wilde perspektiven

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Freitag, 28. November 2014

Strandpieper (Teil 2)

Um den im Schnitt etwa einwöchigen Rhythmus in diesem Blog beibehalten zu können, gibt es heute vor allem Bilder aus der Konserve. Und wie bereits im letzten Bericht angekündigt, soll ein weiteres Mal der Strandpieper die Hauptrolle spielen.

Was es allgemein über diese Art zu berichten gibt, könnt ihr im ersten Teil nachlesen. Heute sollen andere Dinge im Vordergrund stehen. Zum Beispiel, wie sich variierende Lichtverhältnisse auf die Erscheinung eines Vogels auswirken können.

Darüber hinaus habe ich noch einige Bilder von anderen Arten aus den vergangenen Wochen auf Halde liegen, die ich hier und heute verwurste.


Ich beginne also mit vier Bildern eines Strandpiepers:






Eurasian Rock Pipit one more time ;-)



Ein drittes Beispiel:

Und ein viertes:

these four images show the same individual and illustrate impressively the influence of different light conditions on the appearence of one single bird

Es handelt sich tatsächlich viermal um ein und denselben Vogel, doch all diese Fotos entstanden zu unterschiedlichen Tageszeiten und somit auch unter wechselnden Lichtbedingungen. Es sind also nicht etwa irgendwelche Kameraeinstellungen, die da vor allem hinsichtlich der Farben zu verschiedenen Resultaten geführt haben.

Das letzte Bild machte ich wenige Minuten nach Sonnenaufgang, als das Licht sehr klar und gelb war. Eigentlich handelt es sich dabei um ein Licht, das ich für die Fotografie meide, weil es mir nicht wirklich gefällt.

Das Bild darüber, das den Strandpieper von vorne zeigt, entstand gegen Mittag. Die Sonne schien durch eine durchlässige Wolkenschicht und stand genau so hoch am Himmel, wie es die Jahreszeit zulässt. Zu hoch eben, um schönes Licht zu produzieren...

Bild zwei (von oben) wirkt von der Farbe her etwas seltsam, vielleicht sogar künstlich, doch auch dieses Foto kam ganz ohne technische Raffinessen aus. Ich machte es kurz vor Sonnenaufgang mit einer ISO von 1600 und einer Verschlusszeit von einer dreißigstel Sekunde. An manchen Tagen färbt sich unmittelbar vor Sonnenaufgang alles für einen Augenblick in ein weiches Rosarot, das aber bereits nach wenigen Sekunden einem kalten und klaren, aber auch sehr neutralen Licht weicht.

Dann ging die Sonne auf, doch weil ich in einer Senke fotografierte, erreichten ihre Strahlen den Vogel erst etwa eine halbe Stunde später. Das erste Foto also zeigt den Strandpieper zwar bereits nach Sonnenaufgang, aber eben auch noch im Schatten.

Fazit: Wenn man als Vogelgucker unterwegs ist, in Ostfriesland oder sonstwo, dann sollte man also nicht nur die Merkmale der einzelnen Arten im Hirn haben, sondern eben auch alle möglichen Ursachen, die zu einer vermeintlichen oder tatsächlichen Veränderung im Erscheinungsbild eines Vogels führen können. Denn nur dann kann man in der Bestimmung auch die richtigen Schlüsse ziehen.


Anderes Thema:

this probably young Hen Harrier came much too close and almost touched my hide

Plötzlich warnte einer der anwesenden Strandpieper heftig, doch die Ursache konnte ich zunächst nicht entdecken, weil ich in die falsche Richtung schaute. Ich wagte also einen Blick nach halbrechts und sah eine sehr wahrscheinlich diesjährige Kornweihe, die nur etwa fünf Meter von meinem Tarnzelt entfernt auf einem Kleihaufen stand. Völlig frei, aber eben auch zu nah.

Meine Atmung setzte aus!

