Montag, 6. Mai 2024

Eine ganz besondere Ringdrossel

Kinners, ihr glaubt nicht, was ich gesehen habe!

Etwas, das euch nie auffallen würde, weil euch ja grundsätzlich nie etwas auffällt.

Neulich befand ich mich auf dem Rysumer Nacken; ich saß ein weiteres Mal im Auto und wartete auf die Ankunft oder Rückkehr eines ganz besonderen Vogels, der ja heute auch den Hauptdarsteller dieses Beitrages mimen darf. 

Ich saß also im Auto, biss gerade herzhaft in ein leckeres Käsebrötchen, als eine Kuh meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Eigentlich stand sie einfach nur so da, aber plötzlich hob sie ihren Schwanz an – und kackte!

Und da fiel mir auf: Kühe haben immer Durchfall!

Wirklich immer.

Ihr ganzes, kurzes Leben lang. 

Das liegt bestimmt an ihrer einseitigen Ernährung. 

Vielleicht sollten sie mal Salzstangen statt Gras knabbern und die dann mit Cola runterspülen, so wie ich in meiner Kindheit, wenn ich mit "Magen-Darm" flach lag wie eine Scholle

Kohletabletten aus der Apotheke sollten auch hilfreich sein. Aber für so ein kopfstarkes Rudel benötigte man das Zeugs ja gleich palettenweise. 

Dass Kühe sich grundsätzlich falsch ernähren, war mir an diesem Tag aber auch wieder nicht neu. Vor einigen Jahren beobachtete ich eine Schwarzbunte im NSG Leyhörn, die auf ihrer Weide einer vom Winde verwehten Plastiktüte hinterherstakste. 

Langsam, aber zielstrebig. 

Nein, so dachte ich, was auch immer du vorhast, es ist keine gute Idee. 

"Tu das nicht!" rief ich schließlich.  




Where are the mealworms, cutie?

"Bitte tu es nicht!"

Eigentlich mangelte es mir in diesem Augenblick an der entsprechenden Vorstellungskraft; also ich hielt es im Grunde für ausgeschlossen, dass das, was ich dachte, also das, was mich zu meinem warnenden Ausruf animiert hatte, tatsächlich passieren konnte. Doch es passierte. Die Kuh hatte die immer mal wieder abhebende Tüte irgendwann eingeholt und begann nun damit, sie genüsslich aufzuessen!

Das ist kein Scherz, Kinners!

Diese Kuh hat tatsächlich vor meinen Augen eine Plastiktüte verspeist. Inwiefern sich diese kuriose Mahlzeit auf ihr künftiges Leben ausgewirkt hat, weiß ich allerdings bis heute nicht. Nur einen Tag später wusste ich nicht einmal mehr, welche Kuh die Plastiktüte verschlungen hatte, denn alle Herdenmitglieder sahen, bis auf eine braune Ausnahme, mehr oder weniger identisch aus. 

Egal.  

Morgenstimmung auf dem Rysumer Nacken nach einer kalten Nacht:






early morning at the beginning of May after a cold night with much dew at so called Rysumer Nacken

Am 26. März 2024 stand diese männliche Trauerbachstelze auf einem großen Schild herum und blickte nachdenklich in die Ferne:


male Pied Wagtail (or hybrid) watching a male Mallard passing by

Es dürfte sich dabei um denselben Vogel handeln, der bereits ein Jahr zuvor im Dunstkreis des Restaurantes Strandlust sein Unwesen getrieben und am Ende auch gebrütet hat.

Ob erfolgreich oder nicht, kann ich leider nicht schreiben.

Und auch in diesem Jahr hat sich dieser Vogel mit einer weiblichen Bachstelze zusammengetan und ein Nest gebaut. 

Und zwar irgendwo im Innern des hölzernen Verschlages, den man auf dem folgenden Bild im Vordergrund erkennen kann:



where the Wagtails built their nest (wooden cabin, made for the trash containers, in the foreground)

Es handelt sich hier um den Aufbewahrungsort der Müllcontainer des Restaurantes. 

Darüber hinaus kann man auf dem Foto sehen, dass man vor einigen Wochen und noch vor Beginn der Brutzeit den seit ganz vielen Jahren die Nordwand des Gebäudes bedeckenden Efeu etwas zurechtgestutzt hat, um endlich wieder ungehinderten Zugang zu einigen Türen zu bekommen. 

In diesem Efeu brüten alljährlich mindestens zwanzig Dohlen-Paare!

Das Restaurant von der anderen Seite aus gesehen:


the other side of the restaurant

Vieles hat man dort neu gemacht.

