wilde perspektiven

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Dienstag, 18. September 2012

Fünf spannende Stunden

Bei herrlichstem Herbstwetter unternahm ich am Sonntag einen weiteren Versuch, Limikolen im Wybelsumer Polder zu fotografieren. 

Mit Erfolg:

Greenshank

Am ganz frühen Morgen ging es für mich ins Gebiet. Bereits um sechs, etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang, lag ich startklar in meinem Versteck. Und schon wenige Minuten später tauchte der erste Vogel auf, ein alter Bekannter, wenn man so will:

Common Sandpiper

Natürlich konnte ich diese Bilder vom Flussuferläufer erst nach Sonnenaufgang machen:


Dann gab es eine junge Bachstelze:


White Wagtail

Später dann schlabberten zwei diesjährige Krickenten auf mein Tarnzelt zu:


Eurasian Teal

Auf dem nächsten Bild kann man sehr schön sehen, wie das mit der Nahrungsaufnahme dieser Vögel so funktioniert:

Schnabel öffnen: Wasser dringt ein. Schnabel schließen: Wasser (hier grün) wird durch die Lamellen, die als Sieb fungieren, ausgepresst. Die sich darin befindenden Kleinstorganismen verbleiben im Schnabel und werden geschluckt. Das Ganze geschieht sehr schnell und ist kaum wahrnehmbar, doch auf diesem Bild  gut zu erkennen.

Die niedrigste Gangart, wie beim bescheuerten Bund:

Ob Krickenten Rückenschmerzen kennen?

Kleine Pause:

Längere Pause:

Und ab durch die Mitte:

Etwa eine Stunde passierte fast nichts. Ich überlegte also, ob ich das Projekt einfach abbrechen sollte, doch hatte ich anscheinend noch Hoffnung, weil ich ja liegen blieb. Und dann die Erlösung: Die Rufe gleich mehrerer Grünschenkel ertönten über und neben mir.

Zunächst landeten die Vögel etwa in der Mitte des Teiches, doch dann begaben sie sich auf den Weg in meine Richtung:

Greenshank

Der diesjährige Vogel erbeutete einen schmackhaften Regenwurm:


Gertenschlank, der Vogel:

Und dann waren es plötzlich zwei. Der vordere Vogel drohte dem hinteren, erkennbar am gesträubten Gefieder und dem gesenkten Haupt:

Es kam schließlich, wie es kommen musste. Der hintere Vogel ignorierte die Geste, kam noch näher heran und kriegte schließlich so richtig einen auf die Zwölf. Im Bild festhalten konnte ich das aber leider nicht, weil mein Reaktionsvermögen einfach nicht ausreichte.

In der Zwischenzeit waren neben weiteren Grünschenkeln auch Dunkle Wasserläufer aus dem Watt ins Fotostudio gekommen.

Hier sieben Individuen samt einem Grünschenkel, die irgendwie zusammengetrieben aussehen:

Spotted Redshanks, one Greenshank

Auch sie legten nach einer kurzen Pause sowie etwas Gefiederpflege los, rannten durch das seichte Wasser, während sie gleichzeitig wie ein Löffler ihre Schnäbel hin und her bewegten:

Unscharf im Vordergrund sieht man den Flussuferläufer.

Im Gegensatz zu den Grünschenkeln blieben sie aber nicht vor meinem Tarnzelt stehen, liefen einfach vorbei:


Spotted Redshank

Unter den Wasserläufern ist diese Art die eleganteste. Sie hat die längsten Beine, den längsten Schnabel und auch wohl den längsten Hals, der mich nur bei dieser Art immer wieder an den eines Höckerschwans erinnert, wenigstens in Bezug auf die s-förmige Haltung:

Hier mal zwei der hübschen Vögel auf einmal:

Die leuchtenden Beine des Dunklen Wasserläufers sehen immer wie frisch lackiert aus (sind wohl nur Frauen ;-):

Wenn die Vögel unterschiedlich aussehen, dann liegt das daran, dass sie unterschiedliche Kleider tragen. Der hintere zum Beispiel befindet sich im Jugendkleid:

Hier mal wieder ein Einzelvogel im herrlichen Morgenlicht:

Und was erbeuten Dunkle Wasserläufer eigentlich, wenn sie da so rasant durch das Wasser pflügen?

