Samstag, 8. November 2025

J4JY

Moin Kinners,

neulich, also am 1. November 2025, entdeckte ich in der Leybucht, unweit von Greetsiel, einen jungen Steinschmätzer

Genau genommen einen etwas späten jungen Steinschmätzer. 

Ich weiß nicht, warum, aber wenn ich einen Steinschmätzer sehe, dann möchte ich ihn auch fast immer fotografieren.

Doch an diesem Ort, das erkannte ich sofort, würden Bilder eine echte Herausforderung werden.

Denn sowohl die Straße als auch der an diese angrenzende Deich waren bis zum Gehtnichtmehr vollgekackt worden von den verfickten Deichschafen!

Ich wisst, die Perspektive ist alles, doch wo sollte ich mich jetzt hinlegen?

Ich holte meine Isomatte, die zu diesem Zeitpunkt noch im Wagen lag, um daraufhin erst einmal mit den Schafen zu schimpfen. Und ich schimpfte so laut mit ihnen, dass sich die Tiere ihre Schlappohren zuhielten. 

"Was fällt euch eigentlich ein? Ich meine, warum müsst ihr immer alles komplett zukacken? Ich meine, warum esst ihr nicht einfach weniger? Oder gar nichts? Oder Käsebrötchen? Ich meine, ihr seid doch nicht mehr ganz dicht!"

Ich überlegte, und dann kam mir in den Sinn, dass hier eine Strafe nur dann eine echte Strafe sein konnte, wenn sie angemessen war.

Und so rief ich: "Ich rufe jetzt den Schlachthof an, es ist an der Zeit, dass ihr wegkommt! Alle!"

Und wie um meine Drohung noch schnell zu untermauern, zog ich mein Handy aus der Jackentasche hervor und gab vor, eine Nummer zu wählen.

Dann ging ich zum Steinschmätzer:




quite late Northern Wheatear found at the beginning of November at so called Leybucht

Der spielt heute aber nur eine Nebenrolle, wenn auch eine ganz schön gewichtige.

Vordergründig geht es in diesem wieder einmal wunderschönen Beitrag aber um die gute alte Lachmöwe:


J4JY (right bird)

Und hier wiederum um den Vogel in der Mitte des obigen Bildes: J4JY

Das Füttern der Möwen ist am Strand von Norddeich streng verboten. Entsprechende Schilder weisen überall darauf hin. Und eigentlich gilt das Verbot wohl längst auch für die gesamte deutsche Nordseeküste. Doch wie wir alle wissen, sind doch gerade die verbotenen Früchte die leckersten. Und so füttere ich die Möwen eigentlich jedes Mal, wenn ich in Norddeich bin, freilich niemals, ohne mich vorher nach allen Richtungen abzusichern. 

Denn ich bin schon so einige Male von Wichtigtuern auf das Verbot hingewiesen worden in der Vergangenheit. Und man hat nicht mit Unwahrheiten gegeizt, wenn es darum ging, mir das Füttern der Vögel zu vermiesen. Ein richtig Hirnloser wollte sogar die Polizei rufen!

Statt ihn zu erschießen, habe ich ihn schließlich einfach ignoriert.

Neulich, also am 6. November, wurde ich Zeuge einer lustigen Szene. Eine ganze Familie hatte ihr Herz für die gefiederten Wegelagerer entdeckt und warf ihnen fleißig Brotreste zu. Die Kinder fütterten, die Eltern machten einen auf Regisseur und Kameramann und -frau. Das Ganze spielte sich am Rand des Strandes ab, also direkt neben der Promenade, wenn man im Falle von Norddeich überhaupt von einer Promenade schreiben kann. 

Viele Menschen gingen an der Familie und den Möwen vorbei. Manche stoppten auch kurz, um ihrerseits die Telefone hervorzukramen und Bilder oder Videos zu schießen. Doch dann kam es, wie es immer kommen muss an so einem hoffnungslos überfüllten Ort. 

Der Schwarze Peter tauchte auf, und der Spaß war vorbei.

Es war ein Mann, der seine Kompetenzen, übrigens in jeglicher Hinsicht, komplett überschätzte und überschritt. Er wies die Familie auf das Verbot hin und begann umgehend damit, wilde Märchen zu erzählen, so vonwegen man werde die Vögel nicht mehr los, wenn man sie füttere, oder die Möwen seien aggressiv und schreckten nicht davor zurück, in die Augen der Menschen zu picken oder diese gar gleich ganz auszuhacken. 

