wilde perspektiven

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Dienstag, 23. Oktober 2012

Drosselbusch und Gravitation

Am Montag (22.10.2012) hatte ich Urlaub! Bei schönstem Herbstwetter zog mich der Bereich Knock/Rysumer Nacken geradezu magisch an. Und eines kann ich sagen: Ich wurde nicht enttäuscht. 

Am frühen Morgen, wenige Minuten nach Sonnenaufgang, machte ich mich auf den Weg. An der Schranke beim Restaurant Strandlust war ich gerade erst ausgestiegen, als ich einen hübschen, klassisch gelb gefärbten jungen Fitis im nur noch spärlich belaubten Geäst einer Kartoffelrose umherklettern sah, doch noch bevor ich die Kamera startklar hatte, entschwand er in einer hohen Pappel und somit außer Reichweite. Für mich war das der späteste Fitis überhaupt!

Etwas enttäuscht, eigentlich sogar den Tränen nah - Tränen der Wut, wohlgemerkt -, stiefelte ich zum Strand, wo aus den ausgedehnten Schilfbeständen die merkwürdigen Rufe eines Bartmeisentrupps erklangen und mich anhalten ließen:

Bearded Tit

Immer wieder stiegen sie gen Himmel, wie es für diese Art so typisch ist:



Wenige Sekunden später aber ließen sie sich wieder ins Schilf fallen, wo ich sie dann irgendwann aus den Augen verlor, doch ein Bild gibt es noch:

Bartmeisen in ihrem natürlichen Lebensraum, wenn man so will. Insgesamt waren es 16 Individuen.

Zu meiner Linken tauchten plötzlich Nilgänse am diesigen Himmel auf, und für mich wirken diese Vögel auch nach Jahren der Einbürgerung nach wie vor etwas fremd, zumindest aber merkwürdig:



Egyptian Goose

Nonnengänse zogen eigentlich permanent durch. Einen Trupp konnte ich im Bild festhalten:

Barnacle Goose

Kein Foto wollte mir von einem Wachtelkönig gelingen, den ich versehentlich nordwestlich des Gassco-Geländes aufgescheucht hatte. Nur etwa eineinhalb Meter vor mir startete er aus dem hohen Gras, um bereits nach sehr kurzer Strecke wieder zu landen, abermals im grasigen Dickicht. Weg war er. Einfach verschwunden. Ein echtes Phantom! Respekt, dachte ich so beiläufig, das haste gut gemacht, du blöder Vogel (ja, in Gedanken kann man schon mal richtig gemein werden), hast mich ausgetrickst, denn jetzt befand sich ein nicht enden wollender, etwa zwei Meter breiter Graben zwischen dem Vogel und mir. Einen gediegenen Anlauf ließ das hohe Gras nicht zu, und die steile Böschung bestand aus rutschigem Kleiboden. Vor zwanzig Jahren wäre das kein Problem für mich gewesen, ehrlich jetzt, doch im Alter wird man etwas ruhiger und vielleicht auch klüger. Insgeheim stellte ich mir trotzdem einen möglichen Sprung über den Graben vor: Zunächst fliege ich etwa parallel zur Wasseroberfläche, geradezu vor Kraft strotzend wie seinerzeit Bob Beamon, doch bereits nach einem halben Meter macht die Flugkurve einen rechtwinkligen Knick nach unten. Platsch, Gravitation und so weiter, ich muss das hier nicht erklären.

Die zweite Enttäuschung des Tages nach dem Fitis hatte ich endlich dingfest gemacht. Es zog mich schließlich weiter und abermals zum Strand, doch ein Weißdorn, in dem sich einige Drosseln tummelten, zog zuvor meine Aufmerksamkeit erfolgreich auf sich:


Blackbird and Redwing feeding on Hawthorn fruit

Vier Arten waren dort bei der Ernte zu beobachten, neben Amsel und Rotdrossel auch die geile Ringdrossel (insgesamt sechs Vögel):

Ring Ouzel (and Redwing)

Die Drosseln speisten immer eine Weile im Busch, um dann in ein nahes Sanddorndickicht zu fliegen, wo sie sich versteckten und ausruhten. 

Hier zeigte sich mal eine Singdrossel:


Song Trush (and Blackbird)

Ring Ouzel, Blackbird, and Redwing

Das war ein ständiges Kommen und Fliegen, ein einziges Hin und Her. Und es wurde nie langweilig, war ein bisschen wie RTL 2-Frauentausch, so vom Unterhaltungswert her, nur mit mehr Niveau und an der frischen Luft!

Blackbird and Redwing

Ich tastete mich näher heran, nutzte mehrere kleine, dicht beieinander stehende Büsche als natürlichen Hide, um vielleicht etwas aussagekräftigere Fotos zu bekommen, was am Ende auch gelang:

Male Ring Ouzel swallowing Hawthorn "berry"

Eine andere Ringdrossel thronte auf dem Busch:

Another specimen

Zwei weitere Ringdrosseln beobachten die Kollegen und wohl auch mich aus sicherer Distanz:

Zum Abschluss kann ich noch mit einer Rotdrossel auftrumpfen:

Redwing

Alle interessanteren Arten, die mir dort am Montag begegneten, im Überblick: Strandpieper (2 Individuen), Rohrammer (40), Singdrossel (240), Rotdrossel (160), Amsel (60), Ringdrossel (6), Bartmeise (16), Silberreiher (4), Fitis (1), Zilpzalp (5), Rotkehlchen (24), Hausrotschwanz (7), Gartenrotschwanz (1, spät), Ohrenlerche (1), Sperber (5), Merlin (1), Habicht (1dj), Raufußbussard (1dj), Kohlmeise (66)

Und hier kommt nun ein Vogel, der die Hauptrolle im nächsten Beitrag spielen wird:


Mystery Bird

Also, unbedingt wieder einschalten!