Sonntag, 27. August 2023

Im Vollrausch auf dem Flugplatz Achmer (Teil 2)

Moin Kinners!

Heute gibt es den zweiten Teil vom ersten Teil für euch.

Im ersten Teil, ihr lieben Besucher dieser Seite, hatte ich die ökologische Bedeutung und Einzigartigkeit des Fluplatzes Achmer für Stadt und Landkreis Osnabrück hervorgehoben.

Falls ihr aber in Sachsen oder Brandenburg leben solltet, werdet ihr über ein so kleines Gebiet und die Arten, die ich darin gefunden habe, sehr wahrscheinlich nur lachen können. 

In beiden Bundesländern gibt es weit größere Flächen mit vergleichbaren Strukturen, Lebensräumen und einem sehr wahrscheinlich sogar noch breiteren Artenspektrum. 

Gerade Brandenburg mit seiner für deutsche Verhältnisse noch vergleichsweise geringen Siedlungsdichte (die zweitgeringste nach Mecklenburg-Vorpommern) soll auch heute noch ein naturkundliches Paradies sein, in dem man sich sogar verlaufen können soll, wie mir mal ein durchaus sympathischer, eigentlich recht zuverlässiger, ursprünglich aus dem Raum Stade stammender, sich leider aber auch immer mal wieder am Rande der Legalität bewegender und somit permanent mit einem Bein im Knast stehender Mensch vor Jahren verklickert hat, ein Mensch, der es aber wirklich wissen muss, hat er doch einige Jahre in Brandenburg gelebt. 

Irgendwo bei Frankfurt oder so.  

Es hat ihm dort sogar so gut gefallen, dass er nach ein paar Jahren Ostfriesland zurück in den Osten gegangen ist, um jetzt Eberswalde unsicher zu machen. 

Wenn das mal gut ausgeht.

Aber das mit der Natur wird natürlich nicht so bleiben, denn auch in Brandenburg wird gebaut, was das Zeug hält.

Blühende Landschaften, wie Kanzler Kohl sie einst den Menschen in den neuen Bundesländern versprach, entstehen auch dort überall. Und der Rest des Landes wird wahrscheinlich früher oder später vom ewig nach neuen Flächen gierenden Giganten Berlin verschlungen werden, auch wenn das keiner hören will. Das dicke B, wie die Stadt mal humorvoll und verharmlosend besungen wurde, wird immer fetter.

Das gilt natürlich auch für alle anderen Dörfer und Städte unserer Republik, die sich immer weiter in die Landschaft hineinfressen. Doch was passiert eigentlich, wenn erst einmal alles zugebaut ist? Ich glaube, niemand verschwendet daran auch nur einen einzigen Gedanken. 

Unter blühenden Landschaften verstehe ich jedenfalls was ganz anderes! 

Zum Beispiel das, was ich auf dem Flugplatz Achmer gesehen habe:


pretty Swallowtail

Die immense Artenvielfalt dort hat mich nämlich mal wieder in einen Rausch versetzt. 

Freilich war das nur deshalb möglich, weil ich so eine geballte Reizüberflutung einfach nicht mehr gewohnt war. Überall kreuchte und fleuchte es, es summte und brummte, und allein schon das Gezirpe der vielen Heuschrecken klingt mir jetzt noch in den Ohren, weil es in Ostfriesland dem Anschein nach keine einzige vergleichbare Fläche gibt, nicht einmal auf dem eigentlich auch sehr schönen Rysumer Nacken.

Zu allem Überfluss war da auf dem Flugplatz auch noch der betörende Duft, den der allgegenwärtige Thymian verströmte, vor allem dann, wenn es warm war. Kinners, ich bewegte mich auf einer riesigen Pizza! Zumindest stellte ich mir das ein ums andere Mal so vor. 

Ein Traum!

Der feine Lichtsaum entlang der Birkenstämme verrät, die Sonne war gerade aufgegangen:


sunrise 

Den Weg auf dem folgenden Foto bin ich jeden Tag viermal gegangen, zweimal Richtung Feuerlöschteich und zweimal wieder zurück:



the path I was hiking everyday four times

Und hier stand die Sonne schon hoch am Himmel:

Heather and Birches

Eine durchtrainierte Raubfliege ruhte am ganz frühen Morgen auf dem Fruchtstand einer Wilden Möhre:


a Robber Fly of unknown species on early morning 

Ja, wer bist denn du?

Und was hast du überhaupt für lange Antennen?


Sickle-bearing Bush-cricket

Dasselbe Tier, betrachtet von der anderen Seite: 



this formerly southern species has expanded its range within only few years and is now common in this area 

Es war fein gekleidet in einen glitzernden Mantel aus unzähligen winzigen Tautröpfchen.  

Doch so hübsch dieser Mantel auch aussah, so vergänglich war er auch.

Im letzten Jahr hatte ich die Gemeine Sichelschrecke, so heißt das zarte Wesen auf den Bildern, zwar auch schon auf dem Flugplatz gesehen – es war für mich die allererste Begegnung mit dieser einst ausschließlich südlichen Art in Stadt und Landkreis Osnabrück gewesen –, aber nur einmal und nur deshalb, weil sie mir von einer Heuschreckensandwespe auf dem Silbertablett serviert worden war.  

Die Heuschreckensandwespe sah ich in diesem Jahr nur vereinzelt, dafür fand ich unzählige Sichelschrecken an verschiedenen Orten auf dem Flugplatz.

