wilde perspektiven

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Montag, 10. Juni 2019

Leyhörn, Leysiel und so weiter

Heute, liebe Mitmenschen, gibt es ein paar Bilder aus den im Titel genannten Gebieten.

Die so genannte Leyhörn ist ein zwischen 1985 und 1991 aus Küstenschutzgründen errichtetes Teil, um es mal ganz salopp zu formulieren, das den bei allen Touristen auf dieser Welt so beliebten Ort Greetsiel vor dem bösen Hochwasser schützen soll. 

Man hat also keine Kosten und Mühen gescheut und eine riesige Halbinsel aus dem Meeresboden gestampft. Das Meiste davon (etwa 650 Hektar) ist heute Naturschutzgebiet und darf selbst von mir nicht betreten werden, obwohl ich doch immer nur Gutes im Schilde führe.

Wäre ich damals schon in Ostfriesland angespült worden, hätte ich die Verwirklichung dieses gigantischen, aus chinesischer Sicht aber wohl eher minimalistischen Projektes hautnah miterleben können, doch weil ich aus dem Landkreis Osnabrück stamme und dort auch aufwachsen musste, hatte ich nicht die Wahl und durfte mich seinerzeit mit der Baustelle des Alfsees zufriedengeben (nur etwa 250 Hektar, ach, wie läppisch!). 

Ja, ich erinnere mich noch ganz genau, dass ich gemeinsam mit meinen Eltern und meiner Schwester einen Ausflug gemacht habe nach Rieste oder so. Und ich habe auch jetzt noch die weite, bereits ausgehobene Fläche im Hirn und auch die Rufe zahlreicher Grünfrösche (vgl. letzten Bericht), die sich damals in den vielen seichten und nur für kurze Zeit bestehenden Kleingewässern tummelten. 

Das aber nur am Rande.

pretty Marsh Daisy

Genießt dieses erste Bild jetzt mal, denn es kommt nur selten vor, dass eine Pflanze in diesem Blog einen Bericht eröffnen darf.

Die niedliche Strandnelke ist längst verblüht. Ein kleiner Bestand wächst auf der Uferbefestigung nahe der Seeschleuse. Weil es sich hier um einen der ganz wenigen Bereiche Ostfrieslands handelt, an dem nicht gedüngt wird, kann man dort eine Vielzahl interessanter Blümchen entdecken. So eine Artenvielfalt suchte man auf den weitläufigen Wiesen und Weiden hier im Nordwesten vergeblich.  

Der Südteil des NSG, fotografiert am frühen Morgen, erinnert mich immer an eine Buschsavanne irgendwo in Afrika:






landscape at so called Leyhörn

Im Zentrum der Halbinsel befindet sich ein Speicherbecken, aus dessen blauem Wasser ein paar Inseln hervorlugen, die man aber auf dem folgenden Bild gar nicht sehen kann:

NSG Leyhörn

Stattdessen sieht man hier ausgedehnte Schilfflächen am Westufer des Speicherbeckens, in denen zum Beipiel Bartmeisen ihr unbeschwertes Vogelleben leben.

Haubentaucher bei Sonnenaufgang:

Crested Grebe 

Eine Blässralle lief hier jesusmäßig übers Wasser:


German Coot

Auf der Flucht vor mir, wenn ich ehrlich sein soll:

Ich kann auch übers Wasser laufen, mache das aber nur noch selten.

Ein adulter Seeadler war mit gleich mehreren Personenschützern (Brandenten) unterwegs:

White-tailed Eagle with Common Shelduck

Als Seeadler hat man viele Feinde. Da ist die eigene Sicherheit oberstes Gebot. Und als Brandente wiederum hat man eh nichts Wichtigeres vor.

Dieser Rotschenkel stand auf seinem Ausguck in den Salzwiesen und genoss die Abendsonne:

Common Redshank

Eine süße Rauchschwalbe in den angrenzenden Hauener Pütten sang pausenlos vor sich hin:

cute Barn Swallow 

Oh, eine brütende Sturmmöwe:

breeding Common Gull

Und jetzt kommt das Paar, das auf dem Steg nistet:

Common Gull

Ja, inzwischen brüten beide Partner nebeneinander!

Denn in der letzten Zeit sind immer wieder zwei von vier Eiern aus dem Nest gekullert. Zwar habe ich sie immer wieder zurückgelegt, doch das brachte nichts, weil diese beiden Möwendeppen beim Nestbau einfach nur schlampig gearbeitet haben. Und so sind aus einem Gelege gleich zwei geworden.

