Samstag, 9. August 2025

Karminrote Mordfliege (Choerades gilva) versus Zinnober-Mordfliege (Choerades ignea)

Liebe Besucher dieser Seite,

der Schritt vom Nebendarsteller in einem hin zum Hauptact in einem anderen Beitrag ist in diesem Blog bisweilen ein kleiner. 

Oder schneller.

Im Grunde braucht's nur zwei Dinge. 

Mein Interesse und Bilder, die einen beim Betrachten nicht auf der Stelle erblinden lassen

Mein Interesse war natürlich nach der ersten Begegnung mit einer weiblichen Zinnober-Mordfliege auf der Stelle geweckt (siehe letzten Bericht!). Und überhaupt bin ich selbst immer wieder begeistert von meiner nahezu kindlichen Begeisterung für die Natur, die über die Jahrzehnte nie nachgelassen hat und auch niemals nachlassen wird. 

Das würde sie auch dann nicht tun, wenn ich vier Millionen Jahre alt werden sollte.

Aber das nur so am Rande.

 

Heute geht es also wieder zurück an die Penter Straße in Wallenhorst-Hollage (Landkreis Osnabrück). 

Penter Straße?

In Hollage?

Kinners, ich muss euch was beichten, bevor ich so richtig loslegen kann.

Denn die bereits im letzten Bericht von mir erwähnten Flächen an der Penter Straße, wo mir die beiden seltenen und so furchtbar aufregenden Raubfliegen begegnet waren, um die es heute im Detail gehen wird, gehören gar nicht zum Wallenhorster Ortsteil Hollage, wie ich behauptet und bis vor kurzer Zeit auch wirklich noch aufrichtig geglaubt habe, sondern tatsächlich bereits zu Pente und somit zur Stadt Bramsche. Und diese Flächen befinden sich auch gar nicht an der Penter Straße, sondern an der Hollager Straße. 

Und zwar an der Bramscher Hollager Straße.

All das hat mir Google-Maps verraten! 

Ich hatte nämlich mein ganzes Leben lang die Gemeindegrenze, die genau hier verläuft, übersehen. 

Ohnehin wird die schmale Piste, die von Heideflächen und Kiefernwald gesäumt wird und von Bramsche-Achmer nach Hollage führt, von Eingeborenen inoffiziell ganz anders genannt: nämlich Karnickelrennweech. 

Um euch Arschkrampen jetzt noch mehr zu verwirren: Ich werde wider besseres Wissen trotzdem künftig nichts ändern und auch in diesem Beitrag von den Flächen an der Penter Straße bei Hollage schreiben, weil ich es so gewohnt bin und einfach schöner finde, auch wenn es inhaltlich vielleicht nicht so ganz korrekt sein mag. 

Oh, ein echter Hochspannungsmast für euch:


this power line tower is one of this blog post's three main actors

Seine Rolle in diesem Beitrag ist eine wesentliche!

Heute geht es also vor allem um die Karminrote Mordfliege (im Folgenden KaMo) und ihre Schwesterart, die bereits oben erwähnte Zinnober-Mordfliege (ZiMo), also um zwei Spezies, die in Deutschland eher selten gefunden werden, weil sie nicht ganz so anspruchslos sind wie etwa die allbekannte und hirnlose Stubenfliege.

An der Penter Straße kann man sie beide nebeneinander beobachten, wie ich bereits im vergangenen Juni herausgefunden und im letzten Bericht eindrucksvoll anhand von Bildern belegt hatte. Heute wird es also um Vieles im Zusammenhang mit diesen beiden Raubfliegen gehen, vor allem aber darum, wie man sie voneinander trennen kann, nachdem man bereits alle anderen Arten ausgeschlossen hat.

Schnell, sauber und sicher. 

Und natürlich wird es auch wieder so einige andere interessante Tierchen geben, die mir im Juli an diesem Ort vor die Linse gekrabbelt oder geflogen sind. Insgesamt habe ich diesen megacoolen Beitrag, der für mich schon jetzt der Beitrag des Jahres ist, mit unglaublichen 144 Bildern geschmückt, eines schöner als das andere.

So, genug auf die Kacke gehauen für heute.

Hier lauert eine männliche ZiMo auf Beute:


male Choerades ignea looking for prey

Es folgt eine männliche KaMo zum Vergleich:


male Choerades gilva for comparison – today we are talking about how to separate these two closely related and similar species from each other quick and safe. It is much easier than you might think. At the edge of a Pine forest close to the village of Hollage (Landkreis Osnabrück) these two species occur at the same time from June to the end of september in the same habitat

Gleich zu Beginn möchte ich auf einige wesentliche Unterscheidungsmerkmale aufmerksam machen, die kurioserweise nirgends erwähnt werden.

In keinem mir bekannten Bestimmungsbuch, auf keiner Internetseite. Ich liste sie deshalb gleich zu Beginn dieses Beitrages auf, damit ihr sie auf den vielen folgenden Fotos selbst überprüfen und für perfekt befinden könnt.

Es geht erstens um die Färbung der Schwingkölbchen!

Bei der ZiMo sind sie immer, also ausnahmslos, leuchtend und sauber hellgelb gefärbt. Man sieht sie sofort, sie fallen wirklich immer auf der Stelle auf (siehe Bild oben). 

Bei der KaMo dagegen sind sie entweder schmutzig dunkelgelb oder gar gräulich gefärbt und verschwimmen deshalb mit den ähnlich gefärbten Körperseiten der Fliegen, sodass man meinen könnte, es gebe sie gar nicht. 

Ich habe nicht eine einzige Ausnahme gesehen, weder im Feld noch beim Vergleich von ganz vielen Bildern im Netz. Es handelt sich hier also um ein totsicheres und rasch überprüfbares Trennungsmerkmal, wenn man die Möglichkeit hat, die Tiere aus der richtigen Perspektive zu betrachten, nämlich von der Seite oder schräg oben.

Zweitens: Oft wird hervorgehoben, die Helligkeit der Behaarung auf dem Thorax und jene der Borsten des so genannten Knebelbartes sei für die Unterscheidung der beiden Arten von großer Bedeutung. Und das stimmt auch. Wenn auch nur bedingt, denn das Licht kann hier schnell zum Spielverderber werden, wenn die Sonne grell scheint oder eine dichte Wolkendecke für Finsternis sorgt. Denn unter solch blöden Bedingungen und ohne direkten Vergleich kann eine Beurteilung nahezu unmöglich werden.

Es wird also vereinfacht gesagt und geschrieben, die KaMo habe dunkle, die ZiMo helle Haare. Das ist aber nur die halbe, vielleicht sogar nur ein Drittel der Wahrheit. Viel einfacher lässt sich nämlich auch hier, wie im Falle der Schwingkölbchen, die Färbung beurteilen. Die ZiMO zeigt immer einen Braun- oder Beigeton in der Behaarung der genannten Körperpartien, die KaMo dagegen niemals. Bei ihr gibt es lediglich Grautöne zu sehen, im Knebelbart sogar in fast allen erdenklichen Abstufungen. 

Womit wir beim dritten Unterscheidungsmerkmal sind: Bei der ZiMo sind die Borsten des Knebelbarts einheitlich beige gefärbt und von identischer Helligkeit, bei der KaMo dagegen kann man dunkle und helle Borsten nebeneinander sehen. Bei ihr wirkt der Knebelbart heterogen bezüglich seiner Farbe, beinahe sogar "unrein". 

Das war's schon. 

Doch bevor es jetzt so richtig losgehen kann, also so wirklich, gibt es wieder ein paar Rätselbilder für euch:


who is hiding here?

Wer versteckt sich hier hinter abgeplatztem Lack des bereits oben gezeigten Strommasten?

Und wessen Antennen lugen hier so frech unter einem Blatt des Faulbaumes hervor:


who is that?

Und was mag mit dieser Schale passiert sein während meiner zweiwöchigen Abwesenheit:








what might have happened to this cup with a mixture of dried milk and oat flakes, while I was absent for two weeks?

Was ihr da sehen könnt, ist eine Mischung aus Haferflocken und angetrockneter Milch. 

Ich habe diese Schale vor Antritt meiner Reise einfach aufs Ceranfeld meines Herdes gestellt, aber deshalb keineswegs sich selbst überlassen.

 

Am 24. Juni 2025 besuchte ich gegen Mittag die Heideflächen an der Penter Straße, nachdem ich zuvor einen langen Spaziergang durch den an diese Flächen angrenzenden Kiefernwald absolviert hatte. 

Auf einem Stück Totholz stand eine Gelbe Mordfliege. Ich kramte meine Kamera hervor und schoss rasch einige Bilder von ihr, doch ich löschte sie auch sofort wieder, weil grelles und ungefiltertes Sonnenlicht, wie es zu dieser Stunde vorherrschte, grundsätzlich keine passende Zutat für hübsche Fotos darstellt. 

