Mittwoch, 7. April 2021

Ein Haufen Steine (Teil 2)

Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, Kinners, dass Dänemark auf den Ornitho-Verbreitungskarten wie ein Totenschädel aussieht?

Oh Gott, jetzt spinnt er nur noch rum, werdet ihr jetzt denken.

Doch vielleicht solltet ihr das, was ich hier behaupte, erst einmal überprüfen, bevor ihr euer Urteil fällt.

Dänemark sieht dort wirklich wie ein Totenkopf aus!

Es gibt eine Augenhöhle, eine spitze Nase und sogar einen Mund mit Zähnen.

Kleiner Tipp: Wer auch immer es ist, der da Dänemark darstellt, er schaut nach links.

Es folgen alte Bekannte, nämlich die Steine an der Wasserkante:





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Ich weiß nicht, wie es bei euch zurzeit ausschaut, aber hier nervt der blöde Wettergott ungemein mit Hagel, Graupel, Schnee und Regen sowie stürmischem Wind und niedrigen Temperaturen. 

Erst kommt der Winter nicht in die Pötte und dann will er auf einmal nicht mehr gehen! Unverschämt. Auch als Winter hat man sich an die Jahreszeiten zu halten. Und der Staffelstab war doch auch längst übergeben worden.

Das Bild da oben entstand an einem fast schon sommerlichen Abend Ende März. Mit kurzen Hosen und T-Shirt konnte man es an der Wasserkante wunderbar aushalten. Nicht einmal Wind gab es an diesem Tag.

Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich zwei Haubentaucher bei der Balz im aalglatten Wattenmeer:


on a warm March evening these two Crested Grebes were displaying in the wadden sea, which is very unusual, because this species actually avoids salty water during breeding season

Zuvor hatte ich bereits wieder ein paar Bilder von Vögeln geschossen, die üblicherweise auf dem Steinhaufen herumstehen:



Meadow Pipit 

Da war zum Beispiel wieder ein Wiesenpieper, der unbedingt Teil dieses neuen Beitrags werden wollte:




Auch das folgende Bild habe ich kurz vor Sonnenuntergang geschossen:


same bird

Das nächste Foto hingegen machte ich am ganz frühen Morgen bei kristallklarem und sehr neutralem Licht, so ganz ohne Gelb- und Rottöne:


maybe the same specimen

Mit eingezogenem Hals:


Der Vogel erklomm schließlich den Gipfel:


Als Wiesenpieper muss man sich ständig nach allen Richtungen umschauen:


Denn jederzeit kann der "böse" Merlin um die Ecke kommen oder sein Kumpel, der Sperber.

Oder aber einer der vielen Konkurrenten um die leckeren Mehlwürmer, die da auf dem Boden herumliegen. Insgesamt sind es mindestens drei Paare, die sich dort quasi ständig kabbeln, weil sie anscheinend über zu viel Energie verfügen. 

Eine Windböe:


Wer kreist da oben am Himmel:


Das ist kein Scherz!

Wenn Vögel den Blick nach oben richten, dann ist dort in der Regel ein Greifvogel zu sehen. 

Und weil auch Wiesenpieper sehr gute Augen haben, sehen sie mögliche Feinde auch viel früher als zum Beispiel ein Mensch. Das gilt aber auch für andere Arten, so von Stockente bis Rotschenkel. Wenn man das also weiß, kann man den Himmel rasch nach interessanten Arten absuchen. Nicht selten wird auf diese Weise mein Augenmerk auf durchziehende Fischadler oder Sperber gelenkt.

Ein letztes Bild von einem prächtigen Strandpieper, leider nicht aufgenommen bei schönem Licht, sondern gegen Mittag bei knalliger Sonne (Höchststrafe):


(presumed male) Rock Pipit in breeding plumage

Ja, Kinners, inzwischen haben alle Strandpieper die Krummhörn verlassen. 

