Dienstag, 28. Mai 2013

Das Leben ist kein Zuckerschlecken!

Die Natur kann aus Sicht des Unbedarften wirklich grausam wirken. Sabine und Rolf Baum (Hinte) konnten das in der vergangenen Woche mit eigenen Augen sehen und sogar in Bildern festhalten. An der Kleientnahmestelle in Wybelsum, wo seit einigen Tagen die frisch geschlüpften Säbelschnäbler ihre teichige Umgebung erkunden, konnte eine Lachmöwe trotz heftiger Gegenwehr der Altvögel eines der noch unerfahrenen Küken erbeuten.

Hier versuchte einer der Säbelschnäbler noch, die Lachmöwe zu vertreiben





Black-headed Gull vs. Avocet (Fotos: Sabine Baum)

Doch am Ende zeigte sich diese eher unbeeindruckt und hartnäckig, was ihr schließlich den gewünschten Erfolg einbrachte:



Eine Bachstelze gab erst einmal alles, um aus der Gefahrenzone zu kommen.

Mahlzeit:

Und obwohl das Küken die Lachmöwe an deren Leistungsgrenze führte, gelang es ihr schließlich, den nur wenige Tage alten Säbelschnäbler in einem Stück zu verschlingen, nachdem sie ihn zuvor ertränkt hatte.

Ich selber habe bisher noch nie eine Lachmöwe gesehen, die eine so fette Beute machen konnte. Vor gefühlten tausend Jahren aber trug immerhin eine Sturmmöwe auf Baltrum ein Säbelschnäbler-Küken davon, um es dann zu verschlingen, doch sind Sturmmöwen bereits deutlich größer. Im Allgemeinen aber gelten sowohl Lach- als auch Sturmmöwe eher als "gutmütig", während zum Beispiel die gänsegroßen Silber- und Mantelmöwen bekannt dafür sind, ein beachtliches Spektrum an Vogelarten zu überwältigen und, wenn erforderlich, unzerteilt zu schlucken. 

Heute (28.05) war ich ebenfalls an dieser Kleientnahmestelle. Die Säbelschnäbler-Küken entfernten sich zum Teil bis zu zwanzig Meter von ihren Eltern, doch keine der anwesenden Lachmöwen (mindestens ein Paar brütet dort) zeigte Interesse. Und auch das dort nistende Heringsmöwen-Paar schenkte dem Küken keinen müden Blick.

Ebenfalls heute, am frühen Morgen, konnte ich dann ein ähnliches "Drama" in Bildern festhalten, doch zuvor verschleierte hartnäckiger Nebel den Blick in die Weite. 

Hier stand ich an einem Kanal am Großen Meer:

Fog on early morning

Im Vordergrund blüht Wiesenkerbel, der zurzeit die Straßenränder dominiert.

Eine Detailaufnahme:

Cow Parsley

Mal lag der Nebel unmittelbar auf den Wiesen, mal ein paar Meter darüber:

Bei zeitweilig etwas besserer Sicht genoss eine Uferschnepfe den Ausblick:

Black-tailed Godwit

Ich fuhr nach Bedekaspel, um mal an der Uferpromenade nach tollen Tieren Ausschau zu halten und fand diesen Graureiher, ...




Grey Heron
 
... der im Vorbeifliegen ein Graugans-Küken erbeutete! Das war nicht nur für mich so überraschend, dass ich es nicht im Bild festhalten konnte, nein, auch die Graugänse hatten kaum die Zeit, eine Reaktion zu zeigen.

Mit einigen gezielten Schnabelhieben blies der Reiher dem Küken das Lebenslicht aus, doch mit dem Hinunterschlingen wollte und wollte es einfach nicht klappen:


Da hatte sich der Vogel wohl etwas übernommen, wenngleich man immer wieder erstaunt darüber ist, welch große Beute ein Reiher hinunterzuschlingen imstande ist. Doch in diesem Fall war es wohl tatsächlich aussichtslos:

Und folgerichtig gab er dann auch auf, ließ das leblose Küken ins Wasser plumpsen (es schwimmt links neben dem Reiher):


Zwei Blaumeisen, die im Schilf nach Kleinstlebewesen suchten, waren wie ich Zaungäste:

Blue Tit

Diese Flussseeschwalbe aber war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um das Geschehen zu verfolgen:

Common Tern

So, und wer jetzt dazu neigt, sowohl Lachmöwe als auch Graureiher für dieses Verhalten zu verurteilen, dem sei gesagt, dass Salami und Schinkenwurst nicht auf Bäumen wachsen. Beide haben das getan, was ihnen Mutter Natur aufgetragen hat. Dass Tiere Tiere essen, ist so normal wie der heftige Blasendruck am frühen Morgen, unmittelbar nach dem Aufwachen. Und wer das nicht verstehen will, der sollte die Wohnung besser nie wieder verlassen, die Jalousien nicht hochziehen, sich statt dessen aufs geile Sofa setzen, um sich von dort aus mal ein paar Rosamunde-Pilcher-Gefühlsduseleistreifen reinzuziehen ;-)

Hier noch drei Bilder, von denen eines belegt, dass man auch als "König der Lüfte" nicht immer was zu lachen hat:

White-tailed Eagle

Und hier mal gleich zwei Seeadler zusammen am Ruheplatz (Suchbild):


In den vergangenen Wochen habe ich nicht so wirklich viel reißen können. Zum einen war das Wetter echt grottenschlecht, zum anderen ist der gesamte Westen Emdens, von Port Artur/Transvaal bis zum Rysumer Nacken, quasi der Sportplatz der einzigen "staatlich geprüften Naturschützer". Gemeint sind die Flintenökologen, die ich nur ungern um Erlaubnis bitten möchte. An der Wolfsburger Straße, wo ich im vergangenen Jahr noch so viele Bilder hatte machen können, steht jetzt endlich auch ein Hochsitz.

Zitat eines Lodenträgers, den ich dort traf: "Da ist ein Fuchsbau, und wir wollen hier keine Füchse."

"Warum nicht", frage ich neugierig.

"Wo Füchse sind, gibt es sonst nichts mehr!"

Das möchte ich so stehen lassen.

Oder möchtest du, du hübscher Bock, noch was dazu sagen?

Eurasian Roe Deer

"Nö, bringt eh nichts..."