Ich stand ganz weit entfernt, und trotzdem konnte ich jedes Wort verstehen, weil der Trottel so laut sprach wie ich mit den Schafen. Doch seine Lautstärke machte das, was er da von sich gab, nicht besser oder gar wahrer. Immer wieder hört man diese Geschichten von Möwen, die Augen aushacken oder Nasen abzwicken. Ich füttere die Möwen schon seit meiner Kindheit und habe solche Attacken noch nie erlebt.

Und überhaupt ist mir noch nie ein Mensch ohne Nase begegnet. 

Auch nicht an der Küste.

Am liebsten hätte ich an diesem Tag am Strand von Norddeich meine Pumpgun eingesetzt, doch das Publikum war mir einfach zu groß. Doch als der Hirnlose endlich weiterging, eilte ich zu der Familie hinüber und schenkte ihr reinen Wein ein. 

Ich sagte: "Alles, was der Typ Ihnen da verklickert hat, ist Blödsinn. Keine Möwe mag Augen aushacken oder gar aufessen. Augen schmecken auch scheiße. Und sobald man mit dem Füttern aufhört, erlischt das Interesse der Möwen an einem.

Und überhaupt, so dachte ich, wie kann man kleinen Kindern so einen Horror erzählen? Dann stimmt doch was nicht mit einem, dann gehört man doch weggesperrt und so weiter, weil man im Gegensatz zu den Möwen eine chte Gefahr darstellt für die ganze Gesellschaft.

Ich meine, dass das alles Quatsch ist, was der Schwarze Peter da rausgehauen hatte, kann doch auch jeder ganz einfach selbst überprüfen. Man muss doch sehen, dass die Vögel einem gar nicht mehr folgen, sobald das Brot ausgegangen ist. Ja, sie mögen nicht nur Brot, lieben auch Speiseeis und Fritten, aber wenn einem diese klassischen Strandleckereien mehr als einmal von Möwen geschickt aus der Hand stibitzt worden sind, dann hat man es auch echt nicht besser verdient. 

Dann ist man nämlich lernresistent.  

Darf ich vorstellen, Einbein:



this Black-headed Gull has only one leg, but is nevertheless the king of the beach. I call her Oneleg

Einbein hat nur ein Bein. 

Wo das andere geblieben ist, kann ich nicht schreiben. Es gibt nicht einmal einen Stummel. Doch trotz dieser vermeintlichen Behinderung ist Einbein der König vom Strand von Norddeich. Wenigstens in diesen Tagen, denn eine Herrschaft auf Lebenszeit gibt es an diesem Ort nicht.

Norddeich ist eben nicht Russland oder Nordkorea. 

Mühelos kann Einbein sich gegen alle Kontrahenten durchsetzen, wenn ich mit meinen geilen LIDL-Brötchen am Horizont auftauche. Einbein ist Artgenossen gegenüber aggressiv hoch zehn, doch wenn am Ende nur noch er übrig geblieben ist, weil alle anderen Lachmöwen ihn nicht ertragen können oder wollen, dann ist Einbein ein richtig sympathischer Vogel.

Schüttel dein Haar: 


shake it off

Rufend – oder eher drohend: 



calling (note the visible breath

Es war sehr frisch an diesem Morgen, und im Gegenlicht kann man Einbeins Atem sehen. 

Auch hier:



same

Schnitt:


female Common Brimstone looking for shelter underneath a leaf, while it was raining

Am 22. Oktober fotografierte ich im Landkreis Osnabrück diesen weiblichen Zitronenfalter, der unter einem Blatt des Faulbaumes Schutz vor dem Regen gefunden hatte.  

Wenn man genau hinsieht, dann erkennt man die nahezu perfekte Tarnung! Die Farbe der Schwingen passt sehr gut zu den Blättern, jene der Antennen und des Thorax perfekt zu den Zweigen des Strauches, der übrigens auch die wichtigste Futterpflanze der Raupe dieses Falters darstellt. Ich hätte dieses Tier nicht entdeckt, wenn ich es nicht zuvor bei seiner Landung beobachtet hätte. 

Ostasien trifft auf Nordamerika:



America meets the Far East – in Germany

Und das im Landkreis Osnabrück!

Die Amerikanische Kiefernwanze hatte ich euch ja bereits im letzten Bericht vorgestellt. 

Ich sah sie auch im Oktober wieder in großer Zahl auf dem Strommast an der Penter Straße herumkrabbeln. Meistens wie in Zeitlupe. Während ich dieses Individuum fotografierte, eilte ein Asiatischer Marienkäfer vorbei. Das war lustig, sind doch beide Arten relative Neubürger in Europa und Deutschland, die längst nahezu überall in einer sehr hohen Dichte auftreten. Für ein interessantes Gespräch zwischen den beiden Immigranten hat es aber nicht gereicht, der Marienkäfer wollte sich von der lahmarschigen Wanze partout nicht ausbremsen lassen und zog sein Tempo sogar noch an. 

