wilde perspektiven

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Montag, 3. Oktober 2016

Eine Steppenweihe besucht Pilsum

Jüngere Menschen werden das bestimmt nicht wissen, aber es hat mal Zeiten gegeben, da benötigte man spezielle Bücher, wenn man zum Beispiel etwas über das ostfriesische Runddorf Rysum, über den "weißen Brasilianer" Ansgar Brinkmann oder über den lästigen Wadenstecher in Erfahrung bringen wollte.

Heute schmeißt man einfach den Rechner an und macht sich schlau.

Falls man mag.

Wenn man früher einen Vogel sah, den man trotz angefertigter Fotos nicht mit letzter Sicherheit bestimmen konnte, dann musste man andere Leute kontaktieren. Leute, die sich vielleicht besser auskannten. Gab es die nicht in der Nähe, musste man die Bilder sogar verschicken, wenn einem das Ergebnis von Bedeutung war. Mir selbst ist das nie passiert, aber so oder ähnlich wird es sich hier und dort ganz sicher abgespielt haben.

Dann kam das Internet.

Man stellt seine Bilder einfach in ein spezifisches Forum (oder gleich mehrere) und wartet. Das Hochladen ist nur eine Sache von Sekunden. Und der Kreis der möglichen Fachleute, der auf die Anfrage reagieren kann, ist ungleich größer als es früher der Fall gewesen ist.


Am späten Nachmittag des 15. September 2016 hielt ich mich am Pilsumer Tief auf, ganz in der Nähe des berühmten rot-gelb geringelten Leuchtturms:

pastures and fields at Pilsum – for at least one week the habitat of a female Pallid Harrier

Ich saß auf einer kleinen hölzernen Brücke, während meine Füße im kühlen Wasser badeten. Windig, fast stürmisch war es an diesem Tag, aber auch sehr warm.

Unmittelbar vor meiner Nase patrouillierte eine männliche Herbstmosaikjungfer den Uferbereich entlang. Mit meiner Kinderlinse (4,0/300mm) gelangen mir ein paar nette Flugaufnahmen, die ihr euch im vorletzten Bericht ansehen könnt. 

Immer wieder verschwand die Libelle für ein paar Minuten. Diese Zeit nutzte ich, um mal mit dem Fernglas die umliegenden Weiden und Äcker nach interessanten Vögeln abzusuchen. Viele Möwen, Kiebitze, Goldregenpfeifer und Stare gab es dort. In größerer Entfernung stand ein Mäusebussard auf einem Zaunpfahl herum, während am blauen Himmel über mir gleich vier junge Turmfalken rüttelten.

the famous Pilsum lighthouse

Ich will ehrlich sein, ich hoffte auf einen Mornell. Ein junger Rosenstar wäre aber auch nicht schlecht gewesen. Zumal ein paar Tage zuvor einer auf Juist gesehen worden war. Statt der gewünschten Arten tauchte aber plötzlich eine Weihe auf, die einem der Turmfalken in einem rasanten Verfolgungsflug die Beute abjagte. 

Die Distanz zu dem Vogel war aber leider so groß, dass ich keine Zeichnungsdetails der Flügel und des Kopfes erkennen konnte. Immerhin aber sah ich die in der Nachmittagssonne auffallend rötlichbraune Unterseite der Weihe. Alles ging ganz schnell. Mit der Maus in den Fängen flog der Greif in Richtung Leuchtturm und verschwand schließlich hinterm Deich.

Eine Kornweihe konnte ich eigentlich auf der Stelle ausschließen. Die wäre niemals so schmächtig und schmalflügelig dahergekommen und hätte wohl auch nicht eine so leuchtende Unterseite gezeigt. Sie war und ist die einzige der drei infrage kommenden Arten, die ich in der Vergangenheit schon tausendmal gesehen hatte. Zwar brütet die hübsche Kornweihe in Deutschland nur noch auf diversen Inseln (Borkum, Juist, Norderney und so weiter, Bestand stark rückläufig und dem Aussterben nahe), aber als Wintergast aus dem Norden taucht sie in geeigneten Gebieten nach wie vor auf, wenn auch in viel geringerer Zahl als noch vor dreißig Jahren.

Dem Wahrscheinlichkeitsprinzip entsprechend ging ich jetzt von einer jungen Wiesenweihe aus. Schließlich brütet diese Art alljährlich in wenigen Paaren in Getreidefeldern der Krummhörn, also quasi gleich um die Ecke. Sowohl die Struktur des Vogels als auch seine Grundfärbung schienen mir zu passen. Da lag es dann auch nahe, die Beobachtung gleich wieder zu vergessen. 

