wilde perspektiven

wilde perspektiven

Dienstag, 12. August 2014

Eine Lachseeschwalbe besucht Emden-Wybelsum

Ja, der kleine Rysumer Nacken ist zwar nicht annähernd so schön wie Juist, aber immer wieder für eine überraschende Überraschung gut ;-)


Am 12. August besuchte ich also mal wieder mein Emder Lieblingsgebiet.

Ich haderte gerade mit einer der vielen vorausgegangenen Situationen. Ein Perlmutterfalter war unmittelbar vor mir vom Boden aufgeflogen und hatte sich sofort komplett aus dem Staub gemacht, ohne dass ich seine Identität herausfinden konnte. Eigentlich hatte ihn der böige Wind einfach fortgeblasen...

Enttäuscht war ich, weil der gemeine Falter nicht noch einmal gelandet war. Ich meine, er hätte mir doch wirklich mal einen Gefallen tun können. Und ich war wütend auf mich selbst, weil ich ihn nicht schon vor seinem Abflug entdeckt hatte. Okay, wütend bin ich eigentlich nie, aber ein wenig enttäuscht war ich schon.

ground fog on early morning at Rysumer Nacken

Doch bereits wenige Minuten später sollte ich reich beschenkt werden von Mutter Natur, denn da kam ein Vogel auf mich zugeflogen, der ein ganz besonderer sein sollte!

Eine Lachmöwe, dachte ich zunächst – hmmmh, die sieht aber schon etwas komisch aus –, und so rätselte ich einfach weiter, während der Vogel sich mir rasant näherte. Das ist aber eine Seeschwalbe, korrigierte ich mich selbstbewusst selbst, ohne aber das Fernglas anzuheben. Flussseeschwalben nehmen auch schon mal die Abkürzung über Land, wenn sie keinen Bock haben, der längeren Wasserlinie zu folgen. Doch diese Seeschwalbe wirkte schon mit bloßem Auge reichlich plump. Zu plump für eine Flussseeschwalbe.

Jetzt wurde es mir zu bunt, und ich hob endlich mein Glas an.
 
Dieser Anblick bot sich mir, als der Vogel mich längst passiert hatte. Und es war weder eine Lachmöwe noch eine Flussseeschwalbe.

Es war eine Lach-see-schwalbe:

record shots: my very first Gull-billed Tern since I've moved to Ostfriesland, August 12, Emden-Wybelsum

Als ich schließlich realisierte, um welche Art es sich handelte, war der Vogel schon auf meiner Höhe. Meine Kamera aber befand sich noch in meinem Rucksack auf meinen Schultern. Tausend Gedanken waberten gleichzeitig und in diesen wenigen Sekunden durch mein Hirn. So erwog ich sogar einen Verzicht auf Belegbilder, weil ich die Beobachtung einfach genießen wollte und mir keine reellen Chancen mehr ausrechnete, die Kamera noch rechtzeitig aus ihrem Versteck kramen zu können. 

Denn zu schnell flog die Lachseeschwalbe, trotz des stürmischen Gegenwindes aus Südwest. Und dann konnte ich doch wieder nicht anders, weil ich der Meinung bin, dass man in jedem Fall versuchen sollte, ein Belegfoto eines seltenen Gastes zu schießen. Also ließ ich mein Fernglas los, nahm blitzschnell den Rucksack vom Rücken, öffnete ihn und zog die Kamera heraus. Diesmal hatte ich Glück, denn gerade beim schnellen und unsachgemäßen Herausziehen verstellt sich gerne mal das verfickte Programmwahlrad, was in der Vergangenheit und gerade in solchen Situationen immer wieder zu unbrauchbaren Bildern geführt hat. 

Für diverse Kontrollen, z. B. der Belichtung, blieb im Eifer des Gefechts keine Zeit. Ich hielt einfach drauf und machte genau zwei Bilder. Dann tauchte die Lachseeschwalbe in großer Entfernung hinter einem Damm ab und leider nicht wieder auf. Trotzdem hatte ich Glück im Unglück, weil der Vogel gegen den starken Wind kreuzte wie ein Segelboot. Dieses energiesparende Verhalten ermöglichte es mir, den seltenen Gast im Profil zu fotografieren. Hätte ich ihn nur von hinten erwischt, könnte man auf den Bildern jetzt nicht den diagnostisch fetten Schnabel erkennen, der diesem Vogel seinen englischen Namen eingebracht hat.

"Möwenschnabel-Seeschwalbe":






this bird was just passing by, so that I failed to get better images

2014 brütete die Lachseeschwalbe in Deutschland nur an zwei Orten. Einmal im Augustgroden/Kreis Wesermarsch, also am Jadebusen, sowie im Neufelderkoog im Kreis Dithmarschen im südwestlichen Schleswig-Holstein (dort etwa 30 Paare). Die Lachseeschwalbe ist zwar ein halber Kosmopolit, doch kommt sie nur sehr lokal vor und fehlt entsprechend über weite Strecken. In dieser Hinsicht kann man sie also mit der Rosenseeschwalbe vergleichen.