Oh, ein Flachstrecker:


Philodromus margaritatus

Genau genommen wieder ein Großer Rindenflachstrecker

In einem der letzten Berichte hatte ich euch schon ein Individuum dieser interessanten Spinnenart gezeigt, gefunden am selben Strommast, doch dieses hier sah ganz anders aus und hatte auch nicht so viele Stacheln am Hinterleib. 

Es folgt ein Flachstrecker-Imitat:



Diaea dorsata

Krabbenspinnen und Flachstrecker ähneln einander, doch beachtet büdde die verschieden langen Beine bei dieser Art.

Vorne sind sie lang, hinten extrem kurz. Bei den Flachstreckern sind alle Beine nahezu gleich lang. 

Mordfliegen habe ich übrigens keine mehr gesehen, obwohl zumindest die Zinnober-Mordfliege vereinzelt durchaus auch noch bis Ende Oktober auftreten kann, aber es war einfach zu kalt. 

Umso erstaunter war ich, als ich diese Kotwespe auf dem Betonsockel des Strommasten bei der Jagd beobachten konnte:



Mellinus arvensis

Noch erstaunlich aber war, dass diese Jagd erfolgreich verlief:



on an unusual cold day in October (10 degree Celsius) this Wasp caught a Fly, but as a result of the low temperature could not transport it to the burrow

Doch dann gab es Probleme. 

Als Kotwespe transportiert man die Beute im Flug zum Nest. Doch das klappte wegen der niedrigen Temperaturen nicht mehr. Schließlich gab die Kotwespe auf, krabbelte weg und ließ die gelähmte Fliege einfach zurück.

Zu guter Letzt:


female Green Woodpecker, photograph taken trough the living room window

Das Bild zeigt einen weiblichen Grünspecht auf dem Rasen vor dem Wohnzimmer meiner Mutter.  

Es war quasi ein Test! Ich wollte wissen, ob die Scheibe sauber ist oder ob doch mal wieder jemand zu Eimer und Lappen greifen sollte. 

Was meint ihr?

Zurück nach Norddeich: 


this Black-headed Gull with a white colour ring (code: J4JY), ringed as an adult bird close to the Norwegian capital Oslo in April 2013, I spotted in October 2017 on the beach of Norddeich for the very first time. Since then there have been many encounters. On her way from Norway to the Netherlands, where this bird always winters close to Den Haag, she loves to rest at Norddeich for weeks between August and November

J4JY scheint in diesem Herbst besonders lange in Norddeich auszuharren. 

Nie zuvor hatte ich diese Lachmöwe auch noch im November an diesem Ort beobachten können, doch sie hält sich auch jetzt noch dort auf. Unter den zahmen Toastbrot- und Brötchenmöwen ist J4JY die scheueste. Sie kommt zwar sofort angeflogen, wenn man zu füttern beginnt, stellt sich aber nie direkt vor meine Füße, wie es die meisten anderen Vögel tun, sondern fliegt stets wieder weg, um erst in größerer Entfernung zu landen und von dort aus alles zu beobachten. 

Sicher ist sicher.

Doch diese Strategie, die keine ist, hat natürlich den Nachteil, dass sich das Brot, das ich in die Luft werfe, längst im Magen einer anderen Möwe befindet, bevor J4JY überhaupt angekommen ist. Sie fliegt also immer sofort los, wenn ich füttere, kommt aber auch immer zu spät. So richtig helle kann dieser Vogel also nicht sein.

Manchmal kann man sich aber an sie heranrobben, wenn man Bilder von ihr machen möchte:





J4JY

"Hallo?"

"Hallo, ist alles okay bei Ihnen?"

Während ich da lag und durch den Sucher meiner Kamera blickte, hörte und spürte ich einen Hund, der an mir herumschnüffelte. Hunde, das wissen die meisten Hundebesitzer leider nicht, sind auf diesem Strand verboten; für sie gibt es extra einen Hundestrand ganz in der Nähe. 

Und dann rief plötzlich jemand in meinem Rücken. Man kennt das alles natürlich schon als erfahrener Auf-dem-Boden-Lieger, aber schöner wird es dadurch nicht. Wenn man sich also in den Sand schmeißt, um eine richtig wilde Perspektive zu erlangen, dann wird man immer wieder angesprochen. 

