gelingen? Auf ein Stativ musste ich verzichten, die Tiere waren viel zu scheu. Ich meine, bis man so ein sperriges Teil endlich korrekt ausgerichtet hat, sind die Bachhafte ohnehin längst wieder abgedüst. 

Kurz: Ich schoss freihändig vier Millionen Bilder mit wegen der Finsternis sehr langen Verschlusszeiten, und am Ende waren vielleicht fünf scharf:


another

Und das reicht doch auch.

Laut Wikipedia soll sich der Bachhaft von anderen Uferinsekten ernähren, sogar von Eintagsfliegen, die so groß wie er selbst sind. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, dass er eine realistische Chance gegen eine Stechmücke hätte, weil ich ja x-mal gesehen habe, wie lahmarschig er fliegt und wie zart er daherkommt. Und weil ich an all den Tagen nicht ein einziges Mal einen Bachhaft mit Beute gesehen habe, halte ich Wikipedias Äußerungen für Lüge, mindestens aber für nicht belegt.

Okay, das war ein Scherz. 

Ein paar Tage später sah ich endlich einen Bachhaft, der sich wohl verflogen und den Schatten verlassen hatte und eine kurze Pause neben dem besonnten Waldweg einlegte:




actually these guys always prefer the deepest shade, but this specimen made an exception and had a brief rest right next to the hiking trail and in the sun

Der Bachhaft ist, wie die Zweigestreifte Quelljungfer, auf saubere und klare Bäche angewiesen, die möglichst nicht verbaut sein und in die kein Stickstoff aus der Landwirtschaft gelangen sollte. 

Rätsel Nummer 2 von ganz oben ist gelöst!

Kommen wir zu Rätsel Nummer 1:


my very first Dark Bush-cricket – another lifer!

Etwas weiter bachaufwärts stieß ich am 20. Juni gleich auf Dutzende Gewöhnliche Strauchschrecken.

Es mag unglaublich klingen, aber es waren die ersten meines Lebens! 

Diese Art soll die häufigste Langfühlerschrecke des Landes sein, doch begegnet war sie mir bis zu diesem Tag nicht ein einziges Mal. Ich kann das gar nicht erklären, ich meine, ich habe doch auch schon deutlich seltenere Heuschrecken gefunden in meinem Leben. 

Und jetzt tummelten sich da zu meinen Füßen gleich so viele Nymphen, also heranwachsende Individuen, dass ich gar nicht wusste, welche ich zuerst fotografieren soll:




many specimen followed these days, but only at one single locality

Auch bei diesem Einsatz, ich lag etwa eine halbe Stunde flach auf dem Boden, holte ich mir übrigens etwa zehn Zecken. 

Hier mal eine ganze Bande von Strauchschrecken, die die Abendsonne genoss: 


tons of Dark Bush-cricket teenagers were having a party in the afternoon

So viele interessante Arten, das war schon sehr aufregend für mich. 

Und nachdem ich den Bachhaft entdeckt hatte, wurde ich sogar ein bisschen größenwahnsinnig. 

Jetzt untersuchte ich auch die Blätter mir zugänglicher Stieleichen am Waldrand und entlang der Wege. Ich hoffte auf meine erste Kamelhalsfliege oder vielleicht sogar auf einen Fanghaft, der wie eine Mischung aus Bachhaft und Gottesanbeterin aussieht und sich zurzeit als Folge des Klimawandels ausbreitet. Für Niedersachsen gibt es aber noch gar keinen Nachweis. 

Ich ging in dieser Hinsicht leer aus, entdeckte aber immerhin einen Gefleckten Schmalbock, der sich leichtsinnigerweise ohne Sonnenschutz auf Eichenblättern aalte:



pretty Spotted Longhorn

Dieser hübsche Käfer ist aber sehr häufig, auch in Ostfriesland. 

Mein erstes Feenlämpchen für den Raum Osnabrück will ich euch auch nicht vorenthalten:



eggsac of Agroeca brunnea

Ich entdeckte es bei der Suche nach weiteren Bachhaften an einem Farnblatt, das über den Bach ragte. 

Im tiefsten Schatten! Das war ungewöhnlich, denn auf dem Rysumer Nacken findet man diese Bauwerke ausschließlich auf halboffenen, der Sonne zugänglichen Flächen.

Es handelt sich hier um den Eikokon der Großen Feenlämpchenspinne, über die ich hier bereits im April oder Mai ausführlich berichtet hatte. 

Später fand ich eine fette Erdkrötin, die (mal wieder) nicht mehr ganz gesund war:


Common Toad infected by the larvae of the so called Toad Fly – dead woman walking

Wie eigentlich alle Erdkröten in der Vergangenheit, die in der Mittagszeit unterwegs waren, trug auch dieses große Weibchen die Larven der Krötengoldfliege im Hirn, gut zu erkennen an den ausgefressenen Nasenlöchern. 

Inzwischen wird es qualvoll verendet sein. 

Zurück zum Steinkauz: Der erste Versuch sollte gleich den großen Erfolg bringen. Mich plagten auch gar keine Zweifel, handelte es ich doch um echte Gartensteinkäuze, die an Menschen gewöhnt sein sollten. So gegen halb fünf kletterte ich mit einer reichlich übersteigerten Erwartungshaltung, wie ich jetzt weiß, in mein Versteck. 

