Donnerstag, 22. Dezember 2022

Ist so kalt der Winter

Was ist das denn jetzt?

Eine Kältephase mit viel Frost – mitten im Dezember!

Das kennt man hier gar nicht, Kinners, das ist total unnormal.

Ein herkömmlicher Ostfriesen-Dezember macht eher einen auf Warmduscher und besticht durch hohe Temperaturen im knappen zweistelligen Bereich, viel Wind von der Seite, noch mehr Regen und absolute Finsternis.

Auch am Tage.

Frost, liebe Arschkrampen da draußen, kann man in Ostfriesland frühestens im Januar erwarten, falls überhaupt. 

Jetzt gibt es sehr wahrscheinlich auf unabsehbare Zeit wieder keine Eisvögel mehr im platten Norden; einen Bekannten von mir, das weiß ich ganz sicher, wird das traurig stimmen. Vielleicht wird aber doch der eine oder andere überleben, denn am 14. Dezember* sah ich tatsächlich zu meiner großen Überraschung einen Eisvogel die Straße, die ich gerade befuhr, überqueren und dann Richtung Manslagter Teiche fliegen. 

Und das war nach der bislang kältesten Nacht mit - 9 Grad Celsius. 

In Ostfriesland gibt es nur Stillgewässer, und die meisten dieser Stillgewässer sind sehr flach. Das bedeutet, sie frieren schon zu, wenn der Wettergott auch nur an Frost denkt. Eisvögel sterben jetzt wohl wieder wie die Fliegen, weil sie keinen Zugang mehr zu ihrer Nahrung finden.

Ein richtig kluger Eisvogel würde vielleicht nur seine Ernährung umstellen und Beutetiere aus dem Wasser durch landlebende ersetzen. So wie dieser hier: klick!

Unglaublich, oder? Man lernt nie aus!

Einem Bergpieper macht die Kälte übrigens nicht viel aus:

















doesn't care for low temperature, the Water Pipit

Zumindest diesem macht sie nichts aus, denn sein Tisch ist immer reich gedeckt.

Fast immer. 

Inzwischen ist es so, dass er schon angeflogen kommt, noch bevor ich die Mehlwürmer überhaupt in die Landschaft streuen kann. Dann umkreist er mich flatternd und rüttelnd und rufend und kann es gar nicht abwarten, dass ich mich endlich wieder zurückziehe.  

Doch um den Bergpieper geht es heute gar nicht, das war jetzt nur eine Finte und so weiter, heute drängen andere Persönlichkeiten des Outbacks ins Scheinwerferlicht meines großartigen Blogs.

Zum Beispiel diese männliche Bergente:


male Scaup

Als ich sie Anfang Dezember an der Seeschleuse des Leyhörn beobachtete, da war an Frost noch gar nicht zu denken gewesen.

Und auch diese megamäßig gut getarnten Bekassinen bei Rysum ahnten nichts Schlimmes:


"perfectly" camouflaged Common Snipes 

Auf dem Rysumer Nacken gibt  es auch jetzt noch, da es so furchtbar kalt ist, fünf Zilpzalpe zu sehen:



at least five Chiffchaffs held a winter territory at Rysumer Nacken, despite the low temperature

Dieser hier, der sehr ruffreudig ist, war zuvor schon wochenlang im Gebiet anwesend gewesen, was man auch ohne Ring einfach mal so behaupten kann, denn der Vogel beackert tagtäglich exakt denselben Kubikmeter. 

Ein zweites Foto:



same

Vergleicht ihn mal mit dem Individuum aus dem letzten Bericht, denn dann könnt ihr sehr schön erkennen, wie verschieden Zilpzalpe aussehen können. 

Dieser hier, fotografiert am 11. Dezember, könnte kaum typischer gefärbt sein:



same

Viele Drosseln harren auch jetzt noch auf dem Rysumer Nacken aus.

Amseln, Wacholderdrosseln, Rotdrosseln und, wie in jedem Dezember, auch etliche Singdrosseln.

Wenn der Boden hartgefroren ist und Regenwürmer sich ausnahmsweise mal in Sicherheit wiegen können, dann müssen Früchte herhalten. Auf dem Rysumer Nacken sind es zu dieser Jahreszeit nur noch jene des Sanddorns, der, das könnt ihr vielleicht gar nicht wissen, ein linker Vogel ist. Er lockt wie einst angeblich der verfickte Teufel mit seinem noch verfickteren Apfel mit Vitaminen und leuchtender Farbe, doch wenn man eine Frucht abzupfen will, bleibt entweder der Stiel dran oder aber das blöde Teil zerplatzt. Dann kann man nur noch den sauren Saft von den Fingern lutschen.

