wilde perspektiven

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Sonntag, 26. Januar 2014

Scheiße, Schnee,...

...dachte das Rotkehlchen heute Morgen auf dem Friedhof Tholenswehr (Emden), um sich dann einmal richtig kräftig durchzuschütteln. Brrrr...

Tatsächlich handelt es sich bei dem weißen Teppich da draußen um den ersten Schnee dieses Winters. Bereits gestern Abend hatte es heftig zu schneien begonnen, und heute Morgen, beim ersten schlaftrunkenen Blick aus dem Fenster, musste ich sofort an Cortina d'Ampezzo denken oder an Val-d'Isère. Ohne Berge, vielleicht.

Trotzdem frage ich mich, ob das denn jetzt noch unbedingt sein musste. Ich meine, ich hatte mich echt schon darauf eingestellt, in diesem Winter nicht mehr Schnee schippen zu müssen. Und überhaupt, in meinem Hirn zeichnete sich bereits zaghaft die Silhouette der ersten Kreuzotter des Jahres ab.

Doch ich will nicht jammern, denn was soll erst das Rotkehlchen sagen:

Eurasian Robin 

Rotkehlchen sind alles andere als Mimosen! Trotz ihrer zarten und zerbrechlichen Erscheinung stemmen sie bei uns auch noch den kältesten Winter. Ihr breites Nahrungsspektrum ist in dieser Hinsicht sehr hilfreich. Vor vielen Jahren hatte ich mal einen Fuchs mit Hundefutter geködert. Und jetzt ratet mal, wer seinerzeit mitgenascht hat...


Von zwanzig Rotkehlchen ist im Schnitt eines zahm. Wenn dann auch noch ein Kälteeinbruch mit viel Schnee für erschwerte Lebensbedingungen sorgt, kann man diese Zahl um den Faktor zwei erhöhen. Eigentlich aber ist das egal, weil ein einzelnes zahmes Rotkehlchen ja ausreicht, wenn man mal wieder ein paar Bilder machen möchte.

Das folgende Foto entstand einen Tag vor dem großen Schneefall:


Zwischendurch ging ich mal zum nahen Treckfahrtstief, wo sich ein paar verzweifelte Vögel auf einer kleinen eisfreien Wasserfläche tummelten und vergeblich auf Omis oder Opis mit Toastbrot warteten.

Auch ich hatte leider keines dabei:

Eurasian Coot

Meine Fresse, ist das glatt:

Common Moorhen

Bläss- und Teichralle finden auch unter diesen Bedingungen noch genügend Nahrung, weil auch sie eigentlich alles essen können, was sich ihnen in den Weg stellt. Lustig ist, dass jene Menschen, deren Gärten an das Treckfahrtstief angrenzen, beide Arten am Futterhaus beobachten können. Zusammen mit Amseln, Meisen, Sturm- und Lachmöwen!

Hier ruhten Lachmöwen auf dem brüchigen Eis:

Black-headed Gull

Für mich wäre das nichts; da bekommt man ja einen kalten Hintern!

Zurück zum Friedhof:

Old cemetery Tholenswehr - habitat of wintering Eurasian Robin

Dort sah ich bereits am Freitag, also noch ohne Schnee, meinen ersten Emder Grünspecht sowie eine Waldschnepfe, die aus einem Gebüsch herausflog. Für diese Art wird es jetzt sehr ernst, weil sie im hartgefrorenen Boden nicht nach Gewürm stochern kann. In den vergangenen und sehr kalten Wintern sind sogar Individuen in Emder Hausgärten und am Futterhaus beobachtet worden. Das muss man sich mal vorstellen!


Dem Rotkehlchen ist das egal. In den zahlreichen Kompostbehältern des Friedhofes liegt immer etwas zu essen. Meist sind es Äpfel oder andere Früchte, an denen sich auch viele Amseln gütlich tun.

Gäbe es eine Rangliste der bei den Vögeln unbeliebtesten Früchte, der Gemeine Schneeball wäre wohl einer der Topfavoriten:

Guelder Rose - this certain fruit is not "en vogue" among birds like thrushes and others and they avoid feeding on it as long as they can. But with this ugly snowfall last night everything has changed. Despite these unpredicted weather conditions spring migration has already started: today I saw my first Song Thrush in 2014!

Erst jetzt werden die Früchte angenommen, weil Wacholderdrosseln und andere Fruchtverzehrer wegen der geschlossenen Schneedecke keine andere Wahl mehr haben:

Und wenn diese kirschroten Steinfrüchte auch von vielen Vögeln bis zuletzt gemieden werden, so sind sie doch mit das Attraktivste, worauf sich eine Wacholderdrossel stellen kann. In wenigen Tagen aber wird man nicht mehr die Chance haben, diese Szene zu knipsen, weil dann alles abgeerntet sein wird.

Federkugel:


Dunkel sollte es heute den ganzen Tag über bleiben. Nicht im Ansatz war die Sonne zu sehen:



Ich hoffe, dass das mit dem Schnee bald wieder vorbei ist, obwohl gerade in diesem Augenblick wieder Flocken vom leichenblassen Himmel fallen.

Ich schreibe das auch im Namen des Rotkehlchens:

Hundertpro!