Aus sicherer Quelle weiß ich, dass die ersten Individuen auf der norwegischen Insel Makkevika meist Anfang März eintrudeln. Die Masse der Vögel taucht dort dann in der Zeit von Mitte März bis Ende des Monats auf. 

Und so, wie die Zahl der Vögel in Norwgen wieder zunimmt, so nimmt sie bei uns ab. Den letzten Strandpieper dieses Winters sah ich am 2. April auf dem Manslagter Nacken. Jetzt muss man wieder bis Anfang oder Mitte September warten, bis die ersten Vögel in ihr ostfriesisches Winterquartier zurückkehren. 

Eine lange Zeit.



Chiffchaff

Der Vogel, der da seine chitinige Beute ins Visier nimmt, ist ein Zilzalp.

Fotografiert habe ich ihn auf dem Rysumer Nacken zu einer Zeit im März, als es nich frühlingshaft war im platten Norden. Viele kleine Insekten flogen durch die warme Luft, und als Zilpzalp ist man eigentlich permanent hinter ihnen her, um sie alle aufzuessen. 

Es folgen drei Bilder, die diesen Vogel in Aktion zeigen:


Chiffchaff watching his prey

Zuerst checkte der Zilpzalp die Lage, um dann gleich durchzustarten:


Gute Haltungsnoten bekam er von mir für seinen Auftritt verliehen!


Die Geschichte zu diesen Bildern ist schnell erzählt. 

Die kleinen Zweiflügler tanzten da an den Zweigspitzen im Wipfelbereich der Salweide auf und ab. Sie zeigten sich sehr standorttreu und waren so für den Vogel leicht auszurechnen. Immer wieder versuchte der sein kleines Glück, um sich am Ende etwas mühsam wie ein Eichhörnchen zu ernähren. 

Ich hatte die Jagdszenen schon aus größerer Distanz beobachtet und zückte schließlich etwas unentschlossen meine Kamera. Mit dem obersten AF-Messfeld steuerte ich den Zweig an, um dann, wenn der Vogel losflog, einfach dauerfeuermäßig draufzuhalten.

Das hat geklappt.

Unentschlossen war ich deshalb, weil ich normalerwiese zu dieser Tageszeit keine Bilder mehr mache. Es gab keine einzige Wolke am tiefblauen Himmel, das Licht war entsprechend grell. Und natürlich stand die Sonne zu diesem Zeitpunkt schon fast im Zenit.

Ich überprüfte die Resultate auf dem Monitor. 

Alle Bilder waren scharf, doch die Kontraste für meinen Geschmack viel zu heftig, der Schattenwurf geradezu grausig, und auch die Farben gefielen mir unter diesen Umständen nicht einmal ansatzweise. Deshalb habe ich das Ganze also wieder einmal in Graustufen umgewandelt und dann eines der Fotos auf einer einschlägigen Seite hochgeladen. Am nächsten Tag war ich erstaunt daraüber, dass das Bild in der Zwichenzeit gleich von mehreren Besuchern dieser Seite gelobt worden war. 

Tatsächlich hatte ich die ganze Serie nämlich schon im Feld löschen wollen. Doch die Vergangenheit hat mich gelehrt, dass man sich alles erst einmal in Ruhe auf einem richtigen Monitor am heimischen Schreibtisch anschauen sollte. 

Löschen kann man dann ja immer noch...

Ein Kleiner Fuchs vom selben Tag:


Small Tortoiseshell

Hier sonnte er sich ausgiebig, doch zuvor hatte er sich noch den Bauch mit Nektar vollgeschlagen. 

Im zeitigen Frühjahr blühende Weiden stellen eine ganz wichtige Nahrungsquelle für viele Insekten dar. In diesem Fall wimmelte es dort von verschiedenen Hummeln und anderen Bienen. Und es gab eben auch einige Tagfalter zu bestaunen, darunter auch Grünaderweißlinge, Tagpfauenaugen, einen C-Falter und eben mehrere Kleine Füchse.

Noch einmal dasselbe Tier:




same

Plötzlich erschien ein Individuum, das mir aufgrund seiner auffälligen Zeichnung sofort ins Auge sprang.