Zwei Tage später, ebenfalls am späten Nachmittag, saß ich am nahen Diekskiel auf einer Bank und schaute auf die Emsmündung. Vom Leuchtturm her kam eine schlanke Weihe in meine Richtung geflogen. Sie jagte über den Salzwiesen und erbeutete dort sogar einen kleinen Säuger oder Vogel. Nachdem sie ihn aufgegessen hatte, flog sie wieder in die Richtung zurück, aus der sie zuvor gekommen war.

Bloß nicht näherkommen, dachte ich, du blöder Vogel. Ich ging einfach wieder von einer oder der Wiesenweihe aus.

Um es kurz zu machen: Ich sah den Vogel an diesem und den folgenden Tagen immer wieder, aber stets nur aus großer Distanz. Fotos, die ich machen konnte, zeigten leider keine diagnostischen Merkmale. Oft sogar zeigten sie rein gar nichts. Und nach wie vor hielt ich eine junge Wiesenweihe für die wahrscheinlichste Lösung. Trotzdem knirschte es in meinem Hirn. Eigentlich schon seit meiner ersten Begegnung mit diesem Vogel. Denn natürlich konnte es sich hier auch um eine junge Steppenweihe handeln.

Am 23. September 2016 sah ich die Weihe ein allerletztes Mal. Sie verfolgte in großer Enfernung hartnäckig einen jungen Turmfalken. Der hatte zuvor eine Maus erbeutet, die er auch ganz gerne behalten wollte. Die Angst des Falken vor der größeren Weihe war eigentlich unbegründet, aber trotzdem so groß, dass er die Maus schließlich doch fallen ließ. Noch bevor sie den Boden erreichte, hatte die Weihe sie schon aus der Luft gepflückt. 

Triumphierend landete sie mit ihrer Beute in einer Senke in der Nähe des Tiefs. Ich konnte sie jetzt nicht mehr sehen, die Weihe mich aber auch nicht! Mit der Kamera in meiner Rechten spurtete ich los, um die Distanz zum Vogel endlich einmal zu verringern. Das ist jetzt aber mal meine Chance, dachte ich noch halblaut. An einem Zaun blieb ich am Stacheldraht hängen und legte mich auf die Klappe. Später geriet ich noch einmal auf der unebenen Weide ins Straucheln. Am Ende aber machte sich mein Einsatz bezahlt. Denn ich kam immerhin bis auf 250 Meter an den Vogel heran. Sehen konnte mich die Weihe auch jetzt noch nicht, doch weil sie ihre kleine Mahlzeit wohl schon beendet hatte, flog sie plötzlich auf.

Dauerfeuer!

Endlich hatte ich Bilder von der Weihe.

Erleichtert drehte ich mich um und blickte hinüber zum Deich.

Dort hatten sich inzwischen mehrere Radfahrer versammelt, ohne dass ich das zuvor mitbekommen hatte. Die sind an der Küste wirklich überall und tauchen hier immer auf wie aus dem Nichts, dachte ich. Man guckt nur eine Sekunde in eine andere Richtung – zack, sind sie da. Das liegt an den neumodischen Elektromotoren. Da können selbst Menschen in meinem Alter ein ordentliches Tempo vorlegen. Und das auch noch fast geräuschlos.

Und deshalb kann man auf dem Deich auch nie pinkeln, obwohl man sich in Sicherheit wähnt und kilometerweit keine Seele zu sehen ist. Doch spätestens wenn man seinen kleinen Louis ausgepackt hat, hört man die Stimme aus dem Off:

"Entschuldigen Sie, geht es hier nach Greetsiel?"

Da soll noch einer ruhig bleiben. Sie sind einfach eine kleine Pest, diese bunt gekleideten Touris. Und deshalb schicke ich diese Menschen auch grundsätzlich in die falsche Richtung, wenn sie sich leichtfertigerweise ausgerechnet bei mir nach dem Weg erkundigen.

Das alles dachte ich, während ich mich den Fremden näherte. Ich ging sehr langsam, blieb beinahe stehen und trat auf der Stelle, weil ich hoffte, sie würden weiterfahren. Aber sie warteten. Sie warteten auf mich! Sie hatten Zeit. Sie genossen ihren Urlaub.

Sie hatten sonst nichts zu tun.

