Donnerstag, 21. September 2023

Ein Iberienzilpzalp besucht Greetsiel

Kinners, es ist wieder so weit.

Ein ganzes Jahr haben wir darauf warten müssen. 

Freche, wenn nicht sogar bösartige Rosskastanien schmeißen endlich wieder ihre Morgensterne durch die Gegend.

Erst neulich hat mich so ein Teil an der Schulter erwischt. 

Der Schmerz war unglaublich – und ich empört.

Ich blieb stehen, stemmte die Hände in die Hüfte und sah dem Baum entschlossen auf die Borke: "Wenn du das nochmal machst, dann hetze ich dir die geile Rosskastanien-Miniermotte auf den Hals!"

Denn die scheint es hier in der Krummhörn noch nicht zu geben; in meiner alten Heimat war sie schon vor vielen Jahren sehr häufig und alle Kastanien schon im Juli braun. 

Trotz meiner Drohungen zeigte der Baum keine Reaktion.

Also legte ich nach: "Oder ich fahre auf der Stelle zum nächsten Baumarkt und hol' mir 'ne Axt!"

Ich schreib's euch, obwohl die Rosskastanie unbescholtenen Bürgern vorsätzlich nach dem Leben trachtet und mindestens so gefährlich wie der Wolf ist, fordert niemand ihre Regulierung oder gar Ausrottung. 

Oh:



Iberian Chiffchaff (calling), the main actor of this best blog post of all time

Und damit sind wir schon beim nächsten Thema.

Ich weiß nicht mehr genau, wann es diese bedenkliche Anti-Wolfs-Demonstration in Aurich gegeben hat, aber seit diesem Scheißtag sieht man auf ganz vielen Höfen, aber auch vielerorts im Outback, Plakate und Schilder, die die Stimmung gegen den Stammvater aller Haushunde in Ostfriesland wiederzugeben scheinen.

Doch ist das wirklich so?

Ehrlich geschrieben, ich weiß es nicht.

Denn jene Zeitgenossen, die nichts gegen den Wolf haben, ihn vielleicht sogar bei uns herzlich wilkommen heißen würden, machen keinen auf Goebbels und stellen auch keine Propagandaschilder auf. Kurz: Sie fallen leider gar nicht auf.

Oh, jetzt werdet ihr empört sein und mich verurteilen für diesen Vergleich, wenigstens ein Teil von euch, aber das ist mir wumpe, denn ich weiß, ich liege richtig, obwohl ich lieber Unrecht hätte.

Das könnt ihr mir glauben.

Ich bin naiv und träume immer von einer schönen Welt, in der die Menschen die Natur so respektieren und akzeptieren, wie sie ist, doch natürlich weiß ich – das hat mich das Leben gelehrt –, dass da überhaupt keine Hoffnung besteht. Die Herangehensweise der Küstenjägerschaften und vieler, wenn nicht sogar aller Nutztierhalter in Ostfriesland ist nämlich exakt dieselbe wie die des Reichspropagandaministers im einstigen Naziregime. 

Und nur darum geht es.

Es wird übelste Nachrede betrieben, immer und immer wieder. Das ewige Wiederholen derselben und schon uralten Lügen in der Öffentlichkeit höhlt die Hirne eines Teils der Bevölkerung aus wie der bekannte Tropfen den Stein. 

Rotkäppchen will einfach nicht sterben.

Und es bleibt was hängen, die Jäger wissen das.

Der einzige Unterschied zu damals: Im glücklicherweise am Ende doch nicht tausendjährigen Reich wurde gegen Menschen gehetzt, heute gegen den Wolf und viele andere Tierarten.

Das ist schlimm.

Dieses Plakat hat man schon vor vielen Wochen, unmittelbar nach der Demo, strategisch sehr günstig zwischen dem Pilsumer Leuchtturm und dem dazugehörigen Parkplatz aufgestellt:






most hunters and farmers have been Wolf's first and only enemy already for centuries 

Baffzigtausend Menschen werden es inzwischen gesehen haben auf ihrem Weg zur got-gelb geringelten Sehenswürdigkeit.

Fällt euch was auf? 

Wenn man etwas in Anführungsstriche setzt, dann sollte man vielleicht auch die Quelle des Zitats verraten.

Wer hat gesagt, dass es nicht bei Schafen bleiben wird? Der Kreisjägermeister? Und ist das dann Realität oder gar Gesetz, wenn ausgerechnet der so etwas behauptet? Und wofür sind Jäger eigentlich gut? 

Warum muss es die denn geben? 

Solche Fragen stellt man sich als Lodenträger aber erst gar nicht. 