Und ich mach's kurz: Keiner der vier Vögel ließ sich blicken. 

Am folgenden Morgen dasselbe Spiel. Nein, nicht ganz, ein Steinkauz stand ganz lange auf meiner Warte, doch es war noch viel zu dunkel zu dieser frühen Stunde, sodass ich kein einziges Bild vom Vogel schießen konnte. Danach geschah nichts mehr, und ich besuchte gleich im Anschluss an meine bittere Niederlage ein Waldgebiet, das sich nur etwa einen Kilometer vom Garten der Eulen befand und auch heute noch befindet. 

Dort schien die Sonne geradezu malerisch durch die grauen Fichtenstämme hindurch:








in a wood close to the Little Owl's garden

Ich ging einfach immer näher heran, die Bäume zeigten sich wenig scheu:



same

Und noch näher:


same

Ein Bild mit der Knipse:


a forest clearing, habitat of ...

Beachtet bitte auch den Holzstoß rechts im Hintergrund!

Ich entdeckte blühenden Roten Fingerhut auf diesem Kahlschlag: 


... Common Foxglove

Womit nun auch Rätsel 3 gelöst worden ist, denn das Bild ganz oben zeigt die frischen Fruchtstände eines Individuum, das bereits verblüht war.

Und natürlich durfte auf diesem Kahlschlag auch die geile Gelbe Mordfliege nicht fehlen: 



... and another Bumblebee Robber Fly

Diese Himbeere fand ich auch sehr hübsch:


Red Raspberry

Vor allem aber lecker, denn kaum hatte ich dieses Bild geschossen, da befand sie sich auch schon in meinem Bauch.

Dort ist sie inzwischen aber auch nicht mehr.

Ein Weibchen der Breitflügeligen Raupenfliege wartete geduldig darauf, in den neuen Tag durchstarten zu dürfen:


female Ectophasia crassipennis

Doch da lag noch schwerer Tau auf seinem Körper. 

Jetzt nahm ich mir den bereits oben erwähnten Holzstoß vor, denn ein Holzstoß ist immer eine Pause wert. Man kann so unglaublich viele tolle Insekten an und auf ihm beobachten und vor allem Arten, die auf Totholz angewiesen sind, und als ich gerade versuchte, im obersten Stockwerk eine interessante Schlupfwespe zu knipsen, da tauchte auf Höhe meiner Knie plötzlich eine Waldeidechse auf.

Und die war hochschwanger:

this unusually confiding pregnant Viviparous Lizard ...

Das Tier zeigte überhaupt keine Scheu, ich konnte mich ganz frei bewegen:




... enjoying the morning sun

Und das nutzte ich natürlich auch aus:


tons of ticks there

Kinners, wenn ich weiter oben leichtfertig geschrieben haben sollte, dass alle Zecken nur mein Blut wollen, dann stimmt das so auch wieder nicht.

Das Blut einer Eidechse muss auch sehr lecker sein, denn noch nie habe ich in Deutschland eine Eidechse, gleich welcher Art, ohne Zecken in den Achseln gesehen! Jedenfalls keine adulte. Und auch auf diesem Kahlschlag wimmelte es wieder von diesen ungeliebten Blutsaugern. Am Ende hatte ich mir dort elf Individuen eingefangen und anschließend nach Hollage verfrachtet. Freilich ohne mein Wissen.  

Zecken sind Liebhaber des Brachlandes. 

In Ostfriesland findet man sie in großer Zahl auf dem Rysumer Nacken und in den Mooren und Waldgebieten rund um Aurich. In der Ackerbau-Krummhörn habe ich mir noch nie eine Zecke eingefangen, nicht ein einziges Mal, auch nicht auf dem Deich, wo das Gras bisweilen ja auch schon mal Kniehöhe erreicht. Ob diese Tiere keinen Dünger mögen oder etwas gegen die ewige Mahd haben – ich weiß es nicht. 

Natürlich wird es auch in der Krummhörn Zecken geben, schließlich hat hier jeder Igel welche, aber ihre Zahl muss im Vergleich mit den oben genannten Gebieten verschwindend gering sein. 

Ebenfalls auf dem Holzstoß entdeckte ich diese hübsch gemusterte Raubfliege:


Cyrtopogon lateralis, a quite rare species of Robber Fly

Dabei sollte es sich um die Kleine Makelfliege handeln, die in diesem Augenblick ihr Frühstück schlürfte so wie ich früher auf Klassenfahrt meine viel zu süße Capri-Sonne.

Diese Art wird in Deutschland selten gefunden; für Stadt und Landkreis Osnabrück könnte es sich sogar um einen Erstnachweis handeln. Das liegt natürlich vor allem daran, dass nicht so furchtbar viele Menschen auf Raubfliegen oder andere Insekten achten. Trotzdem dürfte die Kleine Makelfliege in Deutschland alles andere als häufig sein. Auffallend in ihrem Fall sind vor allem die hübschen weißen Rallyestreifen auf dem Abdomen, wie ich finde.

Egal, in Sachen Steinkauz musste es auch mal endlich weitergehen. 