Weil in der Vergangenheit all meine Begegnungen mit der Gelben Mordfliege identisch abgelaufen waren – kaum entdeckt, schon weg –,  beschloss ich, dieser oder einer anderen Gelben Mordfliege eine zweite Chance einzuräumen.

Am folgenden Tag erschien ich also viel früher auf der Waldrandbühne, um auf keinen Fall etwas zu verpassen. Jetzt wollte ich es besser machen. Und tatsächlich entdeckte ich wieder ein Individuum, das sich ganz attraktiv auf ein Stück Holz gestellt hatte.

Auf dasselbe Stück Holz wie am Vortag:




male Laphria flava

Die Bilder zeigen einen Kerl. 

Der Ort des Geschehens:





habitat of L. flava at the edge of a Pine forest

Wenig später entdeckte ich ein Weibchen, das sich auf dem Stamm einer Moorbirke sonnte. Bilder von diesem Individuum erspare ich euch aber; sie befinden sich ohnehin längst im virtuellen Mülleimer. 

Aber der Baum, auf dem sie stand, ist auf dem folgenden Foto zu sehen:


where I spotted my very first C. ignea. The specimen was sunbathing on the birchstem in da background

Gemeint ist nicht der liegende Stamm, sondern die Birke, die im Hintergrund mit einer Waldkiefer kuschelt.  

Die Fliege flog ab und kehrte nicht wieder zurück. Dafür aber eine andere große Raubfliege, wie ich sie schon einmal auf Bildern gesehen hatte. Jetzt gab ich alles und stellte auf Dauerfeuer. Weil das Tier lange stehen blieb und sich sogar ausgiebig putzte, konnte ich ganz viele Aufnahmen von ihm anfertigen. Drei davon gibt es im letzten Bericht zu sehen. 

Wieder ein paar Minuten später entdeckte ich nur wenige Meter entfernt eine weitere Raubfliege, die ich zunächst nicht einodnen konnte.

Und zwar hier:


where I spotted my first Choerades gilva, only few meters away from the C. ignea

Ihr seht, da liegt der Stamm einer Kiefer auf dem Boden.  

Und auf dem hellen und dünnen Zweig, der fast senkrecht nach oben ragt, stand das Biest, das ich ebenfalls durch Bilder belegen konnte. Es stellte sich später, nach ausgiebiger Recherche, als meine erste KaMo heraus (siehe Bild im letzten Bericht)!

Jetzt war mein Interesse geweckt, jetzt tauchte ich an diesem Ort an jedem Morgen auf, um diesen interessanten Raubfliegen aufzulauern. Das war im Juni. 

Im Juli verbrachte ich wieder knappe zwei Wochen im Gebiet. Und zwar nahezu ausschließlich in diesem Gebiet. Ich hatte es mir zum Ziel gesetzt, möglichst viele Fotos von beiden Arten zu schießen und, falls möglich, auch von sich paarenden Individuen oder welchen mit Beute. 

Ob mir das gelungen ist?

Allmorgendlich tauchte ich so gegen Sonnenaufgang am Ort des Geschehens auf. Weil sich Mordfliegen aber erst ab einer gewissen Temperatur blicken lassen, suchte ich in der Bodenvegetation zunächst nach anderen Fotomodellen.

So gab es zum Beispiel ganz viele hübsche Wespenspinnen zu bestaunen: 


female Wasp Spider

Ich arbeitete ihnen zu und unterstützte sie bei ihrer Jagd, indem ich mit jedem Schritt, den ich tat, unendlich viele Wiesengrashüpfer in ihre Netze scheuchte.

Ohne Absicht, freilich. 

Ein anderes Weibchen:



another 

Wiesengrashüpfer sehen übrigens so aus:


Chortippus dorsatus, one female followed by three males

Gleich drei Kerle waren hier einer Dame ganz dicht auf den Fersen.

Kaum war die Sonne aufgegangen, da stieß ich auf einen hübschen weiblichen Ampfer-Purpurspanner


female Lythria cruentaria

Im Schatten einer Hecke fand ich darüber hinaus auch noch eine männliche Roesels Beißschrecke


male Roesel's Bush-cricket with long wings

Und die war wirklich etwas Besonderes für mich!

Denn obwohl ich diese Art schon oft gesehen habe in der Vergangenheit, ist mir zuvor nie ein langflügeliges Individuum vor die Augen gesprungen. Normalerweise reichen die Flügel bei dieser häufigen Langfühlerschrecke nämlich nur bis etwa zur Mitte des Abdomens.  

Es gibt aber eine Reihe weiterer, eigentlich eher kurzflügeliger Arten, die ab und zu langflügelige Tiere hervorbringen können.

Und ich sah auch wieder Bachhafte, Zweigestreifte Quelljungfern sowie unzählige Gewöhnliche Strauchschrecken

Letztere waren jetzt ausgewachsen (vgl. letzten Bericht): 





Dark Bush-cricket

Die Strauchschrecken leben entlang des Wallenhorster Bachs und dort fast ausschließlich in einem Bereich, der tagtäglich vom Schatten verwöhnt wird: 



shady habitat of Dark Bush-cricket alongside a small stream with big numbers of Himalayan Balsam 

Man könnte sie ganz zwanglos als lichtscheues Pack bezeichnen.  

Entlang des Wallenhorster Bachs wachsen auch dichte Bestände des Drüsigen Springkrautes, wie ihr da oben unschwer erkennen könnt. 

An einer Stelle, wo ein dicker, quer liegender Baumstamm das Wasser des Bachs ausbremst, sammelten sich mit der Zeit die Kronblätter dieser hübschen Blume, die in Europa aber nicht bodenständig ist:


the remains of Himalayan Balsam swimming on the surface of the creek

Eher ist sie vielerorts zu einer echten Pest geworden. 

Ganz wichtige Informationen zur Familie der Raubfliegen für euch: Raubfliegen sind sympathische Tiere, denn sie suchen keine Kackhaufen auf, kein Aas, und sie dringen auch nicht in unsere Behausungen ein, um uns hauptamtlich auf den Sack zu gehen. Darüber hinaus krabbeln und fliegen sie nicht sinnlos durch die Gegend. Wenn sie etwas tun, dann hat das auch einen Sinn, und wenn sie landen, dann bleiben sie einfach an Ort und Stelle stehen, um von dort aus permanent alles genau zu beobachten. 

Freund und Feind, wenn man so will.

Raubfliegen sind die Großkatzen unter den Fliegen. Sie ernähren sich von anderen Insekten, die sie zumeist im Fluge aus der Luft pflücken. Und auch ihre Larven, die im Falle der Mitglieder der Unterfamilie der Mordfliegen meist oder immer in Totholz leben, ernähren sich dort von anderen Wirbellosen

Kurz: Aus der Sicht des Menschen sind Raubfliegen Nützlinge. Weil es uns aber gar nicht zusteht, darüber zu urteilen, wer nützlich und wer schädlich ist, handelt es sich um eine völlig sinnfreie Einordnung, wie ich finde, zumal wir uns mal an die eigene Nase fassen sollten und so weiter. 

Wenn am Morgen die Sonne lang genug scheint, dann kann man im Juli an der Penter Straße so ab acht Uhr mit dem Auftauchen der ersten Mordfliegen rechnen. 

Hier war es eine weibliche ZiMo, die sich recht früh am Vormittag auf dem oben erwähnten, dürren und senkrecht nach oben zeigenden Ast sonnte: 



this female Choerades ignea shows this species's main characteristics: there ist always a brownish or tawny tone in colouration of the bristles of the beard (the one between the eyes, also note, that all these bristles are of same colour and brightness) and the hair on the thorax, which you will never see in C. gilva. The halteres are always clean pale yellow and therefore conspicous (see the following picture of female C. gilva)

Zum Vergleich gibt es jetzt eine weibliche KaMo für euch, fotografiert bereits im Juni:



female C. gilva for instant comparison: note there is no brownish tone in colouration of hair and bristles, the halteres are in this species dark yellow or even greyish and match the colour of the thorax

Sie stand damals auf demselben Zweig!

All die oben genannten Merkmale sind nicht geschlechtsspezifisch, wie ihr locker an den folgenden ZiMo-Männchen sehen könnt: 


all these characteristics do not depend on the sex, as you can see in these two male C. ignea

Zum Vergleich ein oder zwei KaMo-Männchen: 



same here in two male C. gilva

Männchen erkennt man übrigens an den Genitalauswüchsen am Körperende, die mich immer an einen Pavian-Popo erinnern, wenn auch nicht von der Farbe her.

