Donnerstag, 30. August 2018

Ein zweites Odinshühnchen besucht die Hauener Pütten

Am 24. August 2018 fand ich in den Hauener Pütten bei Greetsiel mein zweites Odinshühnchen der Saison.

Und natürlich war es auch erst mein zweites Odinshühnchen hier in Ostfriesland seit meinem Umzug von Bramsche nach Aurich vor etwa neun Jahren (vgl. letzten Post).

Der Beobachtung vorausgegangen war wieder eine stürmische Nacht mit diversen Regenschauern. Ich hielt also an der Straße, stieg aus meinem Wagen und blickte mit meinem Fernglas in Richtung der Vogelmassen, die auf den Schlammflächen nach Nahrung suchten. Zwischen zahlreichen Sandregenpfeifern und anderen Limikolen eierte da auch das Odinshühnchen den Rand einer Pfütze entlang. 

Nur wenige Sekunden später hatte ich meine Belegfotos im Kasten:

this second young Red-necked Phalarope of the season (among tons of Common Ringed Plovers) showed up at Hauener Pütten on 24th August 2018 and kept staying at least until the 25th.

Weil ich gesehen hatte, dass sich da ein Beobachter in der nahen Hütte aufhielt, eilte ich schnell hinüber, um ihn über den seltenen Gast zu informieren. Ich öffnete die Tür und blickte in die strahlenden Augen eines glücklichen Menschen. Peter Reus aus dem mittelfränkischen Scheinfeld hatte das Odinshühnchen nämlich selbst gerade erst und unabhängig von mir entdeckt!

Der Piepmatz blieb mindestens bis zum kommenden Tag.

Ja, Kinners, der Vogelzug ist längst in vollem Gang!

Wenn man morgens aufsteht, weiß man nie, was oder wer einen erwartet. Als Vogelgucker kennt man einfach keine Langeweile. Ich bin wirklich darauf gespannt, welchen tollen Überraschungsgästen ich in diesem Herbst noch begegnen werde. Mein Hauptaugenmerk werde ich auf die Krummhörner Küste richten, ohne jedoch Norddeich und andere Orte komplett zu ignorieren.

Wenn dabei endlich der großartige Wüstensteinschmätzer herausspringt, werde ich mehr als zufrieden sein...

Barnacle Goose – where do these early visitors actually come from?

Bereits am 30. Juli 2018 sah ich in den Hauener Pütten die ersten 19 Nonnengänse dieses Wegzuges.

Das Bild da oben zeigt einen bereits deutlich größeren Trupp, der sich Mitte August nahe des Sperrwerkes Leysiel aufhielt. 

Wo, so fragte ich mich, kommen diese vielen Nonnengänse zu diesem frühen Zeitpunkt des Jahres bloß her? Ich hatte mal von Brutpaaren im Rheiderland gehört, doch in welchem Umfang diese einst ausschließlich arktische Art dort für Nachwuchs sorgt, weiß ich bis heute nicht. In Teilen Schleswig-Holsteins soll die Nonnengans bereits ein häufiger Brutvogel sein. Gleiches gilt für die schwedischen Ostseeinseln Öland und Gotland. 

Allein in Mitteleuropa sollen inzwischen über 2000 Paare dieser hübschen Gans brüten, obwohl die Ansiedlung hier erst Ende der 1990er Jahre begann (Quelle: Wikipedia). Diese Zahlen, die vielen Landwirten die Zornesröte ins Gesicht treiben dürften, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es von der Nonnengans weltweit nicht einmal eine halbe Million Individuen gibt. 

So viele Menschen leben in jeder zehnten Großstadt!

Graugänse auf dem Deich östlich des Sperrwerkes Leysiel:

Greylag Goose is common in Ostfriesland and her numbers are still increasing

Im Hintergrund erkennt man die Leybucht und den Deich von Westermarsch.

Ein adulter Seeadler treibt sich seit einiger Zeit im NSG herum.

Hier ruhte er sich auf dem für uns Menschen gesperrten Deich am Ostrand des NSG Leyhörn aus: 


White-tailed Eagle 

Wohl derselbe Vogel stand ein paar Tage später im Watt vorm Pilsumer Leuchtturm herum und dachte wohl über sein aufregendes Leben nach:


likely the same bird few days later

Hallo? Ist da unten jemand?



hello? Somebody in there?

Einige Bekassinen suchen ihre Nahrung zurzeit besonders gerne in den Rissen und Spalten im Kleiboden, die durch das rasche Austrocknen der Wasserflächen in den Hauener Pütten entstanden sind.


Äh, ich muss mal kurz pausieren...

So, da bin ich wieder. Ich musste erst alle Mücken hier im Raum killen. Meine Fresse, kaum wird es draußen etwas kühler, da dringen diese Chitin-Arschkrampen in meine Höhle ein, um mich komplett auszusaugen. 