Auch den Dielenboden, der hier vom Regen ganz nass war. Und nachdem man mit einem Hochdruckreiniger zunächst mühselig die ganzen Graffiti von der Wand entfernt hatte, sind diese knuffigen Zweisitzer aufgestellt worden, drei oder vier an der Zahl. Zwischen diesen rot-weißen Teilen steht jetzt jeweils ein eingetopfter Olivenbaum, der vielleicht mediterranes Flair verströmen soll am Ufer der rauhen Emsmündung.  

Querstreifen machen übrigens dick. 

Es gibt auch viele Stühle und einige Strandkörbe für die Gäste zu erobern:




habitat of Pied Wagtail in 2023 and 2024

Und wenn man vielleicht als Vogelgucker dort verweilt und ein leckeres Eis schleckt, dann kann es passieren, dass man gleichzeitig zum Fernglas greifen muss, weil da plötzlich eben die oben gezeigte Trauerbachstelze zwischen den Tischen herumstolziert.

Bei zuviel Trubel unterlässt sie das aber, zieht dann eher den Parkplatz vor oder den kleinen Strand vorm Restaurant, den das nächste Bild stolz präsentiert: 



this tiny beach is also the habitat of Pied Wagtail 

Links im Bild die Pseudo-Seebrücke (echte Seebrücken gibt es in MV), im Hintergrund die Niederlande. 

Hier versuchte sich der Bachstelzen-Mann mal als Parkplatz-Einweiser (unscharf im Hintergrund das Gassco-Verwaltungsgebäude):




an Englishman in Emden

Und hier hatte der Vogel kurz zuvor einige Schrauben am Unterbau eines auswärtigen Wagens gelöst sowie mit einer kleinen Schere den Bremsschlauch durchtrennt:  



underneath a vehicle, where the bird only seconds before had cut the brake hose

Sabotage!

Er lief einfach weg und tat gerade so, als sei nichts gewesen. Dumdidum und so weiter, ihr wisst, was ich meine.

Auch hier gilt: falsch gedacht.

Ich meine, ich habe alles gesehen, denn ich stand gerade im richtigen Augenblick mit meiner geilen Kamera am richtigen Ort, um alles in Bildern festzuhalten. Und die Bachstlze hat gesehen, dass ich alles gesehen habe.

Petzen werde ich aber nicht, das Auto hatte nämlich einen AfD-Aufkleber auf der Heckscheibe.

Nahrungssuche am Strand:


foraging on the beach

Und auf dem Rasen direkt vor dem Restaurant:


same bird

Wirklich schöne Bilder sehen anders aus, aber andere habe ich leider nicht. 

Da die Bachstelzen bereits vor Wochen mit dem Nestbau begonnen hatten, bis heute aber nicht füttern, gehe ich davon aus, dass da ein Restaurantmitarbeiter den falschen Müllcontainer zur falschen Zeit an die Straße gestellt hat. 

Das Weibchen sieht übrigens so aus:


his wife

Attacke, wer versteckt sich auf diesem Suchbild erster Güteklasse?


who is hiding here perfectly camouflaged on the ground? 

Ein Ziegenmelker?  

Eine sich an den Boden drückende Waldschnepfe?

Oder etwa ein Käsebrötchen?

Auflösung folgt später.

Jetzt nehme ich euch mal mit auf die andere Seite des Gassco-Geländes, wo es etwas ruhiger ist, weil es dort weder einen Strand noch ein Restaurant gibt. 

Dort, in einem Feldgehölz, brüteten ja die schon im letzten Bericht gezeigten Misteldrosseln. Doch auch in ihrem Fall ging die Brut dem Anschein nach daneben, denn von einem auf den anderen Tag wurde nicht mehr gefüttert. Und einen weiteren Tag später kontrollierte ich das Nest, und das Nest war leer. 

Der Eichelhäher schaut ab und zu im Gehölz vorbei, doch dieser bunte Vogel, den so viele Menschen nicht mögen, obwohl man ihn eigentlich nicht nicht mögen kann, wird kaum das Nest der Drosseln geplündert haben. Gegen den können sich Misteldrosseln ganz bestimmt zur Wehr setzen, ist er doch kaum größer als diese und meistens allein unterwegs, also in Unterzahl. Ich vermute also eher einen nächtlichen Besucher, vielleicht einen Steimarder, denn der läuft mir seit Jahren immer wieder in dieser Ecke vor die Wildkamera. 