Jetzt habt ihr Hohlbunken schon wieder eine ganze Menge gelernt!

Bevor die Mordfliegen am Morgen erstmalig auftauchten, musste ich mich also mit anderen Kandidaten zufriedengeben. Spannend ist das allemal.

Und deshalb auch kein Problem für mich:




Speckled Bush-cricket male (above) and female was abundant in this area at the edge of the pine forest

So fand ich gefühlte viertausend Punktierte Zartschrecken

Auf der offenen Fläche am Rande des Kiefernwaldes gibt es nämlich einen immensen Strauchaufwuchs, bestehend vor allem aus Amerikanischer Traubenkirsche und Faulbaum. Und in jedem dieser vielen Büsche gab es mindestens zwei Zartschrecken zu entdecken. Natürlich fielen sie im Vorbeigehen nicht auf, doch wenn ich mir die Zeit nahm und an so einem Busch stehen blieb, dann konnte ich sie nicht mehr übersehen. 

Weil sie sich irgendwann bewegten. 

Patschnass:


Fox Moth's caterpillar was common

Sehr häufig war im Gebiet auch die Raupe des Brombeerspinners.

Diese hier fand ich während eines andauernden Sprühregenschauers. Nur in ihrer Jugend zeigt sie diese charakteristischen orangefarbenen Ringel, später sieht sie ganz anders aus. 

Die Raupe dieser Art habe ich schon oft und an vielen Orten, den Falter aber noch nie gesehen.

Blümchen gab es übrigens auch:



pretty Red Campion

Die Fotos zeigen die Rote Lichtnelke.

Dieser Braune Waldvogel wartete geduldig auf den Sonnenaufgang:


this Ringlet was waiting for sunrise

Viele Stieleichen wachsen am Waldrand zwischen den Waldkiefern: 




Pedunculate Oak

Und neben vielen Eicheln gab es auch so etwas zu sehen:


created by the Gall Wasp Andricus fecundator

Gehören solche Teile nicht eher an einen Nadelbaum?

Nein, gehören sie nicht, denn es handelt sich hier nicht etwa um Zapfen, sondern um Gallen, in diesem Fall um so genannte Eichenrosen, die die Gallwespe Andricus fecundator durch  ihre Eiablage mal so eben kreiert hat. 

In einer solchen Stieleiche entdeckte ich auch diesen weiblichen Strauchdieb:


Neoitamus spec.

Um welche der drei in Mitteleuropa vorkommenden Arten aus der Gattung Neoitamus es sich hier handelt, muss leider offen bleiben.  

Denn man kann sie nicht anhand eines Fotos sicher voneinander unterscheiden, wenn ich mich nicht irre. Strauchdiebe sind übrigens auch Raubfliegen, allerdings aus der Unterfamilie Asilinae.

Überhaupt entdeckte ich bei meinen Spaziergängen über die halboffene Fläche am Rande des Kiefernwaldes immer wieder einzelne Raubfliegen in der Bodenvegetation, die dann oft noch von Tau bedeckt waren:



Robber Fly of unknown id.

Bestimmen kann ich keine davon. 

Und Mordfliegen waren nie dabei!

Ich kann also nur vermuten, dass sie woanders übernachten. Ich könnte mir vorstellen, dass sich ihre Schlafplätze an Baumstämmen befinden und dort vielleicht in größeren Höhen, damit sie morgens möglichst früh was von der Sonne abbekommen.

Ich sah etliche Marienkäfer wie diesen mutmaßlichen Siebenpunkt


Common Ladybug

Der zitterte am ganzen Körper und brachte kein Wort heraus, obwohl ich gezielt nachfragte, was mit ihm denn los sei. 

Erst nach einer ganzen Weile taute der Käfer auf. Er berichtete mir, was er am Tag zuvor beobachtet hatte. Und dass er seit diesem Erlebnis keine ruhige Minute mehr genießen konnte. Was genau er erlebt hat, erzähle ich euch aber später.

Zwei weitere Wespenspinnen:



too more Wasp Spiders

Das zweite Weibchen war riesig und fiel auch wegen der sehr kontrastreichen Zeichnung seiner Beine auf. 

Kurioserweise aber war sein Abdomen eher klein. Solch große Weibchen haben normalerweise ein fettes Kugelabdomen, das man nur schwer fotografieren kann, weil es so dreidimensional ist und partout nicht in die Schärfenebene passen will. Und so vermutete ich, dass dieses Weibchen vielleicht schon eine Ladung Eier abgelegt hatte, doch ich fand keinen Kokon, und die Kokons der Wespenspinne kann man nun wirklich nicht übersehen. 

Die Wespenspinne, das jetzt nur so ganz am Rande, wird es übrigens niemals zum Wappentier der AfD schaffen. Sie hat nämlich einen "Migrationshintergrund" und stammt ursprünglich aus dem Süden Europas. 

Kinners, ich habe auch einen Hummelschwärmer gesehen, mehrere Schwalbenschwänze und auch einen Labkrautschwärmer, der, wie all die Individuen, die ich schon in den letzten Jahren auf dem gar nicht mal so weit entfernten Flugplatz Achmer beobachtet hatte, am Tage nach Nahrung gesucht hat. Und zu allem Überfluss hat es auch noch für meine allererste Veränderliche Krabbenspinne in Westniedersachsen gereicht und darüber hinaus für einige Gemeine Sichelschrecken.

Nicht gesehen habe ich überraschenderweise die Heuschrecken-Sandwespe, die ich ja bereits 2022 auf dem nahen Flugplatz entdeckt hatte. An der Penter Straße sah alles perfekt für diese Art aus, und es gibt dort ja auch Langfühlerschrecken ohne Ende! Und auch an offenen Sandstellen mangelt es dort nicht. Sogar ein einzelnes Thymian-Kissen habe ich gefunden, das auch gerade blühte, doch eine Heuschrecken-Sandwespe hat sich nicht darauf blicken lassen, obwohl blühender Thymian die Art geradezu magisch anzieht wie Baldrian Katzen.

Trotzdem ist es doch immer wieder erstaunlich, was man alles so entdecken kann auf einer Heidefläche am Rande eines Kiefernwaldes. 

Unglaublich!

Die Heideflächen an der Penter Straße gibt es eigentlich nur (noch), weil dort eine Überlandleitung verläuft. Mit Machinengewalt hat man sie in all den Jahrezehnten offen gehalten, heute erledigen Schafe diesen Job. Und zwar diverse Rassen vom Balkan und nicht so abartige Viecher, wie man sie auf den hiesigen Deichen ertragen muss. Die Heide wird bearbeitet von Schafen mit echten Hörnern und glattem Fell und so weiter. 

Ein kleiner Teil des Gebietes, und zwar der der Gemeinde Wallenhorst, war schon vor Jahrzehnten in Anbaufläche (zurzeit Mais) transformiert worden, und alle Gewässer, die es dort in meiner Kindheit noch gegeben hat, sind längst zugeschüttet worden. Amphibien haben also schlechte Karten, doch Wald- und Zauneidechse gibt es dort auch heute noch. 

Beide habe ich immer wieder gesehen, aber nur die Waldeidechse auch fotografiert:







female Viviparous Lizard

Die Flächen an der Penter Straße zeigen ganz eindrucksvoll, welch unglaubliche Diversität möglich ist, wenn der Mensch nicht jeden Quadratmeter mit Tonnen von Stickstoff zuschüttet. 

Permadoppelmerksatz: Das ewige Düngen allein macht schon alles kaputt. Dünger ist die Guillotine der Artenvielfalt.

Zurück zu den Hauptdarstellern: 



one of this blog post's main actors is this power line tower

Der Rand des Kiefern-Mischwaldes ist nach Osten ausgerichtet. 

Gegen Mittag tauchen dort alle für die Mordfliegen geeigneten Warten im Schatten ab. Spätestens dann wird der oben gezeigte Hochspannungsmast zum Epizentrum eines Mordfliegentages. Hier wird Beutetieren aufgelauert, hier findet man als Mordfliegen-Kerl seine sexy Partnerin. 

ZiMo und KaMo lassen sich dort ebenso blicken wie die geile Gelbe Mordfliege. 

Seht (und achtet auch hier wieder auf die Merkmale!): 



male Choerades ignea, ...


... male Choerades gilva, ...


... and this male Laphria flava use this tower for their purposes, after the edge of the forest has already fallen into deep shade

Drei Bilder, drei Arten.

Die Gelbe Mordfliege steht auf horizontalen wie auch auf vertikalen Strukturen an, wenn sie lauern oder sich sonnen will. 