Pfusch am Bau, Kinners. Den gibt es nämlich wirklich!

Übrigens sind es jetzt sieben Paare, die um das Becken des Außenhafens herum für Nachwuchs sorgen. Doch ob sie alle erfolgreich sein werden, steht noch zu bezweifeln. Eines der dort ansässigen Austernfischer-Paare hat jedenfalls auch sein zweites, also das Nachgelege verloren. Leider gibt es keine Überwachungskamera an diesem exponierten Ort, sodass ich nichts über den Eierdieb verraten kann. Die geile Silbermöwe und wohl auch den Fuchs halte ich aber für am wahrscheinlichsten.

Am 31. Mai sah ich meinen ersten Distelfalter der Saison – an der Seeschleuse:




on 31 May I saw my first Painted Lady in 2019 – tons have followed since

Schon am nächsten Tag waren es einige und jetzt wimmelt es überall von diesen hübschen Biestern, die ausnahmslos einen sehr abgeflogenen und somit blassen Eindruck bei mir hinterließen und mit großer Sicherheit beachtliche Strecken zurückgelegt haben dürften. 

Für die, die es nicht wissen: Distelfalter können bei uns nicht überwintern und müssen alljährlich aus dem tiefen Süden zu uns einfliegen. Warum sie das überhaupt machen, werden sie wohl für immer für sich behalten. In diesem Blog gibt es aber bereits ausführlichere Berichte über diesen kosmopolitischen Falter, sodass ich hier und jetzt nicht weiter auf diese Art eingehen möchte.

Morgenstimmung:

Gestern Nachmittag hielten sich zahlreiche Lachmöwen an der Seeschleuse auf.

Sie flogen über dem Hafenbecken herum und pickten alle paar Meter etwas von der Wasseroberfläche auf. Weil es so viele Individuen waren, musste da im Wasser etwas zu holen gewesen sein. Vielleicht Garnelen oder kleine Fische. Jedenfalls sieht man dort sonst keine Möwenschwärme bei der Nahrungssuche. 

Und plötzlich entdeckte ich unter all den Lach- und Sturmmöwen eine einzelne vorjährige Schwarzkopfmöwe, die ich natürlich wieder nicht vernünftig fotografieren konnte: 

Mediterranean Gull

Immerhin kann man sie erkennen:





same

Ich verlor sie einige Male aus den Augen, doch über einen Zeitraum von einer halben Stunde tauchte der Vogel immer wieder auf. 

Doch schließlich verschwand die Schwarzkopfmöwe am Ende natürlich doch. 

Als Ersatz gab es nur wenige Minuten später zu meiner großen Überraschung eine adulte Weißflügel-Seeschwalbe, die leider nur durchzog und keinen Bock auf meine Kamera und mich hatte:


surprisingly an adult White-winged Tern showed up

Es handelte sich bei diesem Vogel erst um meine vierte oder fünfte Beobachtung dieser grazilen Seeschwalbe in Deutschland!

Da war die Freude natürlich groß:

same

Perfekte Fotografie sieht anders aus.

Ich weiß das wohl, aber ohne die Schwarzkopfmöwe hätte ich wahrscheinlich gar kein Bild von der Weißflügel-Seeschwalbe hinbekommen. Denn ihr war es zu verdanken, dass ich meine Kamera bereits im Anschlag hielt:

also

Aber wie pflege ich selbst immer zu sagen?

Lieber ein grottenschlechtes Belegfoto als gar keins!

Den Abschluss darf heute ein sagenhaft hübscher Käfer machen, den ich nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte:


sexy golden-bloomed grey longhorn beetle

Es handelt sich hier um den legendären Scheckhorn-Distelbock, der eigentlich nicht selten ist, den man aber nicht unbedingt sieht, wenn man sich im Outback auf Vögel konzentriert.


Haaalt, stopp!

Einen habe ich noch:

this Eurasian Collared Dove is breeding underneath a gas station's roof and doesn't like to be controlled by the state

Was für ein kluger Vogel! 

Um der permanenten Kontrolle durch den Überwachungsstaat zu entgehen, hat diese Türkentaube ihr Nest direkt über der Kamera gebaut. Und zwar unter dem Dach der ARAL-Tanke in Pewsum. Wie auch schon im vergangenen Jahr. 

Mir persönlich ist die so oft zitierte Überwachung übrigens scheißegal. Denn wenn man sich nichts Schlimmes leistet, hat man (hoffentlich) auch nichts zu befürchten.

So sieht das aus!