Freitag, 5. September 2014

Hecke, Acker und Waterkant

Eine diesjährige Sperbergrasmücke besuchte am letzten Sonntag (31. 8.) eine Hecke an der Knock. Um ein Haar wäre es mir auch gelungen, schöne Bilder von diesem Vogel zu machen, doch leider habe ich wieder einmal alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte.

Denn ein weiteres Mal entschied ich mich dafür, meine Kamera im Rucksack auf dem Rücken durch die Gegend zu transportieren, statt sie einfach in die Hand zu nehmen. Der Grund dafür: Wenn man die Linse festhält, stört das beim Gucken mit dem Fernglas.

Der Ort des Geschehens:

this hedgerow at the southwesternmost tip of the Ostfriesian peninsula (the so called Knock) is a good place for passerines on migration and therefore for a guy like me

Ja, etwa hundert Meter hatte ich gerade zurückgelegt, da stand sie auf einem Holunderzweig, nur etwa vier Meter von mir entfernt und völlig frei. Ganz vorsichtig hob ich mein Glas an und genoss für einen Augenblick diese für mich allererste Sperbergrasmücke abseits Helgolands. Doch bereits im selben Moment ärgerte ich mich darüber, nicht die Kamera statt des Fernglases in der Hand zu halten. 

Mehrere Holunderfrüchte aß der Vogel in aller Ruhe, dann tauchte er ab und leider nie wieder auf. Ich wartete etwa drei Stunden, ging mal ein paar Meter nach rechts, dann wieder einige nach links, doch die Sperbergrasmücke blieb verschollen. Und es ist auch kein Wunder, dass ich sie nicht wiederfinden konnte, ist die Hecke doch etwa 1,6 Kilometer lang und teilweise eher unübersichtlich. Unzählige Holunderbüsche stehen den Vögeln für die Nahrungssuche zur Auswahl, viele davon in zweiter Reihe und somit nur schlecht oder gar nicht einsehbar.

Einer der zahllosen Holunderbüsche:

Black Elder - an important food source for Thrushes and Warblers

So ist das Leben!

Bei der Lachseeschwalbe war es trotz desselben Fehlers gerade noch einmal gutgegangen, doch diesmal sollte ich als Verlierer vom Platz gehen. Nachlässigkeit muss bestraft werden. Und glaubt mir, ich ärgere mich noch heute wie Sau!

Das folgende Bild zeigt immerhin den Zweig, der von der Sperbergrasmücke geradezu geadelt worden ist:



last Sunday (August 31) a first calendar year Barred Warbler was feeding calmly on Black Elder fruit, standing for seconds in full view on this twig, while my camera was still in my back bag. Few seconds later bird disappeared and did never return. Holy shit!

Zwei Rehe, Mutter und Kind, lachten mich deswegen später aus, blickten dann aber rasch in eine andere Richtung und taten ganz unbeteiligt, nachdem sie bemerkt hatten, dass mit mir in diesem Augenblick wirklich nicht zu spaßen war:

European Roe Deer

"Seid froh, dass ich kein Jäger bin, ihr Pappnasen. Dann hätte ich euch jetzt einen Kopf kürzer gemacht!" rief ich den beiden zu.

Immerhin sah ich an der Knock am 4. 9. einen diesjährigen Wespenbussard, der sich die Kleinvogel-Hecke aus der Helikopterperspektive ansah:

record shot: young Honey Buzzard on his way to Africa 

Ob er die vielen Falter gesehen hat, die dort im Windschutz der Büsche ihr Unwesen treiben?

Den in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangenen Kleinen Feuerfalter zum Beispiel:

Small Copper

Oder den an der Hecke zurzeit megahäufigen Admiral:

Red Admiral

Fünf auf einem Bild:

Man beachte die unterschiedlichen Rottöne der einzelnen Individuen.

Ein Landkärtchen der Sommerform:


Map

Die x-te Generation des in Ostfriesland so häufigen Waldbrettspiels fliegt zurzeit ebenfalls:

Speckled Wood

Wenn der Admiral ein halber Kosmopolit ist, dann ist die folgende, nah verwandte Art ein ganzer:

2014 is going to be one of the worst years ever for the Painted Lady. Fewer than 20 individuals I have seen so far

Das war erst mein etwa zwanzigster Distelfalter in diesem Jahr!


Schon am Samstag (30. 8.)  fuhr ich nach Manslagt, um dort an einer gefluteten Senke auf einem Acker ein paar Bilder zu machen (im Hintergrund ist der Campener Leuchtturm zu sehen):

my hide on a flooded field

Ganz früh am Morgen, es war bedeckt und noch ziemlich finster, tauchte eine junge Bachstelze auf, um sich was Leckeres zu suchen:










White Wagtail

Eine ganze Weile stand sie einfach nur da. Sie schien nachzudenken über den nächsten Schritt:

Schließlich trippelte sie zur Pfütze und stellte sich hinein:

Ein Bad nahm sie aber nicht, doch immerhin gab sich der Vogel eine Katzenwäsche:

Dann kam der Star des Tages, der dort seit einer Woche unter Feldsperlingen abhängt und Artgenossen rigoros meidet, obwohl  diese auch immer wieder an der Pfütze auftauchen, um zu trinken:

Common Starling

Doch wenn sie wieder abfliegen, um auf den umliegenden Äckern nach Nahrung zu suchen, bleibt er stets völlig desinteressiert stehen:

Und das, obwohl er kerngesund ist! Aber wer weiß schon, was sich im Kopf eines jungen Stars so abspielt...