Die beiden anderen Arten bevorzugen eindeutig senkrechte Warten. In der Regel, also natürlicherweise, sind das Baumstämme, tot oder lebendig. An der Penter Straße waren es ausschließlich Kiefern (KaMo) oder Kiefern und einmal Moorbirke (ZiMo). Ich gehe aber davon aus, dass es bei diesen beiden Cousinen keine Unterschiede gibt bzgl. ihrer Wartenpräferenzen.

Die niederländischen Namen für diese beiden Arten, Rode und Gouden Dennenstamjager, passen also wie der berühmte Arsch auf den Eimer. Übersetzt bedeuten sie nämlich Roter und Großer Kiefernstammjäger. Okay, den Roten Kiefernstammjäger könnte man besser als Dunklen oder Düsteren Kiefernstammjäger bezeichnen, wenn man es perfekt machen wollte, denn Rot auf dem Abdomen zeigen schließlich beide Arten.

Funfact in diesem Zusammenhang: Das Bild im niederländischen Wikipedia-Artikel über die KaMo zeigt tatsächlich eine ZiMo: klick!

Im Gegensatz zur ZiMo habe ich die KaMo immer mal wieder auch auf horizontalen Warten beobachten können, allerdings nicht annähernd so oft wie die Gelbe Mordfliege. 

Hier stehen sie, KaMo (links) und Gelbe Mordfliege, nebeneinander auf demselben am Boden liegenden Kiefernstamm: 



Choerades gilva (left) with Laphria flava

Das war vor allem am späteren Nachmittag der Fall, wenn die Temperaturen bereits sanken und Teile der Fläche gerade noch von der Sonne erreicht wurden. 

Ein KaMo-Männchen auf der untersten und horizontalen Strebe des Hochspannungsmasten: 



male C. gilva 

An einem anderen Tag sah ich dort ein anderes Männchen herumstehen:




same male C. gilva

Mordfliegen haben nicht nur große Augen, sie besitzen im Gegensatz zu den meisten Fliegen auch einen sehr beweglichen Hals, der es ihnen ermöglicht, nach fast allen Richtungen zu schauen, wenn es erforderlich ist:  



staring in the air

Ja, sogar senkrecht nach oben!

In dieser Hinsicht erinnern sie mich an Segellibellen, die das auch meisterlich draufhaben. Reicht die Flexibilität des Halses nicht aus, richtet die Fliege ihren ganzen Körper blitzschnell aus, nur um daraufhin, wenn ihr Interesse erlischt,  ebenso schnell wieder in ihre Ausgangsposition zurückzukehren. Der Grund dafür, dass sie sich so ausrichtet, ist die bedeutendere Größe der zentralen Facetten ihrer Augen, die ihr wohl eine besonders scharfe Sicht auf die Welt ermöglichen.

Jedes sich bewegende Objekt wird aufmerksam mit dem Blick verfolgt, und selbst vorbeifahrende Autos – der Karnickelrennweech ist nur wenige Meter entfernt – behält man als Mordfliege sicherheitshalber im Blick. 

Ich habe das selbst etliche Male gesehen!

Hier sieht man etwas vom hübschen Rot auf den Tergiten des Hinterleibs:



same

Das ist nicht oft der Fall, weil die Fliegen ihre Flügel dachziegelartig über das Abdomen legen, wenn sie ruhen. 

Was ist da oben los?























note the clean white beard underneath the proboscis. In this aspect there is no difference between C. gilva and C. ignea

Beachtet hier büdde den schneeweißen Abraham-Lincoln-Backenbart, der auch bei der ZiMo exakt so aussieht:


what's up

All diese Bewegungen werden so schnell ausgeführt, dass es sauschwer ist, sie in scharfen Bildern festzuhalten.  

Weil dieses Individuum aber lange auf der Metallstrebe stand und ich lange davor auf dem Boden lag, hat es am Ende doch geklappt, obwohl der Autofokus meiner Kamera in den allermeisten Fällen keine Chance hatte. 

Eine KaMo von vorn:



C. gilva

Denkt an die Merkmale! 

Auf dem Bild sieht man gleichzeitig und sehr gut den gemischtfarbigen Knebelbart (oberhalb des Stechrüssels und zwischen den Augen) und den Backenbart, der immer reinweiß ist.

Kiefern sind wohl die natürlichste Anstehwarte der beiden Choerades-Arten: 




female C. ignea perching on a Pine tree head first like they usually do

Die beiden Bilder zeigen ein ZiMo-Weibchen.

Auch die folgenden zwei:



same

Oh, beide Arten (KaMo oben) im selben Augenblick am selben Stamm:  



both species C. ignea (below) and C. gilva at the same time on the same perch

Tage zuvor hatte ich das schon einmal beobachtet, nur viel besser!

Denn die beiden Fliegen standen direkt übereinander auf einem Kiefernstamm und nur wenige Zentimeter voneinander und einen Meter von mir entfernt. Ich sah sie im Profil, es hätten also supergeile Bilder werden können, fürs Bestimmungsbuch und so weiter, ihr wisst, was ich meine, doch um diese Superbilder zu verwirklichen, musste ich noch einen Schritt zurückgehen, um beide Tiere komplett aufs Bild zu bekommen. Ich hatte mich noch gar nicht bewegt, da tauchte wie aus dem Nichts eine ganz armselige Waldameise auf, die flink den Stamm emporkletterte und beide Fliegen aufscheuchte. 

Erst die eine, dann die andere.

Kinners, ich hätte ihr den Hals umdrehen sollen, habe mein sizilianisches Temperament aber gerade noch unter Kontrolle bringen und so einen der schlimmsten Kiefernwald-Amokläufe der Menschheitsgeschichte verhindern können. 

Und meine Pumpgun lag eh im Auto. 

Beachtet auf dem Bild da oben büdde auch die winzige Goldwespe

Mein Basislager am Fuße des Hochspannungsmasten war gleichzeitig so etwas wie eine von mir selbst kreierte Mordfliegen-Arena:

my Robber Fly arena at the base of the pylon. I brought out some suitable perches to let lokk the pictures more natural  

Um natürlicher wirkende Bilder zu schießen, habe ich nämlich diverse zusätzliche Stehwarten angebracht. 

Totholz und so weiter. 

Darunter befand sich auch die Holzlatte (ganz links), auf der schon im Juni der geile Steinkauz des letzten Berichtes gestanden hatte. Die Warten wurden nachmittags, wenn die Sonne sie fröhlich anstrahlte, eifrig genutzt.

Aber keineswegs nur von den Mordfliegen:


surprise, suddenly there stood a presumed Yellow-legged Clearwing, which constituted a lifer for me

Plötzlich stand da ein (mutmaßlicher) Wespenglasflügler auf einem der angebrachten Hölzer!

Ich saß auf meiner Saftkiste, musste schnell handeln und schoss von meinem Platz aus die ersten Fotos. Da befand sich aber noch das Teleobjektiv an meiner Kamera, weil ich kurz zuvor einen überfliegenden Wespenbussard fotografiert hatte, doch knipsen wollte ich den hübschen Falter eigentlich viel lieber mit dem Makro. Doch bevor ich es an die Kamera setzen konnte, flog der Scheißschmetterling auch schon wieder ab. 

Ich hatte also intuitiv und natürlich auch wegen meiner langjährigen Erfahrung alles richtig gemacht. 

Die Freude war also groß. 

Dieser Wespenglasflügler war erst der dritte Glasflügler überhaupt für mich. Aber gleichzeitig auch die dritte Glasflügler-Art! Zuvor hatte ich nämlich jeweils nur einen Weidenglasflügler (im Wybelsumer Polder, Stadt Emden) und einen Hornissenglasflügler (bei Neuwesteel, Stadt Norden) beobachtet und abgelichtet. 

Ich könnte das ändern, denn im Netz kann man für die meisten Arten Pheromone erstehen und mit ihrer Unterstützung wenigstens die Männchen anlocken, doch das werde ich gar nicht erst versuchen. Ich meine, ich mag grundsätzlich keine enttäuschten Gesichter, wenn ihr versteht, was ich meine. 

Auch mein erster Waldbock ließ sich in meiner Arena, die ein bisschen wie eine heidnische Kultstätte aussah, blicken; er kam sogar extra angeflogen, nur um mir eine Freude zu machen: 


my first Spondylis buprestoides

Ich hatte ihn für einen Balkenschröter gehalten, doch in einem Forum hat man mich auf die rechte Spur gebracht. 

Wie gut, dass es das Internet gibt!

Auf den Metallstreben des Strommasten waren so einige Käfer unterwegs:


Old House Borer

Hausböcke!

Was haben die da verloren? Können die auch Metall auf- oder durchbohren? Stürzen bald alle Strommasten in sich zusammen? 