Könnt ihr gerne mal ausprobieren, falls ihr mir nicht glaubt. 

Drosseln und auch andere Vögel haben das anscheinend besser drauf als ich, denn sie ernten die Früchte ohne Stiel und unversehrt. Ich habe das genau gesehen, denn an einem ganz versteckten Ort auf dem Rysumer Nacken steht mein Tarnzelt, das ich dort anlässlich des Beginns der Kältephase blitzschnell errichtet habe.

Seht:

I've set up a hide to photograph some different birds foraging on Sea-Buckthorn fruit

Auf dem Boden liegen meine geilen LIDL-Äpfel, die ich natürlich nicht ohne Grund dort ausgebracht habe. 

Sanddornfrüchte sind heiß begehrt!

Doch nicht alle Teile der Früchte werden von den Vögeln gegessen. Buchfink, Gimpel und Grünfink haben es zum Beispiel nur auf den Samen abgesehen; das aus ihrer Sicht eher lästige Fruchtfleich lassen sie achtlos fallen. Um eine Verschwendung von Nahrungsmitteln handelt es sich hier aber nicht, denn alles, was zu Boden fällt, wird von den dort zu Fuß patrouillierenden Drosseln verspeist. 

Im Gegensatz zu den Finken tragen sie zur Verbreitung dieser Küstenpflanze bei, weil sie nur dieses Fruchtfleisch essen wollen und den Samen unverdaut wieder in die Landschaft kacken, wo er keimen und schließlich einen neuen Sanddorn hervorbringen kann.

Eine Buchfinken-Dame:


female Chaffinch loves to eat Buckthorn's seeds 

Mehr als fünf Individuen sind es an den drei Tagen, die ich dort angesessen habe, nie gewesen:


same species

"Haut ab da, ihr Nichtsnutze, ich will landen!



same

Natürlich ziehen sich die Buchfinken auch die Sonnenblumenkerne rein, die ich ausgestreut habe, aber sie lieben auch die Sanddornsamen.


same

Viele Zweige und so  weiter.

Der Authentizität wegen habe ich alles so gelassen, wie es war. Ich habe nichts beschnitten und keine künstlichen Warten aufgestellt. Natürlich kann man viele Bilder nicht schießen, weil sich die Vögel im Gezweig verstecken oder die Vögel sich gar nicht verstecken, sondern einfach nur blöde Zweige im Weg sind und so weiter, aber wenn es dann doch mal klappt, dann sieht es sehr schön aus, wie ich finde.

Zwei Grünfinken waren auch immer anwesend, ein Kerl und eine Frau.

Aber nur das Männchen konnte ich ablichten:


male Greenfinch

Und es war ein sehr hübsches Männchen:


likely always the same male

Ja, der Grünfink ist ein prächtiges Kerlchen.

Doch weil er so häufig und "gewöhnlich" ist, schenken wir Menschen und selbst wir Vogelgucker ihm nur wenig bis gar keine Aufmerksamkeit.

Lätzchen oder Serviette gefällig? 




Es geht doch:



same

Auf der nahen Kleipütte bei Rysum halten sich seit einigen Wochen Singschwäne auf, und ihre wohlklingenden und so wehmütig anmutenden Rufe dringen bis zu meinem Versteck im Sanddorngebüsch vor!

Am vergangenen Sonntag (18. Dezember) waren es 40 Vögel und damit so viele wie noch nie zuvor, seit ich in Ostfriesland Vögel beobachte:


Whooper Swans

Diese Aufnahme entstand kurz nach Sonnenaufgang, allerdings waren da einige Schleierwolken am Himmel unterwegs, sodass das Licht angenehm weich war und nicht zu grell und rot.

Wenn ich hier in Ostfriesland in den letzten Jahren "Gelbschnabelschwäne" gesehen habe, dann hat es sich fast immer um Zwergschwäne gehandelt. Diese etwas kleinere Art taucht in der Krummhörn deutlich häufiger auf als die große Cousine, allerdings fast nie rastend. Das wusste schon der leider verstorbene Emder Naturkundler Klaus Rettig zu berichten.