Ein anderes Individuum, diesmal am frühen Morgen auf Schafgarbe stehend:


another specimen

Und weil es grundsätzlich nie schaden kann, neue Blickwinkel auszuprobieren und ein Fotomodell aus verschiedenen wilden Perspektiven abzulichten, gibt es auch hier eine zweite Aufnahme:



same

Ein drittes Individuum, auf verblühtem Natternkopf :


another

Auch eine andere Langfühlerschrecke, nämlich die Waldgrille, muss den Flugplatz während  meiner langen Abwesenheit erobert haben.

Ihre so angenehm klingenden Rufe, die einen Sommer erst zu einem echten Sommer machen, waren vor allem dort zu hören, wo der Kiefernwald an offene Flächen angrenzte. Und es durfte nicht an Laubhölzern wie Moorbirken mangeln, halten sich die kleinen Grillen doch besonders gerne in der Laubstreu auf.

Früher, also vor meinem Umzug nach Ostfriesland, war mir diese Art nur aus einem Steinbruch bei Bramsche-Ueffeln bekannt gewesen. 

Eine Spinne lauert auf Beute:


this spider of unknown (likely Araneus spec) species was waiting for breakfast

Sehr schön kann man sehen, wie sie mit einem ihrer langen Beine den Kontaktfaden berührt.

Sollte sich ein Beutetier im Netz verfangen, bekommt die Spinne das auf der Stelle mit. Bei diesem Tier dürfte es sich um einen Vertreter aus der näheren Kreuzspinnen-Verwandtschaft gehandelt haben. Da ich es aber nicht in seiner ganzen Pracht gesehen habe, geht da bestimmungstechnisch leider nicht mehr.

Im ersten Teil hatte ich die unglaubliche Hautflügler-Vielfalt auf dem Flugplatz erwähnt. Man sieht Arten, die man nie zuvor vor die Linse bekommen hat. Immer und überall, wenn man nur auf sie achtet.

Auf einer offenen Sandfläche begegnete ich z. B. dieser auffälligen Schlupfwespe:



interesting Ichneumonidae spec.

Von den ganz vielen Bildern, die ich von diesem nie stillhaltenden Biest gemacht habe, waren nur zwei halbwegs scharf.

Und dann stand da auch noch ein blöder Halm im Weg!

Eiablage:


laying eggs in da sand

Mir war überhaupt nicht bekannt, dass es Schlupfwespen gibt, die die Färbung und Zeichnung von Faltenwespen imitieren.

So wird so mancher potenzielle Feind das Tierchen für gefährlich halten, obwohl es sehr wahrscheinlich völlig harmlos ist. 

Die Bestimmung von Schlupfwespen ist ganz allgemein sehr tricky, eigentlich sogar unmöglich, weil es wohl so viele und einander stark ähnelnde Arten gibt. Mir ist kein einziger Schlupfwespen-Experte bekannt, sodass die ID dieses hübschen Tieres leider ein Geheimnis bleiben muss. 

Dieser Labyrinthspinnen-Kerl hatte die ziemlich kalte Nacht am Blütenstand eines Kleinen Habichtskrautes verbracht: 



male Agelena labyrinthica 

Von oben geknipst:


same

Weibliche Tiere sah ich zuhauf. 

Vor allem am frühen Morgen, wenn alles noch von einer glitzernden, aber auch vergänglichen Schicht aus Morgentau bedeckt war, sprangen mir die bodennahen Netze, wie ja auch die Bauwerke aller anderen Spinnen, regelrecht ins Auge. Dieser interessanten wie auch sehr hübschen Art, die eine entfernte Cousine der jedermann bekannten Großen Winkelspinne ist, habe ich in diesem Blog ja schon einmal einen Beitrag gewidmet. 

Anderes Thema: Ich weiß nicht mehr, an welchem Tag es passierte, aber es kam über mich wie ein schlechter Blitz. Eigentlich kam es eher über Corsilein, wenn ich ehrlich sein soll. Ich hatte meinen morgendlichen Spaziergang beendet und stieg ins Auto, um nach Hause zu fahren, also zu meiner Mama und so weiter, doch nachdem ich den Zündschlüssel umgedreht hatte und die Karre angesprungen war, wollte eine der Kontrolleuchten einfach nicht erlöschen. 

Es war die für die Batterie. 

Ich machte den Motor wieder aus und startete ihn erneut, weil ich es für möglich hielt, dass Corsilein einen im Tee hatte und nicht mehr so genau wusste, was er tat. Doch es war wie beim ersten Mal, die bescheuerte Leuchte wollte partout nicht ausgehen. Also schaute ich mir den Motorraum an, doch wer mich kennt, der weiß, dass das eigentlich nichts bringen konnte. Tatsächlich sah ich auch nichts Verdächtiges, obwohl ich den Motorblock bestimmt vier Sekunden am Stück anstarrte, und so schloss ich die Motorhaube wieder. 

Ein Fall für den gelben Engel, so dachte ich. 

Doch irgendwie befand ich mich am falschen Ort. Ich meine, ich befürchtete, der ADAC-Mensch würde mich niemals finden. Wahrscheinlich muss ich jetzt verhungern, so dachte ich. Aus, alles aus. Meinen ganzen Mut musste ich zusammennehmen, um diesem Szenario zu entgehen. Ich startete den Motor erneut und fuhr einfach nach Achmer. Viel hätte (sehr wahrscheinlich) eh nicht passieren können, das glaubte ich zumindest zu wissen; im schlimmsten Fall hätte mir eine leere Batterie geblüht, und Corsilein wäre im Nirgendwo verreckt.

