wilde perspektiven

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Samstag, 29. Oktober 2016

Winterzeit

Heute ist der Tag der Tage.

In der kommenden Nacht wird wieder einmal auf Winterzeit umgestellt werden. Das bedeutet, dass man am Nachmittag weniger Zeit fürs Beobachten hat. Und deshalb halte ich dieses ewige Hin und Her für entbehrlich.

Allerdings verschwände die aus meiner Sicht so schöne Sommerzeit, wenn man auf die Idee käme, den Urzustand wiederherzustellen. Und das wäre ganz bestimmt auch nicht in meinem Sinn.

Als Kuh, die jeden Tag zweimal gemolken wird, fragt man sich bestimmt, was diese ganze Kacke soll. Ich meine, man steht auf der Weide oder im Stall und fragt sich, wo der Bauer bleibt. 

Hat der verpennt? 

Keine Lust? 

Was soll das?

Mein Euter spannt schon mächtig und droht zu platzen! 


Schöne Aussichten:



overwhelming landscape at Rysumer Nacken with a colourful pile of bagged dog shit in the foreground

Es ist das alte Lied von der vermüllten Landschaft.

Ich hatte bereits mehrfach darüber berichtet, dass Hunde neuerdings dazu in der Lage sind, sich den Wünschen der Menschen anzupassen. Jeder, der schon mal über eine dieser stinkenden Tretminen gestolpert ist, weiß, was ich meine. Hunde sind klug und deshalb verteilen sie ihre Exkremente jetzt nur noch gasdicht verpackt in der Landschaft. Das Bild zeigt einen der Hauptablageplätze dieser Überraschungsbeutel. Finden kann man sie aber überall zwischen Restaurant und Strand. 


Wenn ich am Wochenende zum Rysumer Nacken fahre, dann stets vor Sonnenaufgang:





































hungry Jackdaws on early morning

Ich parke auf dem Parkplatz am Restaurant Strandlust und lasse die Seitenscheibe runter. Ein Teil der dort brütenden Dohlen und meist auch zwei Elstern sind sofort zur Stelle, weil sie wissen, dass Onkel Frank ihnen wieder einmal etwas mitgebracht hat.

Nur eine Kleinigkeit, ein halbes Brötchen ohne was drauf.

Ich habe mir die Mühe gemacht, dieses Bild auch noch zu beschriften, damit ihr es besser interpretieren könnt:

Obwohl die Sonne gerade erst aufgegangen war, warf die niedrige Rosenhecke zur Straße hin einen kilometerlangen Schatten, der bis ans andere Ende des Parkplatzes reichte.

Kühl war es an diesem Morgen. Zum ersten Mal in diesem Herbst wollte ich nicht ohne Handschuhe auskommen. Ohnehin hatten sie in meinem Auto übersommert, ähnlich wie der Eiskratzer, den ich auch schon einmal einsetzen musste.

Brrrrr...

In der Regel führt mein Weg dann an der Ems entlang zum Strand. Dort begegnete ich schon vor Wochen einigen Dunklen Wasserläufern, die in einer Gezeitenpfütze nach Nahrung suchten:

Spotted Redshank

Eine junge Lachmöwe präsentierte mir bereits am 8. Oktober ihren grünen Farbring, doch leider war der Vogel unglaublich scheu.

Meiner Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass ich am Ende wenigstens ein brauchbares Foto machen konnte, auf dem die Kombination aus drei Buchstaben und einer Zahl ablesbar war.

Das folgende ist es aber nicht:


young Black-headed Gull with colour ring. This bird had been ringed at Søndre Langåra near Oslo on 11th June 2016 

Diese Lachmöwe ist am 11. Juni 2016 als Küken auf Søndre Langåra beringt und jetzt also auch zum ersten Mal abgelesen worden. Beim Beringungsort handelt es sich um eine kleine Insel im Oslofjord in Norwegen. Nur einen Tag, nachdem ich die Meldung per E-Mail verschickt hatte, bekam ich schon die Antwort. Das ist vorbildlich! Für diese unglaublich schnelle Bearbeitung geht mein Dank an Morten Helberg aus Oslo. 

Wahrscheinlich ist der Vogel den unterseeischen Erdgasleitungen gefolgt und so in Emden gestrandet.


Ein hübscher Sanderling eilte heute den Spülsaum entlang:

this Sanderling was in a hurry

Zusammen mit fünf Kollegen pickte er alles auf, was es zu picken gab. Bitte beachtet auch den Heiligenschein des Vogels!

Für mich waren das die ersten Sanderlinge seit dem letzten Frühjahr. Wenn sie hier ankommen, ist der verfickte Winter nicht mehr weit. Mich überkommt dann immer die Schwermut, wenn das Wetter unbeständiger, die Temperaturen niedriger und die Tage kürzer werden. Aber spätestens ab Ende Dezember, wenn die Tage wieder länger werden, ist alles überstanden.


Ich verließ den Strand, weil es dort nichts mehr für mich zu holen gab.

Östlich des Gassco-Geländes scheuchte ich vesehentlich eine Bekassine auf, die an einer Pfütze mitten auf dem Weg eine Rast eingelegt hatte. Ich war in Gedanken und hatte den Vogel nicht gesehen. Na ja, Bekassinen sind aber auch wirklich gut getarnt, wenn sie irgendwo herumstehen und sich nicht bewegen. Äääätsch sagte sie und stieg steil in den Himmel hinauf. Und weil alles so schnell ging und die kleine Bestie mich erschreckt hatte (mir zittern jetzt noch die Knie), konnte ich natürlich auch kein Bild machen.

