wilde perspektiven

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Montag, 16. Dezember 2013

Kurz vorm Fest

Richtig spannend ist es draußen nicht mehr, so kurz vor der Bescherung. 

Zwar werden allerorten noch echte Knallervögel festgestellt, aber hier in Ostfriesland will einfach nichts für mich herausspringen. Nach einer immer noch anwesenden Sperbereule in den Niederlanden ist dort zu allem Überfluss auch noch ein Sperlingskauz in einem Waldgebiet entdeckt worden. Jemand wollte dort eigentlich nach Kiefern- und Bindenkreuzschnäbeln suchen, musste sich am Ende aber mit der kleinen Eule zufriedengeben. Weitere tolle Gäste in NL: Weißbürzel-Strandläufer, Mornell, Kleiner Gelbschenkel und Gluckente.

In Deutschland will das Auftreten seltener Vogelarten auch noch nicht komplett abebben. Neben den erwähnten Kreuzschnäbeln tauchten in den letzten Wochen noch so illustre Arten wie Kurzzehenlerche (Sachsen) sowie Polar- und Eismöwen auf. Emden besitzt leider keinen Fischereihafen; größere Ansammlungen von Großmöwen sucht man hier entsprechend vergebens.

Heute war ich in einem Wald bei Aurich. Als ich ihn betrat, roch es förmlich nach Sperlingskauz, Sperbereule, Tannenhäher, Binden- und Kiefernkreuzschnabel sowie einem verspäteten Blauschwanz:

Any Crossbills in da club?

Tatsächlich stieß ich auf einen gemischten Meisentrupp, bestehend aus allen sechs mitteleuropäischen Arten! Und gleich 25 Schwanzmeisen sowie vier Wintergoldhähnchen waren auch noch dabei. Erlenzeisige suchten, wie sollte es auch anders sein, in den vielen Erlen nach Nahrung, Kernbeißer hüpften auf dem Waldboden umher. 

Am Ende eines Stichweges tauchte dann wie aus dem Nichts Damwild auf:


A small herd/flock of non-native Fallow Deer staring at me

Jemand hat die Viecher wohl schon vor Jahren dort ausgesetzt, um die Liste der jagdbaren Tiere künstlich zu verlängern. Schon zu meiner Auricher Zeit lief mir Damwild in diesem Wald häufiger vor die Kamera.

Immer wieder vernahm ich die Rufe eines sehr mobilen Kreuzschnabeltrupps, der sich mal hier, mal dort zu befinden schien. Zunächst sah ich die Vögel immer nur im Fluge und auf große Distanz, doch irgendwann fand ich immerhin zwei Individuen (Fichten+er), die sich an Fichtenzapfen gütlich taten. Der Rest des Trupps wollte sich mir nicht bis auf Artniveau vorstellen, doch gehe ich davon aus, dass es sich ausnahmslos um die gängige Art gehandelt hat.

Hier vier der insgesamt etwa 20 Vögel am sehr späten Nachmittag bei sehr schlechtem Licht:


Common Crossbill

Jetzt gibt's ein bisschen mehr Farbe:




European Goldfinch

Diesen Stieglitz konnte ich in der letzten Woche auf dem Rysumer Nacken fotografieren. Ganz alleine und deshalb wohl auch nicht so scheu verspeiste er dort die Samen der Nachtkerze:

Weil die Vögel schon seit dem Spätsommer Nachtkerzensamen essen, sind die Vorräte inzwischen wohl nahezu aufgebraucht, weshalb die Stieglitze dort längst auf Erlensamen umgestiegen sind.

Eben bis auf dieses Kerlchen:

Stieglitze sind hier in Ostfriesland keine Seltenheit, doch besonders auffällig sind sie im Winterhalbjahr, weil sie dann in größeren Trupps auf Brachflächen nach Nahrung suchen.

Neben vielen anderen Samen werden vor allem jene diverser Distelarten gegessen, weshalb der Stieglitz im Volksmund auch Distelfink genannt wird:

Beim Heranrobben an den Vogel griff ich etwas unachtsam in einen älteren Hundehaufen! Das war nicht schön, das will ich sagen, und überhaupt kann man den Bereich um den Emsstrand ganz zwanglos als Emdens Hundeklo Nummer eins bezeichnen. Gefühlte vier Millionen Hunde verrichten dort tagtäglich ihr Geschäft, und es erstaunt mich, dass mir so ein Missgeschick bislang nicht viel häufiger passiert ist.

Einer der Kandidaten, die alltäglich ihr "Unwesen" rund um das Restaurant Strandlust treiben, ist dieser hier:

Mystery Dog

Er buddelt sich einen Wolf, immer und überall! Und er lässt sich dabei grundsätzlich nicht stören:

Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass die ganzen Löcher entlang des Gassco-Zaunes von den Karnickeln stammen. Doch wahrscheinlich ist dieser Hund der einzige hauptamtliche Buddler vor Ort:


Stolz stand er da vor seinem Sandhaufen und lächelte mir zu.

Im Portrait:

Wo ist Frauchen?

Keine Ahnung.

Wo ist der Anleger?

submerged berth at Rysumer Nacken caused by strong northwesterlies in combination with spring tide

Am 5. Dezember traf Orkan Xaver auf die deutsche Küste. Weil der Wind im Gegensatz zu Christian nicht aus Südwest, sondern aus Nordwest kam und die Tide zu dieser Zeit eine Springtide war, lief das Wasser so hoch auf wie schon lange nicht mehr. Der Anleger der Borkum-Fähren jedenfalls war hier schon zweieinhalb Stunden vor dem Erreichen der Hochwassermarke nicht mehr zu sehen!

Bei "Standardhochwasser" sieht es so aus:

same scene at usual high tide for comparison

Und woher stammen all die Pflastersteine?

Where do all these paving stones come from?

Die Lösung folgt auf dem Fuß:

Xaver (Bodil) did this to the footway

Dieser Weg ist erst im vergangenen Sommer gepflastert worden. Viel Geld hat man investiert in eine Sache, die sinnloser nicht hätte sein können. Jahrzehntelang sind die Spaziergänger dort ohne einen gepflasterten Weg ausgekommen, die Grasnarbe hatte den immer wieder anrollenden Wellen viele Jahre erfolgreich getrotzt. Durch das Anlegen dieses Weges aber hat man sie geöffnet und der wütenden Ems so erst die Möglichkeit geschaffen, tiefere Wunden in den Deich zu reißen und so erheblichen Schaden anzurichten.

Das Getreibsel in den Büschen unmittelbar hinter dem Emsstrand fungiert nach wie vor als Pegelanzeiger. Xaver trieb die Fluten bis weit hinter den Strand in Bereiche, die bei normaler Tide nicht mit dem brackigen Wasser der Ems in Kontakt kommen:


Flotsam hanging in the shrubbery beyond the beach still illustrates the unusually high water level caused by cyclone Bodil*

Zum Abschluss drei Bilder, die wieder so etwas wie Ruhe ausstrahlen.

Stare über der Ems auf dem Weg nach Süden:

European Starling

Nonnengänse:


Barnacle Goose

Und der Strand selbst im Licht der soeben aufgegangenen Sonne:






























* Jedes Land benennt einen Orkan natürlich anders. Xaver hieß auf der Insel eben Bodil.