wilde perspektiven

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Sonntag, 2. Juni 2019

Badespaß mit Teichfröschen

Moin Kinners!

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ("Vaddertach") hatte ich den schlimmsten Albtraum meines Lebens.

Ich habe geträumt, dass AKK aus der Bundestagswahl 2021 als Siegerin hervorgegangen ist. Das Bild, wie ein strahlender Horst Seehofer ihr die güldene, mit vier Edelsteinen besetzte Krone auf das bieder frisierte Haupt presst, ließ mich im Schlaf erschaudern. 

Ich stand auf, eilte zum Fenster und wollte auf der Stelle Republikflucht begehen. Also öffnete ich es und stürzte mich in die Tiefe. Doch noch bevor mich die bereits grinsenden Waschbetonplatten in Empfang nehmen konnten, wachte ich schweißgebadet auf. 

Gott sei  Dank, nur ein Traum, dachte ich erleichtert. Doch so ganz sicher war ich mir jetzt auch wieder nicht. Also ging ich zum Postkasten meiner Vermieterin und lieh mir die Tageszeitung, um die Fakten zu überprüfen und nach einer entsprechenden Meldung zu fahnden. Und ich fand eine, die meine Befürchtungen bestätigen konnte: nur anders!  

Nicht etwa AKK hatte sich den Kanzlerjob unter den Nagel gerissen, nein, es war Andrea Nahles

Jetzt wachte ich wirklich auf. 

Klitschnass.

Wie in Zeitlupe öffnete ich die Augen, und da lag eine Tageszeitung auf meinem Tisch. Sofort stieg wieder Unsicherheit in mir auf. Ich blätterte die Gazette wie wild durch und fand schließlich ein aktuelles Bild von unserer echten und einzigen Kanzlerin. Auch das Datum der Zeitung verriet mir, dass ich das Unfassbare wirklich nur geträumt hatte. Ich meine, ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie glücklich ich war, als ich feststellte, dass Angie noch amtierte. Ich halte sie für das geringere Übel, an das ich mich doch auch in den letzten 14 Jahren gewöhnt habe.


Heute, ihr lieben Arschkrampen da draußen, gibt es eine wahre Bilderflut zu bestaunen:

yesterday I found a large population of Edible Frog within a gravel and sand pit at Münkeboe

Am Samstag, also gestern, war ich endlich mal wieder im Moor bei Münkeboe.

Es ist dasselbe Moor, das ich sonst von der anderen Seite, also von Tannenhausen aus, betrete und erkunde. In Münkeboe grenzt ein so genannter Kiesteich an das Moor an, und neben dem eigentlichen See gibt es dort zahlreiche flache Kleinstgewässer, in denen sich zurzeit unglaublich viele Teichfrösche tummeln. Ja, es waren gestern sogar so viele, dass ich auf der Stelle beschloss, sie am frühen Sonntagmorgen, also heute, zu fotografieren.

Um drei Uhr stand ich auf, um vier fuhr ich los, um Viertel vor fünf war ich vor Ort und bereits eine halbe Stunde später im Wasser.

Ich fühlte mich von Beginn an beobachtet:





tons of eyes were watching me

Heute Morgen war es zwölf Grad warm oder kalt.

Das Wasser war etwas wärmer, vielleicht so um die 16 Grad. Ich kann vorwegnehmen, dass ich eineinhalb Stunden mit den Fröschen geplanscht habe. Und das Wasser verlassen habe ich nur deshalb, weil die Sonne viel zu schnell viel zu grell schien.

Das allererste Bild des Tages war aber das folgende:

second picture of the day prior sunrise

Anfangs war es doch noch recht dunkel und ich musste mit ISO 800 vorliebnehmen, um Verschlusszeiten von einer Hundertstelsekunde zu erreichen.

Später dann konnte ich auf ISO 400 wechseln.

Ich muss mich selbst korrigieren: Das hier war das erste Foto an diesem Morgen:

the first one 

Jau, Kinners, herausgekommen sind die wohl schönsten Froschbilder, die die Welt jemals gesehen hat!

Ihr könnt das auch ruhig ins Gästebuch schreiben, ihr Spacken, also dass euch meine geilen Froschbilder für einen halben Tag oder so sprachlos gemacht haben und so weiter. Nein, ihr müsst euren Gefühlen freien Lauf lassen und ein fettes Lob hinterlassen, weil das quasi eure staatsbürgerliche Pflicht ist!