Eine Stunde musste ich auf Rettung warten. Positioniert hatte ich mich zwischen EDEKA (seit letztem Winter geschlossen!) und Volksbank, um bloß nicht übersehen zu werden. Und dann traf er auch schon ein, der sympathische ADAC-Mitarbeiter, und zwar gleich mit einem Abschleppwagen! Kein gutes Omen, so dachte ich, während mein Retter einen prüfenden Blick unter die Motorhaube warf. 

"Der hat ja gar keinen Keilriemen mehr", meinte der junge Mann etwas ratlos. Doch dann korrigierte er sich selbst: "Hier, das ist übrig geblieben vom Keilriemen!" Er zeigte auf  das so wichtige Bauteil, das nicht etwa einfach nur gerissen war, es hing völlig zerfetzt in der Gegend herum. "Corsilein macht eben keine halben Sachen", gab ich mich auch jetzt noch humorvoll. 

Mein kleines und liebes Auto musste also tatsächlich abgeschleppt werden:



it happened one more time

Und während es im Zeitlupentempo auf die Ladefläche gezogen wurde, bemerkte ich Zaungäste, die stehen geblieben waren und jetzt ganz gebannt das Geschehen verfolgten. Sechs Augen, eine junge Frau und zwei Kinder im Grundschulalter. 

Ich habe es wirklich versucht, aber ich konnte mir einen Kommentar nicht verkneifen: "Wenn ihr in der Schule nicht aufpasst, liebe Kinder, dann werdet ihr eines Tages auch so alte Autos fahren müssen, die ständig einer teuren Operation bedürfen!" Und ich setzte nach, weil ich ganz plötzlich die große Lust verspürte, ausnahmsweise mal ein richtig böser und gehässiger Mensch zu sein: "Und für Spielzeug wird dann auch kein Geld da sein!"

Die Mutter lachte, auch deshalb, weil sie nicht wissen konnte, dass ich das ernst gemeint hatte.

Als ADAC-Plus-Mitglied kann ich mir die Werkstatt selber aussuchen. Und wie praktisch war es doch, dass sich genau gegenüber meiner Mutter eine solche Werkstatt befindet. Nur einen halben Tag musste ich Däumchen drehen, dann war die Welt wieder eine halbwegs heile. 

Am folgenden Tag fotografierte ich das Bergsandglöckchen




Blue Daisy

Und die ebenso hübsche Heidenelke (mit offener Blende 3,5):


Maiden Pink (photographed with open aperture 3.5) 

Ein zweites Bild, diesmal auf den Wert 5,6 abgeblendet: 


with 5.6 for comparison

Seht ihr den Unterschied? 

Und es gibt wieder drei Kommafalter, wie ich sie am ganz frühen Morgen vorgefunden habe, also noch bevor sie den ersten Flug des Tages absolviert hatten:




three different Silver-spotted Skipper 

In Ostfriesland kommt diese anspruchsvolle Art übrigens (sehr wahrscheinlich) nur auf den Inseln vor. 

Bevor es für mich gegen Mittag nach Hause ging, legte ich meistens noch einen kurzen Zwischenstopp im an den Flugplatz angrenzenden Hasetal ein. 

Ich wollte mal wieder einen Eisvogel sehen. Und es hat auch sofort geklappt; jedenfalls musste ich keine zehn Miuten auf der Brücke stehen, bis der erste angerauscht kam. Zwei weitere folgten wenige Minuten später, sodass ich zufrieden war mit meiner Leistung. 

In den ersten Tagen gab es oft Schauer, die aber nur von kurzer Dauer waren (bis auf die eine Ausnahme, siehe ersten Teil: klick!). Auf einem Weidezaun standen einige Ringeltauben herum, die einfach alles über sich ergehen ließen, weil sie es wohl auch nicht anders kannten.

Guckt mal:


Wood Pigeon in da rain

Augen zu und durch:



same

Augen wieder auf, aber nicht rechts, wenn ihr versteht, was ich meine:


same

Einem männlichen Steinschmätzer, der gleich vier Tage auf einer Weide neben der Hase verweilte, erging es nicht anders:


male Northern Wheatear at the same spot


same specimen

Darüber hinaus gab es dort für mich, freilich an einem sonnigeren Tag, einen jungen Turmfalken zu sehen: 



young Common Kestrel

Und einen Kormoran, der sich für einen besonders luftigen Ausichtspunkt entschieden hatte, um sich ganz auf die Verdauung der zuvor gefangenen Fische konzentrieren zu können: 


Great Cormorant resting very high

Irgendwie beneide ich ihn für seinen Mut.

Ich meine, ich habe volle Kanne Höhenangst; niemals könnte ich mich auf so einen Telegrafenmast stellen und dann auch noch so tun, als sei alles okay. Ich würde zittern wie Espenlaub und dann in die Tiefe stürzen und so weiter. 

Das folgende Bild zeigt sehr wahrscheinlich eine Kurzstiel-Sandwespe der Gattung Podalonia:


maybe Podalonia affinis

Die Biologie dieser Art ist sehr interessant, wie ja auch die Biologie vieler anderer Hautflügler. 

Nachlesen könnt ihr das aber woanders.

An keinem Tag während meines Aufenthaltes auf dem Flugplatz Achmer begegnete ich keinem Schwalbenschwanz

Minus mal minus macht plus, wenn ihr versteht, was ich meine. 

