Montag, 25. August 2014

Fast nix los hier

Neulich habe ich mir eine Emder Zeitung gekauft!

Ich las zuerst den Sportteil, dann die lokalen Seiten und schließlich das Feuilleton. Es gab auch einen Weltspiegel, eine Politikseite, eine Seite für Jungostfriesen und so weiter.

Eigentlich sind alle Tageszeitungen dieser Welt gleich aufgebaut. Die Nachfrage (des Lesers) bestimmt den Inhalt. Wenn man also davon ausgeht, dass es sich kein Zeitungsverlag dieser Welt leisten kann, dauerhaft über Dinge zu berichten, die keine Sau interessieren, dann kommt man automatisch zu dem Schluss, dass die Natur für das Gros der Bevölkerung völlig belanglos ist. 

Dabei passiert da draußen so verdammt viel, so viel Interessantes, dass man mit nur einer Seite pro Tag gar nicht auskäme. Doch die Leute lesen viel lieber über neueste Trends auf dem Auto- oder dem Telekommunikationsmarkt als über Heuschrecken oder Vögel.

Ich bin ja der Meinung, dass jeder Mensch wissen sollte, wie er sich einigermaßen korrekt im Outback verhält. Ich denke, es kann keiner Seele schaden, wenigstens einen Teil der Tiere und Pflanzen beim Namen zu nennen, um einschätzen zu können, wie es um unsere Umwelt bestellt ist. Kann man das nicht, fehlt einem die Möglichkeit, Veränderungen da draußen überhaupt wahrzunehmen.

Das sind nur so Gedanken...


Der Pilsumer Leuchtturm unter einem heiteren Himmel:

famous Pilsum Lighthouse (Foto: Herald Ihnen/Freepsum)

Das war in den letzten zwei Wochen keinesfalls selbstverständlich!  

Es hat nämlich geregnet wie Sau. Es hat auch gestürmt wie Sau. Und der verfickte Wind blies auch noch kontinuierlich aus der falschen Richtung, nämlich aus Südwest statt aus Nordwest. So brauchte man im Emstrichter gar nicht erst nach Raubmöwen und sonstigen Pelagen zu suchen. Und die wenigen in diesem Sommer soeben erst freigefallenen Schlammflächen sind inzwischen auch schon wieder abgesoffen. Limikolenfotografie fällt in diesem Jahr also komplett aus. Im letzten Jahr meldete der Herbst seine Ansprüche erst im September an, wie es sich ja wohl auch gehört.

Immerhin fand ich am 13. 8. meine erst zweite Frühe Heidelibelle des Jahres auf dem Rysumer Nacken:





Red-veined Darter

Ob es sich um ein frisch aus dem Süden eingeflogenes Exemplar handelte oder um eines, das hier zuvor geschlüpft war, kann man natürlich nicht sagen. Die Frühe Heidelibelle fliegt längst alljährlich aus dem Süden zu uns ein, doch in jahrweise stark schwankender Zahl. Die Tiere vermehren sich auch im Norden, können hier aber nicht überwintern.

Ein C-Falter an der Knock:


Comma

Wenig später, eine fette Wolke vor der Sonne hatte sich inzwischen verzogen, flog er auf einen anderen Zweig und sonnte sich:

same

Der erst dritte Postillon des Jahres zeigte sich Sonntag vor einer Woche (17. 8.) gegen Mittag nahe des Gassco-Geländes (Belegfoto):

Dark Clouded Yellow

Und ich beobachtete am selben Tag und am selben Ort ein Taubenschwänzchen, das am Stamm eines Holunders gelandet war, aber schon wenige Sekunden später wieder abflog und eilig verschwand. Es war das erste für mich in diesem Jahr.

Mein lieber Kollege Friedel Zöpfgen aus Quakenbrück hat nicht nur einen Garten, nein, er hat auch einen Schmetterlingsflieder! 

Und an den Blüten dieser Pflanze saugte neulich ein Taubenschwänzchen, das er auch in klasse Bildern festhalten konnte:


Hummingbird Hawk-moth (Foto: Friedel Zöpfgen/Quakenbrück)

Das Erscheinungsbild dieses interessanten Falters, der ebenfalls alljährlich und ebenfalls in stark schwankender Zahl aus dem Süden zu uns einfliegt, lässt erahnen, wie die Engländer auf seinen Namen gekommen sind. 

Ich erinnere einen außergewöhnlichen Einflug dieser Art, der vor einigen Jahren den Landkreis Osnabrück heimsuchte. Viele Menschen riefen bei den Zeitungen an und berichteten aufgeregt von "Kolibris" in ihren Gärten. Andere reagierten besorgt oder sogar hysterisch, weil sie die Taubenschwänzchen für Spionagedrohnen des NSA oder wenigstens von Google hielten.

Ein Löffler:


Eurasian Spoonbill

Und eine Rohrammer, fotografiert von Herald Ihnen (Freepsum).

Moin!

Reed Bunting (Foto: Herald Ihnen/Freepsum)

Dazu gibt es noch eine Goldammer vom selben Fotografen:

Yellowhammer (Foto: Herald Ihnen/Freepsum)

Viel Regen hat es in den letzten zwei Wochen gegeben, ab und zu aber auch mal eine Wolkenlücke. Und wenn es regnete und gleichzeitig die Sonne lachte, dann gab es auch schon mal einen Regenbogen, wie hier über dem Ems-Ästuar:

previous two weeks we have had much rain and stormy days, while the temperatures dropped. Fall is already there

Der August ist in unseren Breiten wohl der Hauptdurchzugsmonat für die Trauerseeschwalbe. Jedenfalls im Herbst.

Dieses Individuum kämpfte tapfer gegen den stürmischen Wind aus Südwest an:

Black Tern heading south

Und auch dieser Regenbrachvogel auf dem Rysumer Nacken hatte sicher schon eine beachtliche Teiletappe seiner Reise hinter sich, ist er doch mindestens irgendwo in Fennoskandien, möglicherweise aber auch im Norden Russlands erbrütet worden:

Whimbrel watching the Black Tern

Ich war zwischendurch auch mal an der Seeschleuse in Leyhörn. Von dort aus kann man das niederländische Eemshaven sehen, aber auch Borkum:

Borkum

Und Memmert ist ebenfalls in Sichtweite, aber leider schon besetzt:

Memmert

Es folgt Juist mit seinem leuchtend weißen und kuppeldachigen Kurhaus:

Juist

Östlich dieser hübschen Insel schließt sich der Westteil Norderneys an:

Norderney

Keines der anderen Eilande hat so eine unverwechselbare Skyline zu bieten. Und jeder mag selbst darüber entscheiden, ob sie ihm gefällt oder nicht. 

Dieser Herbst-Mosaikjungfer auf dem Rysumer Nacken dürfte es total egal sein, ob da diese Bettenburgen in den blauen Himmel ragen oder nicht.

Sie machte notgedrungen eine Regenpause, wohl wie so oft in den letzten zwei Wochen:

Migrant Hawker

Und wenn das Wetter auch hin und wieder nicht so prickelnd ist, so wird der Herbst doch hoffentlich noch die eine oder andere ornithologische Kostbarkeit nach Emden lotsen.

Das zumindest ist mein Wunsch!


Mein Dank geht an Friedel und Herald für die schönen Bilder.