Mittwoch, 4. August 2021

Im Fliegenwald

Kinners, heute nehme ich euch mit in den Fliegenwald.

Ganz umsonst, wie immer.

Der Fliegenwald befindet sich bei Aurich-Georgsfeld, gehört politisch aber eigentlich zur Gemeinde Großheide.

Dieser Wald, der tatsächlich ein Forst ist, ist noch vergleichsweise jung.

Die ersten Bäumchen hat man erst in den Siebzigern des letzten Jahrhunderts gepflanzt. Und das bedeutet, dass sie nur etwas jünger sind als ich.

Zwischen 2009 und 2011 habe ich in Aurich gewohnt. Damals bin ich oft ins Moor gefahren, weil ich Moore ganz allgemein großartig finde, aber natürlich auch deshalb, weil ich nicht so weit zu fahren brauchte. 

Besonders aufregend war für mich, allein schon wegen seiner nach wie vor beachtlichen Größe, das Berumerfehner Moor, wo ich auch meine ersten ostfriesischen Kreuzottern bestaunen durfte, übrigens lange vor meinem Umzug in den platten Nordwesten.

Mit seinen etwa 350 Hektar bildet der Fliegenwald die Südgrenze dieses Moores. 

Im vorletzten Bericht habe ich ein Foto von einem männlichen Großen Schillerfalter gezeigt, aufgenommen in diesem Forst von Herbert Janssen (Aurich), der mich auch zeitnah über seinen tollen Fund unterrichtete.  

Nochmal danke dafür!

Weil ich selbst diese Art nie in Ostfriesland beobachtet hatte, trotz gezielter Anstrengungen, machte ich mich gleich an drei Tagen auf den Weg, um mein Glück im Fliegenwald zu versuchen. 

Ob es geklappt hat?

Das Blatt einer Salweide:




Goat Willow is the main food plant for Purple Emperor's caterpillar

Die Auflösung gibt es später.

Erst einmal gehen wir jetzt zusammen auf Entdeckungstour in den Wald:


this dirt road is leading right into the wood

Erwischt:


female Roesel's Bush-cricket

Auf einer dicht mit Kräutern und Gräsern bewachsenen Lichtung neben einem Teich fand ich noch vor Sonnenaufgang diese weibliche Roesels Beißschrecke

Das war jetzt nicht die größte Überraschung, denn diese Art ist gar nicht so selten.

Auch die Hyderabadspinne konnte ich auf dieser Waldlichtung entdecken:


Neoscona adianta is abundant at the edge of the wood

Besonders zahlreich findet man sie aber nur im angrenzenden Moor.

Der folgende Erdenbürger hingegen ist bestimmt nicht so häufig:


pretty female Eristalis intricaria

Diese weibliche Hummel-Keilfleckschwebfliege besuchte eine Distelblüte, um sich den Bauch vollzuschlagen. 

Zuvor hatte ich bereits ein stark abgeflogenes Weibchen geknipst und mich sehr darüber gefreut, doch all die Bilder konnte ich schließlich wieder löschen, weil da plötzlich diese frisch geschlüpfte Dame auftauchte, die natürlich viel fotogener rüberkam. 

Diese Art stellt für mich die schönste aller heimischen Schwebfliegen dar. Vor allem die Mädels sehen einfach nur putzig aus. Das Berumerfehner Moor ist das einzige der von mir regelmäßig besuchten Gebiete, in dem ich diese Schwebfliege alljährlich antreffe.

Am frühen Morgen entdeckte ich diesen weiblichen Blauen Eichenzipfelfalter, der auf einem Brombeerblatt ruhte: 



female Purple Hairstreak

Wie der Große Schillerfalter hält sich auch diese Art fast ausschließlich in den Baumkronen auf und wird  deshalb häufig übersehen. 

Tatsächlich kommt dieser kleine Tagfalter in Ostfriesland überall dort vor, wo mindestens drei Stieleichen zusammenstehen. Man muss nur den Blick nach oben richten und dann genau hinsehen. Und wenn ihr danach sucht, werdet ihr in diesem Blog einen Beitrag finden, der sich ausschließlich mit diesem Bläuling beschäftigt. 

