Sonntag, 26. Juli 2020

Flussuferläufer und Waldwasserläufer (Teil 2)

Kinners, heute gibt es endlich mal wieder ein paar richtige, also echte Vogelbilder.

Denn zum ersten Mal seit vielen Wochen habe ich mich ins enge Tarnzelt gezwängt und dabei festgestellt, dass ich in der Zwischenzeit noch fetter geworden bin.

Aber alles nicht so schlimm und noch im Rahmen.

Zum Thema: In Manslagt gibt es eine kleine Sandgrube. 

Doch handelt es sich hier nicht etwa um eine gewöhnliche, denn der Sand, den man dort zurzeit für die Deicherhöhung abbaut, ist einige Jahre zuvor extra dort abgeladen und somit für einen längeren Zeitraum zwischengelagert worden.

Woher dieser Sand ursprünglich stammt, ist mir nicht bekannt. 

Wenn ich von einer kleinen Sandgrube geschrieben habe, dann könnte das schnell missverstanden werden. Denn tatsächlich handelt sich hier nicht um die Menge, die in einen handelsüblichen Sandkasten passt, sondern schon um baffzigtausend Kubikmeter. Ihr könnt euch also vorstellen, wie viele LKW seinerzeit unterwegs waren und hin und her fahren mussten, nur um diese künstliche und temporäre Binnendüne aufzuhäufen. 

Inzwischen neigt sie sich ihrem Lebensende entgegen, und dort, wo der Bagger besonders tief gebuddelt hat, haben sich einige kleinere Pfützen gebildet. Was soll ich schreiben, schon vor einer Woche sah ich dort einige Waldwasserläufer und einen Flußuferläufer bei der Nahrungssuche.

Die Gelegenheit, so dachte ich.

Ein junger Waldwasserläufer zum Start:

young Green Sandpiper

Freitagabend baute ich in einem passenden Bereich mein Tarnzelt auf, um es dann am ganz frühen Samstagmorgen, nämlich eine Stunde vor Sonnenaufgang, zu beziehen.

Zunächst war natürlich nichts zu sehen. Es war ja auch noch dunkel. Doch nur eine halbe Stunde später trudelte der erste Waldwasserläufer ein. Einige weitere, es waren mindestens zehn an diesem Tag, sollten folgen.

Hier sieht man mal fünf beieiander:

Green Sandpiper

Während der Nahrungssuche wippen diese Vögel permanent mit ihrem Hinterteil. Weil die Unterseite schneeweiß ist und die Oberseite dunkel, wird man auch im Halbdunkel rasch auf sie aufmerksam.

Sie blinken regelrecht.

Zwei Individuen auf einem Foto, diesmal aber direkt vor meinem Versteck:






Green Sandpiper






Dann war da nur noch eines:

Wahrscheinlich habe ich das hier schon oft geschrieben, aber der Waldwasserläufer ist und bleibt meine Lieblingslimikole!

Und auch wenn er in Ostfriesland nicht brütet, so kann man ihn sowohl auf dem Heim- als auch auf dem Wegzug nahezu überall antreffen, wo es Gewässer gibt. Selbst kleinste Pfützen von der Größe eines Gartentischs werden von diesem Vogel aufgesucht und hinsichtlich ihres Nahrungsreichtums ganz genau unter die Lupe genommen.

Herumstehen kann auch nie schaden:


Der Waldwasserläufer hat etwas Geheimnisvolles, finde ich.

Man begegnet ihm an den entlegensten Orten, nicht selten auch mitten im Wald. Meist bemerkt man ihn erst, wenn man ihn versehentlich aufgescheucht hat und er laut rufend davonfliegt und dem Beobachter dann sein kontrastreiches Gefieder präsentiert, das im Flug an das einer zu groß geratenen Mehlschwalbe erinnert. 

Und er ist der einzige Watvogel (neben seinem amerikanischen Gegenstück, dem Einsamen Wasserläufer), der in verlassenen Drosselnestern brütet!

In Deutschland tut er das wohl vor allem in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, aber auch im Osten Niedersachsen soll er vereinzelt brüten. Waldwasserläufer, die in Ostfriesland auftauchen, stammen aber wohl ausschließlich aus Fennoskandien oder NE-Osteuropa.