Unter anderem kleine Fische:

Erstaunlich ist es schon, wie geschickt sie die Tiere, die ja auch nicht gerade träge sind, erhaschen.

Irgendwann sammelten sie sich wieder in größerer Entfernung zum gemeinschaftlichen Ruhen, sind diese Vögel doch wahre Teamplayer:



Unglaubliche fünf Stunden lag ich auf meiner neuen und geilen sowie mintfarbenen Isomatte, die ich bei OBI für sieben Euro erstehen konnte. Trotz dieser langen Zeit kam nicht einen Augenblick Langeweile auf, weil immer mindestens ein Vogel anwesend war, doch am Ende freute ich mich schon sehr, weil ich meinen arg strapazierten Rücken mal wieder richtig durchstrecken konnte!

Was gab es noch am Wochenende?

Unweit des Tarnzeltes entdeckte ich eine mir völlig unbekannte Blume:



Common Monkey-flower (originally native to North America)

Im Internet wurde ich schnell fündig: Es dürfte sich dabei um die Gelbe Gauklerblume handeln, um eine eigentlich nordamerikanische Art, die einst als Zierpflanze den Weg nach Europa fand, sich dann aber aus den Ketten der Gefangenschaft befreien konnte und inzwischen in weiten Teilen Europas zu einer gewöhnlichen Erscheinung geworden ist. In Norddeutschland soll sie bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts in geeignetem Gelände anzutreffen gewesen sein, doch, wie geschrieben, war es für mich am Wochenende die allererste Begegnung mit dieser Art.

Nach der Rückkehr zu meinem Corsa entdeckte ich noch ein weibliches Grünes Heupferd, das sich auf einem Brombeerblatt sonnte - im Schatten:


Great Green Bush-cricket 

Und hier das Tier des Jahres:


Spanish Slug

Nie zuvor in meinem Leben konnte ich so viele Wegschnecken sehen wie in diesem Jahr. Die vor Jahrzehnten eingeschleppte Spanische Wegschnecke (ich vermute, dass es sich um diese Art handelt) kann man hier in Emden überall antreffen, in großer Zahl noch dazu! Vor allem in den noch kühlen und feuchten Morgenstunden muss man seine Schritte wirklich mit Bedacht setzen, wenn man nicht ausrutschen will ;-) Auf einer imaginären Liste der unbeliebtesten Tierarten unserer Republik dürfte sich diese Art einen der vorderen Plätze, wenn nicht sogar die Pole Position erarbeitet haben, und vor allem Gartenfreunde hassen sie abgrundtief. Dieses Exemplar konnte ich auf dem Rysumer Nacken im Bild festhalten.

Zu guter Letzt möchte ich mal ein großes Lob loswerden! Das Dreihunderter von Canon ist einfach eine Wundertüte, die für mich gleichzeitig als Telelinse, als Makro sowie als Landschaftsobjektiv fungiert. Das Sahnehäubchen ist der Bildstabilisator, der es einem in Kombination mit dem geringen Gewicht ermöglicht, mal so eben und ohne Stativ geile Tiere oder einfach nur Momente in schöner Erinnerung zu behalten. Begegnete ich früher, zu analogen Zeiten, zum Beispiel einer Gartenkreuzspinne, dann verzichtete ich in der Regel auf Bilder, weil ich das Stativ zumeist aus Faulheit im Wagen liegen ließ.

Heute kann man Fotos wie das folgende quasi im Vorbeigehen machen:

European Garden Spider

Dieses sehr hübsche und kontrastreich gezeichnete Weibchen wartete auf dem Rysumer Nacken in seinem kunstvoll gefertigten Netz auf Beute.

Zwei Schritte nach links und schon kann man die Markierung auf dem Abdomen des Tieres viel besser erkennen:

Auf nach Greetsiel:

Sheep on levee