Oh, jetzt werden sich einige selbsternannte Naturschützer aufregen, falls sie hier zufällig reingeschaltet haben sollten, weil sie doch mit dieser bewaffneten Randgruppe zusammenarbeiten, um z. B. Wiesenvögel zu schützen. 

Doch keine einzige Art in Deutschland ist wegen des Rotfuchses oder anderer Beutegreifer im Bestand zurückgegangen. Das ist ein Märchen. Die Ursache für das große Debakel, für das weltweite Artensterben, geht immer aufrecht auf zwei Beinen. Und um auf den Wolf zurückzukommen: In Deutschland gibt es im Schnitt auf jedem Quadratkilometer fast halb so viele Menschen wie Wölfe in ganz Niedersachsen! 

Wer ist denn jetzt das Problem?

Und dann der hohle Satz da auf dem Plakat! Richtig hätte er lauten müssen: "Es ist nicht bei Schafen geblieben.

Ich meine, erwischt hat es doch längst auch Rinder und Pferde, die es dem Wolf zu verdanken haben, dass sie nicht mehr zur Schlachtbank geführt werden konnten.  

Alles doof, und heute sollte es doch eigentlich nur lustig und interessant werden:


Iberian Chiffchaff – second record ever for Ostfriesland. Ususally this species occurs in Central Europe in spring (mostly from March to Mai), when "our" Chiffchaffs return from the wintering areas on the Iberian peninsula. These guys often hold territories for weeks and the conspicuous song then leads to their discovery. Summer records are rather rare, but in the Netherlands there have been few specimens showing up in spring and staying at the same spot until July, in one case even until September

Seinetwegen.

Am 28. Juli 2023 saß ich ín meinem Auto auf dem geschotterten Parkplatz neben dem ehemaligen Bauhof der Gemeinde Krummhörn am Ortsrand von Greetsiel und wollte gerade herzhaft in ein leckeres Käsebrötchen beißen, das ich mir nur wenige Minuten zuvor beim örtlichen Bäcker gekauft hatte, als ich aus einer Baumgruppe heraus einen markanten Vogelruf hörte, der mich für den Bruchteil einer Sekunde ratlos machte. 

Doch dann erinnerte ich mich an meinen viele Jahre zurückliegenden Aufenthalt in einer Schlucht in der Serra de Monchique, durch die ein schmaler Bach floss und wo ganz viele Spanische Osterluzeifalter durch die Gegend flatterten. Entlang seiner Ufer hatte es sich dichtes Weidengebüsch gemütlich gemacht, und aus diesen Weiden war damals der gleiche Ruf erklungen wie jetzt am Ortsrand von Greetsiel. Immer wieder, doch den Urheber konnte ich wegen des dichten Blattwerkes und des unwegsamen Geländes lange Zeit nicht ausfindig machen. 

Es dauerte etwa eine satte Stunde, vielleicht auch zwei, bis ich den Vogel schließlich entdecken und auf Anhieb auch bestimmen konnte: Es war ein Iberienzilpzalp (im Folgenden IZZ).

Ich legte das noch unversehrte Käsebrötchen behutsam, beinahe liebevoll auf den ohnehin schon zugemüllten Beifahrersitz, schnappte mir Kamera und Diktiergerät und stieg aus. Noch immer rief der Vogel, der sich in den Baumkronen aufhalten musste. Wie damals in Portugal konnte ich ihn wegen der verfickten Blätter aber nicht sehen, und als ich mich unterhalb der Linden postiert und endlich auch mein Diktiergerät eingeschaltet hatte, da verstummte die armselige Kreatur abrupt. 

Und rief nie wieder. 

Zumindest an diesem Tag.

Ich hasse Vögel, das habe ich hier schon so oft geschrieben. Und das hat ja auch einen Grund, wie diese Geschichte belegt. 

So sah das an diesem Ort damals aus:


where I first heard the calls of Iberian Chiffchaff at the end of July

Corsilein war gestern.

Noch am selben Abend keimten Zweifel in mir auf, und einen möglichen IZZ hatte ich dann irgendwann sogar ein bisschen verworfen, wenn ich ehrlich sein soll, obwohl ich mir bei den Rufen doch nahezu sicher gewesen war.

Denn mir war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass diese Art durchaus auch im Sommer bei uns in Mitteleuropa erscheinen konnte, wie Feststellungen in den benachbarten Niederlanden belegen. Zuvor hatte ich immer nur von Frühjahrsnachweisen gehört, von Vögeln also, die zwischen März und April entdeckt worden waren und dann nicht selten gleich wochenlang ein Revier besetzt hielten.

Am 3. August ließ ich mich wieder an diesem Ort blicken. 