Während ich also die Misteldrosseln auf dem angrenzenden Acker fotografierte, hörte ich einen mir unbekannten Gesang, der aus dem benachbarten Gehölz bis zu meinen Ohren vordrang. Ganz dünn und nahezu unauffällig. Da mir einige brauchbare Aufnahmen gelangen, obwohl ich den Urheber nicht entdecken konnte, und ich diese auf Ornitho hochlud, gingen schnell Lösungsvorschläge anderer Vogelgucker bei mir ein. 

Und es hatte sich gar nicht um einen eigenständigen Gesang irgendeines Vogels gehandelt, wie ich vermutet hatte, sondern um ständig in jeder Strophe wiederkehrende Elemente aus dem Gesang eines verfickten Zaunkönigs

Später, nach dem Auflösen des Rätsels, hörte ich sie überall. Und ich muss heute noch lachen, weil ich sie dem Anschein nach die ersten 56 Jahre meines Lebens überhört haben musste. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch noch, dass es ausgerechnet diese dünnen Elemente waren, die auf dem von Ornitho automatisch erstellten Sonagramm besonders deutlich hervortraten, quasi wie im Fettdruck.

Quintessenz: Ich erleide ganz gewiss nicht das Schicksal Ludwig van Beethovens, denn genau das Gegenteil ist der Fall: Ich höre Dinge, die entweder gar nicht da sind oder irgendwie anders, als ich sie wahrnehme.

Und ich hörte am 13. April eine Nachtigall, die sich im längst dicht belaubten Gehölz geschickt meinen Blicken entzog. Weil genau dort eine vegetationsfreie Fläche an die Hecke angrenzte, streute ich rasch eine Handvoll Mehlwürmer auf den Boden, stellte meine Wildkamera auf und fuhr dann nach Hause. 

Kinners, wäre ich doch bloß geblieben! 

Nur eine halbe Stunde, nachdem ich weggegangen und auch weggefahren war, tauchte die Nachtigall nämlich am Futterplatz auf. Meine Wildkamera hat alles fotografiert. Der heimliche Vogel suchte diesen Ort bis weit nach Sonnenuntergang immer wieder auf, während ich längst zu Hause war und ein Video über den wütenden Klaus Kinsky schaute. 

In Dauerschleife. 

All das bekam ich natürlich erst am folgenden Morgen mit, als ich mir die vielen Fotos ansah. Und obwohl ich auf der Stelle mein Tarnzelt errichtete und mich auf die Lauer legte, war da nichts mehr zu machen. 

Die Nachtigall musste mit Einbruch der Nacht abgezogen sein. 

Mit prall gefülltem Bauch. 

Ein Belegbild des Vogels:



caught on camera, a Nightingale, which is a very rare breeder here in Ostfriesland apart from the islands. This bird showed up only on one day

Meine Wildkamera kann alles, nur nicht scharf. 

Hätte ich nur zwanzig Euro mehr eingesetzt, könnte ich häufiger Bilder von ihr in diesem Blog zeigen. Doch so, wie die ausschauen, soll es besser bei Ausnahmen bleiben. Seinen Zweck erfüllt das Biest aber trotzdem. Mir geht es nämlich vor allem darum, über jeden einzelnen Gast meiner Futterstellen im Outback genauestens informiert zu werden. 

Meine Fresse, wäre ich doch in diesem Fall vor Ort geblieben. 

Aber ich hatte mich auf den Weg gemacht, weil ich niemals erwartet hätte, dass der blöde Vogel so schnell am Futterplatz auftauchen würde. Und natürlich hegte ich auch die Hoffnung, er würde länger auf dem Rysumer Nacken bleiben und mir wenigstens am Folgetag oder später die Chance einräumen, ihn zu fotografieren.

Falsch gedacht. 

Die Nachtigall ist in Ostfriesland abseits der Inseln ein sehr seltener Brutvogel. Auf dem Rysumer Nacken höre ich sie zwar nahezu alljährlich, doch in all diesen Fällen der vergangenen Jahre hat es sich ausnahmslos um singende Durchzügler gehandelt, die ein bis drei Tage im Gebiet gerastet haben, wie es zum Beispiel auch der Pirol stets zu tun pflegt. Umso mehr hätte ich mich gefreut, wären mir richtige Fotos von diesem Gastvogel gelungen. 

Trotzig fütterte ich einfach weiter, und es mag unglaublich klingen, aber nur einen Tag später ging mir eine weibliche Ringdrossel in die Falle! 

Und die blieb gleich mindestens elf Tage:


this female Ring Ouzel I lured in front of my camera with the support of my mealworm army

So ein süßer Vogel:











same bird

Der Nachtigall habe ich letztendlich all diese geilen Aufnahmen zu verdanken. 

Danke!

