wilde perspektiven

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Freitag, 10. August 2018

Ein Odinshühnchen besucht die Hauener Pütten

Oh, dachte ich heute am frühen Morgen, als ich aus meinem Wagen heraus das bunte Treiben in den Hauener Pütten beobachtete, du bist ja ein Odinshühnchen.

Wie süüüüüß!

Kaum hatte ich den seltenen Gast entdeckt, da hielt ich auch schon ganz automatisch meine Kamera in den Händen und schoss die ersten Bilder.

Klick, klick, klick, klick und so weiter.

Weil die Hauener Pütten aber zurzeit sehr durstig sind und das Wasser in den vergangenen Monaten der Dürre immer weiter zurückgewichen ist von der Straße, sind die Distanzen zu den dort nach Nahrung suchenden Vögeln inzwischen verdammt groß geworden. 

Viel zu groß für meine kleine Kinderlinse, wie man unschwer erkennen kann:

this young Red-necked Phalarope showed up today on early morning at so called Hauener Pütten. The previous night strong westerlies had reached gale force for hours. Apparently this bird has lost his way to the wintering areas off the Western African coast. Unfortunately this Phalarope did ot stay for a long time, so I failed to relocate it in the late afternoon

Für Belegfotos hat es aber allemal gereicht.

Nachdem ich ausrreichend Bilder angefertigt hatte, informierte ich per Mobiltelefon Onno K. Gent (Norden) über den seltenen Gast. 

Doch bis zu dessen Ankunft am Beobachtungsort nur wenige Minuten später hatte ich das Odinshühnchen leider aus den Augen verloren. Und das nur, weil ich meinen Blick für wenige Sekunden abgewandt hatte, um die bereits gemachten Fotos durchzumustern. 

Ich sah also auf, und der Vogel war weg!

Wie von der Apulischen Tarantel gestochen schoss ich aus meiner Karre hervor und eilte die Straße entlang. Barfuß und in kurzen Hosen, wie eigentlich immer, wenn es wärmer ist als 16 Grad Celsius. Das Odinshühnchen konnte ich zunächst zwar nicht finden, aber immerhin einen Seeregenpfeifer.

Auch von ihm gibt es natürlich nur ein Belegfoto, angefertigt aus unglaublich großer Distanz:  








Kentish Plover (with Common Ringed Plovers)

Onno traf ein, und ich konnte ihm zunächst nur diesen "Trostpreis" präsentieren.

Doch nur wenige Minuten später tauchte auch das Odinshühnchen wieder auf, sodass am Ende keine Wünsche offen blieben!

Hier mal der geile Wassertreter, der übrigens partout nicht schwimmen wollte, in Farbe:


same Phalarope

Odinshühnchen treten alljährlich in Deutschland auf, vor allem im Küstenraum.

Doch im Gegensatz zum verwandten Thorshühnchen, das ich hier schon dreimal vorgestellt habe, meidet es Salzwasser, wenn es die Qual der Wahl hat. In den Hauener Pütten ist die Art in den vergangenen Jahren schon des Öfteren beobachtet worden, allerdings noch nie von mir. 

Für mich war das heute also tatsächlich das allererste Odinshühchen hier in Ostfriesland!

Die Art brütet zirkumpolar, also einmal rund um den Nordpol. Im Gegensatz zum hocharktischen Thorshühnchen reichen die Brutvorkommen des Odinshühnches aber etwas weiter nach Süden und schließen etwa Norwegen und die Färöer mit ein. Die Winterquartiere befinden sich auf offener See, u. a. vor der westafrikanischen Küste. Sturmtief Nadine dürfte den kleinen Vogel etwas vom eingeschlagenen Weg abgebracht und nach Hauen gepustet haben.

Und ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Der unweit der Hauener Pütten stehende Pilsumer Leuchtturm kann alles bezeugen.  

Ich knipste ihn am ganz frühen und noch dunstigen Morgen von der Straße aus: 


pretty Pilsum lighthouse

Tagsüber wimmelt es dort von Menschen.

Doch als ich dieses Bild machte, waren wir, also der Leuchtturm und ich, noch ganz unter uns. Diese Ruhe und natürlich auch das wunderschöne Licht am frühen Morgen sind der Grund dafür, dass ich immer sehr zeitig aufstehe.

Vögel machen das auch, aber aus andseren Gründen.

So etwa dieser Wiesenpieper, der im Kraut am Rande der Salzwiesen auf dem Manslagter Nacken stand und sich den am Ende gar nicht so hartäckigen Nebel wegwünschte:


Meadow Pipit

Dieser sich putzenden Rohrammer dürfte es nur wenig später kaum anders ergangen sein:

Reed Bunting

Das Odinshühnchen schien sich nicht lange in den Hauener Pütten aufhalten zu wollen.

Bei einer Kontrolle am späten Nachmittag konnte ich es jedenfalls nicht mehr finden. Der Wind hatte längst abgeflaut, die Reisebedingugen sich verbessert. Ich gehe also davon aus, dass sich der kleine Piepmatz inzwischen wieder auf den beschwerlichen Weg gemacht hat.

Und deshalb ist hier und jetzt auch Schluss mit diesem wertvollen Beitrag.


Nachtrag vom 11. August 2018: Bezüglich des Zugverhaltens des Odinshühchens habe ich mich weiter oben total verguckt und vertan. Es ist natürlich das Thorshuhn, das vor der Küste Westafrikas überwintert. Das Odinshühchen zieht durchs Binnenland und steuert den Persischen Golf sowie den Indischen Ozean an, um dort weit vor irgendeiner Küste den Winter zu verbringen. Nur vergleichsweise wenige Individuen legen auf diesem Weg eine Rast bei uns ein, weshalb es immer etwas Besonderes ist, dieser Art in Mitteleuropa zu begegnen.