Und deshalb hatte ich eine Idee. Ich schlug Frau L. vor, mich morgens zum Versteck zu bringen. Das ist ein alter Naturfotografentrick. Man geht nämlich davon aus, dass Vögel nicht zählen können. Denn ich ahnte, warum ich gescheitert war. Die klugen Steinkäuze hatten jemanden kommen, aber niemanden gehen sehen. Also zogen sie die richtigen Schlüsse und blieben lieber oben in den Bäumen. Es ist niemand gegangen, da muss noch jemand sein, so haben sie bestimmt gedacht. 

Lieber nicht runterfliegen. 

"Wenn du mich bringst und dich anschließend, wenn ich im Versteck abgetaucht bin, zurückziehst, dann muss es gehen", meinte ich zu Frau L., ohne wirklich überzeugt zu sein. Doch ich zeigte mich auch jetzt noch humorvoll: "Wenn es dann auch nicht klappt, dann kann dein Vogel eben doch zählen, dann ist das wissenschaftlich bewiesen und ich würde ihn für den Mathematik-Nobelpreis vorschlagen."

Kurz: Es klappte auch diesmal nicht! 

Für den kommenden Tag waren Wind, Wolken und Regen vorhergesagt, sodass ich keine große Lust verspürte, mich ins Tarnzelt zu setzen. Ich sagte ab. Das musste ich ja auch deshalb tun, weil Frau L. auch mal ausschlafen wollte, obwohl sie das Ganze schon ein bisschen spannend fand. Trotzdem: Wer steht schon gerne freiwillig um vier Uhr auf?

Irgendwann bekam ich an diesem wolkenverhangenen Tag eine Mail zugeschickt, wieder mit einem angehängten Bild, diesmal aber nicht von der Wildkamera geschossen, sondern mit einer richtigen vom Balkon aus. Es zeigte den Kauz auf meiner Warte stehend. 

Kommentar von Frau L.: "Er hat Hunger.

Abgesagt für diesen Tag hatte ich natürlich wegen des Wetters und somit nicht wirklich freiwillig, doch ich erkannte meine Chance und wusste in diesem Augenblick intuitiv, dass es am kommenden Morgen klappen würde – falls das Wetter mitspielte. Der Vogel würde besonders hungrig sein, jetzt, da er erkannt haben musste, dass morgendliche Mehlwürmer nicht selbstverständlich waren. 

Ich war übrigens auch mal in Rulle:


landscape in Rulle on early morning covered by fog 

An einem Teich unweit des Hotels Lingemann und der geschlossenen Ortschaft, die wie Hollage ein Teil der Gemeinde Wallenhorst ist, verbrachten mindestens zehn Graureiher die Nacht.

Fünf waren es noch, als ich am frühen Morgen dieses Bild schoss:



Grey Heron still at roost

Und zwei davon kann man auf dem Foto auch erkennen, wenn man sich bemüht. 

Am selben Teich sangen zeitweilig zwei Drosselrohrsänger gleichzeitig:



where two Great Reed Warblers were singing at the same time for weeks. Never ever before I had seen two of these birds at the same water body in western part of Niedersachsen, but numbers of records had increased the previous years 

Jemand hatte mir einen Tipp gegeben. 

Zwei Drosselrohrsänger an einem Gewässer hatte ich nie zuvor in Westniedersachsen beobachtet, doch befindet sich diese geile Art im Kommen, und auch in Ostfriesland haben die Nachweise in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 

Zugenommen hat ganz offensichtlich auch die Zahl der Weißstörche im Landkreis Osnabrück:


White Stork with lecker breakfast (a Grass Frog)

Dieser hier hatte auf einer am Vortag gemähten Wiese einen Grasfrosch erbeutet. 

Und den trug er rasch in Sicherheit, nachdem er bemerkt hatte, dass sich da inzwischen dieser aufdringliche Mensch mit der Kamera immer mehr angenähert hatte, freilich mit dem Auto:



same

Wo diese ganzen Störche brüten, weiß aber wohl niemand, nicht einmal, ob sie es überhaupt tun. 

Die allermeisten dieser Vögel stammen vielleicht aus den Zoos von Osnabrück und Rheine. Allein letzterer soll über hundert Individuen beherbergen, die frei umherfliegen können, weil sie nicht in Käfigen oder Volieren leben müssen. 

Weitere Bilder von der Penter Straße für euch: 





same female Golden-banded Dragonfly as above

Diese weibliche Zweigestreifte Quelljungfer deponierte für eine gefühlte Ewigkeit ihre vielen Eier im Sand des Bachs.  

In der Literatur wird behauptet, die Mädels tauchen vor allem dann auf, wenn die Kerle nicht fliegen, doch ich sah sie zu allen erdenklichen Tageszeiten, von fünf Uhr am Morgen bis 20:00 Uhr am Abend. Wahrscheinlich waren sie auch noch später unterwegs, doch da befand ich mich längst zu Hause. 

Dass die legebereiten Weibchen die Brutgewässer meiden, wenn die Männchen sich auf Streife befinden, hat aber natürlich einen Grund: Sie wollen bei der Eiablage ihre Ruhe haben. In diesem Fall klappte das aber nicht so recht, auch dieses Weibchen hatte sich die falsche Zeit ausgesucht. Zunächst tauchte ein Männchen auf, das das laichende Weibchen aber überhaupt nicht beachtete und einfach weiterflog – was ich gar nicht glauben konnte –, doch nur einen Augenblick später kam ein zweites, das sich die Gelegenheit nicht entgehen ließ. Blitzschnell schnappte es sich die Dame und steuerte zusammen mit ihr die Baumkronen an. 