Und der Hohlbunke, die da im wahrsten Wortsinn gleich eine ganze Scheibe des Gehölzes weggeflext hat, wie man es sonst vielleicht mit einem Laib Brot macht. Also man hat das Gehölz über seine gesamte Länge beschnitten. Also schmaler gemacht, wenn ihr versteht, was ich meine. Und zwar gleich um fünf bis sieben Meter! 

Und erst durch diese brutale Aktion, die den angrenzenden Acker breiter gemacht hat und dem Bauern mehr Ertrag verspricht, sind überhaupt erst vegetationsfreie Stellen enststanden, die ich für meinen Mehlwurm-Köder nutzen konnte. Vorher wäre da nichts möglich gewesen, ich meine, es hätte kaum einen Sinn gehabt, ganze Mehlwurm-Ladungen ins dichte Gestrüpp zu schmeißen. Okay, für die Vögel wahrscheinlich schon.

Danke also auch dir, lieber Bauer.

Ich fotografierte diese Ringdrossel an mehreren Tagen. Und während ich auf meiner Isomatte lag, erklang über mir plötzlich der Ruf einer der beiden Misteldrosseln! Und nur wenige Sekunden später stand der Vogel vor mir auf dem Boden.

So:



Mistle Thrush at the same spot

Ich konnte es nicht fassen!

Es war das Männchen (siehe letzten Bericht), das dem Anschein nach scharf kombiniert haben musste. Denn während das Weibchen nach wie vor und immer mal wieder den alten Futterplatz auf dem Acker ansteuerte und überprüfte, wo es längst nichts mehr für es zu holen gab, musste der Kerl mein Tarnversteck mit einer leichten Erreichbarkeit von Futter in Verbindung gebracht haben. 

Wo auch immer dieses seltsame Teil steht, da gibt 's was für lau, so sein Gedanke.

Ich war beeindruckt, weil ich diese rasche Auffassungsgabe überhaupt nicht erwartet hatte, jedenfalls nicht von einer Misteldrossel, wenn ich ehrlich sein soll. Fortan tauchte der Vogel immer wieder auf, denn zu diesem Zeitpunkt lebten die Kinder ja noch, und diese Kinder wollten versorgt werden. 

Weitere Bilder:





same bird

Und noch ein Foto:


same

Und dann geschah das:


with loads of crane flies for the children

Am 19. April stand der Vogel plötzlich vor mir mit einer ganzen Ladung Schnaken im Schnabel!

"Für mich?" fragte ich höflich.

Wisst ihr, was es heißt, wenn jemand Eulen nach Athen trägt? 

Daran musste ich denken, als ich das sah, was ihr jetzt auch sehen könnt. Wahrscheinlich hatte der Misteldrossel-Kerl zuvor auf dem angrenzenden Acker gejagt, nur um dann noch schnell zu meinem Futterplatz zu fliegen und dort ein paar Mehlwürmer einzusacken. Doch das klappte nicht. Nicht einen einzigen Mehlwurm konnte der Vogel noch aufnehmen, so voll war sein Schnabel bereits. 

In seinem Gebälk tat sich was, man konnte es für einen Augenblick förmlich sehen. 

Schließlich und nach kurzem Überlegen ließ die Misteldrossel alle Schnaken einfach fallen, aß sie auf, um dann auf der Stelle Käferlarven einzusammeln. 

Ich musste mich beömmeln, denn das war wirklich lustig. 

Das Weibchen hatte in der Zwischenzeit aber auch einen Geistesblitz bekommen.  

Denn wenn ich morgens am Tatort eintraf, dann wimmelte es auf der Straße fast immer von Regenwürmern:


Earthworm – food for Thrushes

Wäre ich eine Drossel, so dachte ich ein ums andere Mal, dann würde ich sie einfach einsammeln.  

Möwen machen das, vor allem Lach- und Sturmmöwen, allerdings nicht an diesem Ort, und auch Singdrosseln und Amseln hatte ich zuvor schon oft bei der Nahrungssuche auf Straßen beobachten können. 

Und nur einen Tag später auch die Misteldrosselin:





female Mistle Thrush looking for food on the road

Und wenn der Vogel dem Anschein nach auch meine Gedanken gelesen hat, gebracht hat es am Ende leider nichts, wie ich euch bereits weiter oben verraten habe. 

Dass es gleich neben dem Gehölz etwas umsonst gab, sprach sich in der Vogelwelt schnell herum:




male Common Redstart popped up at my feeder

Neben diesem männlichen Gartenrotschwanz tauchten da auch zwei Rotkehlchen, ein Blaukehlchen, eine weibliche Amsel, gleich fünf Buchfinken sowie eine Klappergrasmücke immer mal wieder auf.