Diesen hier fand ich vor Sonnenaufgang an Natternkopf:



Swallowtail before sunrise

Aus der entgegengesetzten Richtung fotografiert (siehe oben):


same

Ein anderes Individuum fand ich ebenfalls noch vor Sonnenaufgang; diesmal an Wilder Möhre:


another

Im Gegenlicht: 



same

Derselbe Falter aus der Distanz:



same

Ich ging in Sachen Schwalbenschwanz von einer reinen Flugplatzgeschichte aus, doch dann sah ich ein Individuum in Hollage die Berningstraße überfliegen und in einem Hausgarten verschwinden, noch bevor ich es ablichten konnte.

Anscheinend hat die von mir so lange ersehnte Art zumindest Teile des Landkreises für sich erobern können. An Futterpflanzen für die Raupe hat es rund um Osnabrück ja nie gemangelt, doch benötigt der Schwalbenschwanz wohl auch ein bisschen Wärme. Man kann davon ausgehen, dass auch er, wie schon so viele andere einst ausschließlich südliche Arten, ein Profiteur des Klimawandels ist.

Der große und großartige Schwalbenschwanz ist eine neue Art für den Flugplatz, wie ja auch die schon im ersten Teil gezeigten Kaisermantel, Kleiner Perlmutterfalter und Waldbrettspiel. Leider haben andere Schmetterlinge das Gebiet dem Anschein nach im Gegenzug verlassen, wie zum Beispiel der Ockerbindige Samtfalter und das Schachbrett*. Beide konnte ich vor meinem Umzug nach Ostfriesland im Jahr 2009 noch in ansehnlicher Zahl über der Steppenfläche fliegen sehen, doch weder vor einem Jahr noch während meines jüngsten Aufenthaltes wollte es mir gelingen, diese beiden eigentlich so auffälligen Falter auf dem Flugplatz nachzuweisen. 

Im Falle des Samtfalters, auch Rostbinde genannt, könnte eine Verdichtung der Bodenvegetation und das damit einhergehende Fehlen offener Sandstellen für das Verschwinden verantwortlich sein, der Grund für das komplette Abtauchen des Schachbretts ist mir allerdings nicht bekannt. Der Flugplatz Achmer beherbergte meines Wissens das einzige Vorkommen der letztgenannten Art im ganzen Landkreis Osnabrück, was bedeutet, dass das Schachbrett dort jetzt ausgestorben sein könnte. Der Ockerbindige Samtfalter war mir noch von der Heide am Gehn her bekannt, doch ob er dort auch heute noch fliegt, kann ich nicht bestätigen. 

Eine dritte Art, die es auf dem Flugplatz nicht mehr gibt, der Lungenenzian-Ameisenbläuling, war schon vor vielen Jahren einer komplett unsinnigen "Naturschutz"-Maßnahme zum Opfer gefallen.   

Die Futterpflanze der Raupe dieses Falters sieht so aus:



Marsh Gentian

Vor ganz, ganz vielen Jahren war ich dort einem echten Schmetterlingsexperten begegnet, der, wenn ich mich richtig erinnere, aus dem angrenzenden Westfalen stammte. 

Er kartierte dort vor sich hin, lebte in seinem Bulli (ein weitsichtiger Trendsetter, wenn man so will) und zeigte mir so ganz nebenbei die clownesk-bunten Raupen des Braunwurzmönchs, die ich zuvor noch nie gesehen hatte, obwohl sie so auffällig sind. Dieser freundliche Mensch meinte damals, das Vorkommen des Lungenenzian-Ameisenbläulings auf dem Flugplatz (genauer: Vogelpohl) sei das stärkste, das er jemals gesehen habe, noch viel stärker als z. B. eines in der Senne (Ostwestfalen), das ihm sehr gut bekannt war.

Ich selbst hatte keine Vergleichsmöglichkeit, denn die Population auf dem Flugplatz war die einzige, die ich kannte. Sehrwohl war auch mir in den vielen Jahren zuvor bereits aufgefallen, dass dort wirklich jede Blüte des Lungenenzians mit gleich mehreren Einern des Bläulings belegt war. Ich hatte das damals aber nicht für außergewöhnlich gehalten. 

Hübscher Lungenenzian:



same

Diese Bilder sind noch ganz frisch, geschossen habe ich sie in diesem August.

Das wiederum bedeutet, dass es den Lungenenzian auch heute noch auf dem Flugplatz gibt. Und ja, er ist auf derselben kleinen Fläche, auf der er ja schon seit Jahrzehnten vorkommt, immer noch zahlreich vorhanden. 

Doch wo ist der Ameisenbläuling dann geblieben? 

Ich weiß nicht mehr genau, in welchem Jahr sich das alles abgespielt hat, aber irgendein Vollpfosten – ich muss das so schreiben, weil das, was später passierte, vorhersehbar gewesen war – war auf die glorreiche Idee gekommen, dem vermeintlich vom dichten Pfeifengras bedrohten Lungenenzian und somit dem seltenen Schmetterling etwas unter die Arme greifen zu müssen. 

An und für sich ein hehres Ziel. 

Doch die Umsetzung war eine Katastrophe, denn man hat irgendwann im Winter auf der gesamten Fläche einfach die oberen zehn Zenitimeter des Grundes entfernt. Dem Lungenenzian hat das nichts ausgemacht, und tatsächlich blühte er auch im kommenden Sommer in großer Zahl und hoher Dichte. Doch der Bläuling war verschwunden – für immer!

Was war passiert?  