Es folgen zwei Tigerschnegel. die noch vor Sonnenaufgang über den Weg flitzten:




Leopard Slug 


second specimen

Leider präsentierten beide eine eher langweilige Zeichnung. 

Die Art kann nämlich richtig hübsch sein mit ihrem Punkt- und Streifenmuster. 

Das zweite Individuum wurde übrigens wenig später von einem Forstfahrzeug geplättet. Ich meine, sogar einen gellenden Schrei gehört zu haben im tiefen Forst.

Huaah, das war schon ein bisschen gruselig.

Hummeln leben gefährlich, wenn sie die verlockend leuchtenden Blüten der Disteln ansteuern:  


dead Bumble Bee

Ein zweites Beispiel:



second specimen, but who is the killer?

Doch wer ist der Mörder?

Seht einfach genau hin:



either Enoplognatha ovata or E. latimana

Eine Spinne!

Eine grüne Spinne.

Schon auf dem zweiten Bild war sie zu sehen. 

Es handelt sich hier um eine Ovalspinne, doch um welche Art genau, lässt sich leider nicht sagen. Die beiden möglichen Kandidaten lassen sich nämlich nur anhand ihrer Geschlechtsorgane voneinander trennen und die kann man auf einem Foto nicht erkennen. 

Ob die Hummel oben auf der Blüte etwas vom Drama in der Etage darunter mitbekommen hat?

Eine gefährlich dreinblickende Raubfliege lauerte auf dem Blatt einer Hasel auf vorbeifliegende Beute:


Robber Fly of unknown ID with Mites

Bei den roten Biestern dürfte es sich um Milben handeln, die vielleicht an der Fliege saugen.

Und so hat jeder sein Paket zu tragen.

Eine andere Raubfliege (Tolmerus spec.) sonnte sich auf einer Saftkiste, die gleichzeitig als mein Sessel fungierte:



Tomerus spec. 

Es folgt die amüsante 3-Bilder-Kurzgeschichte:


this Eurpean Fallow Deer fawn came along and did not even notice me

Ein Damkitz kam auf mich zugelaufen, ohne mich zu bemerken. 

Ganz langsam ging ich in die Hocke und hielt meine Kamera im Anschlag.

Dumdidumdidum: 



it came closer and closer

Ich weiß nicht, ob mich das Kitz schließlich doch noch gesehen hat oder ob es das Klicken meiner Kamera war, jedenfalls ging es schließlich doch noch voll in die Eisen:
























full braking

Ich musste wirklich laut lachen!

Zwar stieg kein Rauch auf, aber das Geräusch der rutschenden und auf dem festgefahrenen Schotter "durchdrehenden" Hufe hörte sich einfach zu komisch an. 180-Grad-Wende. Chicago-Schleife. Und zwar so schnell, wie es ein Ferrari niemals hinbekäme.

Doch wo war die Mama? 

Keine Ahnung. 

Was ich aber schreiben kann, ist, dass sie offensichtlich ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkam an diesem frühen Morgen. 

Eine einsame Bank im Forst:





Purple Emperor habitat and a bench, where I was patiently waiting for this impressive butterfly

Auf dieser Bank habe ich einige Stunden verbracht. 

Gemütlich war das nicht, aber man konnte es aushalten. 

Rechts von dieser Bank hatte ich meinen Köder für den Großen Schillerfalter ausgelegt. Er bestand aus Fuchskot, Tilsiter 8 und Pipi. Für einen Schillerfalter ein unwiderstehlicher Gaumenschmaus, so wie für mich ein leckeres Käsebrötchen. Ich meine, es ist nicht neu, dass sich diese edlen Tiere eher unedel ernähren. Neben den genannten Substanzen wird von ihnen auch gerne Aas angesteuert. 

Ich wartete.

Und wartete.

Und ich wartete.

Und es passierte immer was.