Mit seinen Blicken fixierte der Vogel regelrecht mein Tarnzelt. Jede noch so unauffällige Bewegung hätte ihn auf der Stelle vertrieben, das war mir klar. Also wartete ich, bis die Weihe sich etwas gelassener zeigte und den Blick abwendete. Das tat sie schließlich auch, um vom Hügel hinabzuspringen und sich dahinter zu verstecken:

Ich dankte dem Vogel dafür. Denn er war ohnehin viel zu nah an meinem Versteck gelandet, und ich hätte ihn nur etwa zu zwei Dritteln aufs Bild bekommen, doch jetzt wurde er vom Kleihaufen abgeschnitten und nicht etwa vom Bildrand. Das war okay, wenngleich ich die Weihe furchtbar gerne in ihrer ganzen Pracht festgehalten hätte.

Nun aber gibt es eben ausschließlich Portraits:

Eine ganze Weile blieb der Vogel dort stehen, weil der Kleihaufen ihm Windschutz bot.

Doch dann ging ihm wohl das Geklicke meiner Kamera auf den Sack, zumindest aber erschien es der Kornweihe wohl etwas seltsam. Sie erhob sich und landete auf dem nahen Weg, der aber etwas höher liegt als mein Versteck, weshalb ich auch hier wieder nur einen Teil des Vogels aufs Bild bekam.

Ohne Füße:


same bird

Zurück zu den Strandpiepern.

Vögel sind, wie ja auch wir Menschen, Individuen. Und wenn die Unterschiede zwischen zwei Individuen einer Art auch nicht so schnell zu erkennen sind wie bei uns Menschen, so bedeutet das aber nicht, dass es diese Unterschiede nicht gibt.

Für den Laien sieht ein Strandpieper wohl kaum anders aus als eine Heckenbraunelle. Und für mich glichen bis zu diesem Shooting alle Strandpieper einander wie ein Ei dem nächsten. Nie hatte ich mir die Mühe gemacht, bei dieser Art genauer hinzusehen. Doch das lohnt sich eigentlich immer, weil es viel zu entdecken gibt. Und so führt die Fotografie nicht nur zu hoffentlich hübschen Bildern, nein, sie bringt einem auch neue Erkenntnisse, weil man die Vögel aus unittelbarer Nähe beobachten und sie anschließend anhand der Bilder auf Herz und Nieren überprüfen und Individuen einer Art miteinander vergleichen kann.

Hier ist er also wieder, der Strandpieper mit dem gelben Schnabel.

Solche Vögel sind nicht nur nicht selten, sie sind zumindest in Manslagt deutlich in der Überzahl. Und genau so wie auf dem Bild ist das Winterkleid des Strandpiepers im großartigen Jonsson dargestellt.

Eine einfache Erklärung.

Doch der ganz oben vorgestellte Strandpieper zeigt keinen bunten Schnabel. Seiner ist einheitlich dunkel, wie ihn Strandpieper eher zur Brutzeit tragen sollten. Hat er also vielleicht einfach nur vergessen, ihn der Jahreszeit farblich anzupassen? Oder sind es möglicherweise eher die diesjährigen Individuen, die besonders viel Orange im Schnabel zeigen? 

Wenn man im Netz nach Bildern von Jungvögeln dieser Art sucht, die eventuell noch Reste des Schnabelwulstes zeigen, dann fällt tatsächlich der hohe Orangeanteil auf. Und sind es nicht auch bei anderen Singvogelarten vor allem die diesjährigen Individuen, die die Masse des Zuggeschehens stellen?

Wieder eine einfache, aber eben auch hypothetische Erklärung.

Oh, ein Sperber am Himmel:

Gott sei Dank, er ist weg.

Da kann ich ja jetzt weiterfuttern.

Neben der Färbung des Schnabels fiel mir auch die unterschiedliche Färbung des Federkleides der beiden hier gezeigten Individuen auf.

