wilde perspektiven

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Mittwoch, 3. Juli 2013

Sommer in der Warteschleife

Die Tage vergehen, die Monate auch, und jetzt haben wir bereits wieder Anfang Juli. Aber leider lässt der Sommer weiterhin auf sich warten, wenngleich es gestern und heute schon deutlich wärmer geworden ist. 

Doch als ich diese Blume am vergangenen Wochenende fotografierte, war daran noch nicht zu denken. Eher schien der Herbst mit seinen ersten Nachtfrösten nicht mehr fern zu sein:



Musk Mallow

Die Moschusmalve besitzt eine geradezu unglaubliche Leuchtkraft, wenn sie so der einzige Farbtupfer weit und breit ist. Diesem Individuum auf einer Kuhweide, das mich bereits im vergangenen Jahr anlächelte, konnte ich auch jetzt nicht widerstehen. Ich kletterte also über den mit Stacheldraht bewehrten Zaun und machte auf die Schnelle ein paar Bilder:

Sehr kalt war es an diesem Morgen. Ich trug eine dicke Jacke, die Hummel auf dem oberen Bild sogar Pelz. Im Ernst: Dass diese kleinen Tiere bei Temperaturen um zehn Grad ihren Dienst ohne zu murren verrichten,  ringt mir aufrichtigen Respekt ab.

Ebenfalls auf dem Rysumer Nacken entstand das folgende coole Foto, das sogar gleich zwei Charakterarten des Gebietes auf einmal zeigt:

Marsh Harrier (Foto: Sabine Baum/Hinte)

Eine männliche Rohrweihe zog ihr Morgengymnastikprogramm auf einem Schwarzen Holunder durch.

Und in diesem von Kartoffelrosen umzingelten Holunder brüteten in diesem Jahr Klappergrasmücken:


Lesser Whitethroats raised their offspring in this European Elder at the shore of the Ems estuary

Der Standort direkt an der Ems gewährte den Vögeln einen ganz exklusiven Seeblick. Und das unmittelbar benachbarte Restaurant Strandlust sorgte dafür, dass der Duft nach etwas älterem Frittierfett nie nachließ. Auch für junge Klappergrasmücken gibt es im Leben eben auch immer eine Schattenseite.

Natürlich war ich auch wieder bei der Schwarzkehlchen-Familie:




Eurasian Stonechat

Wie man erkennen kann, hat es diesmal auch für das Weibchen gereicht! Dieses Foto entstand kurz vor Sonnenaufgang, ebenso wie das folgende, das ein etwas zerfleddertes Wildkaninchen zeigt:

European Rabbit

Das Kaninchen verschwand recht schnell im Strandhafer - nur wenige Bilder konnte ich machen -, doch das Schwarzkehlchen schaute immer mal wieder vorbei:

Abendsonne. 

An den vielen bedeckten Tagen der vergangenen Woche sah der Vogel aber meist eher farblos aus:

Sehr schön kann man sehen, wie sich unterschiedliche Lichtverhältnisse auf Färbung und Zeichnung eines Vogels auswirken können.

Ein letztes Bild dieses Weibchens im Gegenlicht des frühen Morgens:

Inzwischen ist auch klar, warum das Weibchen kaum zu sehen war. Es bebrütete das Zweitgelege, während sich das Männchen um den Nachwuchs aus der ersten Brut kümmerte. Heute (03.07.) müssen die Jungen geschlüpft sein, denn beide Altvögel trugen Futter zum Neststandort, der sich an der Böschung eines Grabens befindet. Während also die Halbstarken aus der ersten Brut seit etwa einer Woche komplett allein auskommen müssen, geht für die Eltern der ganze Stress wieder von vorne los. Überschneiden sich zwei Bruten eines Paares zeitlich, spricht man von Schachtelbrut. Wertvolle Zeit kann so eingespart werden, doch vor allem auf den fütternden Partner kommt in solchen Fällen eine Menge Arbeit zu!

Und endlich lief mir auch das männliche Blaukehlchen vor die Linse, übrigens eines ohne oder mit verdecktem Stern:

Bluethroat

Zum Vergleich noch einmal das dazugehörige Weibchen:


Und wieder das Männchen in seiner ganzen Pracht:

Aus dem "Handbuch": "Hüpft in schnellen Sprüngen absatzweise oder mit kurzen Pausen, läuft manchmal aber auch schrittweise. Das Hüpfen kann wie beim Steinschmätzer so rasch und in so langen Zügen erfolgen, dass der über den Boden hinrollende Vogel zu laufen scheint."