Wieder Ruhepause:


Vor allem im April findet bei uns der Heimzug statt, und bereits vier Wochen später, nämlich Anfang Juni, tauchen die ersten Wegzügler auf.

Erst kommen die Altvögel bei uns an, dann folgen, in viel größerer Zahl, die Jungvögel. In der Sandgrube bei Manslagt konnte ich nur einen Altvogel entdecken, der sich aber partout nicht vor mein Zelt stellen wollte. Alle in diesem Beitrag vorgestellten Waldwasserläufer haben also 2020 das Licht dieser Welt erblickt.

So auch dieser, der als einziger einen markanten Mittelstreifen auf der Brust trug:

Daran war er immer sofort zu erkennen.


Der zweite Kandidat dieses Beitrages taucht im kommenden Bild schon mal unscharf im Hintergrund auf:

Green Sandpiper with Common Sandpiper in da background

Ja, der süße Flussuferläufer ist auch ein Vogel so ganz nach meinem Geschmack:


Common Sandpiper with three Green Sandpipers in da background

Hier hat er es schon bis mitten in die Schärfenebene geschafft, während seine etwas größeren Verwandten nun ins zweite Glied gerückt sind.

So schnell kann das gehen.

same

Vieles, was ich über den Waldwasserläufer geschrieben habe, gilt auch für diese etwas kleinere und proportional noch kurzbeinigere (oder kürzerbeinige) Art.

Auch er ist kein Brutvogel Ostfrieslands, lässt sich aber auf dem Zug nahezu überall blicken, im Gegensatz zum Waldwasserläufer auch auf Bauwerken unmittelbar an Meeresküsten, wie etwa Buhnen und Molen.

Aber natürlich auch in Sandgruben, wie hier in Manslagt:

always the same specimen

Schön finde ich auch, dass es sich bei dem einzigen Individuum an diesem Tag um einen Vogel im Prachtkleid handelte.

Denn das aus der Distanz sehr ähnliche Jugendkleid finde ich nicht ganz so ansprechend.

Sollte der Vogel noch länger an Ort und Stelle verweilen, werde ich ihn mir noch ein weiteres Mal zur Brust nehmen.

Doch dann hoffentlich unter besseren Lichtbedingungen. 


Zeit für eine Geschichte: Vor einigen Jahren fotografierte ich Eisvögel am Ufer einer riesigen Blänke im Moor bei Tannenhausen.

Das Resultat sah damals zum Beispiel so aus:


young Kingfisher

Nachdem die Sonne zu grell geworden war, stieg ich aus meinem Tarnzelt und drehte zu Fuß eine lange Runde durchs Moor.

Als ich zurückkehrte, war nicht nur mein Tarnnetz verschwunden – jemand hatte es während meiner Abwesenheit geklaut –, nein, es standen da doch glatt auch noch fünf Flussuferläufer auf meinem Tarnzelt! Es gab dort keine Schlammflächen und somit keine anderen Landemöglichkeiten für die Vögel, die leider rasch abflogen, als sie mich bemerkten.

Nicht einmal für Belegaufnahmen hat es gereicht.

Zweite Geschichte: Vor noch viel mehr Jahren hatte ich einen Flussuferläufer im Hasetal bei Hollage vor meiner Kamera stehen. Wenn er nicht gerade nach Nahrung suchte, flog er jedesmal aufs Dach meines Verstecks, um dort minutenlang zu ruhen. Ich konnte den Stoff unterhalb des Vogel sogar anheben und seine Füße sowie sein Gewicht spüren; er blieb trotzdem stehen.

Doch damit nicht genug: Weil es so warm war, hatte ich den Stoff an den Beinen nicht ganz nach unten gezogen, sodass im Innern die Luft etwas zirkulieren konnte. Und plötzlich tauchte dieser Flussuferläufer zu meiner großen Überraschung im Tarnzelt auf. Er kam vor vorne hereingelaufen und eilte blitzschnell nach rechts wieder ins Freie.

Das ist kein Scherz!

