Freitag, 23. Mai 2014

Über die Tücken eines tief ausgeschnittenen Entwässerungsgrabens im Wybelsumer Polder

Am Montag (19. Mai 2014) machten mich Inge und Klaus Lange (Sehnde) auf vier junge Säbelschnäbler aufmerksam, die auf einem Graben am Südrand des Wybelsumer Polders herumschwammen. Die Vögel waren dort auf ihrem Weg vom Brutplatz (auf einer Insel in einem kleinen Gewässer) zu den nahrungsreicheren Wattflächen des Ems-Ästuars in eine Falle geraten.

Der Graben, links davon die Straße, wiederum davon links der Deich (auf der rechten Seite befindet sich das Gewässer mit der Brutinsel):



In der mit Wiesenkerbel zugewucherten Fläche zwischen Straße und Deich brüten Feldschwirl, Schilfrohrsänger, Blaukehlchen, Schwarzkehlchen und Rohrammer - das nur so nebenbei.

Ein weiteres Bild vom Graben (vergleiche den unterschiedlich starken Bewuchs der beiden Böschungen, verursacht durch Schafbeweidung nur auf der rechten Seite):

this ditch with its steep and overgrown banks became a trap for Avocet's offspring

Hier bewachte einer der Altvögel den Nachwuchs, der auf dem Wasser schwamm und dort nach Nahrung suchte:

note the different state of vegetation on either side of the ditch. The dense and tall vegetation on the left constitutes an insuperable barrier for the young Avocets

Immer wieder gesellten sich die Eltern zu den Jungen aufs Wasser:

Noch ein entsprechendes Bild:

Doch hielt es sie nie lange dort und sie flogen auf die Straße oberhalb des Grabens oder gar auf den Deich, um die Küken in die richtige Richtung zu locken:

Auf der Straße:

the whole day the adults tried to lure their offspring into the intertidal zone beyond the dike, but failed

So ganz nebenbei hatten sich die permanent im Zustand höchster Erregung befindenden Altvögel auch noch gegen Rabenkrähe und Rohrweihe zu erwehren, die ihrerseits auf leichte Beute hofften. Und irgendwann machten die Altvögel dann auch keinen Unterschied mehr zwischen Freund und Feind.

Eigentlich harmlose Zaungäste wie Stock- und Schnatterente sowie die im folgenden Bild gezeigte Bisamratte (links) hatten darunter zu leiden und bekamen auch immer mal wieder ihr Fett weg:

the whole day the adults had to defend their offspring against Carrion Crow and Marsh Harrier, but even harmless animals like the Musk Rat shown here had been attacked for several times

Attacke!

Es war ein einziger Lärmpegel; die Säbelschnäbler riefen wirklich pausenlos. 

Und ich stand nur da und fragte mich, ob Vögel eigentlich auch einen Herzinfarkt bekommen können...

Wo bleiben sie nur?

Kinder, ich warte!

Undankbare Blagen! Ich guck mal dahinten:

Doch die jungen Säbelschnäbler hatten es längst aufgegeben, die aus ihrer Sicht unüberwindbare Wand aus Stängeln, Halmen und Blättern zu durchdringen, denn auch bis zum Donnerstag hatte sich nichts an der Situation geändert.

Zusammen mit diversen Enten schwammen die Küken (im Vordergrund) weiterhin auf dem Graben herum, während sich ihre Eltern geradezu heiser riefen:

the chicks had already given up to overcome the steep bank with its dense and tall vegetation and kept staying on the water

Was ich hier mit etwas Humor beschreibe, war eigentlich eine mittelschwere Tragödie!

Eine für die Altvögel, die sich im Dauerzustand eines nahen Nervenzusammenbruchs zu befinden schienen, und auch eine für die Jungvögel, die meiner Meinung nach keine reelle Chance haben, zu erwachsenen Säbelschnäblern zu werden, wenn sie den Weg aus dem Graben und ins nahe Watt nicht mehr schaffen sollten.

Und damit niemand weint, gibt es jetzt noch ein Bild vom Drosselrohrsänger, der sich seit dem vergangenen Samstag im Wybelsumer Polder aufhält und dort unermüdlich singt.

Für ein Weibchen hat es allerdings leider noch nicht gereicht:

this Great Reed Warbler is still present at Wybelsumer Polder

Über diesen Vogel berichte ich aber noch einmal extra und zu späterer Stunde.