Blaukehlchen und Amsel aber stets nur dann, wenn ich nicht da war. 

Jetzt hoffe ich eigentlich nur noch auf einen Kuckuck!

Eines der beiden Rotkehlchen: 



European Robin

Eine Buchfinkin an einem verregneten Tag bei starkem Wind: 



female Chaffinch looking for mealworms

Die Frisur hielt, dank Drei Wetter Taft,. 

Und nachts ließ sich zu meiner Überraschung auch er am Futterplatz blicken:


Raccoon Dog doing the same at night

Ein Marderhund.

Ein Schlingel mit feiner Nase! 

Mal wieder.

Auch die Ringdrossel fotografierte ich an jenem stürmischen Tag:




same female

Gleich x-mal wurde der Vogel vom steifen Nordwind aus der Bahn gepustet, aber nur einmal konnte ich das auch fotografieren. 

Im Anschluss blickte die Ringdrossel dann immer in jene Richtung, aus der der Wind blies, sehr wahrscheinlich, um sich zu vergewissern, ob sich da bereits weitere verfickte Böen auf den Weg gemacht hatten:


same

Doch es kehrte erst einmal wieder Ruhe ein:  








this bird kept staying at this locality at least for eleven days

Mindestens elf Tage blieb diese Ringdrossel also auf dem Rysumer Nacken. 

Vielleicht sogar länger, doch am frühen Morgen des 27. April fuhr ich für fünf Tage nach Hollage (Landkreis Osnabrück), ohne noch einmal nach dem Vogel zu sehen.

Und ich besuchte in meiner alten Heimat natürlich auch den Flugplatz Achmer. 

Was ich dort sah, stimmte mich glücklich:


after it had rained cats and dogs the whole winter and early spring, the water level at one of my favorite former birding areas has risen immensely. I had not seen this in this area for decades! I really was overwhelmed, and the beautiful Willow shown in this picture must have felt the same

Als eine Folge der immensen Regenfälle im vorausgegangenen Winter und Frühjahr war der Wasserpegel auf dem Flugplatz jetzt endlich wieder so hoch wie sehr wahrscheinlich seit Jahrzehnten nicht mehr!

Der Nordteil war mehr oder weniger eine einzige geflutete Fläche. 

Was für ein Anblick! 

Und so furchtbar viele Vögel sah ich dort. Höckerschwäbe brüteten bereits, Löffelenten schwammen auf dem flachen Wasser herum, Knäkenten, Krickenten, Schnatterenten, Reiherenten, Tafelenten, eine männliche Mandarinente und Blässrallen ebenso, aber es gab auch Limikolen wie Bruchwasserläufer, Flussuferläufer, Waldwasserläufer sowie Flussregenpfeifer zu sehen. Und eine einzelne Bekassine, die ich versehentlich aufscheuchte. 

Derselbe Baum wie oben, doch diesmal in Gesellschaft der erwähnten Reiher- und Tafelenten: 


same tree, different angle, Pochard and Tufted Duck

Am ganz frühen Morgen des folgenden Tages legte ich mich auf die Lauer, gereicht hat es am Ende aber nur für Kanadagänse:


Canada Goose

Blaue Stunde und so weiter.

Ein weiteres Stimmungsbild für euch:


water is so important for wildlife

Der Weg zum Tarnzelt war schon der Hammer, denn schon bevor ich dort ankam, sangen um mich herum etliche Kreuzkröten.  

Ein Traum!

Doch es gab auch Unschönes zu sehen, hat man doch die Steppenfläche im Osten des Flugplatzes, die an den Bahndamm angrenzt, inzwischen eingezäunt, geradezu hermetisch abgeriegelt. Und es handelt sich um Zäune, die unter Strom stehen. Betreten habe ich diesen Bereich natürlich trotzdem, auch wenn ich mich auf meiner Wanderung über den Flugplatz ein ums andere Mal und wie zu finstersten Bundeswehrzeiten in niedrigster Gangart auf dem Boden bewegen musste, um keinen gewischt zu kriegen. 

Rüberspringen ging leider nicht mehr, das Alter und so weiter. 

Galloways sollen dort künftig weiden und die Flächen von übermäßigem Bewuchs freihalten. Das hat mir jemand berichtet, den ich das letzte Mal vor über 30 Jahren gesehen hatte und der mir jetzt am frühen Morgen rein zufällig in der Nähe der Feuerlöschteiche über den Weg gelaufen ist (Grüße gehen raus!). Der zuständige Förster hatte mir nur zwei Jahre zuvor noch von Koniks und Ziegen berichtet, wenn ich mich richtig erinnere. 