Meine Fresse, wie ich da über die Weide gestolpert bin, dachte ich. Fast wie Mr. Bean. Hoffentlich haben die das nicht gesehen. Ich senkte verlegen den Blick und gab mich unbeteiligt. Doch diese Menschen kannten kein Erbarmen. Und sie fragten unumwunden nach dem Sinn meiner Aktion. Ich erklärte ihnen den Zusammenhang, also dass es quasi wenige Minuten zuvor noch um mein Leben gegangen war und so weiter, und zeigte ihnen zur Bestätigung die verschwommenen Bilder, die ich gemacht hatte. Die waren wirklich nicht berauschend, aber zu meiner kleinen Geschichte passten sie irgendwie. Die Leute bedankten sich für meinen Stand-up-Vortrag und fuhren weiter den Deich entlang.

So wie alle hier.

Sie stammten übrigens aus Frechen (say "Freschen"). Weil sie mich sprachlich sehr an Annemie und Fred Fussbroich erinnerten, hatte ich natürlich nachgefragt.


Ich konzentrierte mich wieder auf  den Ertrag meiner Aktion.

Die Fotos waren wirklich grottenschlecht, aber vollkommen ausreichend.

Doch das sollte ich erst später erfahren, denn bei der ersten Kontrolle auf dem Display meiner Kamera kam mir der Vogel plötzlich eher plump wie eine Kornweihe vor:

record shot of a 2nd cj female Pallid Harrier

Die Flügel wirkten breit und rund, die Unterseite blass und sogar etwas gestrichelt! 

Das entsprach jetzt aber überhaupt nicht dem Eindruck, den ich von der Weihe in den letzten Tagen im Feld gewonnen hatte. Ich war kurz davor, die Bilder zu löschen. Doch dann fiel mir ein, dass das auch warten und eine ausgiebige Kontrolle am heimischen Bildschirm nicht schaden konnte. 

Bild 2:

same

Okay, so stellte ich am Abend am Schreibtisch fest, es war wohl eher die Perspektive, die die Flügel auf dem ersten Foto so rund erscheinen ließ. Tatsächlich waren sie so spitz, wie sie im Falle einer Wiesen- und auch einer Steppenweihe sein sollten.

Auf dem dritten Foto kann man das sehr gut erkennen:







same

Außerdem würde sich eine Kornweihe für den auf dem ersten Foto gut sichtbaren dunklen, ungemusterten und scharf von der hellen Brustseite abgegrenzten Halsseitenfleck schämen. Dass mir schließlich auch der Körper des Vogels eher schlank vorkam und nicht so bauchig wie der einer Kornweihe, soll nicht vorenthalten werden.

Es blieben aber die im Feld nie so blass wirkende Unterseite und die dünnen, aber deutlichen Strichel auf der Brust. 

Dass die Unterseite nicht mehr so schön orange aufleuchtete, konnte ich aber noch erklären. Schließlich hatte ich die Bilder am Abend gemacht. Kurz zuvor war dichtere Bewölkung aufgezogen. Das Licht hatte sich also für diesen Tag bereits verabschiedet. Nur deshalb wirkte der Vogel plötzlich so blass und farblos. Letztendlich war das aber auch ein weiteres Merkmal, das gegen eine Kornweihe sprach.

Plötzlich wurde es spannend für mich. Wen genau hatte ich denn jetzt fotografiert? Eine Wiesen- oder tatsächlich eine Steppenweihe?

Die Kopfzeichnung war ganz klar die einer Steppenweihe. Allerdings wirkte sie in meinen Augen nicht so kontrastreich, wie ich das auf Bildern von Individuen im Jugendkleid gesehen hatte. Darüber hinaus fiel mir auf, dass die inneren Handschwingen, im Gegensatz zu den äußeren, keine dunkle Endbinde zeigten (Bild 2). Nach Svensson u. a.  (Kosmos Vogelführer - alle Arten Europas, Afrikas und Vorderasiens) ist das ein wichtiges Merkmal pro Steppenweihe. Tatsächlich fand ich im Netz keine einzige Wiesenweihe ohne breite Endbinde auf dem inneren Handflügel.

Hatte ich also tatsächlich eine Steppenweihe fotografiert.

Wegen klitzekleiner Restzweifel, vor allem wegen der unsauberen Brustzeichnung, wie man sie auf dem zweiten Bild erkennen kann, stellte ich die hier gezeigten Bilder ins ID-Forum des Club300. Ich wusste, dort wird sich jemand finden, der das Rätsel lösen konnte.

Es war Pia Fetting aus Greifswald, die die Lösung wusste. Sie bestätigte meine Bestimmung des Vogels als Steppenweihe, hielt ihn anhand diverser Merkmale aber für einen, der sich nicht mehr im Jugendkleid, sondern stattdessen bereits im zweiten Kalenderjahr befand.

