wilde perspektiven

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Sonntag, 29. Juli 2012

Kuckuck begegnet Feuerlibelle

Tach!

In der vergangenen Woche hatte ich leider fast keine Zeit zum Knipsen, aber am Freitagabend endlich nutzte ich die Gelegenheit, den jungen Kuckuck in Emden-Larrelt ein weiteres und gleichzeitig letztes Mal zu fotografieren, denn intuitiv wusste ich, dass er sich nicht mehr allzu lange dort aufhalten würde:



Im bereits sehr diesigen Abendlicht turnte er unmittelbar vor meinem Tarnzelt auf dem Boden herum:

Junge Kuckucke haben, wie man hier sehr schön erkennen kann, im Gegensatz zu "normalen" Altvögeln auch rotbraune Gefiederpartien, und immer wieder werden sie mit adulten Individuen der fuchsbraunen Morphe verwechselt:

Dieser Vogel hielt sich die ganze Zeit hauptsächlich am Boden auf, und das nicht nur am Freitag, um dort die Wildkräuter nach Beutetieren abzusuchen. Dabei handelt es sich um eine noch im Frühjahr geflutete, inzwischen aber längst trockengefallene Schlammfläche in Emden-Larrelt, unweit des Volkswagen-Werkes. Man mag es kaum glauben, aber vor nur zwei Monaten fotografierte ich dort noch Temminckstrandläufer:

Auch am Boden hing immer mal wieder ein Flügel durch, aber längst nicht so oft, wie wenn der Vogel auf einer Warte steht, denn dann würden sie ja auch schmutzig werden:


Während ich diese Bilder machte, lag auch ich auf dem Boden, und immer wieder krabbelten irgendwelche Gliedertiere über meine Beine, einmal sogar eine Bachstelze, aber wehren konnte ich mich nicht, denn eine einzige ruckartige Bewegung hätte den Kuckuck verscheucht. Das war Kitzelfolter!

Ein letztes Bild des Vogels:

Am Samstag war er leider verschwunden. Ich wünsche diesem Jungkuckuck auf seiner langen Reise nach Afrika alles erdenklich Gute, und vielleicht sehen wir uns im nächsten Jahr wieder.

Alljährlich um den 20. Juli herum kann man das im Bild festgehaltene, stets nur wenige Tage andauernde Ereignis bundesweit bestaunen, denn es handelt sich hier natürlich nicht einfach nur um einen Möwenschwarm, wie man sie hier an der Küste nahezu überall beobachten kann. Die Tiere fangen geschickt die künftigen und schwärmenden Königinnen diverser Ameisenarten (wohl hauptsächlich Lasius spec.). Am vergangenen Dienstag ging es los, und am Freitag war der Spuk bereits wieder Vergangenheit. 

Vor Jahren lag ich mal Ende Juli unter meinem Tarnnetz am Aadeteich auf der Helgoländer Düne. Im Fokus meiner Linse stand ein dösender Waldwasserläufer. Eine ganze Zeit lang geschah nichts Aufregendes, doch mit einem Mal wimmelte es um mich herum von diesen fetten, proteinreichen Königinnen, und auch der Waldwasserläufer erwachte ruckartig aus seiner Lethargie, wusste für einen Augenblick nicht, wohin er zuerst picken sollte. Der Vogel raste förmlich durch das Wasser, und nicht ein einziges scharfes Bild sollte mir gelingen ;-)

Im Moment die häufigste Libelle in den zahllosen Kleientnahmestellen hier um Emden, der Große Blaupfeil:




Dieses Männchen drückte sich, für diese Art ist das typisch, an der Wolfsburger Straße eng an den Boden, um möglichst viel Wärme aufzunehmen.

Ein weiteres klammerte sich an diverse Halme:

Am Samstagnachmittag mussten einige Blaupfeile allerdings das Zeitliche segnen, denn zwei Baumfalken machten Jagd auf sie. 

Die folgende Art expandiert zurzeit ihr Areal und ich hatte sie schon erwartet, denn bereits vor einigen Jahren konnte ich die Feuerlibelle im Landkreis Osnabrück und 2009 auch in Aurich-Pfalzdorf fotografieren:


Vor unglaublichen zwanzig Jahren sah ich mein erstes Exemplar dieser Art - an der Algarve in Portugal! Damals war nicht abzusehen, dass dieses schrill, geradezu fluoreszierend gefärbte Tier eines Tages auch die Bundesrepublik erobern würde, war es seinerzeit doch eines jener klassischen mediterranen Faunenelemente, auf die man bei uns im kühlen Norden schweren Herzens verzichten musste.

Ähnlich wie die Wespenspinne, allerdings mit einer zeitlichen Verzögerung, machte diese Libelle sich irgendwann auf, die Länder nördlich des Alpenkamms zu besuchen. Zwar gibt es inzwischen wohl auch Populationen, die sich in Deutschland erfolgreich vermehren; für Emden dürfte das aber (noch) nicht gelten. 

Diese Art ist eigentlich unverwechselbar. Selbst eine flüchtige Begegnung im Fluge hinterlässt einen besonderen und nachhaltigen Eindruck. Zwar gibt es in Deutschland einige rot gefärbte Segellibellen, doch keine kann mit einer derartigen Leuchtkraft aufwarten!

Die Bilder, aufgenommen am Mittwochabend in Emden-Larrelt, sind nicht so prickelnd, weil das Licht leider noch sehr grell war, doch hoffe ich auf eine zweite Chance in den kommenden Tagen.

Möglicherweise handelt es sich hier sogar um den ersten (belegten) Nachweis für Emden, doch mit Gewissheit kann ich das nicht schreiben.

Hier zum Vergleich mal wieder eine Frühe Heidelibelle, aufgenommen heute, ebenfalls an der Wolfsburger Straße:

Für diese Art sind u.a. die rot geäderten Flügel charakteristisch. Alle roten Heidelibellen haben im Vergleich mit der Feuerlibelle ein viel schlankeres Abdomen.

An bedeckten Tagen wärmen sich viele Großlibellenarten am Boden auf, und auch anderes "Getier" kann man dort antreffen, wie diese Bremse:



Möglicherweise zeigt das Bild Tabanus sudeticus, doch sicher bin ich mir nicht. Sicher ist nur, dass es sich um eine der großen Arten handelt, die hauptsächlich an Rindern, Pferden, dafür aber nur selten an Menschen saugen. Ich selber bin in meinem Leben vielleicht nur zehnmal von derartigen Tieren attackiert worden.

Ebenfalls auf unversiegelten Wegen sonnen sich zurzeit ganz frische Tagpfauenaugen:




Und auch der hübsche Admiral war anwesend:


Nicht auf dem Boden, stattdessen im Halmgewirr, findet man die Große Pechlibelle:

Und auch der Schwarzkolbige Braundickkopffalter bevorzugt höhere Etagen. Hier steht er auf einer Distelblüte:

Und dann am heutigen Abend die ganz große Überraschung, denn wie aus dem Nichts erschien doch tatsächlich wieder dieser Kuckuck an gewohntem Ort, diesmal allerdings ohne Sonne:

Hat tatsächlich was vom Ziegenmelker, oder? Ich denke, ich sollte ihn mal versuchsweise unter dieser Art im Club300 hochladen:


Mindestens eine halbe Stunde stand er einfach nur so da, bewegte lediglich ab und zu den Kopf:


Kuckuck und Feuerlibelle hielten sich zwar im selben Gebiet auf, nur etwa hundert Meter voneinander entfernt, doch ob sie einander auch wahrgenommen haben, ist leider nicht verbürgt...