Donnerstag, 24. Juli 2014

Über Wiesen und Weihen

Während die Rohrweihe in Emden und "umzu" eine geläufige Erscheinung ist, begegnet man der Wiesenweihe hierzulande nur an wenigen Orten.

Einer dieser Orte ist in diesem Jahr ein Gebiet östlich der Stadt.

Weihen ganz allgemein sind elegante und schnittige Greifvögel. Doch im direkten Vergleich mit der heute hier vorgestellten Wiesenweihe gleicht die robustere Rohrweihe fast schon einem plumpen Passagierflugzeug.

Will sagen: Obwohl alle Weihen im Vergleich mit etwa einem Mäusebussard schlank und elegant wirken, gibt es innerhalb der Gattung Circus noch beträchtliche Unterschiede:

adult male Montagu's Harrier

Die Wiesenweihe kann man, ähnlich wie die hauptsächlich asiatische Steppenweihe, bei flüchtigem Hinsehen sogar für eine kleinere Möwe halten.

Seinen eigentlichen Lebensraum, naturnahe Brachflächen wie ungedüngte Wiesen, Heiden und Moore, hat dieser hübsche Vogel bei uns größtenteils eingebüßt. Qualitativ gleichwertigen Ersatz gibt es kaum. Entsprechend punktuell ist die Wiesenweihe in der ganzen Republik nur noch verbreitet.

Das Vorkommen in Ostfriesland ist wohl in Zusammenhang mit einem weiteren auf der anderen Seite der Ems, also in den Niederlanden, zu sehen. Die Bestandszahlen hier im äußersten Nordwesten unserer Republik sind trotz jahrelanger Schutzmaßnahmen weiterhin rückläufig. Und es steht zu befürchten, dass Ostfriesland in den kommenden Jahren das Aussterben dieser attraktiven Greifvogel-Art wird betrauern müssen.



Zwischendurch ein kleines Rätsel.

Was wird das wohl mal werden (Auflösung später)?

mystery flower (answer at the end of this post)


Zwei Beispielbilder aus dem Lebensraum der Wiesenweihe irgendwo in Ostfriesland:

habitat of Montagu's Harrier

Und ein Foto, das ein Gerstefeld zeigt:



Wie alle Weihen ist auch die Wiesenweihe ein Bodenbrüter, der sein Nest in Ostfriesland vorzugsweise, aber keineswegs ausschließlich in Gerstefeldern anlegt.
 
Weihen jagen, im Gegensatz zum Beipiel zum Mäusebussard, fast ausschließlich aus einem niedrigen Suchflug heraus. Dabei patrouillieren sie in geringer Höhe über offenem Land. Für die Beutetiere sind die Vögel aufgrund der Bodenvegetation oft erst im allerletzten Moment zu erkennen. Diesen Überraschungseffekt nutzen Weihen aus, um in einem blitzschnellen Schwenk zuzuschlagen.

Offensichtlich rechnet sich diese Strategie, obwohl der energetische Aufwand deutlich höher sein dürfte als bei einem in aller Ruhe ansitzenden Bussard.


Die beiden folgenden Bilder illustrieren sehr schön, warum Weihen Weihen heißen:

Bild zwei:

Es sind die im Segelflug über der Horizontalen gehaltenen Schwingen, die an die ausgebreiteten Arme eines weihenden Pfaffen erinnern sollen. Leider kann ich das nicht bestätigen, liegt mein letzter Kirchgang doch schon tausend Jahre zurück ;-)

Hier segelte das Männchen über meinem Namen:

Und wieder auf einem Pfosten stehend:

Wirklich nahe kommt man an diese Vögel leider nicht heran, dafür sind sie zu scheu. Aber solche Landschaftsbilder mit Hauptdarsteller sind auch nicht zu verachten.

So sehen fliegende Wiesenweihen-Männchen von oben aus:

Oder so:

Und so eine klassische diesjährige, vielleicht in Ostfriesland erbrütete Wiesenweihe, die ich im vergangenen Herbst im Wybelsumer Polder fotografieren konnte:


Und hier wieder das alte Männchen, diesmal mit Beute:

Jetzt gibt es schnell die Auflösung zur Rätselblume von da oben und so weiter.

Es ist,...

...genau: die Schwanenblume:

Flowering Rush

Im Landkreis Osnabrück kannte ich sie nur von einem einzigen Ort nahe der Hase. Eigentlich soll sie im Einzugsgebiet dieses Flusses gar nicht so selten sein, was ich aber nicht bestätigen kann. "Tückisch" ist, dass diese Pflanze oft gar nicht blüht, sondern lediglich Blätter austreibt, sodass man sie im dichten Halm- und Blattgewirr der Ufervegetation leicht übersehen kann:


Den nun folgenden Froschbiss habe ich im Landkreis Osnabrück ebenfalls nur an einem einzigen Ort gesehen.

Und zwar im Gartenteich eines sympathischen Menschen aus der Nachbarschaft:

Common Frogbit

Die Individuen aus diesem Teich gingen aber auf einige wenige Vorfahren aus dem Emsland zurück, wie mir der Mensch seinerzeit versicherte, wo auch ich den Froschbiss in einigen Gewässern nahe der Ems ein ums andere Mal finden konnte.

Ob diese Schwimmpflanze mit den nierenförmigen Blättern auch hier in Ostfriesland häufig ist oder nicht, kann ich nicht verbindlich sagen, weil ich noch nie darauf geachtet habe. Dieser Fund gelang mir eher zufällig - an einem Graben im Jagdgebiet der Wiesenweihe.

Apropos Wiesenweihe: Bis auf eine Ausnahme zeigen alle Bilder in diesem Beitrag dasselbe Männchen. Auf einigen dieser Fotos kann man sogar erkennen, dass der Vogel am rechten Fuß einen roten Farbring trägt.

Anhand einer Ausschnittvergrößerung des folgenden Bildes ließ sich sogar die weiße Aufschrift entziffern:

Es ist eine 28!

Dieser Vogel ist am 28. Juni 2004 im Riepsterhammrich im Rahmen eines grenzübergreifenden niederländischen Beringungsprojektes als Nestling markiert worden. Der Beringungsort liegt nur wenige Kilometer vom heutigen Beobachtungsort entfernt. Entsprechend befindet sich dieser alte Wiesenweihenkerl bereits im elften Kalenderjahr.

Dazu meine herzlichsten Glückwünsche, Vogel!

Zuvor war dieses Männchen in all den Jahren nur ein einziges Mal abgelesen worden – und zwar am 26. Juni 2011 in der Krummhörn durch Reinhard Lodzig.

Für Hinweise zur Herkunft des Vogels geht mein Dank an Almut Schlaich (Werkgroep Grauwe Kiekendief/NL).