Mal flog eine Braune Mosaikjungfer vorbei, dann waren wieder die Rufe von Fichtenkreuzschnäbeln zu hören. Und während über mir ein Wespenbussard kreiste, trompetete im Hintergrund permanent ein Kranichpaar so laut, dass ich mir fast die Ohren zuhalten musste. Zu allem Überfluss war da eine hochschwangere Waldeidechse, die sich am Wegesrand sonnte und mich die ganze Zeit über im Auge behielt.

Doch ein Schillerfalter ließ sich an diesem Tag nicht blicken. 

Etwas enttäuscht stand ich auf und drehte eine Runde durch den Forst, und als ich nach zwei Stunden zur Bank zurückkehrte, war diese besetzt:



this Bumblebee Robberfly occupied my bench for a while

Da sonnte sich doch glatt eine Gelbe Mordfliege auf dem Holzsitz. "Moin!" grüßte ich höflich, doch der riesige haarige Apparat eilte einfach laut brummend davon.

Die Mordfliege kann man oft in der Nähe von Holzstößen antreffen. Das ist wohl auch deshalb so, weil die Weibchen ihre Eier an oder in morschem Holz ablegen, wo sich wiederum die Larven von jenen anderer Insekten ernähren. 

Holzstöße sind sowieso ein ganz eigener Kosmos. 

Stundenlang kann man sich mit ihnen und vor allem mit ihren Bewohnern beschäftigen. Kinners, an einem Holzstoß kommt niemals Langeweile auf. Und auf einem Holzstoß im Knyphauser Wald sah ich vor Jahren meinen bis heute einzigen ostfriesischen Hemipenthes morio, der sich aber ohne Belegfoto aus dem Staub machen konnte.

Im Fliegenwald hat es immerhin für ein Bild von einer recht großen Schlupfwespe gereicht, die ich aber nicht näher bestimmen kann:


Ichneumon Wasp of unknown ID (maybe the notorious Sabre Wasp)

Was für ein schönes und elegantes Tier!

Ganz vielleicht handelt es sich hier um die so genannte Riesenholzwespen-Schlupfwespe.

Auch die folgende Raupenfliege, die sich morgens auf einem Haselblatt sonnte, lässt sich leider nicht bis auf Art- oder auch nur Gattungsniveau bestimmen:



Tachinid Fly of unknown ID

Nochmal dieselbe Bank:



same bench

Am zweiten Tag tauchte das Phantom plötzlich auf!

Ein männlicher Großer Schillerfalter landete exakt um zehn Uhr auf dem Weg, doch nicht etwa am Köder, sondern einige Dutzend Meter von diesem und auch mir entfernt. 

Im Sitzen schoss ich einige Bilder, doch noch bevor ich aufstehen und mich dem Tier vorsichtig nähern konnte, flog dieses bereits wieder auf, nur um wenig später zwischen den Baumkronen zu verschwinden. 

Was für ein spektakulärer Auftritt!

Doch die Fotos, die ihn belegten, habe ich sofort wieder gelöscht, weil sie einfach zu schlecht waren. 

Ein am Boden liegendes Espenblatt musste als Ersatz herhalten:


Aspen leaf after rain

Und wenn ich mir das Foto jetzt so ansehe, dann bekomme ich richtig Durst.

Lupeneffekt von Wassertropfen auf einem anderen Blatt:


almost the same ;-)

Ein Radfahrer tauchte wie aus dem Nichts auf und wollte sich mit mir unterhalten. 

Der ältere Herr war durchaus sympathisch, doch meine volle Aufmerksamkeit konnte ich ihm trotzdem nicht schenken. 

Eine Bremse war nämlich auf meinem rechten Bein gelandet. Ich wollte sie reflexartig erschlagen, doch dann kam mir eine bessere Idee. Statt mit meiner Rechten auszuholen, wechselte ich das Objektiv meiner Kamera und hielt einfach drauf, während der Mann ungerührt weiterredete: 


presumed Hybomitra tropica

Ich war gebannt, denn da saugte doch tatsächlich eine neue Bremsen-Art mein kostbares Blut.