Sie Sache mit dem unkooperativen Vogel hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon vergessen, doch kaum war ich aus meinem Wagen ausgestiegen, da erklangen doch tatsächlich wieder diese Rufe. Ich will es kurz machen: Diesmal gelangen mir immerhin Audioaufnahmen, doch den Vogel sollte ich ein weiteres Mal nicht zu Gesicht bekommen. 

Was für ein linkes Viech!

Dann, das könnt ihr den beiden letzten Berichten entnehmen, folgte ja ein gut einwöchiger Aufenthalt im Landkreis Osnabrück, und als ich am 21. August, also fast unglaubliche vier Wochen, nachdem ich den IZZ zum ersten Mal gehört hatte, wieder an Ort und Stelle auftauchte, hörte ich abermals die markanten Rufe des seltenen Gastes, doch jetzt hatte er sich ein verwildertes, dem ehemaligen Bauhof gegenüberliegendes Gartengrundstück als Wohnzimmer ausgesucht.

Und das war durch einen Bauzaun abgesperrt:




main habitat of the Iberian Chiffchaff, the garden of an abandoned house

Frank Sudendey ist gesetzlos.

Er ging einfach rein, nachdem er sich nach allen Richtungen abgesichert hatte, und lauschte gebannt.

Und es war ein denkwürdiger Tag, denn nicht nur sah ich den Vogel zum ersten Mal in seiner ganzen Pracht, nein, ich hatte auch das große Glück, die ersten Belegaufnahmen von ihm schießen zu können, obwohl er sich wieder einmal ausschließlich in den dicht belaubten Baumkronen aufhielt. Und diese Fotos zeigten tatsächlich alle Merkmale eines IZZ, die man gesehen haben sollte, um seine Bestimmung zu zementieren (siehe unten).

Trotzdem, Kinners, werde ich euch diese ersten Bilder ersparen, denn seit dem letzten Samstag bin ich in der glücklichen Situation, es mir leisten zu können, in diesem Beitrag auf sie zu verzichten, doch dazu später mehr.

Was ich im Wildgarten auch sah, war, dass der Vogel sich mitten in der Vollmauser befand und somit adult sein musste. Er sah wirklich schlimm aus, fast wie ein Batteriehuhn. Und deshalb war es sogar gut so, dass mir an diesem Tag und auch in den folgenden Wochen keine perfekten Bilder gelingen wollten. 

Meine Entdeckung stellt erst den zweiten Nachweis eines IZZ für Ostfriesland dar!

Das erste Individuum war von einem ortsansässigen Vogelgucker am 30. April 2016 in Rhauderfehn entdeckt und durch Fotos sowie Audioaufnahmen sauber belegt worden. Ich gehe davon aus, dass es sein auffälliger Gesang war, der den seltenen Gast seinerzeit enttarnt hatte. Denn der Gesang des IZZ weicht immens von jenem unseres Zilpzalpes ab, ist deutlicher strukturiert und so weiter und klingt deshalb nicht ganz so langweilig und nervig. Dieser Vogel sollte mindestens bis zum 21. Juni 2016 am Entdeckungsort verweilen, danach blieben Feststellungen trotz weiterer Kontrollen durch den Entdecker und anderer Beobachter aus.

Der allererste IZZ für ganz Deutschland war im Mai 1991 in Stade und somit ebenfalls in Niedersachsen festgestellt worden. Damals hatte man den IZZ noch als eine Unterart unseres Zilpzalpes betrachtet. In der Folge ist dieses Taxon viele Male in Deutschland beobachtet worden, und zwar bis einschließlich 2019 dreiunddreißigmal, sodass man jetzt wohl bundesweit von insgesamt etwa 40 Nachweisen ausgehen kann!

Die Brutverbreitung (rot) des IZZ sieht so aus:


breeding distribution of Iberian Chiffchaff (source: the beautiful and important website of xeno-canto)

Der IZZ ist ein Zugvogel, dessen Überwinterungsgebiet sich in Afrika in einem schmalen Streifen südlich der Sahara zwischen Senegal im Westen über Mali bis nach Burkina Faso im Osten erstreckt. 

Ihr seht, unsere geile Republik liegt völlig abseits seiner eigentlichen Verbreitung. 

Zwei Gründe könnten dafür verantwortlich sein, dass diese Art trotzdem inzwischen nahezu alljährlich bei uns entdeckt wird. Zum einen erscheint es möglich, dass heimziehende Individuuen im Frühjahr einfach über ihr Ziel hinausschießen, und zum anderen könnten sie von auf der Iberischen Halbinsel überwinternden und ebenfalls im März heimziehenden mitteleuropäischen Zilpzalpen mitgerissen werden, auch wenn ich nicht weiß, ob diese Biester überhaupt in Gruppen wandern. 