Ich meine, wenn man da so auf dem Strand liegt wie eine Kegelrobbe oder ein verunglückter Schweinswal, dann machen sich die Menschen Sorgen. Sie sehen immer nur den vermeintlich Gestürzten, aber nie die Kamera oder den Vogel. Ich weiß nicht, wie oft mir das schon passiert ist, aber wenn ich mich hinlege, dann rechne ich schon damit, dass Kontrollen durchgeführt werden.

Ob man noch lebt und so weiter.

Und die Leute meinen es doch auch gut. 

Und ich kann sie ja auch nicht alle einfach so töten. Ich würde es aber ganz bestimmt tun, wenn es sich im Falle des Vogels nicht etwa um eine Lachmöwe, sondern eine echte Rarität handeln würde und man sie mir wegscheucht, bevor ich das erste Bild schießen kann. Also dann, dann – dann wäre Schicht im Schacht.

Echt jetzt mal!

J4JY im morgendlichen Watt:



same

"Wir bleiben wach, bis die Wolken wieder lila sind."

Und lila waren sie tatsächlich an diesem wunderschönen Morgen vor ein paar Tagen, und sie spiegelten sich pittoresk in den seichten Pfützen des weiten Watts. Das schöne Lied, das ich hier zitiere, stammt übrigens von Marteria, Yasha, Miss Platnum und einigen anderen. Erschienen ist es ein Jahr bevor J4JY bei Oslo beringt wurde.

Und beringt worden ist J4JY im 7. April 2013. 

Als Altvogel. 

Gesehen habe ich diese Möwe zum ersten Mal am 17. Oktober 2017. Man findet immer mal wieder farbberingte Vögel, und zu viel Bedeutung misst man ihnen nicht bei, auch wenn so eine Entdeckung natürlich immer auch spannend ist. Schließlich konnte ich zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht ahnen, dass mich dieser Vogel künftig über Jahre begleiten würde.  

Unsere nächste Begegnung fand aber erst am 29. August 2023 statt, also sechs Jahre später und zu einem Zeitpunkt, als ich den Vogel längst vergessen hatte. Meine Freude war also entsprechend groß, als ich den Code auf meinen Fotos entzifferte. Sie war es deshalb, weil man grundsätzlich nicht damit rechnet, dass eine Lachmöwe so lange zu überleben vermag. Die meisten beringten Individuen, die man findet, sieht man nämlich nie wieder. Und J4JY war zu diesem Zeitpunkt immerhin schon mindestens zwölf Jahre alt!

Tatsächlich können Lachmöwen aber noch deutlich älter werden, und so darf es nicht verwundern, dass mir J4JY auch in den beiden folgenden Jahren, also 2024 und 2025, im Herbst am Strand von Norddeich begegnet ist. Inzwischen ist es aber auch so, dass ich gezielt nach diesem Vogel suche. Und ihn zu finden, ist gar nicht mal so schwer, denn er hat so seine Lieblingsorte, an denen er sich aufhält.

Hier war es mal wieder der Strand, auf dem sich dieses Lachmöwe im Gegenlicht des frühen Morgens putzte: 





J4JY again few days ago

J4JY brütet alljährlich bei Oslo und wird dort auch regelmäßig gesehen und gemeldet.

Ihr Überwinterungsgebiet befindet sich in der Nähe der niederländischen Stadt Den Haag und dort wohl hauptsächlich im so genannten Zuiderpark. Dieser Vogel wird also hauptsächlich von drei Orten gemeldet, wenige Beobachtungen stammen aber auch von anderen. So wurde J4JY zum Beispiel im Abstand von fast exakt einem Jahr am 13. Sezember. 2013 und am 11. Dezember 2014 am selben Ort in Harlingen gesehen sowie am 20. November 2020 auf der Nordseeinsel Terschelling (ebenfalls NL). 

Weil ich diesen Vogel noch nie im Februar in Norddeich angetroffen habe, er aber stets schon im März in Norwegen gesehen wird, gehe ich davon aus, dass er von Holland aus die Nordsee im Nonstopflug Richtung Oslo überquert. Das entspräche einer Strecke von etwa 960 Kilometern. Ob es sich wirklich in jedem Frühjahr so abspielt, kann ich natürlich nicht belegen, aber man darf spekulieren, wenn man gerade Zeit dafür hat.

Während ich den Schafen die Leviten gelesen habe, hatte der Steinschmätzer die zuvor von mir ausgelegten Mehlwürmer gefunden:


Northern Wheatear quite late at the beginning of November

Und als ich da mitten in der Scheiße lag, fiel mir sofort auf, dass ich den Deichschafen Unrecht getan hatte. 

Ihre Hinterlassenschaften sorgten nämlich für etwas Struktur auf den Bildern, die ich schoss. Ich meine, wäre da nur der blanke Asphalt zu sehen, fände ich die Fotos nicht einmal halb so gut.