Merksatz: Eine Paarung kommt bei vielen Libellen eher einer Vergewaltigung gleich, ähnlich wie bei vielen Enten

Ich kann nur mutmaßen, warum sich das erste Männchen nicht für das Weibchen interessiert hat. Möglicherweise kann es erkennen, mit welchen Mädels es sich bereits gepaart hat, da wäre eine zweite Paarung wohl auch sinnfrei. Das zweite Männchen wiederum wird diesem Weibchen vielleicht nie zuvor begegnet sein und hat deshalb nicht den Bruchteil einer Sekunde gezögert, es zu ergreifen. Ziel aller Libellenmännchen ist es nämlich zu jeder Zeit, die eigenen Gene um jeden Preis unters Volk zu bringen. 

Und das gilt natürlich auch für alle anderen Lebewesen.

Am Tag, als ich nicht zum Steinkauz fuhr, fand ich einen Bachhaft, der genau über der Bachmitte auf einem Blatt pausierte, außerhalb des Schattens und von Wassertropfen übersät:



Osmylus fulvicephalus, another specimen

Denn es sprühregnete an diesem Vormittag wie Sau:


same, but photograph taken from a different angle

Der Bachhaft hat seit Millionen von Jahren ein rotes Köpfchen.

Das hat er deshalb, weil ihn niemand ernst nimmt. Alle Eintagsfliegen dieser Welt machen sich über ihn lustig, weil sie im Gegensatz zu Wikipedia wissen, dass sie vor einem Bachhaft keine Angst zu haben brauchen. Sie sind viel schneller als er, sogar kräftiger. Und seit Jahrmillionen singen sie Der Bachhaft ist lachhaft, wenn dieser plötzlich über dem Wasser auftaucht. 

Im Chor, ich habe es selbst gehört!

Auch an diesem Abschnitt des Wallenhorster Bachs hatte ich übrigens einen Thron nur für mich selbst errichtet:



where I watched and photographed Osmylus fulvicephalus and the Golden-ringed Dragonfly

Um immer alles gut im Blick behalten zu können:


I took a seat for hours here

Ich besitze auch zwei Klappstühle, aber die Saftkiste ist viel bequemer und passt auch irgendwie besser zu mir, wie ich finde. 

Bereits am 16. Juni hatte ich im tiefsten Schatten des Waldes an der Penter Straße am Stamm einer Stieleiche einen Birkenspanner entdeckt:


this Peppered Moth had msitaken an Oak for a Birch

Auch hier war es der erste meines Lebens!

Die Art, die jeder aus dem Biologieunterricht kennen sollte, soll eigentlich, ähnlich wie die oben gezeigte Strauchschrecke, sehr häufig sein und überall vorkommen. Ich habe dieses Individuum aber nur entdeckt, weil es eine Eiche für eine Birke gehalten hat. Auf dem Stamm einer Birke wäre mir der Falter ganz bestimmt niemals aufgefallen, aber auf der Borke der Eiche konnte von Tarnung wirklich nicht die Rede sein. 

Die Puppe eines C-Falters hing die ganzen Tage über am oberen Ende eines vertrockneten Stängels der Großen Brennnessel



pupa of Comma

Diesen hübschen Falter hatte es in meiner Kindheit nicht in meinem Heimatort gegeben, wahrscheinlich nicht einmal im Landkreis Osnabrück. 

Das erste Exemplar sah ich in einem Hausgarten in der Nachbarschaft etwa Anfang oder Mitte der 1990er Jahre an einem Sommerflieder naschen. Und ich konnte damals sogar Belegfotos schießen, hatte ich mir doch erst kurz zuvor meine allererste Kamera zugelegt: die Canon T70.

Für den C-Falter ist es seit dieser Zeit steil bergauf gegangen, und längst ist er aus unserer Landschaft gar nicht mehr wegzudenken: 


same

Das gilt auch für Ostfriesland. 

Oh, eine Sicheleule:


Beautiful Hook-tip 

Ähnlich wie der Birkenspanner war auch sie eher schlecht getarnt. 

Da ich aber kein Vogel bin, brauchte sie keine Angst vor mir zu haben. 

Binsenschmuckzikaden:


Green Leafhopper always occurs in large numbers

Diese Art der Feuchtgebiete tritt immer in sehr großer Zahl auf an jenen Orten, die sie besiedelt. 

Hier war es das verschilfte Ufer des Wallenhorster Baches. 

Es folgt eine hübsche Schwammspinner-Raupe:



the notorious Gypsy Moth's caterpillar

Diese Art ist bei den Menschen ungefähr so beliebt wie der Goldafter oder der noch viel berüchtigtere Eichen-Prozessionsspinner

Es sind die Haare dieser Raupen, die bei manchen Menschen heftige körperliche Reaktionen auslösen können. Ich selbst kann sie in die Hand nehmen, ohne dass mir was passiert. Aber dafür kämpfe ich seit meiner frühesten Kindheit einen aussichtslosen Kampf gegen bescheuerte Pollen, die wiederum anderen Bürgern nichts anhaben können. 