Ein weiteres Foto vom Vogel:


this bird is still present at the same spot at the city limit of Greetsiel

Der Iberienzilpzalp gehört zu den wenigen Arten, für die die Deutsche Avifaunistische Kommission im Falle einer Dokumentation Belege einfordert. 

Das können Fotos sein, aber auch Aufnahmen der Rufe und des Gesanges. 

Ich bin der Meinung, dass beinahe jede Vogelart mit mindestens einer weiteren verwechselt werden kann. Und deshalb sollten ohnehin nur fotografisch belegte Beobachtungen von den zuständigen Kommissionen anerkannt werden. 

Doch mit dieser Meinung stehe ich wohl ganz allein auf weiter Flur.

Im Schatten:


in da deep shade

In der Sonne:



in da bright sun (note different appearance compared to the previous picture)

Ja, das Licht spielt auch eine wichtige Rolle, wenn es um Farben geht und darum, sie korrekt zu beurteilen.

Doch was unterscheidet den IZZ eigentlich von unserem Zilpzalp?

Neben dem Gesang und den völlig andersartigen, nämlich abfallenden und nicht ansteigenden Rufen, die darüber hinaus auch noch scharf statt weich klingen und die mich ein ums andere Mal an so manchen Ruf einer weiter entfernt ziehenden Schafstelze erinnerten oder ein kleines bisschen auch an jene der Rohrammer, sind das ein vor allem vor dem Auge intensiv gelb gefärbter Überaugenstreif, viel Gelb auf der Brust (siehe das Bild da oben), ein recht kräftig grüner Mantel, das komplette Fehlen jeglicher Brauntöne im gesamten Gefieder sowie, zumindest laut Svensson ("Der neue Kosmos-Vogelführer"), satt gelbe Unterschwanzdecken.  

Wegen des vielen Gelbs auf der Brust und über dem Auge und des klareren Überaugenstreifs hat mich der IZZ im Feld tatsächlich immer wieder eher an einen jungen Fitis erinnert als an einen Zilpzalp. Das mit den gelben Unterschwanzdecken ist aber so eine Sache, denn bei meiner Bilderrecherche im Netz bin ich diesbezüglich immer enttäuscht worden. Keiner der zuvor in Deutschland aufgetauchten und fotografierten Vögel hat solch intensiv gelb gefärbte Unterschwanzdecken gezeigt, und ich fragte mich natürlich, warum.

Die Lösung steht auch im Svensson.  

Nicht alle IZZ sehen so perfekt und klassisch aus wie mein Vogel; die Art ist in dieser Hinsicht durchaus variabel. Immerhin scheinen der gelbe Überaugenstreif sowie die gelben Brustseiten recht verlässliche Merkmale zu sein, denn die zeigten alle von mir im Netz betrachteten Individuen. 

Als weitere Merkmale sind eine etwas größere Handschwingenprojektion zu nennen sowie eine abweichende Färbung von Beinen und Schnabel. Beide sind im Schnitt heller als bei unserem Zilpzalp, doch im Feld und vor allem auf größere Distanz taugen diese Merkmale nicht viel. Auf den meisten Bildern aber lässt sich letzteres Merkmal oft gut erkennen.

Der Greetsieler Vogel hat nicht gesungen. 

Das hätte durchaus auch passieren können, singen doch auch unsere Zilpzalpe zu dieser Jahreszeit ausgiebig. Vielleicht handelt es sich um ein Weibchen. Ich halte den Gesang auch gar nicht für so furchtbar wichtig bei der Bestimmung eines IZZ, denn auch unser Zilpzalp kann abweichend trällern und dann unter Umständen an einen Iberer erinnern. In den Niederlanden (Provinz Drenthe) war im vergangenen Frühjahr ein Vogel entdeckt worden, der wegen seines Gesanges zunächst als IZZ bestimmt worden war, doch weil er wie ein Mitteleuropäer rief und auch so aussah, hat man letztendlich von der Bestimmung wieder Abstand genommen. 

Für wichtiger als den Gesang halte ich die Rufe! 

In meinem ganzen Leben habe ich noch nie einen mitteleuropäischen Zilpzalp auch nur ansatzweise wie einen IZZ rufen hören. Nicht ein einziges Mal. Und deshalb würde ich sogar sagen, dass sie allein schon diagnostisch sind und für eine Bestimmung ausreichen sollten, wobei es natürlich grundsätzlich nie schaden kann, einem Vogel zusätzlich auch noch auf den Pelz zu schauen. 

Oh, da ist er wieder:



note the yellow undertail coverts

Wenn der hochsommerliche Auftritt eines IZZ in Norddeutschland schon reichlich seltsam erscheinen mag, dann sollte ein zweiter Vogel zu dieser Jahreszeit noch unglaublicher rüberkommen.