Durch die Maßnahme, also wegen des Entfernens der oberen Bodenschicht, die ja eigentlich nur das Pfeifengras eindämmen sollte, um dem Lungenenzian Luft zu verschaffen, hatte man wohl alle Nester der Wirts-Ameisen zerstört. In diesen Nestern überwintern aber die Raupen des Ameisenbläulings, der nicht von ungefähr so heißt. Und ohne Raupen keine Falter, so einfach ist das. Der Zusammenhang zwischen der Maßnahme im Winter und dem erstmaligen kompletten Ausbleiben der Bläulinge ab dem folgenden Sommer war schon damals mehr als offensichtlich. 

Doch ein kleines Hintertürchen für den Vollpfosten, der die ganze Geschichte angeleiert hat, gibt es trotzdem noch, denn es erscheint zumindest möglich, dass die Idee eigentlich eine gute war, aber die Umsetzung eben eine Katastrophe, denn vielleicht ist durch den ausführenden Menschen einfach nur mehr Boden entfernt worden, als es der Vollpfosten zuvor geplant hatte. 

Man hätte aber auch weiterhin einfach alles beim Alten belassen können, ich meine, der Lungenenzian war doch über Jahrzehnte mit den Bedingungen vor Ort klargekommen. Warum, zum verfickten Teufel, musste man da unbedingt eingreifen und herumpfuschen? Und wieso hat eigentlich keiner mich gefragt? 

Dann wäre nämlich alles anders gelaufen.

Naturschutz fruchtet leider nicht immer; und er bringt auch nur dann etwas, wenn Menschen ihn in die Tat umsetzen, die etwas von der Sache verstehen, doch das ist leider nicht immer der Fall. Und ich habe da meine eigenen Erfahrungen gesammelt in den vergangenen Jahrzehnten. Viel zu oft sind mir im Outback so richtige Profis begegnet, die sich einfach nur grenzenlos überschätzten und von Tuten und Blasen rein gar nichts verstanden. Woher solche Leute ihr Selbstbewusstsein beziehen, Dinge zu tun, die sie besser lassen sollten, werde ich in diesem Leben ganz gewiss nicht mehr herausfinden können. 

Prost! 

Der Name des Anleierers, also jenes Menschen, der dem Lungenenzian-Ameisenbläuling das Ende auf dem Flugplatz bereitet hat, ist mir übrigens bis heute nicht bekannt. Der Schmetterlingskartierer aus Westfalen wird es jedenfalls nicht gewesen sein, denn der kannte sich wirklich aus.

Schalkeblauer Lungenenzian, jetzt leider ohne die Eier des Lungenenzian-Ameisenbläulings:



same

Im Umkreis von Hollage hat es übrigens noch ein zweites Vorkommen dieser Pflanze gegeben, allerdings eines ohne den noch selteneren Bläuling.

In den Rotten hieß das Gebiet, auf der der Enzian seinerzeit wuchs. 

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich einen Stängel mit gleich mehreren Blüten gepflückt und mit nach Hause genommen hatte, ich war vielleicht zehn Jahre alt oder so. "Guck mal, Mama, Lungenenzian!"  Doch meine Mutter zeigte sich wenig beeindruckt: "Das ist doch eher eine Glockenblume", war ihre Atwort, "Enzian gibt es doch nur in den Bergen."

Der Landwirt, der die anmoorige Fläche über Jahrzehnte durch Rinder hatte beweiden lassen, hat sie schließlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion für den Mais-Anbau einfach umgepflügt, weil er eine Enteignung befürchtete oder einfach eine Unterschutzstellung, die es ihm dann vielleicht nicht mehr ermöglicht hätte, die Fläche als Rinderweide zu nutzen. 

Auch in diesem Fall waren die "Naturschützer" (aus Osnabrück) leider wenig sensibel vorgegangen, was aber die Aktion des Landwirtes keineswegs rechtfertigen soll.

Keine Besenheide, sondern Thymian:


Thymus spec.

Pizza wird mit Basilikum garniert, zumindest in Napoli, aber eben auch, vor allem in Deutzschland, mit Oregano.

Oregano wiederum ist nichts anderes als Wilder Dost, und der Wilde Dost kommt auch auf dem Flugplatz vor, wenn auch nicht annähernd so häufig wie der bodendeckende Thymian. Alle drei Arten gehören zu den Lippenblütlern und duften sehr ähnlich, vor allem Dost (nicht Wasserdost!) und Thymian sogar nahezu identisch. 

Und deshalb habe ich früher immer dann, wenn eine selbstgemachte Pizza anstand, etwas Thymian vom nahen Flugplatz geholt. 

Noch mehr Thymian, vergesellschaftet mit Natternkopf:



more Thymus spec.

Thymian und Wilder Dost sind wahre Insekten-Magneten!

Es wimmelt auf ihren Blüten vor allem von Hautflüglern, aber auch viele Falter schlürfen liebend gern ihren schmackhaften Nektar, so auch die leider verschwundene Rostbinde. Wenn man sie nicht sowieso schon rein zufällig vom Boden aufscheuchte, dann brauchte man damals nur die Thymiankissen zu kontrollieren.

Schnell wurde man fündig.

Die Steppenfläche:



open grassland

Unter einer knalligen Sonne:


same

Gleich am Morgen des Ankunftstages flog unmittelbar vor meinen Füßen ein Tier auf, das ich zunächst überhaupt nicht einordnen konnte.  

Ich hielt es für eine riesige Feldheuschrecke, vielleicht eine Europäische Wanderheuschrecke oder so, für eine Art also, die letztmalig im Jahr 1949 in Deutschland beobachtet worden war, ich meine, man kann heute wirklich nichts mehr ausschließen und muss für alles offen sein und so weiter. 