Die schönsten Bilder sind für mich immer jene, die komplett ohne störende Schatten auskommen. Deshalb fotografiere ich sehr gerne unter Bedingungen so ganz ohne jegliches Licht.

Ein Ersatzmornell betrat schließlich die Bühne:




young Whinchats always remind me of Eurasian Dotterel

Als Brutvogel ist das Braunkehlchen in Emden und Umgebung inzwischen eine echte Seltenheit, doch auf dem Wegzug, vor allem in den Monaten August und September, kann man die Art nach wie vor in großer Zahl in der offenen Landschaft antreffen. Und weil es in der Manslagter Ackermarsch keine Zäune zu geben scheint, andere Warten ebenfalls fehlen und der Wind an diesem Tag kräftig blies, hielt sich der Vogel viel auf dem Boden auf.

Eben wie ein Mornell:


Dieser Vogel war ein Männchen, was ich aber nicht an Gefiederdetails festmachen konnte, sehen doch alle Braunkehlchen im ersten Winterkleid nahezu identisch aus. Doch der kleine Kerl sang die ganze Zeit leise vor sich hin:

Inzwischen ist der Acker gedüngt und umgepflügt worden, von der Senke und dem Leben an und in ihr gibt es keine Spur mehr.

Nach diesen eher blassen Aufnahmen gibt es jetzt zwei farbigere einer Ringelgans, die wohl den ganzen Sommer im Watt vor Manslagt verbracht hat:

this Brent Goose has spent the whole summer near Manslagt

Jedenfalls war sie mir dort bereits im Juni an mehreren Tagen begegnet:

Am Abend des 2. September tauchte plötzlich ein junger Schwarzstorch hinter mir am Himmel auf und überholte mich mit nur wenigen tiefen Flügelschlägen:

Black Stork 

Unglaublich, aber wahr: Er landete einige hundert Meter weiter unmittelbar an der Wasserkante und stellte sich mir quasi in den Weg, um etwas nachdenklich nach Borkum und Juist hinüberzuschauen.

Der junge Storch und das Meer (frei nach Hemingway): 

Dieser Vogel ist nach wie vor anwesend und sucht seine Nahrung vorzugsweise in den Prielen der Salzwiesen, oft unmittelbar neben dem gepflasterten Weg, der am Wasser entlangführt. Ich konnte sehen, dass er mindestens drei Strandkrabben erbeutete.

Und so sehen seine Fußspuren aus:


Black Stork's foot prints

Allein im Dollartgebiet konnten in den vergangenen vier Wochen einige Schwarzstörche entdeckt werden. Sowohl auf der deutschen als auch auf der niederländischen Seite. Und das ist nicht selbstverständlich, ist die Art in anderen Jahren doch eher ein seltener Gast in dieser Region!

Schwarzstörche brüten nicht in Ostfriesland, auch nicht im niederländischen Grenzgebiet. Das gehäufte Auftreten in diesem Jahr spricht für einen sehr guten Bruterfolg in den Herkunftsgebieten, wo auch immer sich diese befinden mögen.

Junger Schwarzstorch vor einem azurblauen Himmel:

two days later – likely the same bird

Auch Sumpfohreulen ziehen bereits:

Short-eared Owl

Am 4. 9. waren es gleich drei Individuen, die sich unmittelbar an der Wattkante aufhielten und zumeist ruhten:

Einer der Vögel mit dem Campener Leuchtturm im Hintergrund:

Ja, Sumpfohreulen können auch fliegen:

Diese Sumpfohreule ließ mich recht nah heran, ohne nervös zu werden. Und das ohne Auto und ohne Tarnzelt:

Geile Augen, oder?

Den Pilsumer Leuchtturm muss ich nicht mehr vorstellen:


Pilsum Lighthouse

Ich gebe zu, in den vergangenen Wochen gezielt nach Mornellregenpfeifern gesucht zu haben. Dieser von mir so begehrte Vogel (seit knapp zwanzig Jahren nicht mehr gesehen) ist überhaupt der Grund dafür, warum ich so oft in die karge Ackermarsch der Krummhörn gefahren bin.

Doch wenn ich Mornells suche, finde ich allenfalls Goldregenpfeifer:


Golden Plover

Die sind zwar mindestens genauso hübsch, leider aber auch sehr scheu. Gute Aufnahmen von dieser Art in Deutschland stammen fast ausschließlich von Helgoland, wo man immer mal wieder einzelne sehr vertraute Individuen finden kann. Ich schreibe das aus Erfahrung und bin ein wenig enttäuscht darüber, dass die Gegebenheiten auf dem Kontinent um einiges schlechter sind.

Und ich habe endlich mal Bilder von den beiden Schwarzfahrern gemacht, die nahezu das ganze Jahr die beiden Außenspiegel meines Autos bewohnen:

Silver-sided Sector Spider inhabiting both mirrors of my vehicle

Da ich meine Karre grundsätzlich nicht reinige, haben diese Tiere nichts zu befürchten. Es handelt sich um die häufige Sektorspinne, die ihre Netze auch gerne in Fensterrahmen errichtet:

Mein Dank geht ein weiteres Mal an Jürgen Peters (Borgholzhausen), der diese Tiere für mich bestimmte!

Ostfriesland ist eine der wichtigsten Urlaubsregionen der Republik. PKW mit auswärtigen Kennzeichen sieht man beinahe häufiger als lokale. Besonders auffällig kommen natürlich Wohnmobile und "Gespanne" daher.

Die folgende, farblich fein aufeinander abgestimmte Kombination dürfte wohl die originellste des ganzen Sommers gewesen sein:


Jedenfalls war ich sehr beeindruckt!