Nachtigallen hüpfen, Rotkehlchen und Rotschwänze auch, Steinschmätzer sogar so schnell, dass es wie Laufen ausschaut (kann aber auch laufen), doch ein hüpfendes Blaukehlchen habe ich noch nie gesehen! Die Art ist hier so häufig, dass man ihr überall begegnet. Zum Beispiel auch auf Schlammflächen, wo sich das ansonsten immer auf Deckung bedachte Blaukehlchen völlig frei zeigt und eben auch größere Distanzen ausschließlich laufend zurücklegt. Und vor meinem Tarnzelt sowieso.

Leider kann ich mit meiner Kamera keine Filmchen drehen, aber irgendwann werde ich mir ein entsprechendes Teil zulegen, um auch den letzten Nachweis zu erbringen. Eine längere Tüte aber hat nach wie vor Priorität.

Jetzt fällt mir ein, dass ich doch schon mal ein hüpfendes Blaukehlchen gesehen habe. Der Vogel war verletzt, konnte mit einem Fuß nicht auftreten, und auf nur einem Bein läuft es sich eben sehr schlecht.

Ein junges Schwarzkehlchen:

Eurasian Stonechat

Sieht schon sehr sommerlich aus, oder?

Und ein Bild bei bedecktem Himmel:

Der stolze Papa:

Wenn gerade kein Vogel in Schussweite ist, kann man auch aus einem Tarnzelt heraus Blümchen knipsen:

Evening Primrose

Um welche Nachtkerzen-Art genau es sich hier handelt, vermag ich nicht zu beurteilen, doch scheint es eine andere Art als auf dem Flugplatz Achmer/Landkreis Osnabrück zu sein, denn diese hier nicken während der Wachstumsphase und richten sich erst dann vollständig auf, wenn die Blüte beginnt:

Und hier eine blühende Rose, wahrscheinlich eine so genannte Hundsrose:

Assumed Dog Rose

Immer wieder schickten die Niederländer böse Regenschauer über die weite Ems:


Rain, rain, rain

Da bleibt einem nichts anderes übrig, als im Auto auszuharren:

My uncleaned vehicle from the pretty inside

Bitte nicht so genau hinsehen, ich habe meine Karre noch nie gesäubert ;-)

Die im letzten Bericht gezeigte weiße Variante des Übersehenen Knabenkrautes leuchtete auf dem Rysumer Nacken so unübersehbar, dass ich nicht der Einzige gewesen bin, der sie in Bildern festgehalten hat:

Southern Marsh Orchid (Foto: Herald Ihnen)

Diese schöne Aufnahme stammt von Herald Ihnen aus Freepsum. Sie zeigt eindeutig dasselbe Individuum. Und das ist schon ein großer Zufall, denn Herald hatte sie bereits fotografiert, als mein Bild noch nicht auf dieser Seite erschienen war. Und wir hatten auch nicht darüber gesprochen. Doch immerhin kennen wir uns, liefen einander irgendwo im Nirgendwo zwischen Tannenhausen und Münkeboe über den Weg, beide mit einer Telelinse eines japanischen Herstellers bewaffnet. Es war übrigens der Tag, an dem wir dem Waldläusekraut über den Weg gelaufen sind.

Hier ein weiteres Bild von ihm, das ein wenig an die wandernden Herden der Huftiere in der Serengeti erinnert:

Migrating Sheep (Foto: Herald Ihnen/Freepsum)

Doch in diesem Fall endete die Reise wohl abrupt am nächsten Zaun.

Ein Kleiner Fuchs:

Small Tortoiseshell

Nie in meinem Leben hat es ein Jahr gegeben, in dem ich so wenige Libellen und Falter gesehen habe. Sie sind zweifellos da, doch die immer wiederkehrende hartnäckige Kälte gibt ihnen kaum einmal die Gelegenheit, sich in die Luft zu erheben. 

Und aus diesem Grund haben es auch die Mauersegler so schwer, genug Nahrung zu finden:

Common Swift

Seeadler:



White-tailed Eagle

Ein letztes Bild zeigt zwei Säbelschnäbler an der Kleientnahmestelle in Wybelsum:

Pied Avocet

Bei meiner Ankunft wurde der Jungvogel von der Mutter (oder dem Vater) gehudert, doch dann kam es wie in so vielen Familien und sogar ohne Weihnachtsfest zum Streit. Zunächst eher leise, dann so laut, dass ich wenigstens einen Satz verstehen konnte: "Solange du deinen Schnabel in mein Gefieder schiebst,..!"

Den Bruchteil einer Sekunde später liefen die beiden dann in entgegengesetzte Richtungen...