Ich meine, das wäre doch mal eine richtig coole Entdeckung, und vielleicht könnten diese Käfer von uns Menschen irgendwie genutzt oder wenigstens versklavt werden und auf diese Weise den Maximalschaden, den sie in der Vergangenheit an Dachstühlen angerichtet haben, wieder gutmachen. Dann wären sie endlich mal für etwas gut. Ich meine, es sollte doch wirklich nur Tierarten geben, die für uns irgendeinen Nutzen bringen.

So zumindest denken viele Bürger dieser Republik.

Hübsch:


another

Auch diese Rindenspringspinne hatte offensichtlich Holz gegen Metall eingetauscht:



Marpissa muscosa

Oh, eine KaMo:


Choerades gilva

Gleich am ersten Tag meines Juli-Aufenthaltes im Landkreis Osnabrück sah ich Erstaunliches. 

Eine KaMo – nicht diese, es war eine andere –, die direkt vor mir auf dem Metall stand, flog plötzlich senkrecht nach oben und landete in großer Höhe auf einer der sieben Leitungen! Am Folgetag sah ich genau dasselbe ein weiteres Mal, danach nie wieder.

Ein Erklärungsversuch: An diesen beiden Tagen war es sehr heiß mit einer Temperatur knapp unterhalb der 30-Grad-Celsius-Marke. Möglicherweise diente dieser Ausflug der Thermoregulation. In luftiger Höhe war es bestimmt erträglicher für eine Mordfliege. Auf der anderen Seite hätte sie einer möglichen Überhitzung einfacher aus dem Weg fliegen können, der nächste Schatten war schließlich nicht weit. Und deshalb könnte es noch einen weiteren Grund für dieses Verhalten geben: Von ganz oben hat man als Mordfliege einen viel besseren Überblick über sein Revier, was beim Beuteerwerb und auch bei der Partnersuche hilfreich sein kann.

Im Anschluss an diese beiden Tage wurde es wieder deutlich kühler, die Mordfliegen nutzten aber weiterhin auch höhere Etagen des Strommasten.

Seht doch selbst (alles KaMo, aufgenommen an verschiedenen Tagen):




all these C. gilva were perching at higher elevations of the tower

Maximal waren es fünf Männchen gleichzeitig!

Sie taten das vor allem abends und morgens, wenn der untere Teil des Masten (oder Mastes?) nicht mehr oder noch nicht von der Sonne angestrahlt wurde. 

Ich gehe davon aus, dass auch Bäume auf ganzer Länge von den Biestern genutzt werden, doch bekommt man dort nichts von ihnen mit. Denn selbst mit einem Fernglas, wie ich es permanent genutzt habe, wird man die Fliegen auf der unruhig gezeichneten Borke einer Waldkiefer nicht ausfindig machen können. Die monochrome Grundierung des Strommasten machte mir die ganze Sache wirklich leicht, und oft waren die Mordfliegen sogar schon mit bloßem Auge als dunkle Punkte erkennbar gewesen. 

Was sich wohl alles in den Wipfeln dieser Kiefern so abspielt:



natural perches for Robber Flies at all elevations?

Es gibt natürlich einige weitere Hochspannngsmasten entlang dieser Trasse, die aus der Sicht einer Mordfliege an geeigneter Stelle stehen. 

Also auf einer Heidefläche und nahe am Kiefernwald. 

Doch trotz zahlreicher Kontrollen konnte ich die Mordfliegen immer nur an diesem einen Exemplar beobachten. Dort aber sehr zuverlässig, an jedem Tag und zu fast allen Tageszeiten. Dafür habe ich jetzt aber keine plausible Erklärung für euch. Und hier trat die KaMo etwa dreimal so häufig wie die ZiMo in Erscheinung.

In der Restrepublik ist es genau umgekehrt: Beide Arten werden insgeamt selten, aber die ZiMo deutlich häufiger als ihre düstere Cousine gefunden. Auf Naturgucker.de gibt es von der KaMo bundesweit sogar nur einen Fundort, es ist der an der Penter Straße!

Freilich ist die Art so extrem selten auch wieder nicht. Auf Insekten-Sachsen.de, das ist eine sehr schöne Seite, und der dortigen Verbreitungskarte für unser südöstlichstes Bundesland sind schon ein paar Fundpunkte der KaMo verzeichnet, und sicher könnten es weitere sein, wenn gezielt gesucht werden würde. 

Also alle ausschwärmen und hinein in die Kiefernwälder!

Nicht nur im Freistaat Sachsen.

Wenn es kühl war, z. B. auch dann, wenn sich nur eine Wolke ausgerechnet direkt vor der Sonne vom anstrengenden Ziehen eine Pause gönnte, dann schmiegten sich die Tiere eng an ihre Unterlage:






C. gilva sunbathing without sun

War die Wolke plötzlich weg, stieg auch die Temperatur rasch wieder an, was natürlich auch ich spüren konnte. 

Die Mordfliegen, wie dieses KaMo-Weibchen, reagierten umgehend:


same, but now as the result of rising temperatur standing more "upright" to avoid  overheating

Sie stellten sich aufrechter hin. 

Aufrecht im Sinne von durchgestreckten Beinchen, sodass der Körper den Bodenkontakt verliert und so nicht überhitzen kann. 

Auch hier (ihr achtet doch hoffentlich noch auf die Unterscheidungsmerkmale, oder?):


same female

Dann erinnerten mich die Biester an Pfahlbauten, wie es sie irgendwo am Bodensee geben soll:


one more time C. ignea for comparison

Das letzte Bild zeigt natürlich wieder eine weibliche ZiMo.

Stiegen die Temperaturen jetzt noch weiter an, mussten sich die Mordfliegen ein anderes Plätzchen suchen, eines, das sie vor zuviel Sonne und vor allem Wärme schützt. 

Luftigere Höhen waren aber grundsätzlich immer beliebt:


C. gilva perching on da sign

Dieses Bild hatte ich ganz oben schon einmal gezeigt als das erste Bild dieses Beitrages, die lauernde Mordfliege habt ihr aber bestimmt übersehen.

Blind?

Eine weitere Zartschrecke:




same female Speckled Bush-cricket as above, note the missing left hindleg

Nein, es ist dasselbe Weibchen wie oben, erkennbar am fehlenden linken Hinterbein. 

Und ein Männchen im morgendlichen Gegenlicht:


another male

Es folgt die Auflösung des zweiten Rätselbildes:


second mystery solved – this is a female Red-brown Longhorn Beetle

Die Antennen, die ihr oben gesehen habt, gehörten zu diesem weiblichen Rothalsbock.  

Eine zweite Dame suchte eine meiner Warten auf:






another female

Dieser hübsche Käfer war insgesamt sehr häufig zu sehen. 

Seine Larven leben, wie ja auch jene der Mordfliegen, in totem Holz, vor allem von Fichte und Kiefer. Im Gegensatz zu den Fliegenlarven leben sie aber auch von totem Holz, und vielleicht werden sie in ihren Bohrgängen von den Larven der Mordfliegen erbeutet. 

So oder so, Totholz ist so unglaublich wichtig für so viele Tier-, Pflanzen- und auch Pilzarten:


deadwood like rotting tree trunks are so important for so many species

Und im Kiefern-Mischwald an der Penter Straße mangelt es nicht daran!

Kinners, ruhig mal einen Blick über den Tellerrand hinaus riskieren:





Laphria flava only

Mordfliegen sind leicht zu fotografieren. 

Wenn man sich nicht allzu bescheuert verhält und auf ruckartige Bewegungen verzichtet, dann lassen sie einen neugierigen Zweibeiner bis auf wenige Zentimeter an sich herankommen. Wenn es überhaupt ein Hindernis bei der Fotografie dieser Tiere gibt, dann ist es das Licht. Grelle Sonne macht alles kaputt, es gibt dann hässliche Schatten und strenge Kontraste, die keiner braucht. Ich hatte aber Glück, denn an allen Tagen hat es sowohl sonnige als auch wolkige Momente gegeben. 

Und was oder wen essen diese haarigen Biester eigentlich? 

Beuteerwerb habe ich selten beobachtet, eigentlich nur wenige Male. Ich war fast schon so weit zu denken, dass sich Mordfliegen ausschließlich von Luft und Liebe ernähren. 

Bis ich diese weibliche ZiMo entdeckte:


female C. ignea with unlucky Ladybug

Sie musste kurz zuvor einen Marienkäfer unbekannter Artzugehörigkeit erbeutet haben.

Jetzt stand sie auf der Grundierung des Strommasten herum und schlürfte ihn genüsslich aus. Ich schoss vier Millionen Bilder, bis mich eine mutige Goldaugenbremse attackierte. Sie wollte mein Blut und ich ihr einen mitgeben, doch mein Gefuchtel verscheuchte nur die ZiMo. Glücklicherweise landete sie nur einen Augenblick später um die Ecke auf einer der von mir spendierten Warten.

