Mittwoch, 27. März 2019

Das Paket

Moin Kinners,

nach längerer Unterbrechung bin ich endlich mal wieder im Knyphauser Wald gewesen.

Vor allem an windigen Tagen kann man es in einem solchen Gebiet verdammt gut aushalten. Viel zu entdecken gab es an diesem Tag zwar nicht, doch immerhin  war es mir möglich, mal so richtig abzuschalten vom Stress des Alltags. 

Das ist der Gesundheit förderlich und kann niemals schaden!

Als ich mich dem Knyphauser Wald am ganz frühen Morgen von Westen her näherte, ging über den Baumkronen gerade die blasse Sonne auf.

Das sah, auch wegen des noch dunstigen Himmels, sehr beeindruckend aus. Leider gelang es mir wieder einmal nicht, diese Stimmung eins zu eins ins Bild zu verfrachten:

early morning at Knyphauser Wald

Der Knyphauser Wald ist im Grunde die Fortsetzung des Forstes Upjever, der sich allerdings bereits auf friesländischem und somit oldenburgischem und somit feindlichem Territorium befindet. 

Während mir also die bleiche Sonne zublinzelte, kam mir auf der Stelle ein ganz anderes Bild in den Sinn. Ich stellte mir einen heulenden Wolf vor, der in diesem Augenblick so furchtbar gut zum Gesamtpaket gepasst hätte. Vielleicht sogar gleich ein ganzes Rudel. Aber natürlich war da absolut nichts zu hören aus der Distanz. Und als ich endlich meinen Parkplatz erreicht hatte und aus dem Wagen gestiegen war, sangen sich da "nur" einige Singdrosseln und Rotkehlchen einen Wolf.

Auch sehr schön, so dachte ich. 

Ich ging los und marschierte in Richtung eines flachen und anmoorigen Gewässers, das sich gut versteckt im östlichen Teil des Forstes befindet. Auf dem Weg dorthin hörte ich ein Stöhnen und Ächzen aus dem an den Weg angrenzenden Gebüsch. Zunächst recht leise, später dann aber unüberhörbar! Igel machen solche Geräusche, wenn sie sich in der Paarungszeit befinden, doch im März ist die noch weit entfernt. 

Ja, ich musste der Sache natürlich auf den Grund gehen und verließ auf der Stelle den sicheren Waldweg. Kaum hatte ich ein paar Meter durch den eigentlich undurchdringlichen Dschungel zurückgelegt, da konnte ich neben dem Stöhnen plötzlich auch einige Wortfetzen heraushören: "scheiße" und "faules Schwein" sowie einige weitere Kraftausdrücke.

Was ich schließlich zu sehen bekam, würdet ihr mir bestimmt nicht glauben, wenn ich nicht so ein gewissenhafter Mensch wäre.

Ich meine, ein Belegfoto sollte immer drin sein.

Aber seht doch einfach selbst:

Common Toad

Das Bild ist nicht etwa gestellt!

Diese beiden Erdkröten und einige weitere Kollegen waren tatsächlich bei Tageslicht unterwegs. Und während sie unterwegs waren, beschimpfte die Frau den Mann unablässig. "Du bist ein mieses Schwein! Du könntest auch allein gehen oder hüpfen, du Arschloch! Was habe ich bloß verbrochen, dass ich dich fette Sau durch die Gegend hieven muss?" Und : "Verfickt und zugedröhnt – äh, verflixt und zugenäht, meine ich", ätzte die Erdkrötenfrau. Und dazwischen ertönte immer wieder ihr lautes Stöhnen und Ächzen, das mir tatsächlich ein wenig Mitleid abrang.

Er hingegen sagte nichts. Dafür zwinkerte der Erdkrötenmann mir aber immer wieder konspirativ zu, mit einem Lächeln auf den Lippen! Doch das durfte die Dame natürlich nicht mitbekommen.

Ganz schön grimmig schaute sie drein:











same

"Wieso", so lamentierte die Frau ein ums andere Mal, "bist du nur so ein faules Miststück?"  "Männer!" spieh sie dann abschließend und besonders verächtlich hervor.

Sie war sich wahrscheinlich nicht darüber im Klaren, dass ein jeder von uns sein Paket zu tragen hat. Und ihres war eben mit vier Beinen und einer warzigen Haut ausgestattet.

Die Frau bäumte sich irgendwann regelrecht auf:

same

Entweder wollte sich die Dame etwas Übersicht verschaffen auf dem endlosen Weg zum Gewässer oder aber sie hegte den bösen, aber verständlichen Gedanken, den Kerl einfach abzuwerfen oder wenigstens den Transport für ihn so unbequem wie nur eben möglich zu machen.

Die erste Variante dürfte die wahrscheinlichere sein.

Jedenfalls kam am Ende so etwas wie Mitgefühl in mir auf. Ich nahm die beiden Erdkröten in die Hand und trug sie zum Gewässer, wo ich dann ein letztes Bild von ihnen machte:


same

Ich blieb übrigens den ganzen Tag im Knyphauser Wald.

Diese Haubenmeise kann das bestätigen:


Crested Tit

Von der Abendsonne angestrahlte Eichenstämme:


Und am Ende des Tages geschah dann tatsächlich etwas, das ich nicht erwartet hatte: Es wurde dunkel!

Wie aus dem Nichts kehrte der Wolf in mein Hirn zurück.

Und dieser Gedanke war gar nicht so abwegig! Im Juli 2018 gelang es einem örtlichen Naturfotografen gleich an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen, einen wohl halbwüchsigen Wolf mit einer so genannten Wildkamera in bewegten Bildern festzuhalten!

Schaut euch das Video an: klick!

Munter bleiben!