Und so hat halt fast jeder sein Paket zu tragen. 

Achtung, jetzt wird es knifflig!

Seht doch selbst:


either a female of Choerades ignea or C. gilva

Am 25. Juni 2025 sah und fotografierte ich mal wieder eine Gelbe Mordfliege, die auf dem Stamm einer Birke stand. 

Irgendwann flog sie ab, kehrte aber nach wenigen Sekunden wieder zurück. Und ich fotografierte einfach weiter, bis ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich feststellte, dass da jetzt eine ganz andere Fliege vor meiner Linse posierte. Das Rot auf der Oberseite des Abdomens ließ die Alarmglocken in mir schrillen, hatte ich doch so eine Raubfliege erst wenige Wochen zuvor auf Bildern im Netz gesehen und bewundert. 

Und jetzt putzte sie sich direkt vor meiner Kamera!

Ein zweites Bild:



same

Das Problem: Es gibt gleich zwei Arten, die einander gleichen wie ein Ei dem anderen. 

Und leider habe ich bis heute nicht herausfinden können, um welche der beiden Arten es sich hier handelt, entweder um die Zinnober-Mordfliege oder aber die Karminrote Mordfliege

Zu allem Überfluss hatte ich weitere Raubfliegen am Rande des Kiefernwaldes an der Penter Straße abgelichtet, die sich später ebenfalls als Vertreter einer dieser beiden Arten herausstellten, was mir im Feld gar nicht aufgefallen war und auch nicht beim Betrachten der Bilder am Rechner.

Ein Weibchen: 

another female


maybe the same specimen, note the orange parts on the abdomen  

Und ein Männchen, das sich an einem bedeckten Tag an einem Hochspannungsmast "sonnte":


male

Keine dieser beiden Arten war mir zuvor wirklich bekannt gewesen. 

Und ihre Unterscheidung stellt selbst für echte Kenner kein leichtes Unterfangen dar.

Alle hier gezeigten Tiere können zur selben Art gehören, was ich für wahrscheinlich halte, doch  möglicherweise habe ich rein zufällig beide hier in Frage kommenden Raubfliegen am selben Ort mit Bildern belegt. Keine der beiden Arten scheint bislang für Stadt und Landkreis Osnabrück nachgewiesen worden zu sein, das entnehme ich den Verbreitungskarten auf der Seite eines bestimmten Menschen aus Lüneburg. Und das sollte für ihn doch Ansporn genug sein, die hier gezeigten Raubfliegen sauber zu bestimmen, wie ich finde. 

Hoffentlich schaut er hier mal rein, und hoffentlich bekomme ich dann die erlsöende Mail, damit ich endlich wieder ruhig schlafen kann. 

Am frühen Morgen des 27. Jui war es endlich so weit!

Ich fuhr zum Steinkauzgarten und war ganz aufgeregt. Doch bevor ich so gegen fünf Uhr mit Unterstützung von Frau L. in mein Versteck stieg, nahm ich noch schnell eine nahe Feldscheune etwas genauer unter die Lupe.  

So sah und sieht sie aus: 




a small shelter which has temporarily been used by the Little Owls

Mit aufgehender Sonne:


same, but with sun

Und natürlich ging ich auch hinein: 



Little Owl's poop

Ich meine, ich mache grundsätzlich keine halben Sachen. 

In dieser Brutsaison sei die kleine Feldscheune nicht von den Steinkäuzen genutzt werden, so Frau L., aber ein Jahr zuvor sehr wohl. 

Ob die ganze Kacke also noch aus 2024 stammt oder teilweise doch frisch ist, muss offen bleiben. So oder so, solch kleine Viehhütten in einer offenen Landschaft sind immer eine wertvolle Sache für Arten wie eben den Steinkauz oder die Schleiereule, auch wenn es Leute gibt, die meinen, sie zögen eher böses "Raubzeug" wie den Steinmarder an.  Was solche Leute aber nicht wissen oder kapieren wollen, ist, dass auch der Steinmarder ein Teil unserer Natur ist und es weder böse noch gute Tiere gibt.

Boah, war ich aufgeregt, als ich um Punkt fünf abtauchte. 

Und kaum hatte sich Frau L. zurückgezogen, da stand der Steinkauz, der sehr wahrscheinlich ein anerkannter Professor der Mathematik ist, auch schon auf dem Pfosten, der eigentlich eine verwitterte Holzlatte war: 


Little Owl

Es folgen vier Bilder, die ich mit am besten finde:


























Ey, wat wullt du?




same

Irgendwas oder -wen verfolgte der Vogel mit seinem Blick:


same

Und jetzt achtet büdde mal darauf, wie sich die Pupille des rechten Auges des Vogels plötzlich verkleinert:



staring at me

Ja, die Latte hatte ich bereits im Frühjahr 2024 auf dem Rysumer Nacken gefunden. 

Zuvor war sie Teil eines Hochsitzes gewesen, der aber bereits zusammengebrochen war. Eingesetzt hatte ich sie schon im Mai 2024 am Vogelpohl, und es war damals auch ein Steinkauz auf ihr gelandet, allerdings nur ein einziges Mal!