Am 5. August wurde doch tatsächlich ein weiterer IZZ in unserer Republik entdeckt und beringt! 

Und zwar auf Helgoland. 

Der Vogel, von dem es auch Fotos und Rufaufnahmen gibt, sieht aus wie ein eineiiger Zwilling des Greetsieler Individuums. Wie dieser zeigt auch er intensiv gelbe und vom weißlichen Steiß sauber abgegrenzte Unterschwanzdecken, wie man sie auf dem Foto da oben so schön erkennen kann. Und wie der Greetsieler Vogel ist auch er nach wie vor anwesend (Stand Montag, 18. September 2023).

Abgefahren!

Wie ein halber Fitis sah der Vogel bei Sonne bisweilen aus (dieses eine Bild entstand nicht am Samstag, sondern am gestrigen Mittwoch):



caused by its yellowish appearance and the quite clear supercilium this bird very often reminded me of a first year Willow Warbler in da field, but this impression did always depend on the light conditions

Auf dem folgenden Foto hat er sogar was von einem Waldlaubsänger:


sometimes this bird even looked a bit like a Wood Warbler (yellow breast, white belly)

Beachtet die gelbe und scharf vom weißen Bauch abgegrenzte Brust. 

Wirklich ein IZZ aus dem Lehrbuch!

Ein Teil des IZZ-Lebensraumes, unmittelbar am Fuße eines Deichs, der seit der Fertigstellung der künstlichen Halbinsel Leyhörn im Jahr 1991 den Kontakt zum Ozean völlig verloren hat und jetzt sinnfrei in der platten Landschaft herumsteht:



habitat

Und auf diesem Deich stand ich auch zum Zeitpunkt der Aufnahme.

Wochenlang, nämlich etwa ab Mitte August und bis heute, habe ich den IZZ ausschließlich im verwilderten Garten antreffen können und nicht mehr auf dem Gelände des Bauhofes. Das muss aber nichts heißen, denn der Tag hat bekanntlich mehr Stunden, als ich sie dort verbracht habe.

Und es ist auch jetzt noch so, dass man den Vogel nur schwer zu Gesicht bekommt, obwohl der IZZ nicht selten mehr als 40 Rufe in Reihe ins Outback schreit. Er ist trotz seiner bunten Farben also mindestens ein halbes Phantom, wenn nicht sogar ein ganzes.

In diesem Garten sucht er nahezu ausschließlich in den Baumkronen nach Nahrung:




habitat 

Auf der anderen Seite des inzwischen dem Vandalismus zum Opfer gefallenen Hauses, an der Straße also, die zum Hof Akkens führt, sah ich den IZZ nur ein einziges Mal:


the bird, that is still present, exclusively loves to forage in the canopy of tall trees and is always covered by leaves. Most times I've only heard the distinctive calls. Until now there have been only two exceptions, when the Iberian Chiffchaff foraged in a low shrubbery of willows and blackberries next to a parking lot, where I saw the now confiding bird from close distance and on eye level for the first time at all and where I shot all the pictures shown in this blog post

Themenwechsel:



on 18th October 2017 I photographed this Black-headed Gull at Norddeich. At that time she had a rest for two days on the beach. Almost six years later, on 29th August 2023, I spotted the same bird at the same locality! There hadn't been any encounters in between. The last time this bird was spotted by any person before was the 22th May 2022 (in Norway), so that I already expected its death. I was really lucky to see this old fellow in good conditions. This BHG has always bred near Oslo (Norway) and always wintered in the Netherlands, like many recoveries prove. It had been ringed on 7th April 2013 as an adult and therefore reached an age of at least ten years

Am 29. August begegnete ich am Strand von Norddeich einer weiß beringten Lachmöwe.

Ich schoss einige Bilder von ihr, bevor sie zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen Richtung Watt abflog. Erst zu Hause checkte ich die Bilder und stellte mit einem Schmunzeln fest, dass mir da ein alter Bekannter vor die Linse geflogen war! Bereits sechs Jahre zuvor hatte ich dieselbe Lachmöwe, die alljährlich bei Oslo brütet und in den Niederlanden überwintert, schon einmal gesehen. Nein, zweimal, wenn ich es genau nehme, denn sie hatte damals für mindestens zwei Tage am Strand von Norddeich gerastet. 

Auf Ringmerking.no habe ich immer mal wieder nach ihr geschaut, in der Hoffnung, jemand möge sie irgendwo zwischen Norwegen und den Niederlanden abgelesen haben. Zuletzt war das am 22. Mai 2022 bei Oslo der Fall gewesen, also vor über einem Jahr, und weil dieser Vogel zuvor noch nie so lange an einem Stück unter dem Radar geblieben war, machte ich mir richtig Sorgen. Umso größer war also meine Freude, ihn bei bester Gesundheit in Norddeich wiedergefunden zu haben. 