Ich diktiere: "Mensch Frank, wie schaffst du es bloß immer wieder, so unglaublich geile Bilder von so unglaublich vielen Tierarten zu machen und dann auch noch die passenden Texte, die so furchtbar informativ und gleichzeitig so lustig sind, zu verfassen.  Ich bin wirklich jedes Mal beeindruckt!"

Einfach kopieren und ins Gästebuch transportieren.


Er war heute der Platzhirsch:


the main actor of this post

Dieser Bulle zeigte mir gegenüber gar keine Scheu!

Er stand immer am selben Ort vor meiner Linse und wartete darauf, dass jemand in sein Revier eindrang.

Dann ging die Post ein bisschen ab, und der Eindringling bekam was auf die Mütze.

same

Knipsen kann man so etwas aber natürlich nicht, weil sich die glitschigen Biester viel zu schnell bewegen.


same

Wenn dieser Alphafrosch ausnahmsweise mal nicht vo rmeiner Linse stand, dann lugte er aber aus irgendeiner Richtung zu mir herüber:

same

Warun steige ich am ganz frühen Morgen ins kalte Wasser?

Weil nur am ganz frühen Morgen das Licht so schön und neutral ist, sodass man die Bilder fast nicht bearbeiten muss. In der Mittagssonne kommen die Farben dieser prächtigen Tiere nicht zur Geltung, und die Kontraste, vor allem zwischen den unzähligen Halmen und dem Hintergrund wären kaum mehr auszuhalten.

Ist mein persönlicher Geschmack!


same

Wohin ich auch blickte, da waren Augenpaare auf mich gerichtet.

Aber nur zu Beginn, denn die Frösche in meiner unmittelbaren Umgebung gewöhnten sich rasch an mich und meine Kamera, die ich immer knapp oberhalb der Wasseroberfläche ausgerichtet hatte. Das war nicht immer einfach, denn beim Manövrieren musste ich ja auch das Stativ immer wieder der unterscheidlichen Wassertiefe anpassen. Es war ein schmaler Grat. Und die Kamera wäre mir heute beinahe ertrunken, wenn ich nicht so eine gute Reaktion gezeigt hätte.

Dieses Kerlchen war besonders neugierig und kam immer wieder auf mich zugeschwommen:


second specimen

Es wollte sich mit meinem Objektiv paaren, doch mein Objektiv ist tote Materie und konnte so die erhaltene Liebe nicht zurückgeben.

Ein weiterer Kandidat:

another 

Können diese Augen lügen?

Oft waren sie das Einzige, was von den Fröschen zu sehen war. Und ich musste an die Alligatoren im Südosten der USA denken, weil die sich genauso verhielten und verhalten.

Huaaaah!

Hello again:

Guten Tach:

Moin:

Während ich da so im Wasser lag und die verwunschenen Prinzen ablichtete, sang ein Teichrohrsänger in meinem Rücken eine Endlosstrophe nach der anderen.

Die Rufe eines Kranich-Paares erklangen aus dem nicht weit entfernten Moor. Und um mich herum irgendwann auch mal die aus meiner Sicht so angenehmen Lautäußerungen der Teichfrösche.

Doch bevor es weitere Bilder gibt, nehme ich euch mit ins Moor, wo ich im Anschluss an das Fotoshooting am Teich eine längere Wanderung unternommen habe:



the very first (young) Wild Boar I've ever seen in this area

Schon vor einigen Wochen hatte ich dort zum ersten Mal überhaupt ein Wildschwein entdeckt.

Und weil es sich um ein Kind handelte, kann man davon ausgehen, dass es auch mindestens eine ausgewachsene Frau geben sollte, die zuvor und vielleicht hochschwanger in dieses Gebiet eingewandert war. Im Gegensatz zum Knyphauser Wald, wo man überall und vor allem entlang der Wege auf die Buddelspuren von Wildschweinen stößt, waren mir solche Hinweise im Moor und im angrenzenden Wald bisher nie aufgefallen.

Ein singendes Braunkehlchen:


singing Whinchat – this species has declined the previous decades in both Ostfriesland and the whole country caused by heavy loss of habitat. Now it is classified as endangered

Diese während der Zugzeiten nach wie vor häufige Art steht als Brutvogel kurz vor dem Aus in Ostfriesland!

Dieser Trend lässt sich ganz zwanglos auf die ganze Republik sowie auf zahlreiche andere Staaten wie etwa Frankreich, die Niederlande, Irland, Großbritannien und so weiter übertragen. Hauptgrund für den starken Rückgang der Bestände sind die intensive Landwirtschaft und der Drang der Menschen, jeden Quadratmeter zu kultivieren. Das Braunkehlchen ist aber ein Ödlandbewohner, der mit unserem Ordnungswahn rein gar nicht anzufangen weiß (vgl. Rauchschwallbe im letzten Bericht).