Mal schauen, was oder wer da kommt.

Und vor allem mal schauen, ob das reichen wird. Offene Sandstellen, wie sie in früheren Zeiten von den Panzern der in Osnabrück stationierten Briten immer wieder geschaffen wurden, wird es künftig jedenfalls wohl kaum mehr geben. 

Falls ihr mehr über dieses nach wie vor sehr interessante Gebiet und seine Geschichte erfahren möchtet, in diesem Blog gibt es bereits drei Berichte darüber: klick.

Und klick

Und nochmal klick!

Immerhin sah ich dort meinen ersten Großen Fuchs im Landkreis Osnabrück:


my first Large Tortoiseshell in Osnabrück county

Mächtig abgeflogen war er, eine Überraschung aber keineswegs. 

Dieser hübsche Falter hat sich nämlich in den letzten Jahren in ganz Deutschland wieder rasant ausgebreitet, nachdem er schon vor Jahrzehnten weite Teile der Republik geräumt hatte, übrigens aus Gründen, die unbekannt bleiben dürften. Doch vielleicht spielen auch in diesem Fall die inzwischen gestiegenen Durchschnittstemperaturen eine gewichtige Rolle.

Nachweise in Ostfriesland sind auch keine große Seltenheit mehr, auch wenn  ich selbst bislang nur ein einzelnes Indivduum gesehen habe.  

Auf dem Rysumer Nacken. 

Zu guter Letzt gibt es jetzt noch schnell ein Bild von einer blühenden Ölweide unbekannter Artzugehörigkeit: 


Silverberry spec. 

Es handelt sich hier definitiv nicht um dieselbe Art wie auf dem Rysumer Nacken, dass das mal klar ist. 

Ich besuchte natürlich auch den Sundermannsee (offiziell Niedringhaussee) zwischen Halen, Wersen und Westerkappeln. 

Und auch dort wurde ich reichlich enttäuscht. Der einstige Baggersee mit seinen malerischen Sandstränden ist inzwischen komplett der Sukzession zum Opfer gefallen – wirklich das gesamte Ufer war zugewachsen von Weiden und so weiter – und leider auch zu einem Naherholungsgebiet vor allem für Jogger und Hundebesitzer mutiert. Früher, als ich noch in Hollage und Bramsche wohnte, gab es am Sundermann (so nannten wir ihn immer kurz und knapp) nur Remmidemmi, wenn es im Sommer heiß war und der illegale Badebetrieb das Zepter schwang. 

Mit meiner damaligen Freundin bin ich auch jeden Tag im Wasser gewesen, wenn ich ehrlich sein soll, aber ohne laute Musik, Grillwurst und Bier, und wir haben uns immer nur jene Strandabschnitte ausgesucht, wo keine Flussregenpfeifer brüteten. Aber das geht natürlich nur, wenn man den Flussregenpfeifer überhaupt kennt und wahrnimmt. 

Den hier fand ich am See in größerer Zahl:




Large Bee-fly is the Hawkmoth among all flies. This species has expanded its range within few years as far North as Northern part of Germany

Der Große Wollschweber ist quasi das Taubenschwänzchen unter den Fliegen.  

Wie der Falter schwebt er von Blüte zu Blüte, ohne sich auf ihnen niederzulassen. Okay, wenn es der Bau einer Blüte erforderlich macht, dann stellt er sich auch schon mal drauf. Vor allem bei Korbblütlern ist das der Fall.

Und der Große Wollschweber ist, wie der oben gezeigte Große Fuchs, ein Neubürger des Osnabrücker Landes, der sich als Klimawandelgünstling immer weiter nach Norden ausgebreitet hat in den letzten zwei Dezennien. 

Vor meinem Umzug nach Ostfriesland im Jahr 2009 hatte ich ihn in meiner alten Heimat nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, der Haarstrang sowie das Ruhrgebiet galten damals als die Nordgrenze seiner Verbreitung. Vor zehn Jahren sah das aber schon ganz anders aus. In einem kleinen Handsteinbruch im Gehn (Waldgebiet bei Bramsche) begegnete ich dem Großen Wollschweber bereits in beträchtlicher Zahl. Längst ist er an vielen geeigneten und wärmebegünstigten Orten rund um Osnabrück eine geläufige Erscheinung. Und entsprechend sah ich ihn jetzt auch wieder im Gehn, aber auch auf dem Flugplatz und eben am Sundermann. 

Diese Art ist die wohl possierlichste Fliege in unseren Breiten. Einfach knuffig und darüber hinaus auch noch von ihrer Biologe her so furchtbar interessant!