Nur zwei Bilder, die identisch aussehen, konnte ich machen, da war dieser besondere Schmetterling auch schon wieder abgetaucht:



conspicous specimen with much white in the wings

Es war nicht nur so, dass die Grundfarbe etwas dunkler war als bei "herkömmlichen" Kleinen Füchsen, nein, es gab auch noch viel Weiß sowohl im Vorder- als auch im Hinterflügel zu sehen. 

Das mit dem Weiß ist jetzt nicht so furchtbar ungewöhnlich, doch in dieser Ausdehnung und intensiven Ausprägung war es mir noch nie zuvor begegnet bei dieser Art, die in Ostfriesland nach wie vor erfreulich häufig ist. 

Aus anderen Regionen hört man da nämlich schon Beängstigendes!

Irgendwann hörte ich ein leises, aber wohliges "Aaaah" in meinem Rücken. Ich drehte mich um und entdeckte eine halbwüchsige Listspinne, die es sich auf meiner Isomatte gemütlich gemacht hatte und alle acht Beine so weit wie nur möglich von sich streckte:




female Nursery Web Spider

Über diese hübsche Art gibt es in diesem Blog einen wirklich lesenswerten Bericht, den ihr aber selber suchen müsst. 

Titel: "Das lustige Liebesleben der wunderbaren Listspinne."

Zurück zum Steinhaufen:


male White Wagtail

Ja, auch dieser prächtige Bachstelzen-Mann ließ sich immer wieder vor meinem Versteck blicken, um ausgiebig zu posen.

Seht, wie hübsch er doch ist:



Und wo im letzten Beitrag noch eine krächzende Rabenkrähe stand, präsentierte sich diesmal ein männliches Schwarzkehlchen, das den Seeblick genoss und auch ab und zu sang:



Stonechat

Nonnengänse im Deichvorland, fotografiert unweit des Steinhaufens:


Barnacle Goose

Jetzt, ich hatte das bereits angedeutet, herrscht hier wieder der Winter.

Angefangen hatte die ganze Kacke vor ein paar Tagen mit Sturm und hoher Tide:


my hide and the sea

Ich musste meinen ganzen Kram ganz fix in Sicherheit bringen, denn der Blanke Hans kennt grundsätzlich keine Gnade:


Es gibt so ein Sprichwort: "Der verfickte April, der macht, was er will" oder so ähnlich.  

Eigentlich ist dieser Monat für mich der schönste im Jahreslauf, denn die meisten Vogelarten kehren im April heim. Alles wird nach langer Durststrecke endlich wieder grün, und auch die sonstige Fauna erwacht abermals zum Leben. 

Aber dieses Schietwedder muss doch wirklich nicht sein.

Rückzug:



Vollständige Kapitulation: 


Das hier ist nicht die einzige Sturmflut geblieben in diesen Tagen. 

Und dann kamen auch noch Kälte und Geschosse von der Seite:



these brave Dunlins were foighting the weather

Alpenstrandläufer, überrascht von einem heftigen Graupelschauer. 

Und es folgt ein Steinwälzer auf der Flucht:


poor Turnstone on the run

Der Vogel trug einen Stahlring, doch ablesen konnte ich ihn leider nicht. 

Ehrlich, ich war einfach nur froh darüber, dass ich nicht umgenietet wurde an diesem stürmischen Tag. 

Weitere Eindrücke vom fiesen Winterwetter:



Black-headed Gull

Lachmöwen.



Laut Wettervorhersage soll es in den kommenden Tagen besser werden.

Der bescheuerte Wind soll noch heute Abend nachlassen und dann sogar vorübergehend zum Erliegen kommen.

Lieber April, gib dir doch mal ein bisschen Mühe!

So wie diese beiden Austernfischer, die in Pewsum jeden LIDL-Besucher auf dem Parkplatz lautstark, aber immer freundlich begrüßen:


Oystercatcher, typical habitat

Kinners, das gibt es wirklich nur hier im Norden.