Doch damit nicht genug, denn nur einen Augenblick später landete eine andere Bremse auf meinem linken Bein, weil das rechte ja schon besetzt war:


Tabanus bromius – both flies were sucking my blood at the same and for the first time!

"Sprechen Sie ruhig weiter, ich höre Ihnen zu", sagte ich zu dem Mann, während ich nun die beiden Fliegen im ständigen Wechsel fotografierte: "Ich muss mich mal eben um diese beiden Biester hier kümmern.

Denn es war eine brandneue Konstellation, wie ich sie noch nie erlebt hatte! 

Da standen doch tatsächlich zwei verschiedene Bremsen-Arten auf meinen Beinen herum, um mich auszusaugen, doch weder war eine Goldaugen- noch eine Regenbremse dabei. 

Ich sag's immer wieder: Die Natur ist wie ein Überraschungsei.

Der Duft des Köders stieg mir immer wieder in die Nase. Und wenn er dem Großen Schillerfalter auch nicht zu gefallen schien, andere Zeitgenossen konnten sich nicht mehr zurückhalten:

Map   

Bis zu acht Landkärtchen gleichzeitig ließen es sich schmecken.

Ein vorbeieilender Kurzflügler konnte bei diesem Anblick nur mit dem Kopf schütteln:


Staphylinus erythropterus

Einen deutschen Namen hat dieser Käfer nicht, sein wissenschaftlicher lautet Staphylinus erythropterus.

Weil es mit dem Schillerfalter im Bereich der Bank nicht geklappt hatte, zog ich um. Ich versuchte es auf der anderen Seite des Teiches. Als Köder wählte ich eine ähnliche Zusammensetzung: Tierkot, Tilsiter 8 und Pipi.

Doch auch an diesem Ort wollte es nicht so recht klappen mit dem Anlocken des Phantoms. Immerhin, neben diversen Landkärtchen ließen sich auch zwei Admirale am und auf dem Köder blicken. 

Einen konnte ich knipsen:


instead of a Purple Emperor a Red Admiral was attracted by my stinky bait

Darüber hinaus gab es einige Fliegen zu sehen:


Und dann war er plötzlich wieder da!

Ein weiblicher Großer Schillerfalter flog die Buschzeile entlang und landete sogar.

"Kuckuck, Frank, ich bin hier oben!"


finally I got a record shot of my first female Purple Emperor in Ostfriesland

"Halt dein Maul, du blöder Schmetterling!" rief ich gespielt angepisst zurück.

Nachdem ich dieses Gegenlicht-Bild geschossen hatte, versuchte ich mich auf die andere Seite vorzutasten, um den Falter mit der Sonne im Rücken fotografieren zu können, doch es sollte wieder nicht klappen. 

Das Tier flog auf und den Waldweg entlang, bis es nicht mehr zu sehen war.

Ich wartete wieder und entdeckte jetzt ein Männchen, das aber ebenfalls keine Landegenehmigung zu haben schien und rasch hinter einer jungen Eiche verschwand. Ich überlegte: So wird das nichts. Diese verfickten Biester kommen niemals auf den Boden, dachte ich. Ich muss umdenken, es irgendwie anders versuchen. 

Ich stand auf und ging einige Meter weiter. Die Falter, das glaubte ich inzwischen erkannt zu haben, flogen dem Anschein nach eine Buschreihe auf und ab. Diese Buschreihe am Ufer eines Teiches bestand vor allem aus Sommerlinden, Haselsträuchern und eben Salweiden.  

Statt einen Köder auf den Boden zu legen, "cremte" ich jetzt ein Blatt einer Salweide mit meinem Stinkekäse ein:



I put some stinky cheese on the leaf to lure the Emperor in front of my lens

"Das ist die beste Lotion für dich, du hübsche Salweide", sagte ich zu dem Baum. 

Was Besseres gibt es derzeit nicht auf dem Markt, fügte ich in Gedanken an.

Dann setzte ich mich wieder auf meine grüne Saftkiste und wartete. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich schreibe, dass wieder einmal viel Zeit verstreichen sollte. Genug Zeit, um einer bestimmten Frage auf den Grund zu gehen.