Eigentlich freue ich mich jetzt noch darüber!

Alpenstrandläufer:




juvenile Dunlin (above) and a flock (with Common Ringed Plover)

Sichelstrandläufer:


juvenile Curlew Sandpiper

Derselbe:









same

Ja, und auch auf dem folgenden Foto ist ein einzelner Sichelstrandläufer zu sehen:


one Curlew Sandpiper among Dunlins

All die anderen Vögel, bis auf je einen Steinwälzer und Sandregenpfeifer, sind Alpenstrandläufer. 

Eine junge Pfuhlschnepfe war auch am Start:


juvenile Bar-tailed Godwit

Sie dachte in diesem Augenblick: Den Idioten da mit der Kamera muss ich wohl vorsichtshalber im Auge behalten, der kommt ja immer näher:


same

Veto!

Das war gelogen. Ich schwöre euch, ich habe eine respektvolle Distanz zum Vogel eingehalten.  

Wie immer.

Auch zu diesem jungen Star:

young Starling

All diese Fotos habe ich auch in Norddeich geschossen an einem trüben Tag im September 2022.

Das folgende an einem sonnigen:


Kingfisher looking for food in the wadden sea with the island of Juist blurry in da background

Dieser Eisvogel untersuchte die vielen kleinen Pfützen im Watt.

Immer wieder stieß er zu, doch wen genau er da erbeutete, konnte ich nicht erkennen, weil die Distanz zum Vogel viel zu groß war. Unscharf im Hindergrund könnt ihr das Zauberland (Töwerland, also Juist) sehen mit dem schneeweißen Kurmittelhaus in der Inselmitte. 

Ein toller Ausblick, da machte die Jagd auf Kleintiere bestimmt noch mehr Freude.

Ebenfalls in Norddeich habe ich dieses Ringeltauben-Liebespaar abgelichtet:



Wood Pigeon male feeding his wife

Er (links) fütterte sie:

note how his pupils change their size

Beachtet mal büdde seine Pupillen!

Also wie sie sich verändern und so weiter.

Jedenfalls haben sich die beiden Hübschen anschließend gepaart, was ja auch der Zweck der Fütterung war. Ich meine, so als Ringeltauberich ist man schon auch ein bisschen berechnend. 

Die Ringeltaube ist wohl jener Vogel bei uns mit der mit Abstand längsten Brutzeit. Auch jetzt noch sieht man Individuen mit Nistmaterial durch die Gegend fliegen. Und auch im November wird das noch so sein, da kennt die Ringeltaube keinen Schmerz.

Tauben ganz allgemein haben ja auch immer nur zwei Kinder pro Brut, da muss man halt oft brüten, wenn man nicht aussterben will. Vielleicht sollte das die süße und in Ostfriesland möglicherwiese längst ausgestorbene Turteltaube auch mal so handhaben.

Silberreiher bei der Morgentoilette:


Long John Silver

Ganz früh morgens kommen sie von ihrem Schlafplatz angeflogen, landen an diesem Ort und fliegen dann, nach etwa einer halben Stunde der Gefiederpflege, einzeln raus in die ewigen Jagdgründe, wo sich ab diesem Zeitpunkt jede Wühlmaus, jeder Grasfrosch ernsthafte Gedanken darüber machen sollte, ob es klug sein kann, bei Tage durch die Gegend zu laufen oder zu hüpfen. 

Abflug:


same

Unter den etwa 50 Vögeln war an diesem Tag auch so einer mit Hormonstörung unterwegs (beachte den schwarzen Schnabel und die roten Beine), wie man sie immer mal wieder einzeln beobachten kann:


one of these specimen with red legs and always a black bill like in breeding plumage

Dieses Foto entstand lange vor Sonnenaufgang, daher die komischen Farben. 

Und ich habe es mit einer Viertelsekunde geschossen.

Weitere Silberreiher:


more Great White Egrets

Am Badesee bei Greetsiel, also unweit des Bauhofes, wo sich der IZZ seit Wochen aufhält, habe ich im September immer mal wieder einzelne Raubseeschwalben bei der Jagd beobachten können:


Caspian Tern

Ob es über Wochen verschiedene Individuen gewesen sind?

Sehr wahrscheinlich.

Oh, ein Bartmeisen-Kerl:


male Bearded Reedling

Die Art ist gar nicht selten in der Krummhörn.

