Dienstag, 8. Januar 2019

Und sie bummeln immer noch

Die frohe Botschaft des Tages: Die Trödellerchen auf dem Rysumer Nacken sind gut ins neue Jahr gekommen.

Das mal gleich zu Beginn.

Und auch zwei bis drei Singdrosseln scheinen unter einer ausgeprägteren Variante der Zugunlust zu leiden. Bei all meinen Ausflügen konnte ich sie im Dunstkreis eines bestimmten Sanddorn-Gebüschs entdecken, wo sich die Vögel, gemeinsam mit einigen Amseln, die sauren Früchte gleich tonnenweise in ihre kleinen Vogelmägen schaufelten.

In den letzten Wochen bin ich fast täglich auf dem Rysumer Nacken unterwegs gewesen.

Nur ein einziges Mal konnte ich dort auch einen Waldwasserläufer beobachten, nicht aber knipsen (siehe Nachtrag ganz unten).

Immerhin ein mittelprächtiges Foto gelang mir an einem sehr finsteren Tag von einer männlichen Bartmeise:

male Bearded Reedling with four more specimens, who were always covered by reed

Die vier Kollegen im Hintergrund hielten sich dagegen eher bedeckt.

Die Vögel waren nicht scheu, doch stand da eigentlich immer ein ganzes Meer aus baffzigtausend Schilfhalmen im Weg. Das ist typisch für diesen hübschen Schilfbewohner, den man hier in der Krummhörn erfreulicherweise noch vielerorts beobachten kann.

Ob in den Hauener Pütten oder eben auf dem Rysumer Nacken, es sind fast immer die metallischen Rufe der Bartmeise, die zu ihrer Enttarnung führen. Hinzu kommt, dass diese Art niemals alleine auftritt, soondern immer in Trupps, die aus fünf bis 20 Individuen bestehen. 

Hier mal ein Bild vom Lebensraum:






habitat of Bearded Reedling, Water Rail, and Water Pipit

In Farbe und aufgenommen kurz vor Sonnenaufgang, weshalb das Schilf so einen hübschen rosafarbenen Anstrich bekommen hat:

same spot, but different day and painted in pretty colours

Wenn ich plötzlich auf der Bildfläche erscheine, dann sehe ich dort auch ein ums andere Mal eine publikumsscheue Wasserralle wegflitzen. Und immer fliegt dann ein einzelner Bergpieper auf, der am Ufer dieses sehr seichten Gewässers nach Nahrung sucht und dem Anschein nach im Gebiet den Winter verbringt. 

Hier ein Archivbild einer Wasserralle aus dem Wybelsumer Polder, der sich nur wenige Kilometer entfernt befindet:

Water Rail (taken from the archives)

Derselbe Vogel im Portrait:

close up of same bird

Und schließlich gibt es ein Foto von einem Waldwasserläufer, den ich seinerzeit im Ihlower Forst ablichten konnte:

Green Sandpiper (taken from the archives)


Es folgt ein Foto vom momentanen Aufenthaltsort der Heidelerchen:


habitat of overwintering Woodlarks (field) and Water Pipit (few years ago, ditch)

Vom scheuen Bergpieper besitze ich leider kein aktuelles Bild.

Doch kann ich immerhin Archivaufnahmen zeigen, die ich im Herbst 2016 unmittelbar neben dem Graben (rechts im Bild) anfertigen konnte.

Niiiedlich:

pretty Water Pipit

Zu dieser Vogelart, die zur Brutzeit auf bergiges Terrain steht, gibt es in diesem Blog insgesamt drei längere Beiträge, die ihr leicht finden könnt, falls Interesse besteht.

Ein zweites Foto vom selben Vogel:

same bird

Fliegende Heidelerchen über dem Rysumer Nacken, aufgenommen im Dezember:

photo composition of Woodlarks at Rysumer Nacken

Natürlich handelt es sich auch hier wieder um eine Fotomontage aus verschiedenen Belegschüssen, die die Merkmale der fliegenden Heidelerche veranschaulichen soll. 

Mindestens seit dem 22. Dezember besteht der Trupp übrigens nur noch aus elf statt zwölf Individuen. Was aus dem einen Vogel geworden ist, kann ich leider nicht schreiben, aber vielleicht ist er einem hungrigen Sperber zum Opfer gefallen. Ich meine, wann kommt man als Sperber mal in den Genuss, im winterlichen Mitteleuropa eine leckere Heidelerche zu essen?

Ihr könnt mir glauben, ich hatte es auch auf bessere Bilder von den seltenen Gästen abgesehen. Auf vernünftige Fotos von mindestens einer stehenden Heidelerche!

Doch das hier ist alles, was ich bis heute hinbekommen habe:

three of eleven individuals of the whole flock, one is easy to spot (and even to identify!), but where are the other two?

Auf diesem Foto kann man mit etwas Geduld drei der elf Individuen finden ;-)

Hier fliegen sie durch die blaue Luft. Das Bild kommt reichlich finster daher, weil ich die Belichtung zuvor auf den dunklen Acker eingestellt und leider keine Zeit zum Korrigieren hatte:

same birds flushed

Am Boden sind die Vögel bestens getarnt!