Warum heißt der Fliegenwld eigentlich Fliegenwald?

Die Antwort hat nichts mit den hier gezeigten drei Raubfliegen zu tun. 

Stattdessen geht es um diese kleinen Nervensägen:


this fly species of unknown ID of the family Muscidae is completely annoying. Tons of these small guys use to chase me the whole day in the so called Fliegenwald. Hope winter comes soon

Ich habe dieses Bild gemacht, um ihren Namen zu erfahren.

Doch leider geht da nicht mehr als eine Bestimmung der Familie, wie man mir in einem einschlägigen Forum verriet. Die Art gehört zu den Echten Fliegen und ist somit zumindest entfernt mit der Stubenfliege verwandt. 

Seit Jahren geht das so in diesem Wald. Man wird von einem ganzen Pulk dieser Biester verfolgt, von morgens bis abends. Nur wenn man sich hinsetzt, lässt das Ganze nach einer Ewigkeit wenigstens etwas nach. Doch sobald man erneut aufsteht, sind sie wieder da und schwirren einem um den Kopf herum, landen auf den Ohren oder auf der Wange, auf Beinen und Armen. 

Dorsalansicht eines anderen Individuums




second specimen

Ich schwitze nicht übermäßig, und trotzdem folgen sie mir hartnäckig auf Schritt und Tritt. 

Dutzende! 

Dieses ewige Krabbeln und Summen, es ist wirklich unerträglich. Selbst Stechmücken und Bremsen sind im Vergleich mit diesen Fliegen echte Sympathieträger. Und natürlich fragte ich mich, ob es nur mich betrifft. Ich überlegte, mir ein neues Duschgel zuzulegen, ein anderes Waschmittel für die Klamotten auszuprobieren. 

In diesem Wald war ich in den letzten Jahren nur selten einem Menschen begegnet. Im Sommer hatte ich ihn ohnehin komplett gemieden. Ich ging also davon aus, dass es sich um eine persönliche Sache handeln musste. Doch dann die Erlösung! In großer Entfernung sah ich ein Paar mit zwei Hunden auf mich zukommen. Beide waren wie blöd am Gestikulieren. Als sie auf meiner Höhe waren, sprach ich sie an: "Na, alles paletti?

"Was ist das hier mit den Fliegen? Die verfolgen uns schon seit dem Parkplatz!" Beide fuchtelten wie wild herum. Und ich schmunzelte, war ich doch erleichtert darüber, dass diese Strafe biblischen Ausmaßes endlich auch andere Menschen traf. 

Mit einem Lächeln auf den Lippen sagte ich: "Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass das nur in diesem Wald so ist. Ich kenne alle Forstgebiete in Ostfriesland, und nirgends kann man so eine Fliegenshow erleben. Nicht im Egelser Wald, nicht im Ihlower Forst und auch nicht im Knyphauser Wald."

Dann ging ich weiter Richtung Parkplatz. Kaum hatte ich mich ins Auto gesetzt und die Tür zugeschlagen, da sah ich einen älteren Mann zu seinem Wagen rennen. Auch er befand sich ganz offensichtlich auf der Flucht, was man an seinen nach allen Richtungen schlagenden Händen erkennen konnte. Ich lachte und fuhr los. Und obwohl es recht warm war, traute ich mich erst nach einigen hundert Metern, das Seitenfenster ein kleines Stück weit herunterzukurbeln.

Sicher war sicher.

Zurück zum Schillerfalter.

Nach einer Stunde auf meiner Kiste war immer noch nichts passiert. 

Immerhin gelang mir ein Belegschuss von einem Rotbraunen Ochsenauge, das kurz auf einem Birken-Blatt landete:


Gatekeeper

Auch dieser Falter ist mir nur aus dem Berumerfehner Moor bekannt!

Die Nymphe einer Punktierten Zartschrecke hampelte direkt neben meinem Rucksack im Blattgewirr einer Brombeere herum:


Speckled Bush-cricket nymph

Es war erst die dritte Punktierte Zartschrecke meines Lebens nach einem Tier in Hollage (Kreis Osnabrück) vor tausend Jahren und einem weiteren in Emden.