Das sah dann so aus: 






same female photographed from different angle

Es folgt ein ZiMo-Männchen mit einem Siebenpunkt: 



male with Ladybug

Und genau das war das, was der andere Siebenpunkt von ganz oben gesehen hatte. Er war Zeuge solch grausamer Mordfliegen-Attacken geworden. 

Jetzt mal eine männliche KaMo mit einer Ameise:


male Choerades gilva with ant

Die war an diesem sonnigen Tag zuvor ausgeschwärmt, um die Welt zu erobern, und dann passiert ihr so eine Scheiße.  

Eine Wanze unbekannter Artzugehörigkeit fiel einer weiblichen KaMo zum Opfer:


female C. gilva with kind of true bug species

Leider war es in diesem Augenblick furchtbar grell. 

Und so sind die besten Bilder vom Beuteerwerb die folgenden drei:



female C. ignea with Eurygaster spec., which reminded me of a Tapir 

Sie zeigen eine weibliche ZiMo am Kiefernstamm mit einer Wanze aus der Gattung Eurygaster:


same

Und diese Wanze erinnerte mich von ihrem Gesichtsausdruck her an einen Tapir oder so: 



close-up

An einen Flachlandtapir, wohlgemerkt, denn wir sind hier ja in Norddeutschland. 

Diese arme Wanze war mir auch völlig unbekannt, auch in ihrem Fall musste ich nachfragen. 

Fragen kostet schließlich nichts, und schon der Sesamstraßen-Titelsong hat es uns allen ja schon vor Jahrzehnten beigebracht: Wer nicht fragt, bleibt dumm.  

Man vergreift sich nicht an Schwächeren:


male Laphria flava with small fly of unknown id.

Um den ganzen Beutekram jetzt abzuschließen, gibt es noch schnell ein Foto von einer männlichen Gelben Mordfliege, die sich kurz zuvor eine winzige Fliege unbekannter Artzugehörigkeit geschnappt hatte. 

Auge in Auge, für den Winzling sicher kein schöner Moment. Und beeindruckend zu sehen, dass es sich in beiden Fällen um Mitglieder ein und derselben Unterordnung der Zweiflügler handelt. Die Verschiedenheit scheint grenzenlos.

Direkt neben meinem Wagen fand ich an einem Morgen zwei blühende Breitblättrige Sumpfsitter:  



Epipactis helleborine

Diese Orchidee hatte ich im Bericht über die Bienenragwurz vorenthalten, bzw. nur unblühend gezeigt. 

Und es gab einige Königskerzen, die ich auch nicht wirklich bestimmen kann: 


Verbascum spec. 

Vexiernelke, gefunden am nahen Stichkanal: 


Rose Campion

Wie das Drüsige Springkraut ist auch sie kein natürlicher Bestandteil unserer heimischen Flora.

Im Gegensatz zu ihm tritt die Vexiernelke aber auch nur vereinzelt auf, übrigens auch auf dem Rysumer Nacken! 

Eine Riesenschnake mit hübsch gemusterten Flügeln hing entspannt im Rainfarn wie einst Sly Stallone in der Klippe: 

female Tipula maxima

Ähnlich elegant überbrückte eine männliche Blaugrüne Mosaikjungfer eine wolkige und recht kühle Phase:



male Southern Hawker

Am 24, Juli entdeckte ich auf dem Blatt einer Amerikanischen Traubenkirsche eine zierliche Mordfliege, wie ich sie nie zuvor gesehen hatte:



assumed Choerades femorata

Leider konnte ich das Tier nur von oben, nicht aber im Profil fotografieren.  

Denn: zack, weg. 

Ich gehe aber ganz stark davon aus, dass das meine erste Kleine Mordfliege gewesen ist, also eine Cousine der beiden Hauptdarstellerinnen. Sie sieht ähnlich aus, stammt auch aus derselben Gattung, ist aber nur halb so groß. 

Und jetzt gibt's wieder eine Raubfliege aus der Unterfamilie Asilinae: 



unknown Robber Fly of subfamily Asilinae

Eine Paarung derselben oder einer ähnlichen Art:


same or another species

Ihr seht, der Kopf dieser Tiere zeigt beim Ruhen nach oben.

Bei den beiden Hauptdarstellerinnen sieht das immer anders aus.

Es folgen zwei KaMo:


female C. gilva 

Kopfüber muss es sein:


another – these guys always stand headfirst on the surface

Und eine ZiMo:


C. ignea

Mal stehen sie senkrecht mit dem Kopf nach unten, meistens aber diagonal:


same or another

Weiter oben hatte ich geschrieben, dass beide Arten, also die ZiMo und die KaMo, nahezu ausschließlich vertikale Strukturen aufsuchen.

Und das ist auch richtig, doch manchmal ließ sich nicht genau sagen, ob es nun eine senkrechte oder waagerechte Warte war, auf der sich die Biester ausruhten vom Alltagsstress:



this female Choerades ignea didn't want do make a decision between a horizontal and a vertical perch. So she chose something in-between

Oft standen alle drei Raubfliegen nämlich auf den fetten Muttern des Strommasten herum:



same

Wie eben dieses ZiMo-Weibchen. 

Auch die KaMo fühlte sich dort wohl:


Choerades gilva

Von der Gelben Mordfliege, die sich auch gerne auf diese künstlichen Felsvorsprünge gestellt hat, liegt leider kein passendes Bild vor.  

Dafür aber eines, das sie auf meinem Gummistiefel zeigt: 



Laphria flava standing on my rubber boot

Eine KaMo testete diese ebenfalls künstliche Warte auch ab und zu:


same with Choerades gilva

Und schließlich bin auch ich selbst immer wieder mal als Warte bzw. Sonnplatz "misbraucht" worden von der KaMo, aber auch der Gelben Mordfliege. 

Die Tiere standen dann auf meinem T-Skirt, der Hose, aber auch auf Armen und Händen herum, um es sich dort gut gehen zu lassen.  

Im Falle dieser fünfeindrittelbeinigen KaMo ist das sogar gleich etliche Male so gewesen:



sunbathing on my hand

Das war lustig!

Oh, ein letzter Hausbock für euch:


Old House Borer

Und so sah meine Haferflockenschale nach meiner Rückkehr aus: 


my Cellar Slugs have cleaned it up!

In etlichen Nachtschichten gereinigt wie mit einer Spülmaschine von meinen Bierschnegelchen.  

Danke!

Kinners, als ich im Juli an den Tatort Penter Straße zurückkehrte, da hegte ich einen Wunsch.

Ich wollte mindestens eine Paarung einer der beiden Hauptdarstellerinnen dieses Beitrages sehen und, falls möglich, auch fotografieren. Insgesamt sind meine Erwartungen bei Weitem übertroffen worden, denn ich sah unglaubliche elf Hochzeiten! Siebenmal war es die KaMo, die da für Nachkommen sorgte, viermal die ZiMo.  

Und es war unglaublich, denn gleich am Abend des ersten Tages, also am 19. Juli, gelangen mir die besten Bilder:


my first ever mating couple of C. gilva

Ein Männchen der KaMo flog plötzlich auf und schnappte sich blitzschnell ein vorbeifliegendes Weibchen, nur um dann mit diesem im Schlepptau direkt wieder vor meiner Nase auf dem Gittermasten zu landen!

Jetzt zeigte sich die Überlegenheit meiner Saftkiste einem herkömmlichen Klappstuhl gegenüber. Denn die Fliegen standen etwas zu hoch für meinen Geschmack, jedenfalls befanden sie sich nicht auf Augenhöhe. Das musste aber der Fall sein, wenn ich sie beide scharf fotografieren wollte. 

Mutig stellte ich mich einfach auf die Kiste und ballerte wild drauflos.

Seht:


I could not realise my luck, everything was perfect, even the light conditions!

Wie unglaublich schön diese Tiere doch sind!

Und achtet doch büdde mal auf den Kopf des Weibchens (oben). Irgendwie hatte ich immer wieder den Eindruck, dass diese beiden Choerades-Arten ihren Kopf vorstrecken können. Sie machten mitunter regelrecht einen langen Hals, vor allem, wenn sie sich paarten. Und dann erinnerten sie mich an einen Hammerhai oder an eine Kleinlibelle, wenn man sich den Rest ihres Körpers wegdachte. 

Ein Abdomen wie aus Buntglas gefertigt: 



so pretty

Ich glaube, da war auch Interferenz im Spiel. 

Die rote Behaarung auf den Tergiten schillerte jedenfalls verschieden, je nach Haltung der Tiere. Immer aber sah es faszinierend aus. 