Jedes noch so kleine Schilfgebiet in Deichnähe wird von diesen lustigen und so furchtbar ansprechend gefärbten und gezeichneten, fast wie gemalt wirkenden Vögeln zwecks Nahrungssuche immer mal wieder aufgesucht. Oft hört man sie, bevor man sie sieht. Und nur selten hat man die Gelegenheit, eine Bartmeise zu fotografieren, obwohl diese Vögel nicht einmal besonders scheu sind. Das Problem ist ihre Unzuverlässigkeit, denn man kann wirklich nie vorhersagen, wo einem der nächste Trupp begegnet. 

Auflauern bringt da nüscht.  

Übrigens hatte ich bis zu diesen Aufnahmen gar nicht gewusst, dass männliche Bartmeisen schwarze Unterschwanzdecken haben.  

Keine gelben.

Und da isser auch schon wieder:


Iberian Chiffchaff one more time

Der Held dieses Beitrages.

Ich hatte diesen Post ja bereits angekündigt.

Und geschrieben, dass die Bilder fürchterlich werden würden. 

Das wäre auch so gekommen, wenn ich nicht am vergangenen Samstag doch noch unglaubliches Glück gehabt hätte. Ich entdeckte den Vogel zunächst auf dem Bauhof im Kronenbereich einer Schwarzpappel, wirklich ganz weit oben, als er plötzlich Richtung Parkplatz flog. Dort landete er in einem Brombeer-Gebüsch neben der Straße, wo es ihm dem Anschein nach so gut gefiel, dass er gleich eine ganze Stunde blieb.

Megavorsichtig näherte ich mich dem Vogel, war das für mich doch die erste Gelegenheit überhaupt, ihn fast auf Augenhöhe zu knipsen und dann auch noch freistehend. Immer näher ging ich heran, schoss zwischendurch einige Sicherheitsbilder, bis ich schließlich bemerkte, dass der IZZ völlig störungsresistent war. 

Nur fünf  Meter von mir entfernt turnte der kleine Vogel jetzt durchs Geäst.

Ein Traum!

Und süß:




same

Ich konnte es wirklich nicht fassen!

Immer wieder steuerte der IZZ dieselben Warten an, bewegte sich quasi im Kreis.

Nach all den Wochen des Phantomdaseins in den Kronen der höchsten und am dichtesten belaubten Scheißbäume hatte sich der Vogel an diesem denkwürdigen Tag offenbar vorgenommen, mir einen Gefallen zu tun, mir eine Freude zu bereiten und so meine Hartnäckigkeit doch noch zu belohnen. 

Und das war doch auch längst überfällig gewesen. 

Das bedeutet aber auch, dass sein verstecktes Leben in den Baumkronen nichts mit Furcht vor lästigen Vogelbeobachtern zu tun hatte, eher war es wohl so, dass der eigentlich sehr zutrauliche Vogel nur die schöne Aussicht genießen wollte.

Einen Wermutstropfen gab es übrigens auch: Das harte Licht war einfach nicht nach meinem Geschmack. Unter solch unsäglichen Bedingungen schieße ich normalerweise überhaupt keine Bilder. Es war Mittag, und die Sonne knallte vom Himmel wie Sau. 

Kein Wölkchen, kein dimmendes Hindernis. 

Nichts. 

Diese Kombination aus sehr viel Licht und noch mehr Schatten ließ selbst meine geile 50D ins Schwitzen geraten.  Im Prinzip hatte sie kaum eine Chance, auch nur ein Bild korrekt zu belichten. Dass es am Ende doch für ein paar gute Fotos gereicht hat, liegt vor allem daran, dass ich zuvor nahezu pausenlos auf den Auflöser gedrückt hatte.

Echte Spitzenfotos sehen aber anders aus, ihr Küchenfliesen da draußen.

Und trotzdem bin ich mehr als zufrieden mit den Resultaten:























same

Ich meine, vor diesem Tag hatte ich nur solche Bilder hinbekommen:


in his habitat in the canopy og tall trees

Da gefallen mir die neuen doch etwas besser:





same bird

"Egal", würde der Wendler wohl sagen.  

Als Gesang kann man das, was dieser Schwurbelweltmeister immer zum Besten gibt, jedenfalls nicht bezeichnen.

Oh Gott, jetzt, wo ich über den Wendler schreibe, kann das Ende echt nicht mehr weit sein.

Und tatsächlich muss ich jetzt zum Schluss überleiten:

"Du bist ein Arschloch!"

Nicht du, lieber Besucher dieser Seite, sondern ich. 

Das hat nämlich mal ein Jäger zu mir gesagt vor zwei Jahren. Dieser alte Mann wohnt in Pilsum. 

Also hier:


Pilsum Kreuzkirche

Und  an jedem Morgen, pünktlich um neun Uhr, führt er seinen noch älteren Hund aus und das ausgerechnet immer Richtung Diekskiel, wo ich doch so gerne nach Kleinvögeln gucke. 