Das hier gezeigte Männchen ist also eines der letzten seiner Art im platten Nordwesten!

Unweit des Sängers stand plötzlich ein Reh mitten auf dem Weg und aß Gräser und Wildkräuter:


Roe Deer with offspring (two kids)

Es dauerte eine Ewigkeit, bis mich die Rehmama überhaupt bemerkte.

Die ersten Aufnahmen hatte ich nämlcih bereits aus viel größerer Entfernung gemacht. Ich ging einfach immer weiter, wenn das Tier den Kopf zwecks Nahrungsaufnahme gesenkt hatte und mich nicht sehen konnte.

Rehe sind eben beileibe keine Kraniche. Die sehen mich immer, lange bevor ich sie entdecke. Da kann die Distanz nicht groß genug sein. Selbst wenn man sich hinter Deckung befindet, einem Kranich entgeht absolut nichts. Ich glaube ja, dieser riesige Vogel hat so etwas wie einen Röntgenblick.

Beim Reh ist das anders.

Manchmal denke ich, es ist taub und blind zugleich. Und so glotzte dieses Tier eine halbe Ewigkeit in meine Richtung – um dann doch weiterzuäsen!


Dass es sich um eine Mutter mit ihrem Nachwuchs handelte, sah ich nicht sofort.

Das Kleine war eben noch sehr klein und wurde von den hohen Halmen des Pfeifengrases immer wieder komplett verschluckt.

Und erst einige Minuten später bemerkte ich ein zweites Kind, das sich noch seltener blicken ließ.

Auf dem folgenden Bild kann man es gerade mal erahnen:


Und?

Könnt ihr es sehen?

Ha ha, das war nur ein Scherz!

Jetzt aber tauchte es wie aus dem Nichts auf:

oh, a second child!

Zurzeit kann man an Schwarzerlen und Moorbirken unzählige braune Wundertüten entdecken:


Deporaus betulae did this

Es ist der Schwarze Birkenblattroller, der diese Kunstwerke an die Bäume zaubert.

Die Käferin rollt Blätter auf, um dann darin ihre Eier abzulegen. Zurzeit sehen viele Birken und Erlen im Moor aus wie Christbäume, weil so viele Blätter von den Tieren umfunktioniert wurden.

Ein Wespenbussard nutzte die Thermik aus und kreiste am Himmel, ohne mit seinen Schwingen schlagen zu müssen:


Honey Buzzard

Ich kann das nicht!

Wenig später verschwand der Greifvogel im Wald südlich des Moores.

Darüber hinaus sah ich heute einen immaturen Seeadler, also eine fliegende Tür, die ein paar Krickenten aufscheuchte, und einen Wanderfalken, der mit Beute in seinen Fängen in Richtung Aurich unterwegs war. Zu guter Letzt fand ich auch noch vier verschiedene Kreuzottern an vier verschiedenen Orten im Moor. Also jeweils eine pro Ort und so weiter. Darunter befand sich auch das für mich erste Weibchen dieses Jahres!

Der Teich, in dem die Frösche ihre Paaadie feiern, sieht im Moment so aus:

habitat of Edible Frog

Die Kiesgrube so:



gravel pit 

Und so:

same, but different aspect

Vor allem die nur schütter mit Vegetation bewachsenen Bereiche im Vordergrund sind der Lebensraum eines Flussregenpfeifer-Paares.

An einer Abbruchkante brüten im Moment Uferschwalben. Und auch der Eisvogel, von dem viele Menschen immer glauben, er sei so furchtbar selten, könnte dort seine Kinder aufgezogen haben, die ich heute, ich befand mich bereits auf dem Weg zurück zu meinem Wagen, in einer Grauweide am Ufer des Sees beim Rumblödeln beobachten konnte.

Zurück zu den Fröschen:


Lästige Samen der eben schon erwähnten Grauweide waren überall unterwegs.

In der Luft, auf dem Boden und auf dem Wasser. In jedem Spinnennetz verfingen sie sich, sodass diese überhaupt erst sichtbar wurden.

Und der modebewusste Frosch da oben trug einen dieser Samen als Kopfschmuck mit sich herum. An manchen Stellen sah es so aus, als hätte es geschneit. Alles weiß und so weiter.