Am 2. Dezember im Schneetreiben:


same

Oh, armer Vogel, haben dich deine Kollegen ganz allein gelassen:


same

Das war am Nachmittag.

Ob dieser Singschwan zuvor den ganzen Tag über auf dem Eis geblieben war oder gerade erst reingekommen, das weiß nur der liebe Teufel. Am nächsten Morgen war der Trupp jedenfalls wieder vollzählig.

Am 15. Dezember lag ich Mittags am Emsstrand herum, so wie es im Sommer die Badegäste zu tun pflegen. Meine Kamera und ich hatten es auf einen ganz bestimmten Sanderling abgesehen, der mir zuvor aus einem ganz bestimmten Grund aufgefallen war.

Der Grund leuchtete in der Sonne matallisch:



Sanderling with Polish ring 

Der Sanderling trug nämlich einen Vogelwartenring! 

Ganz spontan träumte ich mal wieder einen Tagtraum und hoffte auf eine Herkunft aus Alaska oder Kanada oder Argentinien oder wenigstens Grönland, aber während einer langen Fotosession, in der ich den Sanderling aus allen möglichen Perspektiven abschoss, wurde mir beim Betrachten der Belegbilder schnell klar, dass auch dieser Strandläufer wieder nur in Polen beringt worden war – wie auch schon die drei zuvor von mir abgelesenen Individuen (zweimal Alpen-, einmal Sichelstrandläufer). 

Polen, immer Polen, nie eine echte Überraschung. 

Doch immerhin hat es sich hier um meinen ersten beringten Sanderling überhaupt gehandelt. Und gerade bei dieser Art hatte ich in all den Jahren zuvor immer ganz genau hingesehen.

Die Daten sind übermittelt, eine Antwort steht noch aus:



I submitted the data, but haven't received an answer yet

So sieht übrigens ein unberingter Sanderling aus: 


another

Blasentang mit Zuckerkante:


Bladder Wrack with soft rime

Frostig kalt war es an diesem Tag, und es blies zu allem Überfluss auch noch ein abartiger Wind aus südlichen Richtungen.

Überhaupt blies der Wind permanent aus südlichen Richtungen während dieser ganzen Frostphase. Doch wie kann das sein? Ich meine, müsste dann nicht eher Warmluft aus Nordafrika zu uns gelangen und so für frühlingshafte Temperaturen sorgen?

Ich bin kein Wettergott, ich habe keine Ahnung.

Doch während ich da auf dem kalten und nassen Sand lag, tauchte plötzlich ein Kiebitzregenpfeifer auf, der sogleich aufs Ganze ging:



cold temperature made this Black-bellied Plover lose his fear

Ich hatte meine Handschuhe im Wagen liegen gelassen, weil ich sie üblicherweise gar nicht benötige, doch jetzt, mit der kalten Kamera in der Hand, froren mir fast die Flossen ab. 

Und der Kiebitzregenpfeifer kam immer näher heran:


same 

Einen Wurm nach dem anderen zog er geschickt aus dem Sand, doch leider gelangen mir keine entsprechenden Bilder.


foraging

Normalerweise zeigt diese Art eine Fluchtdistaz von mindestens vierhundertachtundsechzig Kilometern, doch die Kälte hatte den Vogel offenbar furchtlos werden lassen. 

Ich konnte es kaum glauben und schoss weitere Bilder, während ich mich aber gleichzeitig über das zur Mittagsstunde so klare und grelle Licht ärgerte, das grundsätzlich nicht meine Sache ist, weil es ein normales Blau noch blauer macht.

Es sind aus meiner Sicht also keine wirklich schönen Bilder, doch weil ich den Kiebtitzregenpfeifer in Deutschland bislang noch nie halbwegs vernünftig fotografiert hatte, zeige ich sie trotzdem:



same

Schließlich machte der Vogel doch noch auf dem Absatz kehrt und lief wieder stop-and-go-mäßig in die entgegengeesetzte Richtung. 

Doch nur wenig später war er wieder da:


Golden Plover

Nur sah er jetzt etwas anders aus.

Okay, ihr werdet es sofort bemerkt haben, das ist natürlich ein Goldregenpfeifer.

Das Watt ist der Lebensraum des Kiebitzregenpfeifers, der etwas kleinere Cousin sucht dagegen auf Feldern und Grünland und somit auf der anderen Seite des Deiches nach Nahrung. Nur rastende Trupps halten sich auch schon mal im Watt auf, nicht selten sogar mehr als tausend Individuen zusammen, doch wenn sie Hunger bekommen, fliegen sie wieder zurück über den Deich.