Und ich kann auch jetzt nur mutmaßen, warum der Vogel sich so verhielt: Vielleicht war da plötzlich ein hungriger Sperber aufgetaucht, den ich nicht sehen konnte und der die etwas überstürzte Flucht des Kleinen ausgelöst hatte.

Zurück nach Manslagt:


Auch der Flusuferläufer wackelt den ganzen Tag mit seinem Hinterteil.

Wie im Falle des größeren Verwandten sind es nicht selten diese Bewegungen, die auf ihn aufmerksam machen.

Arsch hoch:

Arsch runter:

Das Licht war an diesem Morgen mau, doch immerhin noch im günstigen Rahmen.

Pralle Sonne wäre viel schlimmer gewesen.

Trotzdem wollte ich am Sonntagmorgen einen zweiten Versuch starten, doch in der vorausgegangenen Nacht hatte es so stark geregnet, dass mein Tarnzelt bei meiner Ankunft mitten im Wasser stand und geradezu abgesoffen war. Es regnete auch am Morgen noch, und es war zappenduster. Also baute ich meinen Kram ab und bunkerte ihn, nass, wie er war, im Schilf ganz in der Nähe. Ich meine, selbst ich habe noch so etwas wie eine Hemmschwelle, wenn es um Corsilein geht.

Dreckig darf mein Auto sein, nass aber nicht.

Höchstens von außen.


Ortswechsel:

Common Starlings foraging at Pilsum lighthouse

Bevor sie sich nach Sonnenuntergang zum Schlafen ins Schilf der Hauener Pütten zurückziehen, sammeln sich die Stare der weiteren Umgebung gerne auf dem Deich, um dort nach Nahrung zu suchen.

Das geht schon gegen 16 Uhr los.

Ein zweites Bild:

Ein Blick in die andete Richtung mit den Büschen vom Diekskiel im Hintergrund:

Mit bloßem Auge könnte man die vielen schwarzen Vögel auch für Mohrenlerchen halten.

Mächtiger Einflug und so weiter. 

Kinners, der verpasste Scheißvogel, der sich im Mai den Pilsumer Leuchtturm angesehen hat, geht mir nicht mehr aus dem Hirn!

Eine Mohrenlerche direkt vor meiner Haustür!

Und ich bekomme nicht den Hauch einer Chance, sie mir anzusehen!

Schlimm!

Sehr schlimm.

Aber ich werde es überleben (knirsch).


Drei Waldwasserläufer auf einmal:

Green Sandpiper

Und wieder der süße Flussuferläufer:

Ein letztes Bild, das ihn in seinem Lebensraum zeigt:

Und noch einmal zusammen mit einem Waldwasserläufer auf einem Bild:

both species together 


Ganz zum Schluss gibt es nocb Bilder von einer besonderen Begegnung:


Starling in deep love with Sheep

Ich befand mich am Abend auf dem Heimweg, als ich auf einer Weide links neben der Straße einen Star bemerkte, der auf dem Scheitel eines Schafs stand!

Genau zwischen den Ohren!

Ich konnte leider keine Vollbremsung machen, weil sich da so ein nerviger Drängler in seinem protzigen SUV unmittelbar hinter mir befand. Eigentlich wäre das die Gelegenheit gewesen, den Vollproll mal so richtig auffahren zu lassen, aber ich bin einfach nicht so. Corsilein soll doch auch noch ein bisschen weiterleben, jetzt, wo er wieder zwei Jahre TÜV hat. Also setzte ich den Blinker und ließ den Wagen sanft am Straßenrand ausrollen. Bis ich schließlich meine Kamera startklar gemacht hatte, war der Star bereits wieder auf den Boden geflogen.

Doch er kehrte zurück auf seinen Ausguck.

Leider landete er aber nicht exakt am selben Platz, sondern auf dem Rücken. Auch diesmal warf ihm das Schaf einen fragenden Blick zu, und fast hatte ich den Eindruck, als wollte es den Vogel knutschen:

or vice versa ;-)

Egal, als ich am Samstagmorgen mein Tarnzelt verließ, flog direkt neben mir eine Bekassine ab!

In den zwei Stunden, die ích dort fotografiert und beobachtet hatte, war mir der Vogel nicht ein einziges Mal aufgefallen.

Er war einfach noch besser getarnt als ich selbst.