Der vermeintliche Jungvogel wirkt eher einheitlich olivgrün:

note the different bill colouration (this bird and next), just normal intraspecific variation or even a sign of bird's age? 

Das andere Tier hingegen erscheint mir eher dunkel und undefinierbar graubraun:

Es sind nur Nuancen, aber sie reichten im Feld stets aus, die beiden Vögel allein anhand ihrer Färbung auseinanderhalten, noch bevor ich ihre Schnäbel im Detail erkennen konnte. Der vermeintlich adulte Strandpieper wirkte nämlich auch auf größere Distanz stets deutlich düsterer.

Und noch einmal der Vergleich zwischen zwei Bildern, die denselben Strandpieper einmal kurz vor und einmal kurz nach Sonnenaufgang zeigen:

 Auch der Quellerzweig auf beiden Bildern ist derselbe:

Seht ihr die unterschiedlichen Farben? Und ist das nicht wirklich interessant?

All diese Szenen spielten sich direkt an der Wasserkante ab.

Neben Strandpiepern und Kornweihen kann man dort auch viele andere Vogelarten entdecken und beobachten.

Der Wanderfalke z. B. ist eine davon. Entweder ziehen diese Greife einfach durch, übrigens meist junge Individuen, oder aber sie stehen irgendwo am Horizont auf einer Buhne oder auf dem Weg, wo sie eine gute Übersicht haben und das Geschehen am und über dem Wasser besser verfolgen können:




a typical encounter with a very special bird

Der hier gezeigte Vogel ist aber wahrscheinlich ein echter Ostfriese, weil er sich eigentlich immer am Weg zwischen Upleward und Pilsum aufhält. Das allein sagt natürlich nicht wirklich was aus, doch trägt dieser Wanderfalke auch noch einen Vogelwartenring, den ich allerdings bislang nicht ablesen konnte. Und daran wird sich wegen der stets großen Distanz zum Vogel auch künftig ganz bestimmt nichts ändern, doch meine ich mal irgendwo aufgeschnappt zu haben, dass neben einem Brutpaar im Emder Hafen auch noch eines bei Greetsiel ein Revier besetzt haben soll.

Und zwischen dem Beobachtungsort und Greetsiel liegen nur wenige Kilometer, was letztendlich aber auch nichts bedeuten muss:  

the opposite of confiding is Peregrine

Zusätzlich zu diesem Vogel kann man dort zur Zugzeit, also etwa von September bis November, auch schon mal bis zu sechs Wanderfalken an einem Tag Richtung Süd bis Südwest vorbeifliegen sehen. Und manchmal hat man sogar die Möglichleit, sie bei ihrer rasanten Jagd zu beobachten. Mit offenem Mund, weil man aus dem Staunen nicht herauskommt!

Vor einigen Wochen war da ein Jungvogel, der gerade Bock auf ein zartes Alpenstrandläufer-Filet hatte. Der Alpenstrandläufer aber wollte nicht von einem Falken gegessen werden und schlug immer wieder geschickt einen Haken. Doch mühelos holte ihn der Wanderfalke genauso oft wieder ein, um kurz vorm Ziel erneut in die falsche Richtung geschickt zu werden. Schon nach dem ersten Fehlstoß rechnete ich eigentlich mit einem Abbruch der Jagd, doch der Falke zeigte sich hartnäckig und setzte immer wieder nach.

Über Minuten!

Es hatte den Anschein, als wollte er den Strandläufer müde hetzen. Leider verlagerte sich das Geschehen immer weiter nach Süden, sodass ich die beiden schließlich aus den Augen verlor und nichts über den Ausgang dieses megaspannenden Naturschauspiels schreiben kann.

Doch will ich zugeben, dass mein Herz fast immer für die Kleinen und vermeintlich Schwächeren schlägt. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass ich dem Wanderfalken im Erfolgsfall böse gewesen wäre. Oder dass ich gar dem Wattwurm im Kampf mit einer Pfuhlschnepfe die Daumen drücke.