Auch in diesem Fall war es die Kälte, die diesen Goldregenpfeifer an den Strand getrieben hatte. Denn während auf den steinhart gefrorenen Äckern absolut nichts Wirbelloses mehr zu holen war, sorgte die Tide dafür, dass das Watt auch bei -9 Grad Celsius nahezu eisfrei bleiben konnte. 

Und so zog auch dieser Goldregenpfeifer einen Wurm nach dem anderen aus dem Sand:



with food

Auch keine wirklich hübschen Bilder, aber auch ich kann nicht zaubern.

Der Goldregenpfeifer am Emsstrand war so eine Art letzter Mohikaner, denn vor dem Eintreffen der unglaublichen Kälte hatten sich noch viele hundert Individuen auf der Landseite des Deiches aufgehalten, um sich dort den Bauch vollzuschlagen.

Das sah so aus:


Golden Plovers foraging on a field

Zwar hatte es auch da schon gefroren, doch so richtig kalt wurde es erst einen Tag später.


same


same

Wie auch der Kiebitz weicht der Goldregenpfeifer im Winter nur so weit nach Süden aus, wie er gerade muss.

Am kommenden Tag waren die Vögel dann auch verschwunden, eben bis auf wenige Einzeltiere. Es ist ein gefährliches Spiel mit dem Tod, ein uneinschätzbares Risiko, das bei uns ausharrende Goldregenpfeifer unter solch widrigen Bedingungen eingehen, und nicht wenige werden dieses Spiel sehr wahrscheinlich mit ihrem Leben bezahlen.  

Dasselbe gilt für den Vogel auf dem kommenden Bild:

this female Blackcap and three or four more specimens are currently spending the winter at Rysumer Nacken, where they mainly eat Buckthorn fruit. Unlike British birds German Blackcaps usually migrate to the Mediterranean

Drei bis fünf Mönchsgrasmücken sind es noch auf dem Rysumer Nacken.

So ganz genau kann ich es nicht schreiben, denn ich sehe wohl auch nicht immer alle Individuen gleichzeitig.

Die kalten Tage haben sie bislang durchweg gut überstanden, indem sie einfach immer nur Sanddornfrüchte gegessen haben. Das reicht schon aus,  um das körpereigene Heizkraftwerk am Laufen zu halten. Diese Mönchsgrasmücken waren überhaupt der Grund dafür, dass ich genau an diesem Ort mein Versteck errichtet habe. Doch leider sind mir bislang nur Bilder von zwei verschiedenen Individuen gelungen, von zwei Weibchen (okay, Männchen sollen im 1. Winter angeblich auch noch eine braune Kappe zeigen können), und eines davon, das auf dem Foto da oben, hat auch noch einen leicht missgebildeten Schnabel. Der Unterschnabel ist ein bisschen nach rechts verschoben, sodass er auf der rechten Seite übersteht. 

Trotzdem ist der Vogel quietschfidel! 

Und er ist die einzige Mönchsgrasmücke vor Ort, die an meinen ausgelegten Äpfeln nascht. Verlässlich im Abstand etwa einer Viertelstunde lässt sie sich dort blicken und weiß sich auch gegen andere Kleinvögel sehr gut zu behaupten.

Auf dem folgenden Foto droht sie einem vorlauten Rotkehlchen:


this is my apple (threatening a European Robin) 

Überhaupt verbringen viele Vögel den ganzen Tag damit, sich pausenlos zu kabbeln.  

Rotkehlchen kabbeln sich mit Rotkehlchen, Buchfinken mit Buchfinken, Wacholderdrosseln mit Wacholderdrosseln. Und das auch bei -9 Grad Celsius! Dabei ist genug für alle da! Es gibt also überhaupt keinen Grund für Streitigkeiten, und gerade dann, wenn es bitterkalt ist, sollte man doch auch mit seiner Energie haushalten.

Die gezeigte Mönchsgrasmücke attackiert niemanden. Sie wehrt sich nur, indem sie ihren Schnabel drohend öffnet, doch wenn eine bestimmte und adipöse Wacholderdrossel bei den Äpfeln auftaucht, dann muss sie vorübergehend weichen. Und es bebt wirklich der Boden, wenn diese Wacholderdrossel angehüpft kommt. Meine Fresse! Aber wenn sie irgendwann wieder verschwindert, dann hat die Mönchsgrasmücke wieder ihre Ruhe.