Aber das könnt ihr woanders nachlesen. 

"Nein!" rief die Aurorafalterin so laut, dass ich regelrecht zusammenzuckte:  




female and male Orangetip

Diese beiden hübschen Falter entdeckte ich ebenfalls am Sundermann.  

Eigentlich zunächst nur das Weibchen, das auf dem Blütenstand der Knoblauchrauke ruhte. Doch während ich durch den Sucher meiner geilen Kamera blickte, tauchte plötzlich ein Männchen auf, das sich offensichtlich auf Brautschau befand und zu allem bereit war. Geradezu wild geworden umflatterte es die Dame, doch die hatte keinen Bock auf Paarung. 

Und diese Paarungsunwilligkeit signalisierte sie auch dem Kerl, indem sie einfach ihr Abdomen anhob. Das Anheben des Hinterleibs ist ein untrügliches Zeichen unter vielen Schmetterlingen, und auch der männliche Aurorafalter verstand nach kurzer Zeit. Und so musste der arme Tropf mit den so hübschen orangefarbenen Flügelspitzen seine Suche nach einer Partnerin auf Zeit an einem anderen Ort fortsetzen. 

Auf meinem Rückweg nach Ostfriesland legte ich noch einen Stopp an der Thülsfelder Talsperre ein. Und dort schaute ich mir wieder eine Heidefläche unmittelbar westlich des in die Jahre gekommenen Stausees an. Wirklich Bemerkenswertes entdeckte ich dort aber nicht. 

Oder doch:



record shot of female Tanyptera atrata, never seen before (lifer!)

Da eilte diese Schwarze Kammschnake (auch Schwarze Holzschnake genannt) so unruhig durch die Gegend und immer um einen verrotteten Baumstumpf herum, dass mir nicht ein einziges wirklich scharfes Foto gelang.

Es war ein Weibchen, und dieses Weibchen legte genau in diesem Augenblick seine Eier ab. Es legte die Eier ab in Spalten des Baumstumpfes, aber auch in dessen unmittelbarer Nähe in den Boden.

Für mich war es die erste Schwarze Kammschnake meines Lebens:

laying eggs

Ein hübsches Tier mit prächtigen Farben und einem Glanz, der Kojaks Glatze vor Neid erblassen ließe. 

Diese Art kommt nirgends in hoher Dichte vor, weil sie auf Totholz angewiesen ist und Totholz in unseren erbärmlichen Wirtschaftsforsten Mangelware ist. Trotzdem kann ich ruhigen Gewissens schreiben, dass die Schwarze Kammschnake mehr oder weniger gleichmäßig über ganz Deutschland verbreitet ist, wie die Karte auf Naturgucker belegt. 

Am 19. April fotografierte ich diese männliche Eiderente vor dem Strand des Rysumer Nackens: 


Common Eider

Diesen Vogel hatte ich dort bereits eine Woche zuvor gesehen. 

Im Winter ist die Eiderente ein regulärer Gastvogel in geringer Anzahl an diesem Ort, doch im April sollte das eigentlich schon nicht mehr der Fall sein. Wenn sich also so ein Vogel wie dieser ganz allein an so einem ungewöhnlichen Ort wie dem Emsstrand aufhält, dann stimmt da was nicht. 

Das war mein Gedanke, obwohl die Eiderente sich ganz normal verhielt. Sie tauchte viel und aß fleißig, sie putzte sich und zeigte sich mir gegenüber nicht übermäßig scheu. Ich sah den Vogel auch weitere zwei ganze Wochen an diesem Ort nach Nahrung suchen, doch am vierten Mai lag er schließlich tot im Spülsaum. 

Traurig:




same

Behalten wir ihn also so in Erinnerung, wie er zu Lebzeiten war. 

Die Schwedische Mehlbeere treibt zurzeit überall aus und wird in Kürze blühen:


Swedish Whitebeam

Auf dem Bild sind die Knospen schon erkennbar. 

Zurück zur Ringdrossel:



same

Zweimal hat dieser Vogel jeweils einen Artgenossen mit zum Futterplatz geschleppt.

Einmal ein Männchen und an einem anderen Tag ein Weibchen. 

Leider geschah auch das während meiner Abwesenheit, doch meine Wildkamera hat alles sauber protokolliert. Beim Durchsehen der vielen Bilder, die sie an drei aufeinanderfolgenden Tagen gemacht hatte, fiel mir wirklich die Kinnlade runter. Ich meine,  das sah schon geil aus, wenn da gleich zwei Ringdrosseln zusammen auf einem Bild zu sehen waren. 