So schlimm ist es noch nicht mit mir.

Die Rotdrossel im folgenden Bild hatte ganz offensichtlich kein Glück bei ihrer Begegnung mit einem Greifvogel, der ebenfalls ein Wanderfalke gewesen sein mag. Vielleicht aber auch ein Merlin oder Sperber:

this head of a Redwing was left behind by a Sparrowhawk, Merlin or Peregrine, who had started a career as an artist

Ich habe nichts verändert, genau so fand ich diesen Kopf des Vogels auf dem Weg am Wasser, inmitten des Kleingefieders. Es sah wie Kunst aus, wie eine Plastik. Der viel versprechende Beginn einer außergwöhnlichen Karriere?

Ganz viele Brandenten standen da im Watt herum:


Common Shelduck

Achtung, zwei Knutts:


Red Knot - both individuals are of same age (1 cj), but while the left has moulted almost completely into the first winter plumage, the right still remains in juvenile and doesn't show any sign of moult at all. Hormones don't do their job?

Beide Vögel waren diesjährig, doch kurioserweise befanden sie sich zum Zeitpunkt der Aufnahme (2. 11.) in völlig unterschiedlichen Mauserstadien.

Denn während der auf dem obigen Bild vordere Vogel noch das komplette Jugendkleid trug (u. a. Ankerzeichnung auf Schulterfedern), befand sich der hintere bereits nahezu vollständig im ersten Winterkleid. Und um das genau überprüfen zu können, bat ich die beiden freundlich, mal die Plätze zu tauschen.

Mantel- und Schulterfedern sowie auch das Kleingefieder: tatsächlich alles taufrisch beim jetzt rechten Individuum!

Die Armdecken stammen noch aus dem Jugendkleid und werden wohl wie die Hand- und Armschwingen erst nach Vollendung des ersten Lebensjahres vermausert werden. 




"Hau mal ab da mit deinem alten und abgewetzten Kostüm", raunte der rechte dem linken Knutt in schlechter Manier zu, "ich will jetzt mal allein aufs Bild!"

Der Kugelknutt setzte sich durch:

Abermals zurück zum Strandpieper.

Seinen Lebensraum habe ich ja bereits im letzten Beitrag in mehreren Bildern vorgestellt. Ohne Salzwasser können diese Vögel dem Anschein nach nicht leben.

Die künstlich angelegten Priele durch die Salzwiesen zum Beispiel werden immer wieder aufgesucht, vor allem wenn das Wasser wieder abläuft:

habitat of Rock Pipit 

Dort kann so ein Strandpieper mit etwas Glück sogar auf den Eisvogel treffen, wie ich neulich staunend feststellen durfte!
















Und wieder der Buntschnabel:

Ein vorletztes Bild von einem Strandpieper, zumindest für die kommenden Wochen:


Und ein letztes, das einen der Vögel auf meinem Tarnzelt stehend zeigt (ein zweiter rechts auf dem Pflasterstein):

curious Rock Pipit

Nonnengänse rasten auch schon mal im Watt:

Barnacle Goose

Große Zahlen dieser für mich attraktivsten Gans schlafen im NSG Leyhörn, wo sie ihre Ruhe vor den Menschen haben. Morgens machen sie sich dann in großen und kleinen Trupps zu den Nahrungsflächen auf, die oft weiter entfernt liegen, zum Teil aber auch unmittelbar an die Schlafgewässer angrenzen. Relativ störungsresistent sind Nonnengänse zum Beispiel im Bereich des Pilsumer Leuchtturms.

Und wieder habe ich bei Manslagt eine Schneeammer erwischt. Genau genommen sind es sogar zwei:

cute Snow Bunting

Und irgendwann findet auch mal der schönste Beitrag sein Ende.

Noch einmal zeige ich die tollen Wattstrukturen bei Manslagt, doch diesmal, im Gegensatz zum letzten Beitrag, unmittelbar vor Sonnenuntergang:





Das war's schon wieder.