Und sie ist bezüglich ihrer Biologie eine ganz besondere Seeschwalbe, weil sie ihre Nahrung nicht wie die Arten der Gattung Sterna stoßtauchend im Wasser erbeutet, sondern stattdessen ihre Beutetiere im niedrigen Suchflug über Wiesen und Brachen vom Boden oder der Vegetation aufliest. Heuschrecken, Regenwürmer, aber auch kleine Wirbeltiere wie Mäuse und Jungvögel bilden in etwa das Nahrungsspektrum der Lachseeschwalbe.

Für mich war das erst die zweite Begegnung mit dieser Art in Deutschland; die erste gelang vor vielen Jahren in der Nähe von Cuxhaven.

Interessant ist viellleicht noch, dass sich seit knapp zwei Wochen gleich mehrere Lachseeschwalben in der Provinz Groningen/NL aufhalten: klick!

Dort sind die Vögel sogar stationär und fangen entlang diverser Gräben vor allem Grashüpfer. Gebrütet aber haben sie dort nicht.


Bodennebel zu Füßen des Campener Leuchtturms:

Campen lighthouse

Stockenten auf Nahrungssuche im Watt:










Mallard

Auf der Buhne im Hintergrund halten sich zurzeit einige Flussuferläufer auf (Archivbild):



Common Sandpiper - taken from the archives

Auf dem Weg in ihre Winterquartiere rund ums Mittelmeer legen sie dort eine Rast ein.

Pfuhlschnepfen haben ihre nordischen Brutgebiete längst wieder verlassen und tummeln sich nun im Wattenmeer, wo der Tisch für sie reich gedeckt ist.

Diese hier flogen bei auflaufendem Wasser zu ihren Ruheplätzen südlich Campen:

Bar-tailed Godwit

Wenn man diese Vögel bei der Nahrungssuche beobachtet, dann ist das wirklich lustig. Nahezu jeder Versuch, mit dem langen Schnabel im Substrat zu stochern, bedeutet auch Erfolg. Vor allem auf den leckeren Wattwurm haben sie es abgesehen. Eine diesjährige Pfuhlschnepfe traute sich besonders nah an mich heran und fing in wenigen Minuten dreißig dieser Würmer!

Für diese Menge müssen Angler nahezu das gesamte Wattenmeer umgraben...

Zwei junge Löffler kamen auf mich zugeflogen wie später die Lachseeschwalbe:

Eurasian Spoonbill

In ihrem Falle aber hatte ich ausreichend Zeit, meine Schusswaffe vorzubereiten:

Und nochmal beide Vögel auf einem Bild und von der Seite:


Nebel am Strand:

Ein Spinnennetz:

Ja, es geht hart auf den Herbst zu!

Habt ihr schon mal Queller gegessen?

Der wächst hier nämlich vereinzelt. Und er wächst hier deshalb nur vereinzelt, weil ich ihn immer pflücke und aufesse.

Mampf, mampf...

Queller schmeckt total lecker, salzig und scharf, und er ist knackig und saftig ohne Ende. Wenn man aber zu viel von ihm isst, dann wird die Zungenspitze taub, aber das lässt nach ein paar Stunden wieder nach ;-)

Und so sieht er aus, der Queller:

Glasswort

Die holzigen Teile sollte man sich natürlich nicht in den Mund stopfen, aber das macht man bei Kohlrabi ja auch nicht.


Das jetzt schon seit Wochen leuchtende rosa Flammenmeer des Schmalblättrigen Weidenröschens wird leider bald erlöschen. Die attraktiven Pflanzen liegen inzwischen wirklich in den allerletzten Zügen:

Rosebay Willowherb


Ein eigentlich gut getarntes Grünes Heupferd fiel mir nur deshalb auf, weil es seine linke Antenne bewegte, als ich vorbeiging:

Great Green Bush-cricket would constitute a suitable meal for the Gull-billed Tern


Und zum Schluss gibt es ein paar Schwimmenten. Zurzeit kann man an der Kleientnahmestelle in Wybelsum sechs verschiedene Arten der Gattung Anas beobachten.

Drei davon sieht man auf dem folgenden Bild:

Garganey, Shoveler, and Mallard

Von links: Knäkente, Löffelente, Knäkente, Stockente, dann vier Löffelenten und schließlich eine Stockente ganz rechts im Vordergrund.

Die anderen Arten, die sich dort im Moment aufhalten, sind Krickente, Pfeifente und Schnatterente.

Und von all diesen Vögeln, etwa 180 Ind., trug nur einer schon wieder das komplette Prachtkleid: und zwar eine Schnatterente.