Deshalb beklaue ich mich selbst und zeige euch eines aus dem Archiv:

Common Snipe, taken from the archives

Bekassinen sehen doch eh alle gleich aus.


Ich ging weiter. Inzwischen war es deutlich wärmer geworden.

Viele Wacholderdrosseln zogen an mir vorüber, begleitet von einzelnen Sing- und Rotdrosseln. Und wo viele Kleinvögel sind, ist auch der Sperber oft nicht weit. Es war ein Weibchen, das wie ein geölter Blitz angeschossen kam und tatsächlich auch eine Wacholderdrossel erbeutete.

Auch das konnte ich natürlich nicht fotografieren

Dafür aber eines von ganz vielen Tagpfauenaugen:

currently the European Peacock is unusally common

Es saugte an den Blüten des Wasserdostes, vielleicht seine letzte Malzeit des Jahres. Das attraktive Tier wäre aber besser beraten, endlich sein Winterquartier aufzususchen. Tagpfauenaugen hibernieren als fertige Falter. Deshalb kann man sie im Frühjahr, oft sogar schon im Spätwinter an den ersten warmen Tagen umherflattern sehen, nicht selten in Gesellschaft anderer Schmetterlinge wie etwa Kleiner Fuchs und Zitronenfalter.

Auf dem Rysumer Nacken konnte ich im letzten Winter tatsächlich einige Tagpfauenaugen in einem dieser gigantischen Entwässerungsrohre entdecken. Sie hingen kopfüber an der Decke und warteten geduldig auf das Frühjahr. Kälte macht ihnen nichts aus. Auch der stärkste Frost kann ihnen nichts anhaben. Da kann man sich nur immer wieder wundern, was sich Mutter Natur alles hat einfallen lassen.

Oder ist das etwa nicht unglaublich?


Wieder setzte ich meinen beschwerlichen Weg fort und entdeckte nur wenige Meter vom Tagpfauenauge entfernt ein Paar der Großen Heidelibelle:

Common Darter

Während das Weibchen stillhielt, brachte sich das Männchen (oben) mittels Flügelvibration auf Betriebstemperatur. Deshalb ist es nicht ganz scharf geworden.

Und wenig später düsten die beiden dann auch davon. Ich wundere mich immer, wie die das koordiniert bekommen. Also das gemeinsame Fliegen und Steuern und Landen.


Nach einer langen Runde ums Gassco-Gelände erreichte ich den Parkplatz. Auch hier lagen einige bunte Kacktüten herum. Ich muss klarstellen, dass ich den Hunden keine Vorwürfe mache. Es sind naturferne Menschen, die die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner erst eintüten und dann wegschmeißen. Sie machen das, obwohl es niemand von ihnen verlangt. Es gibt keine entsprechende Vorschrift, die besagt, dass Hundekot beseitigt werden muss. Jedenfalls nicht auf dem Rysumer Nacken. Auf der anderen Seite könnte die Stadt Emden das Problem ganz schnell lösen, indem sie einfach mal in der Nähe des Restaurants eine größere Tonne aufstellt.

Der Mensch, das große Rätsel!


Ich fuhr nach Rysum:

Rysum

Rysum ist wie Loquard und all die anderen Dörfer der Krummhörn ein echtes Kleinod mit engen Gassen und hübschen Häusern.

Ich stand auf der Galerie der alten restaurierten Mühle, als ich dieses Bild machte. Und über mir, auf den hölzernen Flügeln, lungerten zahlreiche Stare herum, die immer mal wieder eine Pause machten vom anstrengenden Beuteerwerb im Fluge.

Dieses Foto ist nämlich auch schon etwas älter. Es stammt vom Beginn des Monats. Und an diesem Tag war es warm. Da konnte man noch kurze Hosen tragen und barfuß laufen. Ameisen schwärmten und Blattläuse. Letzere sind aber zu klein, als dass sich ein Vogel wie der Star für sie interessieren könnte. Doch fette schwärmende Ameisen sind ein Leckerbissen für ihn, aber auch für Lachmöwe, Sturmmöwe und sogar Dohle.

Noch nie in meinem Leben hatte ich so spät im Jahr schwärmende Ameisen gesehen! Der zweite Sommer des Jahres, der im September begann und mit unglaublichen Temperaturen protzen konnte, machte es möglich.

Diese Brückenkreuzspinne fühlte sich angesichts der insektengeschwängerten Luft wie im Schlaraffenland:





































Bridge Spider

Ihr Netz war voll. Sie hatte die Qual der Wahl.


Es gab aber natürlich auch Protagonisten, die keinen Vorteil aus den fliegenden Proteinen ziehen konnten.

Drei Waldohreulen dösten gemeinsam in einer Linde, mitten im Ort und unweit der Kirche:

Long-eared Owl

Sie werden sich erst nach Sonnenuntergang auf Nahrungssuche begeben haben. Aber da war ich längst schon wieder zu Hause.

Egal, das war's schon wieder.

Der VfL Osnabrück hat übrigens gerade in Halle eine Pleite hingelegt. Weil aber alle anderen Mannschaften, die oben stehen, ebenfalls nicht gewonnen haben, hat die Niederlage für die Lila-Weißen keine allzu bösen Folgen. Sie bleiben auf dem zweiten Platz.

Der Abstand zwischen dem VfL und dem SC Paderborn (PLatz 16) beträgt allerdings nur sechs Punkte! So eng lagen die Clubs in dieser Phase einer Saison selten beieinander. Angesichts des herannahenden Winters kann es aber wohl nicht schaden, wenn sich die verschiedenen Vereine in der Tabelle etwas enger aneinanderkuscheln ;-)

Haut rein!