Seht doch selbst:




same bird, which became more and more confiding

Ey, wat wullt du?





same

Am Anfang durfte ich mich nicht rühren, wenn der Steinschmätzer nur drei Meter von mir entfernt in der Kacke stand, nicht einmal atmen, denn dann flog er sofort weg. Übrigens immer durch die Maschen eines Zaunes hindurch, statt den Zaun zu überfliegen. 

Das sah schon sehr cool aus jedes Mal. 

Weitere Bilder:






same 

All diese ersten Bilder vom Steinschmätzer habe ich vor Sonnenaufgang geschossen. 

Ein zweiter Schnitt, der etwas Farbe ins Spiel bringt:


likely the last Clouded Yellow for me this year, seen on 18 October close to the dike

Das Bild zeigt den für mich sehr wahrscheinlich letzten Postillon des Jahres. 

Ich entdeckte ihn am 18. Oktober zwischen dem Störtebekerkanal und dem Seedeich bei Neuwesteel, wo er sich in Begleitung eines Distelfalters reichlich Nektar reinzog und einmal sogar laut rülpste. Man sieht, es war eine Dame, die allerdings schon etwas in die Tage gekommen war. In die Jahre kommen kann man als Falter nämlich nicht. 

2025 habe ich erfreulich viele Wandergelblinge, wie der Postillon auch genannt wird, gesehen. Sie alle müssen aus dem Süden zu mir nach Ostfriesland geflogen sein, denn dieser Falter legt hier zwar immer wieder Eier ab, und es schlüpfen daraus bestimmt auch Raupen, doch leider können sie unseren nasskalten Winter nicht heil überstehen. Das war einst auch beim Admiral der Fall gewesen, doch der schafft längst auch den ostfriesischen Winter. Und vielleicht klappt das ja im Falle des Postillon eines Tages auch. 

Jetzt fällt mir gerade noch rechtzeitig ein, dass auch die Möglichkeit besteht, dass es sich bei im Spätherbst hier beobachteten Individuen um Nachkommen von im Frühjahr zugewanderten Faltern handelt. Hundertprozentig ausschließen kann man das jedenfalls nicht.

Viele Postillone habe ich in diesem Jahr also gesehen, doch keinen einzigen Gelbbrauen-Laubsänger und, das ist sogar noch viel abgefahrener, nicht eine Schwarzkopfmöwe! Das ist erstaunlich, denn in den zehn Jahren davor hatte ich beide Arten alljährlich, die Schwarzkopfmöwe sogar gar nicht selten hier feststellen können. 

Die für mich letzte Rauchschwalbe des Jahres begegnete mir am 31. Oktober an der Wasserkante bei Manslagt, und sie zog zügig nach Süd:





likely the last Barn Swallow on 31 October at Manslagt migrating South

Eine noch spätere sah ich am 10. November am Rande des Layhörn!

Irgendwann im November fotografierte ich den Mond über Kloster Appingen, mit hübschen lila Wolken als Beifang:



the moon

Der nahm gerade zu, so wie auch ich es in jedem Winter zu tun pflege, weil es mir immer so schwerfällt, Christstollen und Spekulatius und all die anderen süßen Versuchungen zu ignorieren, wenn ich im LIDL bin, um mir die Zutaten für zwanzig Pizzen zu kaufen. 

Wahrscheinlich werde ich eines Tages an einem Spekulatiusschock sterben. 

Ostfrieslands einziger echter Elch treibt seit Jahren mitten in Greetsiel sein Unwesen:


the olny Moose in Ostfriesland

Gefertigt ist er sehr wahrscheinlich aus glasfaserverstärktem Kunststoff. 

In Lebensgröße!

Er steht auf einer Weide unweit des Hafens, und immer wieder versperren Wohnhäuser einem die Sicht auf ihn, sodass man immer wieder erschrickt, wenn er plötzlich wie aus dem Nichts auftaucht. Schon lange hatte ich ihn fotografieren wollen, doch erst vor wenigen Tagen dieses Unterfangen auch in die Tat umgesetzt. Man weiß ja nie, ob er sich eines Tages nicht doch noch aus dem Staub macht. 

Jetzt kann er das gerne tun, er ist für die Ewigkeit in einem Bild festgehalten worden.

Oh, eine adulte Zwergmöwe:


Little Gull always shows up after heavy storm, even in winter

Dieser hübsche Vogel hielt sich gleich mehrere Tage auf einem teilweise gefluteten Acker zwischen Visquard und Greetsiel auf. 