Das nur so nebenbei.


Und ich freue mich besonders über den Beginn des Kleinvogelzuges! 

Auf den Zaunpfählen entlang der Straße im NSG Leyhörn stehen zurzeit viele Steinschmätzer und Braunkehlchen herum, die ausnahmslos aus dem hohen Norden stammen dürften.

Hier mal ein herbstlicher Steinschmätzer aus dem Archiv, aufgenommen auf dem Rysumer Nacken:

young Northern Wheatear (taken from the archives)

Ein weiterer, fotografiert auf den Basaltblöcken der Uferbefestigung bei Norddeich im vergangenen Herbst:

another

Und gleich drei Braunkehlchen auf einem Bild:




Whinchat (three individuals) on migration

Eines war besonders keck und ließ mich ganz nah an sich herankommen: 


good morning, beautiful Whinchat

Ja, die Sonne stand schon recht hoch am Himmel, weshalb ich das Bild einfach ins Farblose  transformiert habe.  

Denn: Ein schlechtes Farbfoto kann immer noch ein sehr gutes SW-Bild abgeben.

Ansonsten gibt es nicht viel Gutes über das Braunkehlchen zu berichten. Diese einst vor allem in den norddeutschen Niederungsgebieten so gewöhnliche Art steht in der ganzen Republik wohl kurz vor dem Aus. Hauptursache für den rasanten Rückgang dieses anspruchsvollen Vogels dürfte, analog zu vielen anderen Tier- und Pflanzenarten, die Intensivierung der Landwirtschaft sein. 

Wirklich jeder Quadratzentimeter wird in Deutschland genutzt. Das bedeutet, es wird seit vielen Jahrzehnten gespritzt und gedüngt, als gäbe es kein Morgen mehr. Dass als Folge davon viele Lebewesen auf der Strecke geblieben sind und künftig noch bleiben werden, ist den allermeisten Menschen egal.

Von einem Vogel namens Braunkehlchen haben sie eh noch nie etwas gehört.

Auf dem Rysumer Nacken konnte ich in den vergangenen Jahren noch bis zu drei Paare feststellen. Im letzten und in diesem Jahr habe ich allerdings keine Kontrollen mehr durchgeführt. Bezeichnenderweise handelt es sich hier aber um ein Gebiet, das eben nicht intensiv bewirtschaftet wird. Trotzdem ist es wohl auch hier nur noch eine Frage der Zeit, bis das Braunkehlchen verschwindet.

Falls das nicht bereits passiert sein sollte. 

Gott sei Dank werden wir aber nicht auf diesen Vogel verzichten müssen, denn als häufiger Durchzügler bleibt er uns (zuächst noch) erhalten. Sowohl im Frühjahr als auch im Spätsommer wird man das Braunkehlchen in offenem Gelände beobachten können, wenn sich die Vögel auf dem Weg in ihre Brut- oder Überwinterungsgebiete bei uns eine Pause vom anstrengenden Fliegen erlauben.

Ach so: Alles, was ich hier über das süße Braunkehlchen geschrieben habe, lässt sich übrigens ganz zwanglos auf den Steinschmätzer übertragen! 

Löffler in der Luft:




Eurasian Spoonbill

Zwar brüten längst auch viele von ihnen an der deutschen Nordseeküste (besser: auf den Inseln), doch dürfte das Gros der hier gezeigten Vögel über den Hauener Pütten aus den Niederlanden stammen. 

Neulich stand ich nämlich morgens an der Spitze des NSG Leyhörn, das übrigens wie ein riesiges Phallussymbol in die Emsmündung hineinragt (schaut's euch auf der Karte an), und sah einen Trupp nach dem anderen von Westen her kommend über mich hinweg- oder an mir vorbeifliegen. 

Puh, ist das kalt:


House Martin

Diese Mehlschwalben wollten sich am ganz frühen Morgen nicht den Arsch abfrieren.

Sie ruhten auf dem Dach eines der beiden Häuser am Sperrwerk und genossen die Morgensonne. Das war aber nur deshalb möglich, weil der verfickte kalte Wind aus der entgegengesetzten Richtung kam. Auf den Pfannen genossen die Vögel also gleichzeitig den Windschutz und die Wärme.

Es handelt sich bei diesen Mehlschwalben übrigens um ortsansässige, die vor allem in künstlichen Betonnestern brüten. Wer diese Kunstnester aufgehängt hat, ist also ein Held!

Nicht nur für die Vögel.


Ein letzter Hinweis: Alle meine Bilder entstehen mit offener Blende. Die je nach Lichtsituation passende Zeit sucht sich die kluge Kamera selbst aus ;-)