Der Grund dafür, warum ich eine große Kurzfühlerschrecke vermutete, war die Art und Weise, wie dieses Tier die Flucht ergriff. Wie eine Rakete schoss es los, um dann in einem flachen Bogen nur knapp über dem Boden nach etwa 20 Metern wieder zu landen. Langfühlerschecken gehen niemals so ab, das wusste ich. Natürlich eilte ich hinterher, und abermals, noch bevor ich das Rätseltier am Boden entdecken konnte, hob es wieder mit Überschallgeschwindigkeit ab. 

Was, zum verfickten Teufel, war das, fragte ich mich.

Details hatte ich nicht erkennen können, dafür war das Tier viel zu schnell gewesen. 

Doch ich blieb hartnäckig und setzte wieder nach. Dieselbe Kacke ging von vorne los. Das Rätsel flog abermals direkt vor meinen Füßen auf, doch diesmal mit einem entscheidenden Unterschied. Es landete nämlich nicht auf dem Boden, sondern an einem Echten Johanniskraut. Es war jetzt keine Kunst mehr, die Identität des "Grashüpfers" herauszufinden, denn ich brauchte nur noch mein Fernglas anzuheben.

Und das war das, was ich sah:

still a mystery

Ganz nah:

closer

Ich ging in einem großen Bogen um Tier und Blume herum und schoss zunächst ein Sicherheitsfoto aus größerer Distanz:



same

Dann ging ich etwas näher heran:


same

Ihr seht, ein Grashüpfer war das nicht. 

Doch zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht einmal ansatzweise erahnen, was mir im Zusammenhang mit diesen Tier, das sich zu meiner großen Überraschung als ein Falter herausstellte, noch blühen sollte!

Und ihr könnt es auch jetzt noch nicht.

Das Vogelleben auf dem Flugplatz war jetzt nicht so furchtbar artenreich, doch die Arten, die ich sah und hörte, waren ausnahmslos toll. Pirol, Wespenbussard, Heidelerche, Schwarz- und Kleinspecht sowie Baumpieper sah ich an jedem Tag.  

Und einen Baumpieper habe ich auch fotografiert:



Tree Pipit

Und auch der gute alte Neuntöter hat mich nicht enttäuscht.

Gleich eine ganze Rasselbande, es waren fünf Geschwister, trieb ihr Unwesen um eine alte und längst tote sowie schon vor vielen Jahren umgekippte Schwarzpappel herum.  

Von den Eltern keine Spur. 

Keine Spur mehr, denn die hatten sich schon auf den Weg gemacht, um den Süden Afrikas auch wirklich rechtzeitig zu erreichen. Den Kindern ist das aber völlig wumpe, und das kann es auch sein, denn eine Anleitung, wie man das Winterquartier finden kann, benötigen sie nicht. Wie bei so vielen Vogelarten ist auch beim Neuntöter der Zugweg schon mit der Geburt einprogrammiert worden. 

Ein Kleines Wiesenvögelchen:



Small Heath and Petrorhagia prolifera

Dieser Augenfalter ist auf dem Flugplatz ein Massenartikel!

Doch das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er außerhalb des Gebietes nur selten zu finden ist. Wie so viele der hier vorgestellten Arten hat er eine Schwäche für unbewirtschaftetes Brachland, und so etwas gibt es im Landkreis Osnabrück so gut wie gar nicht mehr.  

Selbst im angrenzenden Hasetal, das ebenfalls offen und grasig ist, kommt das Kleine Wiesenvögelchen schon nicht mehr vor. Der Grund dafür ist das ewige Düngen und Mähen auf den dortigen Flächen. Und so wie das Hasetal sieht eigentlich der ganze Landkreis aus. 

Klinisch tot.

Noch interessanter als der Falter auf dem Bild da oben ist aber die Blume, die er sich als Warte für die Nacht ausgesucht hatte. 

Es handelt sich hier nämlich um die Sprossende Felsennelke. Auf allen offen-trockenen Flächen des Flugplatzes findet man sie in hoher Dichte, obwohl es diese Art im Nordwesten der Republik eigentlich gar nicht geben sollte. Ein inzwischen verstorbener Bramscher Botaniker ging in seinem Werk Flora von Südwest-Niedersachsen und dem benachbarten Westfalen davon aus, die Felsennelke sei einst eventuell (durch militärisches Gerät) eingeschleppt worden. 

Attraktiver Natternkopf:



Viper's Bugloss, taken from the archives

Diese Blume (das Foto stammt vom Rysumer Nacken) spielt im Zusammenhang mit dem Rätselfalter eine wichtige Rolle, doch auch dazu später mehr.  

Ein weiterer Sonnenaufgang auf dem Flugplatz Achmer:



sunrise

Und wieder die Steppenfläche, gesäumt von Kiefernwald:


habitat of Swallowtail

In solch windgeschützten "Ecken" konnte ich den geilen Schwalbenschwanz an allen Tagen antreffen!

Das war ein echter Traum:


Swallowtail one more time 


maybe the same

Ihr seht, auch er mag den Natternkopf:




same

Diese Blume wächst auf dem Flugplatz gleich an mehreren Stellen. 

Allein auf der Steppenfläche im Osten gibt es zwei ausgedehnte Natternkopf-Bestände. Und es war immer lohnenswert, sie gleich am frühen Morgen aufzusuchen. 

Der Grund dafür war zum einen der Schwalbenschwanz, zum anderen die "Wanderheuschrecke":


pretty Bedstraw Hawk-moth – a lifer!

Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich diesen Falter gesehen!