Am zweiten Tag kam er sogar noch deutlich näher heran: 



same, but one day later

Wenn es hier im Herbst und Winter aus westlichen Richtungen stürmt, dann kann man sich auf das Auftauchen dieser kleinsten heimischen Möwe wirklich verlassen. 

Man braucht dann nur den Deich entlangzufahren und wird fündig werden. Meistens bleiben solche "Sturmvögel" gleich mehrere Tage, so wie ja auch dieses adulte Individuum, doch dann verschwinden sie doch wieder. Über die Herkunft solcher Zwergmöwen weiß ich leider nichts. Ob sie auf der Nordsee überwintern oder vielleicht auf dem IJsselmeer?

Spaß mit Seemöven:


having fun with seagulls. Feeding the birds is prohibited everywhere at the German Northsea coast, but many people don't care at all. And I am one of those :-)

Hier war es der Mann, der die Möwen fütterte, während die Frau mit ihrem Handy fleißig Fotos schoss.

Und glücklicherweise kam diesmal kein Schwarzer Peter, der ihnen Vorwürfe machte. 

Lach- und Sturmmöwen bei Hochwasser im Watt:



seagulls and cormorants at high tide with the island of Norderney in da background

Und Kormorane sind auch zu sehen, wenn man sich bemüht und vielleicht eine Brille aufsetzt.  

Im Hintergrund ist darüber hinaus auch noch das Ostland von Norderney erkennbar.

J4JY:


J4JY with the beautiful island Juist in da background

Weit draußen im Watt und vor der malerischen Kulisse der Insel Juist. 

Das auffällige weiße Gebäude, das ein bisschen wie ein Schloss aussieht, ist das Kurmittelhaus, das wie ein markanter Monolith exakt in der Mitte der Insel thront und wirklich immer vom Festland aus zu sehen ist, wenn einem nicht gerade bescheuerter Nebel den Blick versperrt. Vor allem bei Sonne leuchtet es kilometerweit, und man kann es als Orientierungspunkt nutzen, wie man es sonst mit Baken und Leuchttürmen zu tun pflegt. 

Wenig später stand der Vogel nicht mehr ganz so weit von mir entfernt im Schlick:



J4JY

Und hier kam er ganz nah heran: 



very close and begging for Brötchen

Seht ihr den Code?

Könnt ihr ihn lesen?

Sehr gut, doch vielleicht wird es bald gar nicht mehr möglich sein, J4JY so einfach wie bisher zu identifizieren. 

Denn der Ring bröckelt. Es fehlt bereits ein gutes Stück von ihm und auf der einen Seite der Buchstabe J zu Beginn des Codes. Der Ring ist ja inzwischen schon zwölf Jahre alt, und der nahezu permanente Kontakt mit Salzwasser ist sicher nicht gut gewesen für seine Stabilität. 

Aber ich habe schon den Beringer über das Problem informiert und gleichzeit angeregt, dieser Lachmöwe im Brutgebiet einen neuen Ring zu verpassen, bevor dieser hier endgültig abfällt. 

Eine andere Lachmöwe fliegt am ganz frühen Morgen flach über den Strand hinweg:




another specimen

Und Einbein glänzte goldig im Gegenlicht:







Oneleg

Das folgende Bild zeigt eine klassische Lachmöwen-Geste, wie man sie oft beobachten kann, wenn zwei Individuen aufeinandertreffen:


typical gesture, but what does it mean?

Sie erinnert mich auch an eine bei ihren Eltern bettelnde junge Großmöwe, aber was diese Geste bei adulten Lachmöwen bedeutet, weiß ich nicht. Schließlich bin ich ja auch kein Möwologe.

Weitere Fotos von diesem sehr kooperativen Vogel: 






same

Vielleicht habt ihr euch darüber gewundert, dass ich weiter oben so ganz nebenbei erwähnt hatte, dass auf dem normalen Strand in Norddeich ein Hundeverbot gilt, während ich ja selbst volle Kanne gegen das Gesetz verstoße, indem ich die Möwen (und Rabenkrähen!) füttere.  

Die Hunde sind mir völlig egal, aber es ist mir aufgefallen, dass die Menschen hier mit zweierlei Maß messen. Möwenfütterer werden oft angesprochen und zurechtgewiesen – übrigens fast immer von Bürgern, die eigentlich überhaupt nichts zu melden haben –, während ich so etwas im Kontext mit den sich falsch verhaltenden Hundebesitzern noch nie beobachten konnte. 

Nicht ein einziges Mal!

Einbein tickt aus:


Oneleg again

Wegen der vielen Konkurrenten schon am frühen Morgen infarktgefährdet:






same

Mehrere tausend Möwen tummeln sich im Dunstkries von Norddeich, doch nur ganz wenige von ihnen lassen sich mit Brot ködern. 