Denn kaum stand der Vogel auf meiner spendierten Warte, da neigte diese sich wie in Zeitlupe nach links und fiel schließlich um. Die Eule war weg und kehrte auch nie wieder zurück. So war das, weil ich sie zuvor nicht noch tiefer in den harten Boden hatte rammen können, und weil das so war, wollte ich der alten Latte eine zweite Chance einräumen. 

Und die hat sie jetzt bekommen und auch genutzt:


staring at the food

So möchte man als potenzielles Beutetier wirklich nicht von einem Steinkauz beglotzt werden, oder?

Ey, was guckst du:


relaxed

Ewig lange stand der Vogel da auf einem Bein und schaute nach allen Richtungen. 

Ich mag Bilder, die entspannte Vögel zeigen, denen man ansieht, dass sie keine Angst haben und sich wohlfühlen. 

Das war hier der Fall:



staring at something else

Und trotzdem konnte dieser außergewöhnliche Steinkauz zählen!

Er wusste, da sitzt jemand in diesem komischen Kasten. Ihm selbst machte das aber irgendwann nichts mehr aus, doch seinem Zögling muss er klammheimlich signalisiert haben, dass er fernbleiben möge. Wenn ich nämlich nach dem Füttern zum Auto zurückkehrte, dann tauchten immer beide Käuze umgehend an der Tonschale auf, blieb ich im Versteck, stets nur dieser Altvogel. 

Leider, denn natürlich hätte ich auch gerne das Kind geknipst. Die jungen Käuze machen nämlich immer so lustige Bewegungen mit ihrem Kopf, wohl um die Augen zu trainieren und ein Gefühl für das Dreidimensionale zu bekommen, falls das nicht schon angeboren sein sollte. 

Was gibt es da zu sehen:



same

Ich nehme an, dass die Altvögel ihre beiden Kinder untereinander aufgeteilt haben. 

Jeder betreute einen Jungvogel. Und nur der hier gezeigte Altvogel tauchte vor meinem Versteck auf, der andere nicht ein einziges Mal. Er zog es vor, hauptsächlich auf der anderen Seite der Straße, wo sich eine Pferdeweide befindet, nach Nahrung zu suchen. 

Der Blick nach oben:


what's up

Grimmig:

grumpy?

Und wieder ganz locker:


cute Little Owl

Irgendwann erreichte das grelle Sonnenlicht den Futterplatz, sodass ich abbrechen musste. 

Doch es waren nicht die letzten Bilder, die an diesem Tag vom Steinkauz geschossen wurden. Am Abend setzte sich nämlich Frau L. ins Versteck und tat es mir gleich. Die Bilder, die ihr gelangen, sehen genauso aus wie meine. 

Frau L., das hatte ich bislang vorenthalten, fotografiert nämlich auch Vögel. Und das hat mir bei diesem Projekt und meiner Anfrage vielleicht etwas in die Karten gespielt. Ich meine, jemand, der selber knipst, der hat natürlich auch viel mehr Verständnis für das, was ich so mache, als ein Bürger, der vielleicht gar keinen Bezug zur Natur hat, auch wenn es zwischen diesen beiden Varianten noch Alternativen geben könnte.

Ich kann mich also nur ein weiteres Mal bei Frau L. bedanken für die Unterstützung in ihrem Garten, für das Bringen zum, für das Abholen vom Tarnzelt. Und auch dafür, dass sie überhaupt dazu bereit war, zu nachtschlafender Zeit solch komische Dinge zu tun.

Ohne den Einsatz von Frau L. wäre ich sehr wahrscheinlich leer ausgegangen. 

Und es gab einen weiteren Helfer:

male Common Redstart 

Dieser männliche Gartenrotschwanz hatte die Mehlwürmer wohl gleich am ersten Tag entdeckt. 

Und weil er Kinder zu versorgen hatte, flog er den Futterplatz nahezu im Minutentakt an. Gleichzeitig warnte er ununterbrochen, weil er natürlich wusste, dass sein Revier auch das eines Steinkauzpaares war. Er warnte unmittelbar nach dem Aufwachen und bis zu jener Sekunde, in der er abends die Augen schloss. Und bestimmt hat er auch im Traum gewarnt. 

Es grenzt an ein Wunder, dass dieser Vogel nicht irgendwann schwerhörig geworden ist. Immer dieses ewige Huit-teck-teck, das war kaum mehr zu ertragen. 

Trotzdem bin ich auch dem Gartenrotschwanz unendlich dankbar, weil auch er sein Scherflein zum Gelingen des Ganzen beigetragen hat, indem er unablässig Mehlwürmer abtransportiert hat. Denn das war dem Steinkauz ein Dorn im Auge. Futterneid kennt schließlich auch in der Vogelwelt keine Grenzen. "Wieso trägt der blöde Vogel meine Mehlwürmer weg?" fragte mich der Steinkauz auch ein ums andere Mal.

Diese Konstellation aus Steinkauz und Gartenrotschwanz war übrigens nicht neu für mich. Ich hatte sie schon vor ganz vielen Jahren in der Nähe von Quakenbrück erlebt, aber auch im letzten und vorletzten am so genannten Vogelpohl, der zu Seeste und somit zur Gemeinde Westerkappeln gehört.

Egal, der kommende Tag, der Samstag, war der Tag der Abreise. 

Weil ich aus den bereits genannten Gründen kaum Bilder vom Steinkauz gemacht hatte in den vorausgegangenen zwei Wochen, wollte ich mir noch einmal eine letzte Chance für dieses Frühjahr einräumen. 