Hier sieht man auch einige auf dem Wasser herumschwimmen:

Hier auch:

Und hier erst:

Hier aber kaum:


Ist doch auch egal:

Gegen Ende meines Aufenthaltes im Wasser ging dann der Lärm los:

Grünfrösche können sehr laut werden!

Ich liebe das.

Und ich erinnere mich sehr gerne zurück an einen Urlaub in Rumänien vor ganz vielen Jahren, wo die Rufe von baffzigtausend Fröschen zu einem einzigen und durchgehenden Ton verschmolzen. So etwas hatte ich nie zuvor erlebt. So etwas habe ich seit dieser Zeit auch nie wieder erleben dürfen. Vor allem Seefrösche und Laubfrösche waren tonangebend in all den Nächten, die wir dort verbrachten. Selbst die so charakteristisch meckernden Einzelrufe des Seefrosches waren nicht mehr aus der Masse herauszuhören! Das war unglaublich, zumal auch noch nachtaktive Vogelarten wie etwa der Triel ihren Beitrag zum Gesamtkunstwerk leisteten.

Ja, Kinners, das hat es auch mal in Deutschland gegeben!

Doch heute reichen schon die Rufe weniger Frosch-Individuen aus, um Menschen auf die Palme zu bringen. Immer wieder liest und hört man, dass Gartenteichbesitzer ihre Frösche einfangen und woanders wieder aussetzen müssen, weil der Nachbar ein Idiot ist und mit Naturgeräuschen nichts anzufangen weiß.

Schreiende Kinder?

Kein Problem.

Rasenmäher?

Völlig normal.

Sonntägliches Kirchenglockengebimmel?

Hat es doch immer schon gegeben.

Tiefer gelegter GTi?

Muss man mit klarkommen.

Dauerbellende Hunde?

Längst daran gewöhnt.

Aber Frösche?

Wofür sind die gut?

Ja, so ist das:


Noch sind Grünfrösche recht häufig bei uns.

Doch längst haben auch ihre Zahlen drastisch abgenommen. Und der Trend ist auch hier alles andere als positiv. Wie so viele andere Tierarten, das Braunkehlchen von weiter oben lässt freundlich grüßen, leiden auch Teichfrösche ganz speziell sowie alle Amphibien und Reptilien im Allgemeinen unter einer immer weiter um sich greifenden und radikalen Landnahme durch uns Menschen.

Erst vor ein paar Tagen las ich, dass Frankfurt aus allen Nähten platzt. Die Main-Metropole möchte einen neuen Stadtteil auf der grünen Wiese aus dem Boden stampfen. Für sage und schreibe 30.000 Einwohner. In einer ohnehin schon sehr dicht besiedelten Region der Republik wie dem Rhein-Main-Gebiet wäre eigentlich jeder unbebaute Quadratmeter von unschätzbarem Wert, aber wir Menschen und unsere wichtigen Projekte gehen halt immer vor.

Wenn es so weitergeht – und im Augenblick gibt es absolut nichts, was dagegen spricht –, dann gibt es eines Tages keine verwunschenen Prinzen mehr. Das stimmt mich sehr traurig, macht mich aber vor allem wütend.

Ey, was glotzt du?


Sorry, aber ich bin raus:

Als ich irgendwann fertig war, stellte ich Stativ samt Kamera erst einmal an den Rand des Teiches, um mich in Ruhe anzukleiden.

Plötzlich bemerkte ich, dass die Frontlinse meines Objektives beschlagen war. Das ist so ungewöhnlich nicht und passiert oft dann, wenn sich das Teil im Laufe des Vormittags mächtig abgekühlt hat und dann plötzlich die wärmende Sonne scheint.

Keine Gefahr, so dachte ich, doch als ich genauer hinsah, stellte ich fest, dass sich die Feuchtigkeit im Innern der Linse befand! Da musste wohl doch ein bisschen Wasser eingedrungen sein. Ich legte das Objektiv auf das Armaturenbrett meines Autos, wo es in Ruhe trocknen konnte. Und weil es sehr heiß war an diesem Ort, befindet es sich längst wieder im Normalzustand.


Ganz aktuell: Andrea Nahles ist heute von ihren 500 Ämtern zurückgetreten!

Bleibt nur noch zu hoffen, dass AKK es ihr gleichtut.


Und übrigens: Ich wohne im Erdgeschoss. Und ich lese seit vielen Jahren grundsätzlich keine Tageszeitungen mehr.

Nur noch Wilde Perspektiven!