Der Mann fährt immer ganz langsam mit dem Fahrrad (bei Wind und Regen mit dem Auto) voraus, und der Hund trottet noch langsamer, also im Zeitlupentempo, hinterher, sodass der Mann immer wieder Pausen einlegen und auf seinen Vierbeiner warten muss. Manchmal gab es in der Vergangenheit einen Zwischenstopp an einem Teich, wo der Jäger dann sein Gewehr von der Schulter nahm und eine Stockente erschoss, die der regelrecht rheumatisch wirkende Hund dann zu meiner großen Überraschung apportierte. 

Ebenfalls im Zeitlupentempo. 

In einem kleinen Gehölz am Fuße des Deichs, kurz vorm Parkplatz am Diekskiel, wenn ihr es genau wissen wollt, unterhält dieser Jäger seit vielen Jahren einen Kunstbau, in dem sich meistens tote Hühner befinden. Ob er darin jemals einen Fuchs gefangen hat, will ich lieber gar nicht wissen. 

Und von meinen kleinen Sabotageaktionen bezüglich dieses Kunstbaus wollt ihr lieber nichts wissen.

Nach diesem Jäger kann man die Uhr stellen, doch leider vergesse ich das immer. Und wenn er mir dann mal wieder völlig überraschend entgegenkam, dann habe ich immer demonstrativ in eine andere Richtung geguckt. Ich glaube, das hat ihm nicht gefallen, weshalb er mich schließlich an diesem einen Tag beleidigte. 

Ich kann damit gut umgehen, und eigentlich ist es sogar ein Lob für mich, wenn mich ein Jäger nicht mag.

Neulich war es wieder so weit, die beiden alten und unerwünschten Kollegen tauchten plötzlich wieder wie aus dem Nichts vor mir auf:



European Hare in sad and bad conditions. Hunters are adult Hare's only enemy

Eigentlich waren sie zu dritt, wie ihr sehen könnt.

Der arme Feldhase war zuvor zu Tode geschützt worden von einem Menschen, der die Natur nur deshalb mag, weil er ihr etwas entnehmen kann. Dass der Feldhase bundesweit auf der Roten Liste steht (Status "gefährdet"), stört leider nur die wenigsten Jäger. Sie machen einfach immer so weiter wie gehabt, weil sie wohl auch nicht anders können.

So kenne ich sie.

Eine Frage bleibt: Wieso hat der Typ mich überhaupt geduzt?

Diese männliche Herbstmosaikjungfer, die vor ein paar Tagen über dem Wasser des Mahlbusens des Norder Tiefs bei Neuwesteel nach Beute Ausschau hielt, weiß es auch nicht:





pretty male Migrant Hawker

Hat sie mir zumindest verklickert. 

Kennt Ihr Strausberg?

Das ist eine kleine Stadt östlich von Berlin mit gut 27.000 Einwohnern. Mindestens einer dieser Einwohner muss ein lieber und naturverbundener Mensch sein.

Grüße gehen raus!

Auch vom IZZ, der wohl bald den Abflug machen wird:


note the unexpected bright orange foot soles ;-)

Hat er seine Mauser doch längst abgeschlossen.

Und beachtet doch bitte mal zum Schluss noch schnell die leuchtend orangefarbenen Fußsohlen!

Abgefahren, oder?

Vielleicht stellen auch sie ein totsicheres Unterscheidungsmerkmal zum gewöhnlichen Zilpzalp dar. Und vielleicht sollte das mal jemand untersuchen.

Ganz zum Schluss bleibt doch noch eine Frage: War der IZZ tatsächlich erst im Juli in Greetsiel angekommen oder doch schon seit dem Frühajhr anwesend? In den Niederlanden hat es immerhin einen IZZ gegeben, der vom 22. April bis zum 23. September 2007 am selben Ort in Noordholland verweilte. Weitere Vögel sind dort im Frühjahr aufgetaucht und immerhin bis in den Juli geblieben (Quelle: Dutch Avifauna). 

Vielleicht ist das auch bei meinem Vogel der Fall gewesen, doch mit Sicherheit schreiben kann ich das nicht. Und es wäre ja auch nicht gut für mein Image als mit Abstand bester Vogelkenner in der Straße, in der ich lebe, wenn es tatsächlich so gewesen wäre, würde es doch gleichzeitig bedeuten, dass ich den auffälligen Gesang des IZZ viele Male überhört haben müsste.

Nein, das kann und darf nicht sein, das wäre ganz, ganz schlimm. 

So, Kinners, jetzt müsst ihr tapfer sein, denn das war es auch schon wieder für heute.

Ihr habt wieder was gelernt. 

Und ich auch.

Besser hätte es also gar nicht laufen können, ihr kleinen Wattwürmer.