Natürlich, das war die Erklärung!

Die Weihe war zum Zeitpunkt der Beobachtung bereits etwas älter als ein Jahr. Deshalb die Strichel auf der Unterseite, die nach Svensson bei einigen Individuen sogar schon im Frühjahr des zweiten Kalenderjahres auftreten können. Und deshalb auch die eher verwaschene Kopfzeichnung.

Ich hatte auch nicht bemerkt, dass die äußeren Handschwingen bereits vermausert und somit recht neu waren. So etwas sehen nur echte Kenner. Auf solche Details achte ich überhaupt nicht! Dafür aber fiel mir später eine Querbänderung der Oberschwanzdecken auf (Bild 1). Sie ist nach einem älteren Bestimmungsartikel in Limicola ein diagnostisches Kennzeichen adulter weiblicher Steppenweihen. Und wahrscheinlich tritt diese Zeichnung auch schon bei Vögeln im zweiten Kalenderjahr auf. Eben dann, wenn die Oberschwanzdecken zum ersten Mal erneuert werden.

Nie hätte ich erwartet, dass das Kleingefieder einer weiblichen Steppenweihe im Herbst des zweiten Kalenderjahres noch so sehr an das Jugendkleid erinnern könnte. Das war der Grund dafür, dass ich das Rätsel nicht mit letzter Gewissheit lösen konnte. Die berühmte Schere im Hirn. Bei einem Vogel in diesem Alter hätte ich mindestens mit einer komplett abgeschlossenen Mauser des Kleingefieders gerechnet. Meiner Meinung nach hätte sie dann wie eine adulte weibliche Steppenweihe ausschauen müssen. Doch damit lag ich falsch. Es hat zumindest den Anschein, als stamme bei dem hier gezeigten Weibchen ein Großteil der Federn noch aus dem Jugendkleid.

Das zeigt eindrucksvoll, wie wenig ich über Greifvögel weiß.


Die Steppenweihe ist Brutvogel etwa von der Ukraine an ostwärts, also quer durch den Süden Russlands und durch Kasachstan bis in die westliche Mongolei. Ich selbst sah sie etliche Male an der Schwarzmeerküste Rumäniens, wo sie ein regelmäßiger Durchzügler ist. Die Winterquartiere dieser Art liegen in Afrika und Indien.

Obwohl die Zahlen der Steppenweihe in den Brutgebieten anhaltend rückläufig sind – wie ja auch jene von Korn- und Wiesenweihe –, taucht sie dennoch überraschend regelmäßig in Deutschland auf. Sie wird alljährlich in einzelnen Individuen im gesamten Bundesgebiet festgestellt, vielleicht etwas gehäuft in den neuen Bundesländern. Manche Vögel übersommern sogar bei uns. Trotzdem handelt es sich für mich im Falle des hier vorgestellten Vogels erst um die zweite Steppenweihe, die ich jemals in Deutschland gesehen habe. Zuvor war ich nur einem adulten Weibchen begegnet, und zwar am 4. Juni 2000 auf dem Flugplatz Achmer im Landkreis Osnabrück. Auf ein attraktives hellgraues Männchen werde ich also wohl weiter warten müssen.

Im Nachhinein ist es natürlich schade, dass ich trotz der langen Anwesenheit der Steppenweihe kein einziges auch nur annähernd schönes Foto von ihr hinbekommen habe. Denn obwohl ich diese Art recht früh für möglich gehalten hatte, schenkte ich dem Vogel nicht die Aufmerksamkeit, die ihm gebührte. Mir war auch nicht bekannt, dass Wiesenweihen ihre Brutgebiete sehr früh verlassen und man im September eher mit einer Steppenweihe rechnen muss. Das erfuhr ich leider erst, als der Vogel bereits abgereist war. Und zwar vom sympathischen ostfriesischen Weihen-Papst Wulf von Graefe aus Esens, den ich hinter den Kulissen gezielt angeschrieben und um seine Meinung gebeten hatte.

Besten Dank für deine Ausführungen!


Dieser Grasfrosch vom Diekskiel hat die Steppenweihe auch mehrfach gesehen, ist aber nicht von ihr aufgegessen worden:

Common Frog

Auch nicht diese Gallische Feldwespe, die sich für die Geschichte der Leybucht interessierte und immer wieder auf den entsprechenden Schautafeln an der Fahrrinne nach Greetsiel landete:

European Paper Wasp has first been reported the recent years from Northern Germany. In the meantime she has settled as far North as Denmark

Ihre eigene Geschichte ist aber nicht weniger interessant, denn bis vor wenigen Jahren waren Vorkommen von dieser Art in Norddeutschland noch völlig unbekannt. Im Rahmen ihrer rasanten nordwärts gerichteten Ausbreitung hat die Gallische Feldwespe inzwischen sogar Dänemark erreicht!