Es ist wirklich eine verschwindend geringe Zahl. 

Die allermeisten Lachmöwen suchen ihre Nahrung ganz regelkonform im Watt. Und wenn das böse Wasser das Watt komplett bedeckt, dann ruhen sie an verschiedenen Orten beiderseits des Deiches. Dann nutzen sie die Zeit, die die Tide ihnen spendiert, für Gefiederpflege, ein Nickerchen und für Gespräche mit Artgenossen. 

Ein plötzlich auf dem Wasser auftauchender Kutter kann aber schnell für Unruhe unter den Vögeln sorgen:



following a fishing boat

Doch auch diese Form des Nahrungserwerbs wird sicher nicht von allen Lachmöwen praktiziert. 

So eine Art Fischkutter an Land ist übrigens der Traktor, der auf einem Acker einen Pflug hinter sich herzieht. Ganz viele Regenwürmer schreien dann "Licht aus!", wenn sie unfreiwillig und völlig überraschend nach oben befördert und dann von unzähligen Möwen einfach eingesammelt werden.

Das Leben kann grausam sein.

Es gibt aber auch echte Spezialisten unter den Lachmöwen, die sich was ganz Besonderes haben einfallen lassen:


this Black-headed Gull loves to chase and attack Turstones for food hence she spends the whole day among these shorebirds

Einer dieser Spezialisten hängt unweit des Hafenbeckens den ganzen Tag unter Steinwälzern ab.  

Diese Lachmöwe läuft mit den Limikolen zusammen über diverse Rasenflächen und behält jeden einzelnen Vogel genau im Auge. 

Sobald einer der Steinwälzer etwas erbeutet – in der Regel handelt es sich um Regenwürmer –, fliegt die Möwe auf und attackiert ihn. Manchmal kommt es zu längeren Verfolgungsflügen, wie auf dem Bild zu sehen, doch in den allermeisten Fällen fliegen die Steinwälzer bei Annäherung der Möwe ab und lassen den Regenwurm einfach liegen. Der endet dann im Möwenmagen. 

Und möglicherweise war es schon diese eine Möwe, bei der ich vergleichbares Verhalten am selben Ort im vergangenen Winter beobachtet hatte. 

Parasitierende Schmarotzerlachmöwen kann man aber auch auf Äckern und Weiden beobachten. Dort wird vor allem Goldregenpfeifern und Kiebitzen, die übrigens kaum kleiner als eine Lachmöwe sind, die Beute abgejagt.

Zurück zum Steinschmätzer, der mir gegenüber schließlich gar keine Scheu mehr zeigte:























what you see in front of the bird ist my own shadow. The sun had almost sunk behind the horizon

Dieses Bild war eines der letzten, die ich vom Vogel machen konnte. 

Denn obwohl ich flach wie eine Flunder auf dem Boden lag, warf ich bereits einen kilometerlangen Schatten, weil die Sonne sich nur einen Augenblick später von diesem Tag verabschiedete. 

Die folgenden Bilder entstanden davor und eigentlich sogar an zwei verschiedenen Tagen:



Northern Wheatear again

In der Vergangenheit war es oft so gewesen, dass angefütterte Steinschmätzer sich zwischen den Mahlzeiten zurückzogen, also wegflogen und sich in größerer Entfernung putzten oder dösten, um erst dann wieder vor der Kamera aufzutauchen, wenn der Hunger sie trieb. 

Dieser Vogel aber blieb selbst zwischen den Mahlzeiten einfach an Ort und Stelle stehen:



same

Und plötzlich tauchte ein Sperber auf:


Sparrow Hawk suddenly shwoed up

Der kam aber jetzt nicht so nah, dass man sich als Steinschmätzer vor ihm fürchten musste. 

Aber natürlich kann es trotzdem nie schaden, sich vorübergehend unsichtbar zu machen. 

Ist er auch wirklich weg?



watching the raptor passing by

Nach diesem Schrecken in der späten Nachmittagsstunde musste sich der Vogel erst einmal mächtig durchstrecken:




stretching

Und ab und zu unternahm er einen kleinen Ausflug ins Gras:



in da grass

Am vergangenen Donnerstag geschah dann das Unglaubliche: Der Steinschmätzer kam auf mich zugelaufen, hüpfte auf meinen Rucksack, der direkt neben meiner Isomatte im Gras lag, und fing dort an, sich ausgiebig zu putzen. 

Nur wenige Zentimter von mir entfernt!