Eigentlich ist diese Mönchsgrasmücke sogar so eine Art Chuck Norris:


same bird

Denn plötzlich tauchte sie mit nassem Federkleid auf!

Wer bei -6 Grad Celsius ins Wasser steigt, der kennt wirklich keinen Schmerz. Na ja, wenig später war das Gefieder ja auch schon wieder trocken:



Hier sieht man es besser:


same specimen

Ein Bild von einem der anderen Weibchen, aufgenommen einen Tag zuvor:


another female

Diese weiteren Mönchsgrasmücken turnen immer in den obersten Etagen des Sanddorns herum, wo man sie zwar ab und zu sehen, aber nur schlecht bis gar nicht knipsen kann.

Die Mönchsgrasmücke zieht es normalerweise im Herbst in den europäischen Mittelmeerraum, manche Individuen sicher auch nach Afrika. Erst vor zwei Jahren war mir meine erste echte winterliche Mönchsgrasmücke überhaupt in Deutschland begegnet – auf dem Rysumer Nacken! Und jetzt sind es schon wieder gleich mehrere Individuen, die dort einen Überwinterungsversuch gestartet haben. 

Ob sie es schaffen werden?

Noch ein Bild von meinem Tarnzelt:


my hide one more time

Neben den bislang genannten Arten hat es noch eine Heckenbraunelle gegeben, die aber nur einmal da war, und einige Blau- und Kohlmeisen.  

Schmunzeln musste ich, als plötzlich eine der vielleicht fünf Blaumeisen in der Sonnenblende meines Objektives landete und hörbar gegen die Frontlinse pickte, weil sie dort wohl den Eingang zu einer möglichen Bruthöhle erwartet hatte. Eine Kohlmeise tat es ihr einen Tag später gleich. Ich habe ja schon viel erlebt, aber so etwas war neu für mich.

Oh, eine Wacholderdrossel:


Fieldfare

Vielleicht zehn Wacholderdrosseln ließen sich regelmäßig vor meinem Tarnzelt blicken.

Doch meist waren diese bunten Biester zu nah dran, als dass ich sie in ihrer ganzen Pracht hätte fotografieren können. Wacholderdrosseln sind nämlich echt riesig! 

Und noch ein Buchfink:


another Chaffinch

Achtung, es folgt das Bild eines Schneggenmassakers:




Songthrush did this

Solche Tatorte findet man derzeit überall auf dem Rysumer Nacken und auch im Rest der deichnahen Krummhörn.  

Diese küstennahe Gegend scheint der Singdrossel – sie ist der erwähnte Schneckenmörder – ausgesprochen gut zu gefallen. Wenn es friert, geraten andere Drosselarten schnell in die Bredouille, doch der Singdrossel macht Kälte allein überhaupt nichts aus. Nicht einmal auf Früchte ist sie dann angewiesen, weil sie eine Technik beherrscht, über die ich in diesem Blog ja schon einige Male berichtet hatte. 

Sie sucht versteckt überwinternde Bänderschnecken, trägt sie zur ihrer Schmiede und zertrümmert dann auf einem Stein des Anstoßes (in der Bildmitte zu sehen) deren Gehäuse. Sie sucht diese Schnecken nicht nur, sie findet sie in der dichtesten Vegetation. Wie sie das macht, ist mir ein Rätsel, denn ich selbst habe auch mal versucht, winterliche Bänderschnecken ausfindig zu machen und zwar genau an solchen Orten, wo die Singdrossel zuvor im Minutentakt fündig geworden war, doch es hat nur für wenige Tiere gereicht. 

Fast bin ich geneigt zu glauben, dass die Singdrossel die Schnecken riechen kann.

Hier seht ihr eine Singdrossel an einem der der letzten frostigen Tage bei der abendlichen Suche:



Songthrush looking for Snails

Sie lief einfach den Wegesrand auf und ab und spähte immer mal wieder ins Gras hinein.  

Diese Aufnahme stammt aber nicht vom Rysumer Nacken, ich habe sie bei Hamswehrum gemacht. Im Hintergrund ist auch der Deich zu erkennen. Und auch hier waren es gleich mehrere Vögel, die sich auf Beutesuche befanden. 

Auf dem folgenden Foto ditschen gleichzeitig drei Singdrosseln ihre Schnecken gegen die harte Unterlage:



three Songthrushes with snails at the same time

Zwei im Hintergrund, eine unscharf im Vordergrund (auf Ornitho hatte ich einen Pfeil falsch gesetzt).