Er gehört zu den Schwärmern, wie man an seinem geilen Körperbau unschwer erkennen kann. Und normalerweise fliegt er nach Einbruch der Dunkelheit, was der Grund dafür ist, dass ich ihm zuvor nicht ein einziges Mal begegnet war.  

Kinners, das ist der Labkrautschwärmer!

Wenn das süße Taubenschwänzchen in diesen Tagen auf dem Flugplatz schon nicht selten war, dann war der Labkrautschwärmer fast schon eine gängige Erscheinung. Ich sah ihn nicht nur am frühen Morgen, die meisten Individuen sausten in der Mittagszeit durch die Gegend. Einmal sah ich von meinem Standpunkt aus gleichzeitig 16 dieser Falter bei der Nahrungssuche! 

Übrigens fast immer an Natternkopf. 

Nur zwei Ausnahmen hat es gegeben: Ein Labkrautschwärmer trank an einem lauen, allerdings auch bedeckten und finsteren Abend ausschließlich den erfrischenden Nektar der Wiesenflockenblume, und zwar neben einem Weg unweit des Feuerlöschteichs; ein weiterer saugte ausgiebig an den Blüten des Echten Leinkrauts ("Löwenmäulchen"), wobei ich mich in diesem speziellen Fall gefragt habe, wie das Tier mit seinem langen Rüssel überhaupt ins Innere der Blüte gelangen konnte, sollen sich diese doch nur von Hummeln und anderen Wildbienen öffnen lassen.   

An Wiesenflockenblume:



same 

Brumm, brumm. 

Baffzigtausend Bilder habe ich jetzt nicht wirklich geschossen von diesen quirligen Biestern, aber einige hundert sollten es wohl gewesen sein, doch am Ende habe ich fast nur digitalen Schrott produziert, und das aus gleich drei Gründen 

Oft war das Licht beschissen. Ich meine, die meisten Labkrautschwärmer konnte ich immer in der Mittagszeit beobachten (siehe oben), doch in der Mittagszeit, egal ob sonnig oder bedeckt, sollte man seine Kamera erst gar nicht auspacken. 

Dann habe ich den Fehler gemacht, und zwar immer und immer wieder, zu nah an die meist wenig scheuen Tiere heranzugehen. Anhand der Resultate sehe ich aber, dass ein bisschen Distanz zu den Schwärmern am Ende viel förderlicher gewesen wäre, denn genau jene Fotos, die ich aus größerer Entfernung geschossen habe, gefallen mir jetzt am besten. 

Zu guter Letzt war es so, dass die Falter vor allem bodennahe Blüten angesteuert haben, sodass immer, aber auch wirklich immer, etwas im Weg stand, vor allem blöde Halme. Aus demselben Grund gab es dann meistens auch noch einen sehr unruhigen Hintergrund, wie man ihn nun wirklich nicht braucht.

Aber letztendlich bin ich zufrieden, denn diese Art hatte ich so gar nicht auf dem Schirm gehabt, als ich den Flugplatz in diesem Jahr zum ersten Mal nach einem ganzen Jahr Abwesenheit betrat. 

Aus der Nähe, wieder an Flockenblume:



same

Und erneut an Natternkopf:


another

Im Gegenlicht:


another

Und wieder ohne Sonne:


another specimen

Der Lebensraum des Labkrautschwärmers auf dem Flugplatz Achmer:


habitat of Bedstraw Hawk-moth with flowering Echium vulgare as the major food plant for the adults

Vor allem solche Bestände des Natternkopfes zogen diesen bunten Düsenjet, aber auch das ebenfalls zu den Schwärmern zählende, allerdings deutlich kleinere Taubenschwänzchen, magisch an. 

Und obwohl die Blütezeit dieser Pflanze Mitte August bereits fast vorbei war, der Natternkopf lag diesbezüglich wirklich schon in den letzten Zügen, reichte das Angebot noch aus, um so furchtbar viele Schmetterlinge und andere Insekten glücklich zu machen.

Und fürs kommende Jahr braucht man sich als Labkrautschwärmer auch keine Sorgen zu machen:


the next generation of Echium vulgare, so butterflies do not have to worry about their offspring's future

Der Boden war bedeckt von unzähligen Blattrosetten, aus denen dann nach der Überwinterung neue Natternköpfe mit noch mehr Blüten hervorschießen werden.  

Da kann man sich als Labkrautschwärmer schon mal auf die kommende Saison freuen:



another

Nein, das war Quatsch, denn die kommende Saison wird keiner der hier gezeigten Falter überhaupt erleben.

Aber der Nachwuchs dieser Tiere darf sich schon die Hände reiben. 

In etlichen Fällen konnte ich auch die Eiablage des Labkrautschwärmers beobachten. 

Dabei flogen die Weibchen in der Mittagszeit bis in den Nachmittag hinein suchend flach über der Bodenvegetation, um immer kurz, aber nach wie vor mit schwirrenden Flügeln, zu landen, das Abdomen vorzukrümmen und jeweils nur ein einzelnes Ei an die Futterpflanze – in allen von mir beobachteten Fällen an ein mir unbekanntes, weiß blühendes Labkraut – zu kleben. 

Ob die Eier aber wirklich in allen Fällen direkt an die Futterpflanze geklebt wurden, weiß ich, ehrlich geschrieben, gar nicht so genau, denn das einzige Ei, das ich finden konnte, hatte das Weibchen an einem Gras abgelegt! In unmittelbarer Nähe zu diesem Gras wuchs aber das mir unbekannte Labkraut. Ich fand das schlimm und unbedacht von der Labkrautschwärmer-Dame, denn wenn die kleine Raupe schlüpft, dann muss sie erst einmal Richtung Boden krabbeln und dann am Stängel der Futterpflanze wieder hinauf, um endlich zum ersten mal in ihrem Leben futtern zu können.  