Ich war richtig gebannt:


this copulation lasted 40 minutes from the beginning at 6:20 pm to its end at 7 pm

 

Wahrscheinlich stand sogar mein Mund offen. 

Ich hatte etliche Warten aufgestellt, weil ich natürlich aussehende Fotos schießen wollte, doch am Ende gefallen mir jene Bilder, die die hübschen Raubfliegen auf der grauen Grundierung stehend zeigen, mit Abstand am besten.  

Das hätte ich vorher nicht für möglich gehalten.




same

Vonne Seite:


same couple

Und irgendwann, so nach 20 Minuten, wurde eines der Tiere, und zwar hier das Weibchen (oben), unruhig. 

Diese Unruhe, das war bei allen Paarungen, die ich beobachten durfte, der Fall, leitet langsam, aber sicher das Ende der Hochzeit ein. Das Weibchen versuchte, wegzukrabbeln und zog das Männchen einfach hinter sich her. 

Ich konnte seinen Schmerz geradezu nachempfinden 

Hier wurde sich wortwörtlich um die Ecke gepaart: 



female with opened wings

Das Bild zeigt das Weibchen mit geöffneten Flügeln: 


close-up

Und jetzt seht ihr den Kerl, der wegen seiner Schmerzen immer blasser wurde:


male

Wie im Falle wohl der allermeisten Fliegen kommt die Paarung der Mordfliegen einer Vergewaltigung gleich (vgl. auch die Passagen im letzten Bericht über die Zweigestreifte Quelljungfer!). 

Und diese Vergewaltigung dauert bei den beiden Hauptdarstellerinnen dieses Beitrages wohl immer zwischen 40 und 60 Minuten. So ist es jedenfalls gewesen, wenn ich sie von Beginn an und bis zum Schluss beobachten konnte. 

Bei beiden, bei der KaMo und auch bei der ZiMo!

Paarungen habe ich übrigens fast zu allen Tageszeiten beobachten können, die früheste am Morgen um  halb zehn. Die meisten fanden aber am Nachmittag oder frühen Abend statt.

Nochmal von der Seite:



same

Das folgende Bild zeigt eine andere Parung vom 24. Juli:


another couple, photographed at the same spot, but on a different day

Eine weitere KaMo-Paarung vom 28. Juli:

another couple

Warum ich von diesen beiden Verliebten nur ein Bild habe, ist mir jetzt ein Rätsel ...

Es folgt eine vierte Paarung, fotografiert am 30. Juli:


a fourth couple two weeks later than the first



same

Stattgefunden hat sie auf einer meiner angebrachten Warten.

Diese Hochzeit währte eine gute Stunde. 

Und auch hier wurde nach etwa 30 Minuten plötzlich eines der Tiere unruhig. Doch diesmal war es das Männchen (links im Bild), das das Weibchen hinter sich her zog.  

Geschafft:



male (above) and female after separation

Männchen (oben) und Weibchen wirkten etwas erschöpft.

Doch nur einen Moment später flogen sie nahezu gleichzeitig ab. 

Es folgt eine letzte Vereinigung eines weiteren Paares vom 2. August: 





Choerades gilva (female left)

Ein Traum, beide Partner (Weibchen links) haben ihre Schwingen geöffnet.  

Das sieht man meistens nur bei Paarungen und nur selten bei einzelnen Individuen. Nach der Landung werden die Flügel fast immer sofort geschlossen, auch während der Nahrungsaufnahme, doch immerhin manchmal, wenn sich die Fliegen putzen, darf man einen kurzen Blick auf das hübsche Rot des Hinterleibes werfen.

Das Weibchen steht auf dem Bild da oben übrigens links. Nur bei ihm ist auch das hinterste Tergit nahzeu komplett rot behaart. Und wahrscheinlich gilt dieses Unterscheidungsmerkmal der Geschlechter auch für die Schwesterart. 

Letztendlich ist dieses Merkmal aber nur dann wichtig, wenn sich die Mordfliegen paaren, denn im Falle von Einzeltieren kann die Trennung der Geschlechter allein anhand der auffälligen Genitalien der Männchen erfolgen, bei sich paarenden Individuen aber sieht man nicht so leicht, welches Körperteil zu welcher Fliege gehört.

Nur um all das, was ich hier und heute geschrieben habe, zu beweisen, haben sich die Mordfliegen also fleißig vor meinen Augen miteinander gepaart. Und zwar ausschließlich in folgenden Kombinationen: hellgelbes Schwingkölbchen mit hellgelbem Schwingkölbchen und gräuliches Schwingkölbchen mit  gräulichem, braune Behaarung mit brauner Behaarung und graue Behaarung mit grauer Behaarung.

Mehr Beweis ginge kaum, und es handelt sich also tatsächlich um zwei echte Arten und nicht etwa um zwei Farbmorphen ein und derselben. Nur für den Fall, dass ihr das geglaubt haben solltet

Leider ist es in den allermeisten Fällen so gewesen, dass sich die Raubfliegen für Paarungsplätze entschieden haben, die sich außerhalb meiner Reichweite befanden. In viel zu großer Höhe, sodass schließlich auch meine geile Saftkiste nichts mehr ausrichten konnte. 

Unterm Strich habe ich aber zumindest im Falle der KaMo viel mehr erreicht, als ich zuvor für möglich gehalten hätte. Ich finde die Fotos von der einen Paarung einfach nur großartig, auch wenn ich das als Bildautor vielleicht nicht schreiben, äh, also weil man sich grundsätzlich nicht selbst loben sollte. 

Im Falle der ZiMo gibt es noch Verbesserungsbedarf. Von ihr gibt es nur Belegbilder von einem Paar, das sich weit oben in einer Waldkiefer "vergnügte":


record shot (taken under really bad conditions) of a mating couple of Choerades ignea

Okay, nach einem Vergnügen sah es auch diesmal nicht wirklich aus.  

Das Bild ist grottenschlecht, und schlecht war hier keineswegs nur die Perspektive, sondern auch das Licht. Es schien die Sonne nämlich erbarmungslos vom Himmel in dieser Stunde, und trotzdem kann man auch hier alles, was man erkennen sollte, auch sehen. 

Den bräunlichen Knebelbart des unteren Tieres und auch die beigefarbene Behaarung auf dem Scutum des oberen. Mehr geht (noch) nicht. 

Von der Gelben Mordfliege habe ich übrigens noch nie eine Paarung erleben dürfen. 

Fast ganz am Ende gibt es jetzt noch ein Vergleichsbild, gefertigt aus den beiden Fotos, die ich bereits ganz oben gezeigt hatte:


who is who? Now you know the answer :-)

Wer da auf diesem Kunstwerk zu sehen ist, brauche ich euch jetzt nicht mehr zu erklären.

Ihr kennt die Antwort!

Schnell noch drei Fotos vom Lebensraum der Tierchen:




habitat shots 

Auf dem letzten oder dritten Bild seht ihr eine Hecke aus Schlehe

Genau davor fließt der Wallenhorster Bach von rechts nach links oder, wie es mein früherer Geografielehrer sagen würde, von Ost nach West.  Dort habe ich u. a. den Bachhaft und auch die Zweigestreifte Quelljungfer geknipst (siehe letzten Bericht!)

Mein Basislager am Fuße des Turmes:


my "camp" at the base of the power line pylon, where I watched and photographed most of the Robber Flies shown in this post

Scheiße, die Saftkiste ist nicht zu sehen. 

Ich aber dafür von der Straße aus. 

Ihr müsst euch vorstellen, ich saß da morgens und nachmittags herum, wenn ich mich nicht gerade auf Streife befand. Und die vorbeifahrenden Autofahrer schauten zu mir herüber und verrenkten sich bisweilen den Hals. Drei von ihnen hatten es wohl nicht selbst in der Hand, etwas gegen ihre Neugierde zu unternehmen. Sie hielten an, kamen zu mir herübergelaufen und fragten mich aus, weil sie sich nicht erklären konnten, wieso da jemand so viel Zeit verbringt und permanent einen Hochspannungsmast anglotzt. 

Aus geringster Distanz. 

Und dann auch noch mit einem Fernglas! 

Ich weiß nicht, ob sie es verstanden haben, ich meine, ich weiß nicht, ob es überhaupt einen Sinn hat, einem Menschen meines Alters, der die Natur vielleicht sein ganzes Leben lang ignoriert hat, etwas über Mordfliegen zu verklickern. 

Ich habe es aber trotzdem versucht.

Egal, es war eine wunderschöne und spannende Zeit an der Penter Straße, die eigentlich in diesem Bereich Hollager Straße heißt. 

So kurzweilig und geil, dass ich sie nicht vergessen werde 

Und deshalb, Kinners, wird es definitiv einen zweiten Teil geben. 

Wann?