Besonders das Männchen hätte ich nur zu gerne fotografiert. Aber die Mehlwürmer waren "leergelaufen", und nur das "erfahrene" Weibchen wusste, dass es am kommenden Morgen wieder neue geben würde. 

Ey, was guckst du so scheel?


so cute

Wenn eine Ringdrossel bereits in einem bestimmten Gebiet anwesend ist und eine zweite über Nacht hinzukommt, dann finden sie einander, egal wie weitläufig ein solches Gebiet auch sein mag. 

Ich meine, es wimmelt auf dem Rysumer Nacken jetzt wirklich nicht gerade von Ringdrosseln, nicht einmal im April, der ja quasi der Hauptdurchzugsmonat dieser interessanten Art bei uns ist, und trotzdem bleiben diese wenigen Durchzügler selten allein. 

Das kann nur über Kontaktrufe funktionieren. Ich schätze mal, der ankommende Vogel gibt noch im Flug ein Statement ab und der sich schon am Boden befindende antwortet ihm. 

So oder so ähnlich muss es sein.  

Das folgende Bild habe ich mit einer fünfzigstel Sekunde geschossen:


while all the other images in this blogpost were taken on cloudy or even rainy days this photograph I've shot on a completely clear day, but before sunrise

Das nächste sogar nur mit einer vierzigstel Sekunde:




same conditions

Während alle anderen Bilder dieses Beitrages an bedeckten, oft sogar regnerischen Tagen entstanden waren, schoss ich diese letzten beiden an einem kristallklaren Morgen, allerdings schon vor Sonnenaufgang. 

Es war an diesem Tag sogar so furchtbar klar, dass die Sonne, kaum dass sie aufgegangen war, ein wirklich schrecklich grelles Licht Richtung Futterplatz schickte. Auf der Stelle packte ich meine Sachen zusammen und ließ die Ringdrossel Ringdrossel sein. 

Und das, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnte, dass nur einige Tage nach meiner Rückkehr aus Osnabrück ein zweites Weibchen in die Falle gehen sollte. Von diesem Vogel, der allerdings nur zwei Tage blieb, wird es einige Bilder im nächsten oder übernächsten Beitrag geben. 

Das sei an dieser Stelle schon mal verraten. 

Der Ort, an dem all das geschah. sieht so aus:



my Ring Ouzel hide on a rainy day

Ihr seht, auch an diesem Tag hat es Regen gegeben.

Viel Regen. 

Wie aus Eimern hat es immer wieder geschüttet:


Ring Ouzel in da heavy rain

Wenn man auf so einer Isomatte liegt, dann bildet sich natürlich eine Senke oder Mulde.

Ich meine, ich wiege schon etwas mehr als ein halbwüchsiger Silberreiher, und wenn dann ein heftiger Schauer niedergeht, dann sammelt sich genau dort das ganze Wasser. Während man also von unten bis auf die Haut nass wird, bekommt man zu allem Überfluss auch noch von oben reichlich Wasser geboten, das vor allem vom Dach des Versteckes auf den Rücken tropft. 

Bis auf die Haut nass bin ich in diesen Tagen übrigens nicht nur einmal geworden, das kann ich euch verklickern. 

Aber man schmeißt die Klamotten in die Waschmaschine, und alles wird schnell wieder gut und vor allem trocken. Der Aufwand hat sich auch diesmal ganz bestimmt gelohnt, und allein das Erlebnis, wieder einmal einer Ringdrossel ausgiebig aus nur vier Meter Entfernung bei ihrem Tun zuzusehen, war eine große Sache, die mir sehr viel Freude bereitet hat.

Punkt.

Die bereits fast ganz zu Beginn dieses Beitrages erwähnte braune Ausnahme lag irgendwann tot auf der Weide. Es war ein Sterben mit Ansage gewesen, denn das arme Tier war immer dünner geworden im Laufe von nur wenigen Wochen. Zuletzt hatte die pergamentene Haut das Skelett umspannt wie eine Zeltbahn das Gestänge. Es war ein trauriger Anblick, die einst so schöne Kuh so apathisch auf der Weide stehen zu sehen. Der Tod muss in ihrem Fall ganz bestimmt eine Erlösung gewesen sein.

Woran das Tier gestorben ist, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber vielleicht hatte es, wie die Schwarzbunte, auch ein wenig Plastik zu sich genommen. 

Doch das ist reine Spekulation. 

Nicht mehr, nicht weniger.

Zu guter Letzt: Ganz besonders war diese Ringdrossel für mich, weil ich sie über einen so langen Zeitraum ausgiebig in Augenschein nehmen konnte. 

Das kommt schließlich nicht so oft vor.

Das ist etwas Großes.