Gefährlich wird es für die Singdrossel erst dann, wenn es kräftig schneit und der Schnee die Schneckensuche unmöglich macht. Wenn in so einer prekären Situation auch keine Früchte mehr vorhandern sind – das könnte vor allem in den Monaten Januar und Februar der Fall sein –, dann kann es für die Vögel wirklich sehr schnell sehr eng werden. 

Brachialfotografie zum Nulltarif:


European Robin

Aber trotzdem noch mit so etwas wie einem Hauch von Bildgestaltung. 

Es war schon im letzten November, als mir ein Rotkehlchen auffiel, das sich immer sofort neben meinem Wagen blicken ließ, sobald ich auf dem Parkplatz neben dem Restaurant Strandlust den Motor abschaltete. Dann stand es einfach nur auf einem Rosenzweig, blickte mich an und wartete.

Nach dem fünften Mal oder so fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das war kein Zufall, der Vogel musste mich kennen, zumindest musste er mein Auto kennen. 

Und deshalb warf ich rasch einen Blick auf seine Großen Armdecken:


same

Tatsächlich, da war keine Flügelbinde zu sehen.

Es handelte sich hier also, wie von mir vermutet, um einen Altvogel und zwar um einen, der sich schon ein Jahr zuvor in den Gebüschen auf dem Parkplatz aufgehalten haben musste. Und damals hatte ich ihm immer Mehlwürmer zugeworfen, stets unmittelbar nach meiner Ankunft und noch bevor ich ausgestiegen war.

Ein ganzes Jahr später hat sich dieses Rotkehlchen, das dort nicht brütet, also tatsächlich noch an Corsilein erinnern können! Und es ist nicht das erste Mal, dass ich in meinem Leben so einem klugen und mit einem außerordentlich gut ausgeprägten Langzeitgedächtnis ausgestatteten Vogel begegnet bin. Solche Situationen sind gar nicht so selten vorgekommen, und fast immer sind es Rotkehlchen gewesen, die sich auch noch nach sehr langer Zeit an meine leckeren Mitbringsel erinnern konnten. 

Das ist cool:



same specimen – this adult bird always instantly popped up, when I stopped my car this december on a parking lot at so called Restauarnt Strandlust. One year earlier (winter 2021/2022) I had fed this Robin from time to time with mealworms. And the bird surprisingly recalled my vehicle after this long time!

Noch zwei Bilder vom selben Vogel:



same 

Zu guter Letzt gibt es dieses Foto:


Oystercatchers did this during high tide

Der böse Austernfischer, dieser schwarz-weiße, rot- und langschnäblige sowie immer sehr laute Clown der Küste,  hat einfach mal so um Hochwasser herum den ganzen Asphalt nahe der Seeschleuse des Leyhörn heftig zugekackt. 

Unverschämt.

Der böse Austernfischer.

Was für eine Sau!

Seit Montag ist es wieder warm in Ostfriesland; die meisten notleidenden Vögel – das trifft auch auf die hier vorgestellten Persönlichkeiten des Outbacks zu – haben die erste schwere Etappe dieses Winters heil überlebt. Die Temperatur befindet sich inzwischen wieder im angenehmen zweistelligen Bereich, der Regen fällt fast waagerecht, die Wolken verfnstern den Himmel. 

Also alles wieder normal und gut.

Und der kürzeste Tag des Jahres legt auch schon wieder hinter uns.

Die Welt befindet sich im Lot.

Zu guter Letzt nehme ich meine Beleidigung zurück: entschuldigung, liebe Wacholderdrossel! 

Natürlich gibt es gar keine fettleibigen Vögel, und es gibt überhaupt keine fettleibigen Wildtiere. Fettleibigkeit ist ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen (ich schließe mich da nicht aus) und seiner Haustiere. Es gibt fette Hunde, fette Katzen, fette Schweine, fette Gänse mit einer fetten Leber und so weiter,  doch vorwerfen kann man ihnen ihre Fettleibigkeit nicht, denn auch hier ist es der Mensch, der die Ursache des Problem darstellt.

So sieht das nämlich aus.

* Nachtrag: Am 22. Dezember sah ich tatsächlich noch einen oder denselben Eisvogel einen Graben am Deich entlangfliegen. 

Es gibt also noch Hoffnung.