Ich war wirklich empört, ich meine, das kann man doch nicht machen.

Im Falle der vielen Labkrautschwärmer auf dem Flugplatz Achmer muss es sich übrigens um die Individuen der 2. Generation gehandelt haben (wie auch beim Schwalbenschwanz!), denn die erste fliegt nur von Mai bis Juli. 

Noch zwei Bilder von diesen ausgesprochen hübschen, ja sogar megaprächtigen Tieren mit ihren Rallystreifen auf dem zigarrenförmigen und dicht behaarten Körper, die einen auf der Stelle an Kolibris erinnern, wie ich finde:




I still can't believe that I have seen so many of these pretty guys at daytime


same

Das war's auch schon wieder, ihr kleinen Waldschaben da draußen.  

Jetzt bin ich wieder nüchtern, der Rausch ist vorbei. Viel habe ich auf dem Flugplatz Achmer entdeckt und ganz sicher noch viel mehr übersehen. 

Doch all den tollen Arten, die ihren Weg nach Achmer zum Teil auch mit Unterstützung des Klimawandels gefunden haben dürften, könnte man bestimmt viele weitere hinzufügen, wenn man mehr Zeit investieren könnte, um nach ihnen zu fahnden. 

Schwalbenschwanz, Labkrautschwärmer und Blauflügelige Ödlandschrecke haben mir aber schon sehr viel Freude bereitet. 

Ich würde mich inzwischen aber auch nicht mehr wundern, wenn ich bei meinem nächsten Besuch auf dem Flugplatz auf so illustre Gäste wie das Weinhähnchen, die Gottesanbeterin, die Rotflügelige Schnarrschrecke, die Rote Röhrenspinne und diverse andere Sonnenanbeter treffen würde. Und vielleicht lässt sich in ein paar Jahren ja sogar mal eine Große Sägeschrecke vor meiner Linse blicken.

Huaaah!

Fast scheint es jedenfalls so, als sei nichts mehr unmöglich, auch wenn der Grund für diese Zuwanderung aus dem warmen Süden eher ein bedenklicher ist, bedeutet er doch auch gleichzeitig das Aus für viele Arten, die ein kühleres Klima benötigen, um überleben zu können. 

Das sollte man nie vergessen!

Sachsen und Brandenburg, Kinners, haben, was interessante und seltene Bewohner trocken-warmer und offener Lebensräume angeht, wie ich sie euch in diesem Beitrag vorgestellt habe, sicher viel mehr zu bieten als der Westen Niedersachsens oder der Landkreis Osnabrück, eben weil es dort auch heute noch riesige (ehemalige) Truppenübungsplätze und Braunkohletagebaue gibt, die der Natur und den Menschen, die an dieser Natur interessiert sind, hoffentlich mindestens in ihrem derzeitigen Zustand erhalten bleiben. 

In Brandenburg soll sich zurzeit sogar der imposante Segelfalter ausbreiten!

Solche Flächen stellen deshalb ein Refugium für sehr, sehr viele bedrohte Arten dar, weil es sich um die einzigen offenen und halboffenen Lebensräume handelt, die weder gedüngt noch auf eine andere Art und Weise (intensiv) bewirtschaftet werden. Und es ist ähnlich bedenklich wie der Klimawandel, dass wir diese letzten und aus naturkundlicher Sicht so furchtbar interessanten Gebiete in unserem Land ausgerechnet dem Militär zu verdanken haben. 

Auch darüber könnt ihr ja mal nachdenken.

Doch so schön es im wilden Osten auch sein mag, ich bin und bleibe ein Küstenjunge. Und das auch heute noch so beschschauliche Brandenburg hat nur fünf Meter Elbufer zu bieten.

Kinners, das ist zu wenig ;-)

Im kommenden Beitrag wird es sehr wahrscheinlich wieder nicht um den Gartenrotschwanz gehen, obwohl ich den bereits mehrfach angekündigt hatte, sondern um einen seltenen Gast von der Iberischen Halbinsel, der sich am Ortsrand von Greetsiel herumtreibt. 

Und das schon seit ein paar Wochen. 

Für die Statistiker unter euch: 67 Bilder waren das heute wieder.

Zum Nulltarif.

Bis dahin.

Und (siehe ersten Teil) ...




... winke, winke!


Nachtrag vom 22. Oktober 2023: Wie mir jemand schon vor einer Weile ins Gästebuch geschrieben hat, kommt das Schachbrett sehr wohl auch heute noch auf dem Flugplatz vor. Es fliegt hauptsächlich im Juni und vielleicht noch in der ersten Juli-Hälfte, und weil ich immer erst im August auf dem Flugplatz beobachtet habe, konnte ich ihm gar nicht begegnen. 

Tatsächlich habe ich mir in meinem Leben nie Notizen gemacht über die Flugzeiten von Faltern und Libellen oder andere Beobachtungen, ich bin da eher schlampig, sondern hatte in diesem speziellen Fall Wikipedia befragt, und dort steht geschrieben, dass das Schachbrett von Anfang Juni bis Ende August fliegt. Da kann es natürlich regionale Unterschiede geben, bedingt durch das jeweilige Klima und so weiter.

Sehr schön, dass dieser in Norddeutschland so seltene Falter auch noch auf dem Flugplatz vorkommt. Und vielleicht gilt das ja auch für die ebenso seltene Rostbinde ...