Vor Beginn der Session nahm ich aber noch schnell eine letzte kleine Veränderung am Lebensraum vor, um zu verhindern, dass alle Bilder gleich aussehen. 

Ich drehte die Warte um 90 Grad. 

Und auch diesmal ließ sich der Steinkauz nicht lange bitten:




another day

Wenn sich der Vogel in der tönernen Schale niederließ, dann schaufelte er die Mehlwürmer geradezu in sich hinein. 

Nicht selten gleich zehn Minuten lang. Aber nur mit einem einzelnen Mehlwurm im Schnabel flog er anschließend zu seinem Kind:


with "prey" for the kiddies

Mehr ginge aber auch nicht, denn der Schnabel einer Eule ist nicht gemacht für den Transport so kleiner Beutetiere. 

Da hatte selbst der Gartenrotschwanz deutlich mehr auf dem Kasten. 

Es folgen noch fünf Bilder:






































last picture of Little Owl for today

Seht ihr den kleinen schwarzen Fleck in der Iris des rechten Auges? 

Ich selbst hatte und hätte ihn gar nicht bemerkt, doch Frau L. hat mich auf ihn aufmerksam gemacht, nachdem sie ihre eigenen Bilder geschossen und am Rechner betrachtet hatte. Was das ist, kann ich nicht schreiben, doch falls es sich um etwas Permanentes handeln sollte, dann wäre dieser Steinkauz individuell erkennbar, etwa wie ein beringter Vogel. 

Mal schauen, ob er auch im kommenden Jahr im Garten der Familie L. brüten wird.

Man kann es natürlich vorher nicht wissen, aber am Ende ist, wie im Falle der Bienenragwurz (siehe letzten Bericht), alles gut ausgegangen. 

Ganz bestimmt wäre ich enttäuscht gewesen, wenn mir keine Bilder gelungen wären, aber eine Garantie gibt es nur auf Dinge, die man im Supermarkt kaufen kann. Und überhaupt: Nie zuvor hatte ich eine ganze Steinkauz-Familie so gut und aus so geringer Distanz beobachten können, wenn ich am Rande des Gartens in meinem Auto saß. Es war einfach wieder einmal ein riesiger Spaß, und der allein war es bestimmt schon wert, ein bisschen Zeit zu investieren. 

Und wirklich alle haben von der Geschichte profitiert, die Eulen, Frau L. und natürlich auch ich. Man kann, ohne zu übertreiben, von einer echten Symbiose schreiben, es hat wirklich nur Gewinner gegeben. 

Bis auf die Mehlwürmer vielleicht. 

Und es war auch noch in einer anderen Hinsicht ein echtes Vergnügen, "Gartensteinkäuze" zu fotografieren, denn diesmal und anders als in der Vergangenheit am Vogelpohl hatte ich die Möglichkeit, mein Tarnzelt einfach aufzubauen und stehen zu lassen! Ich musste es nicht nach jeder Fotosession abbauen und in den Wagen packen, um Diebstahl zu verhindern, wie es zuvor immer der Fall gewesen war, und gleichzeitig gewöhnen sich Vögel natürlich auch viel schneller an etwas, das nicht permanent auftaucht und wenig später wieder verschwindet, nur um am kommenden Tag wieder aufzutauschen und so weiter.

Fazit: Es ist doch tatsächlich ein hübscher Bericht geworden, obwohl ich nicht ein einziges Mal auf dem Flugplatz gewesen bin. 

Von einem Fluch kann im Nachhinein also überhaupt nicht die Rede sein. 

Eher von einem Segen!

Ich meine, wären die beiden wichtigen Straßen nicht komplett gesperrt gewesen, dann hätte ich wieder einmal nur auf dem Flugplatz Achmer beobachtet und fotografiert und sehr wahrscheinlich dieselben Arten wie in den vergangenen Jahren. 

Jetzt war ich gezwungen worden, mich nach Alternativen umzusehen. Und am Ende bin ich reich beschenkt worden, und keineswegs nur mit Zecken.  

Oh, eine Blauflügelige Prachtlibelle:


my very first Beautiful Demoiselle – a true lifer! I found this male at a stream, where I had spent so much time in the past without any records, so I assume this male is rather a vagrant than a member of a breeding population

Auf der Hinfahrt, das hatte ich zu Beginn dieses Beitrages bereits beiläufig erwähnt, gab es für mich einen Zwischenstopp an der Borgbeeke, die seit einer Ewigkeit ganz gemütlich den Nordabhang des Gehn hinabplätschert. 

Ich hatte es dort auf die Zweigestreifte Quelljungfer abgesehen und zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht ahnen können, dass mir diese imposante Libelle im BVB-Dress nur wenige Tage später auch in Hollage begegnen würde. Und so behielt ich den Bach im Auge und wartete, bis tatsächlich ein Männchen ganz dicht an mir vorbeiflog. 

Später fand ich auch noch drei Exuvien in einem Bereich, wo ich diverse Weibchen schon vor über 30 Jahren bei der Eiablage beobachtet hatte:


Golden-ringed Dragonfly exuvia

Doch damit nicht genug, denn plötzlich tauchte aus dem dunkelsten Schatten des Bachbetts auch noch die gezeigte Blauflügelige Prachtlibelle auf, steuerte eine Lichtung an und stellte sich auf das Blatt einer Rotbuche.