Wespen-Gedanken: Hmmmh, wann wurde denn hier wohl der Deich errichtet?











Nee, Moment, hier gibt's keine Deiche.

Aber hier:

Klar, da stehen ja  auch die Jahreszahlen!

Feldwespen sehen unseren beliebten Echten Wespen der Gattung Vespula sehr ähnlich. Sie sind schließlich auch mit ihnen verwandt. Allerdings interessieren sie sich nicht für süße Säfte oder leckeres Gebäck und kommen somit auch nicht zum Kaffeetisch.

Fürchten muss man sie auch nicht, denn obwohl Feldwespen durchaus stechen könnten, tun sie es wohl nur in extremen Ausnahmefällen.

Wenn überhaupt.


Bild mit Kühen:

Pilsum church tower

Es zeigt neben den wiederkäuenden Schwarzbunten im Vordergrund auch den trutzigen Turm der Pilsumer Kirche, der wegen des nachgebenden Marschbodens genauso schief steht wie fast alle Kirchen und viele alte Häuser in Ostfriesland.

Weil ich Kirche aber automatisch mit Protzerei, Ausbeutung, Bevormundung, Einschüchterung sowie vor allem mit Lüge und Leid in Verbindung bringe, werde ich mir auch dieses von außen so hübsche Gebäude niemals von innen ansehen.

Nie–mals!


Hier brodelte die Gerüchteküche:

House Sparrows spreading the newest romors

Das Bild zeigt den kleinen Teil eines Haussperlings-Trupps, der sich im Dunstkreis des so genannten Trockenstrandes bei Upleward herumtreibt. Ich fragte mich beim Fotografieren, was die Vögel dort wohl im Winter machen, wenn Campingplatz und Kiosk geschlossen bleiben. Schließlich sind dann auch keine Touristen mehr da, die Brötchenkrümel und andere Leckerbissen hinterlassen.  

Grundsätzlich kann man in ostfriesischen Dörfern auch heute noch größere Sperlings-Gesellschaften antreffen. Fast wie in alten Zeiten oder wie im heißen Süden. In Städten wie etwa Emden sieht das aber anders aus. Zumindest in den Wohngebieten. Der Haussperling ist hier inzwischen so selten geworden, dass andere Vögel für ihn in die Bresche springen müssen, wenn es darum geht, das menschliche Volk in Sachen Klatsch und Tratsch auf dem Laufenden zu halten.


Ganz in der Nähe von Rysum konnte ich am 22. September unter sehr vielen Sturm- und Lachmöwen auch eine adulte Schwarzkopfmöwe entdecken:


a single adult Mediterranean Gull foraging on a field among Black-headed Gulls and Common Gulls

Ich hatte den Trupp zuvor gar nicht durchgemustert, weil mir für so etwas grundsätzlich die Geduld fehlt.

Aber der Vogel lief recht nahe am Weg herum und fiel mir einfach auf. Dass es sich um eine Schwarzkopfmöwe handelte, sah ich aber erst beim Blick durchs Fernglas.

Klick, festgehalten für die Ewigkeit.

Es ist übrigens das mit Abstand beste Bild, das ich jemals von dieser Möwenart gemacht habe...


Austernfischer bei Hochwasser am Deich von Upleward:

Oystercatcher

Auf der Uferbefestigung aus Steinen und Beton fallen die Vögel kaum auf.

Ein weiterer Trupp stand an einem anderen Tag nahe der Seeschleuse ("Leysiel") bei Greetsiel herum und wartete auf das Ablaufen des Wassers:

another flock at a different place

Ich fotografierte ihn aus verschiedenen Perspektiven:

Ständig kamen neue Vögel am Rastplatz an, wie man oben sehen kann.

Und die Vögel plapperten unentwegt, weil Austernfischer grundsätzlich niemals ihren Schnabel halten können:

Ich schätze mal, es waren mehr als zwanzig Vögel.

Ein letztes Bild:

Jetzt, ganz am Ende dieses wunderschönen Berichts, kann ich ja zugeben, dass ich ein bisschen übertrieben habe.

Noch nie in meinem Leben habe ich Menschen in die falsche Richtung geschickt. Wer freundlich fragt, bekommt natürlich auch eine freundliche und vor allem auch korrekte Antwort.

Das ist doch selbstverständlich!