Plausibel erklären kann ich das eigentlich nicht, denn für den Vogel gab es dort ja nichts zu holen. Er blieb aber gleich einige Minuten dort stehen. Vielleicht hat er sich dort nach dem Auftauchen des Sperbers einfach nur etwas sicherer gefühlt.

Man weiß es nicht.  

Es ging irgendwann aber auch wieder zurück zum Futterplatz:






same – the bird kept staying at this site for at least eight days, during the night between last Saturday and Sunday he must have departured

Am letzten Samstag habe ich den Steinschmätzer letztmalig gesehen. 

Insgesamt hat er also mindestens acht Tage an diesem vollgekackten Ort verbracht. 

Mit prall gefüllten Fettdepots wird er sich auf die Reise gemacht und inzwischen bestimmt auch schon Afrika erreicht haben. Als Steinschmätzer kann man unglaublich lange Strecken zurücklegen, und selbst die Populationen Alaskas verbringen den Winter auf dem angeblich schwarzen Kontinent. 

Ein letztes Bild vom Vogel im Gegenlicht des Abends: 


last image

Hier seht ihr die ganze Kacke auf der Straße, auf dem Deich seht ihr sie aber nicht, weil das Gras sie aufgrund der von mir gewählten niedrigen Perspektive gnädig verschleiert.  

Einbein:




Oneleg again

Immer mal wieder schüttelte diese Möwe Wasser hervor: 


same

Was es damit auf sich hatte, weiß ich aber nicht.

Atemschwaden aus dem tiefsten Inneren diverser Lachmöwen zogen am frühen Morgen über den Strand von Norddeich:





smoking Gull

Endlich Schluss mit dem Rumschreien:


finally ready

Es folgt ein anderer Steinschmätzer:

another Wheatear, seen in October 2017 few minutes before I spotted J4JY on da beach

Diesen Vogel habe ich am 17. Oktober 2017 zwischen Itzendorf und Norddeich fotografiert. 

In Itzendorf parke ich immer für lau, um dann von dort aus auf meinem Weg zum Strand zu Fuß die Wasserkante entlang zu gehen.  

Die beiden Bilder entstanden um 8:19 Uhr. 

Etwa anderthalb Stunden später entdeckte ich J4JY:



J4JY in October 2017

Das war meine allererste Begegnung mit dieser Lachmöwe.

Unglaubliche acht Jahre ist das jetzt schon wieder her!

Und was sagst du dazu:


Deichschaf

Ja, Kinners, ich habe mich am Ende dazu durchrngen können, mich bei den Deichschafen zu entschuldigen für mein bösartiges Verhalten. 

Und in ihrer Größe haben sie meine Entschuldigung auch angenommen. 

Diese Scheißviecher!

 

Es war einmal ...

... ein später Steinschmätzer: 


this has been the latest Wheatear of my life. I found the bird at the beginning of December 2017 close to the city of Norden

Eigentlich zeigt das Bild den spätesten Steinschmätzer meines Lebens! 

Gefunden habe ich ihn am ersten Dezembertag des Jahres 2017 am Fuße des Deichs zwischen Finkenheller und Mandepolder und somit etwa fünf bis sechs Kilometer östlich von Norddeich. 

Der Vogel stand oft auf einem dampfenden Teekhaufen herum, um sich bei Eiseskälte den Pöter zu wärmen: 



standing on a steaming pile of marine debris on a cold morning

Auch diesem Vogel half ich bereitwillig über die kalten Tage hinweg, indem ich ihm was zu essen anbot. 

Zum Dank für diese Geste der Nächstenliebe stellte er sich auch mal ganz fotogen auf mein Fernglas:


same

Einen oder zwei Tage später war der Steinschmätzer aber schon abgereist. 

Und einige Jahre später ist mein Fernglas gestorben. Das Fett war komplett raus (keine echte Innenfokussierung, nur eine vorgetäuschte!), das Innenleben deshalb irgendwie verkantet. Jedenfalls ging da nichts mehr, sodass ich mich nach einer Alternative umsehen musste.  

Ich kaufte mir ein neues Leica, das mir nach zweieinhalb Jahren aus der Hand aufs Laminat fiel und sich so das Rückgrat brach; darauf folgte ein Minox, das mir ebenfalls aus der Hand, diesmal aber auf Beton fiel und sich so das Genick brach; und auf das Minox folgte schließlich mein neues Zeiss, das noch lebt. 

Die Frage lautet: wie lange noch.

Dass ich nach diesem sehr, sehr späten Steinschmätzer noch einen Nonnensteinschätzer in Bensersiel fand, obwohl ich vor diesem sehr, sehr späten Steinschmätzer schon einen Nonnensteinschmätzer in Norddeich entdeckt hatte, ist eine andere Geschichte.