Ich konnte es nicht glauben!

Schon vor ganz, ganz vielen Jahren hatte mir jemand erzählt, er habe die Blauflügelige Prachtlibelle an einem Bach im Gehn beobachtet; der Name dieses Baches war damals aber ein anderer gewesen. An der Borgbeeke wiederum hatte ich vor dieser ersten Feststellung bereits so viele Stunden verbracht, dass ich dort eine fortpflanzungsfähige Population dieser Libelle immer locker ausschließen konnte. Und auch jetzt war da ja nur dieses eine Männchen, das sich auf der Lichtung sonnte, um wenig später wieder den Bach im Schatten der Bäume anzusteuern und diesen entlangzufliegen. 

Ich gehe also von einem Individuum aus, das von einem anderen, mir unbekannten Gewässer innerhalb des Gehn stammen musste. 

Die Blauflügelige Prachtlibelle ist, ähnlich wie Bachhaft und Zweigestreifte Quelljungfer, auf Bäche mit sauberem und klarem Wasser angewiesen, das nach Möglichkeit größtenteils beschattet werden sollte. Sie ist eine sehr anspruchsvolle Art und deshalb viel, viel seltener als ihre ebenso prächtige Cousine, die Gebänderte Prachtlibelle

Die hat keinen eigenen Charakter und kommt auch mit schlechter Wasserqualität und praller Sonne klar. Darüber hinaus kann sie auch ein breiteres Spektrum an Gewässern besiedeln, auch größere Flüsse, und selbst am Stichkanal Osnabrück, der bekanntlich ein Stillgewässer ist, reproduziert sie bereits seit Jahrzehnten erfolgreich. Und auch in diesen Tagen konnte ich dort wieder x-mal balzende Männchen, Paarungen und Eier ablegende Weibchen beobachten. Aber nur in Bereichen mit einer Schwimmblattflora.

Bilder von der Cousine habe ich auch zu bieten, aufgenommen am frühen Morgen am Wallenhorster Bach:



male Banded Demoiselle – for comparison – still resting on early morning. Note different wing pattern 

Ein Portrait desselben Tieres:


close-up

Und noch einmal zum Vergleich die deutlich seltenere Art: 




the Beautiful Demoiselle again

"Sei froh, dass ich schon satt bin!" rief die Libelle der vorbeifliegenden Fliege hinterher. 

Und dann rülpste sie laut, um das Gerufene noch einmal zu untermauern.

Fast alle Libellen-Arten sind superschön, aber die beiden Prachtlibellen sind für mich das Sahnehäubchen der heimischen Libellen-Fauna.

Ihren Namen haben sie also völlig zu recht erhalten. Und dann fliegen sie zu allem Überfluss auch noch so flattrig und unstet wie etwa Wiedehopf und Eichelhäher. Und auch diese beiden Vögel sind ja hinlänglich für ihre außerordentliche Pracht bekannt. 

Ein letztes Bild:


my American Ferrari from above

Ja, auch meinem Wagen habe ich zu danken, denn er hat mich an all die in diesem Beitrag vorgestellten Orte kutschiert und sich nie über das frühe Aufstehen beklagt.  

Danke, liebes Auto!

Danke, Familie L.!

Danke, lieber Gartenrotschwanz! 

Und danke, ihr großartigen Heldenmehlwürmer (neue Art), die ihr für diesen Bericht ganz uneigenützig euer kostbares Leben gelassen habt.

Das Schwarzweißfoto da oben entstand übrigens am Venner Aussichtsturm, wo ich mal nach der berüchtigten Reh-Rachendassel gucken wollte. Das ist eine sehr hübsche Fliege mit einer echt ekligen Biologie. 

Könnter ja mal Frau Google befragen, wenn ihr mögt.

Kinners, das war's schon wieder. 

Eine kleine und lustige Randnotiz kann ich aber noch in die Waagschale schmeißen: Kaum war ich zu Hause, da schlug mir meine Startseite einen Artikel des SWR vor. 

Titel: So viele Zecken wie noch nie! 

Freilich bezog sich das dort Geschriebene auf Rheinland-Pfalz, aber ich denke, ich habe den wissenschaftlichen Nachweis erbracht, dass es sich auch eins zu eins auf Teile Niedersachsens übertragen lässt.

 

Es war einmal ...

ein Haus:




this house is for sale

Es steht seit langem leer und nur wenige Meter vom Haus mit dem Steinkauz-Garten entfernt. 

Man könnte die Vögel dort ansiedeln, indem man den Garten etwas herrichtet und für putzige Kugeleulen attraktiviert, um mal ein neues Wort aus der Hüfte zu schießen.  

Für den Fall, dass ihr Interesse habt, könnt ihr einfach ein hübsches Sümmchen auf mein Konto überweisen. Erst nach Eingang der Kohle werde ich euch den exakten Standort der Doppelhütte verraten, damit ihr einziehen könnt. 

Hübsches Sümmchen bedeutet in diesem Fall: etwa eine halbe Million. 

Speckgürtel der Metropole Osnabrück, bevorzugte Wohnlage und so weiter. 

Haut rein!