Das bedeutet aber nicht etwa, dass diese Art selten ist. Eher sind die wenigen Funde ein Indiz dafür, dass die Zartschrecke ausgezeichnet getarnt ist und ein unauffälliges Dasein fristet. 

Ich beobachtete sie eine Weile, als ich ihn plötzlich entdeckte!

Ein Großer Schillerfalter kam auf mich zugeflogen, drehte eine Runde um mich herum und steuerte dann gezielt den Köder an. Ich konnte es nicht fassen; zum ersten Mal in meinem Leben war es mir also gelungen, diese Art vorsätzlich anzulocken!

Seht:




female Purple Emperor feeding on my cheese bait

Seit ich in Ostfriesland wohne, das sind jetzt immerhin auch schon zwölf Jahre, habe ich es immer wieder versucht.  

Auch im Fliegenwald, sogar genau an diesem Ort neben dem Teich. Im Ihlower Forst, im Knyphauser Wald, im Neuenburger Forst (Kreis Friesland) und auch im Egelser Wald, überall bin ich leer ausgegangen

Und jetzt das!

Nach wie vor gehe ich davon aus, dass der Große Schillerfalter all diese Forstgebiete bewohnt. Und weil der Fliegenwald erst vor etwa 50 Jahren angepflanzt worden ist, müssen die Tiere aus einem benachbarten Gebiet zugewandert sein, denn als Wanderfalter, der große Strecken zurücklegt, ist diese Art nun wirklich nicht bekannt. Die Lösung liegt wie so oft ganz nah: Ich gehe von einer Herkunft aus dem nur wenige Kilometer entfernten Meerhusener Wald aus. 

Belegen kann ich das aber natürlich nicht. 



same

Fällt euch was auf?


same

Wie sich das Tier auch drehte und bewegte, es schillerte nicht ein bisschen in einem schönen Blau. 

Die Lösung: Ich hatte doch tatsächlich ein Weibchen fotografiert. 

Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass sich vor allem die Männchen anlocken lassen. Doch möglicherweise lag ich da falsch.

Am selben Tag und etwa zur selben Zeit sah Herbert Janssen in einem anderen Bereich desselben Forstes ein weiteres Weibchen, das am Boden Nahrung aufnahm:


second female (image taken by Herbert Janssen)

Dieser Falter konnte auch bei der Eiablage beobachtet werden.

Hier stand er allerdings auf dem Zweig einer Moorbirke herum:


same

Für einen eigenen Beitrag reichen diese Bilder noch nicht. 

Doch wenn nichts dazwischen kommt, werde ich den im kommenden Jahr nachreichen, weil ich ja jetzt weiß, wo ich die Falter suchen muss – und mit etwas Glück auch finden kann.

So, Kinners, zu guter Letzt gibt es jetzt noch ein Belegfoto von den Schreihälsen, die an allen Tagen im Fliegenwald für eine einmalige akustische Untermalung gesorgt haben, vielleicht zusammen mit den summenden Nervensägen-Fliegen:



Common Crane family

Zwei alte Kraniche haben im Berumerfehner Moor im zeitigen Frühjahr ein gemeinsames Kind gezeugt und dieses auch erfolgreich großgezogen, wie man hier sehen kann (ganz links).  

Ich hatte das große Glück, diese imposanten Vögel immer mal wieder bei ihren Rundflügen beobachten zu können.

Und Kraniche sollen doch Glück bringen, drei Kraniche bestimmt noch mehr als nur einer. 

Und ich wünschte ihnen das Glück quasi auf der Stelle zurück, denn sie werden es eher brauchen als ich auf ihrem herbstlichen Weg nach Iberien.

Ein Kranich-Sprichwort lautet nämlich: Menschen bringen Unglück. 

Und Menschen gibt es überall.

Zu guter Letzt: Die Hyderabadspinne heißt "in echt" natürlich Heideradspinne.