Nähert man sich ihnen, ohne zu wissen, wo genau sie sich gerade befinden, hat man praktisch keine Chance, sie auf dem weiten Acker zu entdecken. Die Zeichnung ihres Gefieders lässt sie mit ihrer Umgebung verschwimmen, und gleichzeitig hören die Vögel sofort auf, sich zu bewegen. Sie stehen ganz still da und ducken sich unter Umständen sogar, während sie den Feind aufmerksam im Auge behalten. Eben bis sie schließlich auffliegen. Erst dann lassen sie auch ihre klassichen Rufe erklingen.

Tja, und weil die Vögel auch noch sehr scheu sind, kommt man eben nicht näher als etwa 100 Meter an sie heran.

Dabei bin ich doch Freund und nicht Feind!

Ach, was wäre es doch toll, wenn Tiere den Unterschied erkennen könnten. Ich meine, ich trage keine grünen Lodenklamotten. Und ich besitze auch kein Schießgewehr. Die einzigen staatlich geprüften Naturschützer unserer Republik würden die Heidelerche wahrscheinlich auf der Stelle ins Jagdrecht aufnehmen – wenn sie sie denn kennen würden. Zumindest hier in und um Emden würden sich die Jäger über eine weitere lebende Zielscheibe sehr freuen.

Da bin ich mir sicher.

Jedenfalls habe ich alles gegeben. Sogar meine Mehlwurm-Einsatztruppe kam nach langer Zeit mal wieder auf ihre Kosten! Die Jungs hatten bereits seit Monaten nervös mit ihren Hufen im Staub des Kofferraums meines Wagens gescharrt. Doch ist der Acker einfach zu groß, als dass die Vögel eine Futterquelle auch nur zufällig entdecken könnten. Leider halten sich die Heidelerchen mal hier, mal dort auf dem weiten Feld auf; eine Prognose für den kommenden Tag kann man da kaum abgeben. Aber sie sind auch jetzt noch anwesend. Vielleicht geht da ja noch was in den kommenden Monaten – sofern es nicht zu schneien beginnt. Denn dann dürften die Heidelerchen wohl ihre Koffer packen und überstürzt abreisen. 

Noch mal ein Bild vom Lebensraum, mit einem der Erdwälle ("Christstollen") im Hintergrund: 

current habitat of Woodlark

Es handelt sich hier übrigens um ein Rapsfeld.

Früher wurde auf diesem Acker aber auch schon die eigentlich mediterrane Mariendistel angebaut. Etliche Individuen dieser hübschen Blume kann man auch jetzt noch finden.

Sowohl auf dem Acker selbst, als auch an der Böschung des an ihn angrenzenden Erdwalls:

Milk Thistle: this species has been cultivated since many years in Ostfriesland for pharmaceutical purposes and can now be found almost everywhere around Emden

Pech gehabt:


roadkilled Common Frog at the end of December at so called Leysiel. The previous night had been rainy and quite warm. Nevertheless this specimen was the only victim that I found

Diesen von einem Auto geplätteten Grasfrosch fand ich Ende Dezember nach einer regnerischen und recht warmen Nacht auf einer sehr wenig befahrenen Straße nahe der Seeschleuse "Leysiel".

Glück gehabt:


this Ruby Tiger caterpillar was crossing my path on the morning of New Year's Eve

Auf einer noch weniger befahrenen Straße unmittelbar am Deich bei Manslagt begegnete ich dieser Raupe des Zimtbären.  

Obwohl es recht warm war an diesem Tag, trug das Tier einen dicken Winterpulli. Und weil es seinen kleinen Körper nicht überhitzen wollte auf seinem Endlosmarsch, legte es immer wieder eine Pause ein. Nur deshalb konnte ich die Raupe auch knipsen und euch heute präsentieren. 

Kinners, nur deshalb!

So, der letzte Kandidat für heute ist ebenfalls ein Bummelkönig:

this very late Ruff confused Greetsiel with Africa 

Eigentlich sollte dieser Kampfläufer längst in Afrika, wenigstens aber in Südeuropa sein. 

Heute (9. Januar 2019) suchte er entlang eines Grabens im Deichvorland von Hauen fleißig nach Nahrung. Der Vogel war nicht so scheu, aber ich saß auch im Auto, als ich dieses Foto schoss. Für mich war das der erste Januar-Nachweis dieser einst auch in Ostfriesland so häufigen, leider aber längst ausgestorbenen Brutvogelart.

Als Durchzügler ist der Kampfläufer aber nach wie vor eine geläufige Erscheinung hier im platten Norden. Speziell die Hauener Pütten und die umliegende Agrarsteppe haben es dem Vogel wohl angetan, sodass man ihm zu bestimmten Zeiten des Jahres auch schon mal in größeren Gruppen begegnen kann.

Im Januar sollte das aber definitiv nicht der Fall sein!

Nachtrag vom 10. 01. 2019: 

Heute Morgen besuchte ich ein weiteres Mal die elf Heidelerchen auf dem Rysumer Nacken. Auf dem Weg von meinem Auto zum Acker, auf dem sich die Vögel seit Wochen aufhalten, scheuchte ich an einem Gewässer neben dem Weg versehentlich einen Waldwasserläufer auf, der aber nur eine kleine Flugrunde drehte, um schließlich wieder am Ufer zu landen:

today's record shot of a Green Sandpiper. This species can occasionally be seen even in winter

Ich knipste ihn aus großer Distanz.

Und mit dem Resultat bin ich auch jetzt noch zufrieden.