Keine Ahnung. 

Aber ich möchte auch die ZiMo-Paarung in erträglichen Bildern festhalten, zumal ich die ZiMo noch etwas hübscher finde als die KaMo, und vielleicht auch noch, so als Sahnehäubchen, ein Weibchen bei der Eiablage oder ein aus dem Holz schlüpfendes, ganz frisches Biest beobachten und knipsen. 

Wäre das etwa schon zu viel verlangt?

Zu guter Letzt:


my own whirlpool

Genau, ich war auch diesmal wieder an jedem Tag im Wasser.

Ihr seht die Stromschnellen, dahinter das alte Hasewehr. 

Und es hat wieder viel Spaß gemacht, im kühlen Nass herumzuplanschen. 

Nur an den beiden letzten Tagen meines Aufenthaltes musste ich aufs Schwimmen verzichten, denn es gab viel Regen und wenig Temperatur:


Rose Chafer in da rain

Dieses Foto von fünf auf dem Blütenstand des Rainfarns kuschelnden Goldglänzenden Rosenkäfern bringt die düstere Stimmung perfekt rüber. 

Ganz am Ende: Ich habe übrigens noch nie einen Sylvester-Stallone-Streifen gesehen.

 

Es war einmal ...

... ein Steinkauz:






this Little Owl I spotted in June 2024 at a small barn in Westerkappeln. It was married to a female and both together were raising a single child at that time 

Ich fand ihn im Juni 2024 am Vogelpohl, der zur Gemeinde Westerkappeln (Kreis Steinfurt) gehört. 

Rasch bemerkte ich, dass der Vogel beringt war, doch weil in dieser Gegend zuvor kaum bis keine Beringungen von Steinkäuzen durchgeführt worden waren, wurde es sogleich spannend, zumal diese Art nicht gerade dafür bekannt war und ist, dass sie große Strecken zurückgelegt. 

Weil dieser Steinkauz nicht so kooperativ war, musste ich etwas tricksen, um seinen Ring ablesen zu können. Ich streute einfach eine Handvoll Mehlwürmer auf den Boden und stellte meine Wildkamera daneben.  

Und zack, der Code war geknackt:




this presumed male Little Owl had been ringed three years before and 50 kilometers away from the place where I found him. This is stunning, because Little Owl is not really well known for a long distance flight like this one

Dieser mutmaßlich männliche Steinkauz war zuvor am 29. Mai 2021 in Lübbecke-Gehlenbeck (Kreis Minden-Lübbecke) als Kind beringt worden und hatte etwa 50 Kilometer zurückgelegt, nur um es mir zu ermöglichen, ihn zu finden.

Üblicherweise lassen sich junge Steinkäuze nach dem Verlassen des elterlichen Reviers unweit von diesem nieder, um eine eigene Familie zu gründen. Wenn ein junger Steinkauz also 50 Kilometer zurücklegt, dann ist das für ihn schon eine tolle Leistung. Um eine herausragende handelt es sich aber auch wieder nicht, denn zehn Prozent aller Jungvögel sollen sogar mehr als hundert Kilometer zurücklegen, um in ihr eigenes Leben durchzustarten (Quelle: Wikipedia)!

Dieser Fall zeigt, wie spannend Vogelberingung sein kann, wichtig für die Vögel und ihren Schutz ist sie aber nicht, obwohl immer Gegenteiliges behauptet wird. 

Was mich also einfach immer nur stört, ist, dass geradezu gebetsmühlenartig aufgesagt wird, ohne Vogelberingung sei Vogelschutz nicht möglich. Wenn in einer Dokumentation Vogelberingung eine Rolle spielt und der Journalist nachhakt, dann fällt die Replik immer absolut identisch aus: "Nur wenn wir etwas über die Zugwege und die Winterquartiere erfahren, können wir die Vögel schützen."

Einer plappert das nach, was ein anderer ihm erzählt hat, und, das ist noch viel schlimmer, gibt es zu allem Überfluss auch noch ungeprüft weiter. Ich habe ja nichts gegen Märchen, aber ich finde, sie sollten auch entsprechend als solche gekennzeichnet werden. Es ist wie mit dem Glauben an einen erfundenen Gott. In der Türkei beten laut offiziellen Angaben über 90 Prozent der Bürger Allah an, bei uns ist es der "christliche Gott", der von vielen Menschen verehrt wird. Und das nur deshalb, weil schon die Kleinsten zugetextet werden, obwohl oder gerade weil sie sich nicht dagegen wehren können. Und es bleibt leider immer was hängen; man hat sich das alles also gut ausgedacht. 

Sorry, das musste sein.

Ob wir also wissen, welche Wege Vögel zurücklegen und wo sie überwintern, ist im Grunde völlig wumpe, denn die Ursache für ihren Rückgang ist zumindest in Europa nahezu auschließlich in jenen Staaten zu suchen, in denen sie brüten. 

Man kann das auch ganz einfach belegen, nämlich indem man z. B. Länder besucht, die sich gar nicht so weit von unserem entfernt befinden. In Polen, der Ukraine, in Weißrussland und Litauen gibt es neben ganz vielen anderen Arten, die bei uns längst selten geworden oder regional sogar schon ausgestorben sind (z. B. Braunkehlchen; Turteltaube und ganz viele andere), auch heute noch Seggenrohrsänger

Letzte Bruten für Ostfriesland sind für den Beginn der 1970er Jahre am Großen Meer belegt, am Dümmer war dieser Vogel bereits nach dem Beginn seiner Eindeichung (Projektdauer: 1942-1953) Ende der 1950er verschwunden (Quelle: Die Vögel Niedersachsens)! Und nachdem der Osten plötzlich zu einem Teil des Westens geworden war, ging es auch dort mit dieser hübschen wie auch extrem anspruchsvollen Art rasch steil bergab. Zunächst verschwand sie bei Greifswald, wenig später auch an der Oder.

Merksatz: Die Zusammenhänge sind eindeutig. 

Und die ganze Kiste lässt sich ganz zwanglos auf sehr viele Tier- und Pflanzenarten übertragen! Übrigens auch auf Arten, die unsere Republik gar nicht verlassen, sondern ganzjährig bei uns bleiben. Wer da also noch die Schuldigen in anderen Ländern sucht, dem ist wirklich nicht zu helfen.

Und ich habe das ja auch schon so oft hier geschrieben: Es gibt einfach Arten, keineswegs nur Vögel, die in einem durchsterilisierten bis antiseptischen Land wie unserem einfach keine Lebensgrundlage mehr vorfinden. Und ein sterileres Land als unseres gibt es ja wohl kaum auf diesem Planeten, von zwei bis drei Nachbarstaaten einmal abgesehen.

Kinners, ich möchte aber nicht missverstanden werden: Ich bin kein Gegner der Vogelberingung. 

Und wie ich bereits oben geschrieben habe, finde ich sie megaspannend!

Aber natürlich gibt es Arten, wo mein Interesse praktisch nicht mehr vorhanden ist. Uferschnepfe, Löffler, Weißstorch, Gänse und Schwäne lese ich grundsätzlich nicht mehr ab. Man könnte zwar noch Interessantes über das Alter einzelner Individuuen herausfinden, sonstige Überraschungen erwarte ich aber kaum.

Und noch einmal: Die Vögel haben nichts davon, wenn sie einen Ring verpasst bekommen, denn gerade im Falle der bedrohten Arten wird es nie so sein, dass wir ihnen ihren bei und von uns geraubten Lebensraum zurückgeben. 

Denkt an den großartigen Seggenrohrsänger und einfach mal über alles nach, bevor ihr mit dem Kopf schüttelt. Es ist alles so einfach, wenn man nur ehrlich ist.

Die IUCN, das ist so eine sinnfreie internationale Kackvereinigung, die eine Art immer erst dann auf ihrer Roten Liste als vom Aussterben bedroht einstuft, wenn nur noch ein Individuum von ihr übrig geblieben ist, hält den Seggenrohrsänger übrigens gerade mal für bedroht

Das kann man sich nicht vorstellen, das ist schlicht unverschämt! Ich meine, 2021 ging man weltweit von gerade mal 18.000 bis 43.000 Individuen aus (genauer weiß man es nicht). Und wie würde man die Bedrohung des Menschen einstufen, wenn es von uns nur noch so wenige Individuen gäbe? 

Nicht nur im Falle dieses Vogels hängt längst alles am seidenen Faden. Sobald es in den Ländern, in denen er auch heute noch vorkommt, einen wirtschaftlichen Aufschwung gibt, ist es mit dem Seggenrohrsänger auch dort ganz fix vorbei.

Dann gibt es ihn nicht mehr.

Nirgends auf der Welt!

Darauf ein dreifaches Horrido!