Samstag, 31. August 2024

Gemischtes zum Nulltarif (Teil 2)

Moin Kinners,

im letzten Bericht hatte ich euch einen Teil meiner Mitbewohnerinnen und Mitbewohner vorgestellt.

Die geilen Bierschnegel

Okay, aufs Gendern kann ich in diesem Fall verzichten, wie mir gerade auf- und einfällt.

Schneggen, ihr wisst.

Hat keinen Sinn und so.

In der Zwischenzeit habe ich mich eingehend mit ihnen beschäftigt und sie sogar ein wenig dressiert. Als Köder fungierten leere Versprechungen; das habe ich mir von so einigen unserer Polit-Akrobaten abgeschaut.

Jetzt können meine Schnegelschneggen durch brennende Reifen springen und noch viele andere Kunststücke vollführen, auf die ich hier aus Zeitgründen aber nicht näher eingehen möchte. 

Fotos wird es auch keine geben, die Schnegel wollen das einfach nicht.

Sie meinen, das hier sei doch nicht das Dschungelcamp, wo permanent Kameras mitlaufen und man nicht einmal ganz entspannt in der Nase bohren kann. 

 

Im letzten Bericht hatte ich euch nicht nur meine alten und glitschigen Freunde vorgestellt, sondern auch ein Suchbild gezeigt:


who is hiding here and how many? This was the question in the last blog post

Nein, falsch, im letzten Bericht hatte ich euch meine Mitbewohner gezeigt, aber erst in der Ankündigung dieses neuen Berichts das obige Suchbild. 

Ich mach's kurz: Auf dem Foto sind zwei Rote Ordensbänder zu sehen.  

Der Preis, den es zu gewinnen gab, ein Büchlein über Vögel in Afrika, ist rausgegangen nach Berlin. Christina Feldmann hat beide Falter gefunden und mir schon am ersten Tag die Mail mit der Auflösung geschickt.  

Insgesamt haben 14 Bürger dieses Landes mitgemacht beim Rätsel, doch nur zwei von ihnen haben beide Ordensbänder auf dem Bild entdeckt. Und Christina war halt am schnellsten. 

Ihr kennt das mit dem frühen Vogel.

 

Am 21. August 2024 hielt ich mich morgens am Diekskiel-Parkplatz auf und entdeckte dort ein zusammengesponnenes Blatt an einer Erle, die keine Schwarzerle war. Ganz vorsichtig öffnete ich die Wundertüte, und zum Vorschein kam ein Erdenbürger, den ich hier schon so oft gezeigt habe.

Die Schilfradspinne




this Furrow Spider was hinding in a rolled leaf

Auf Spinnen hatte ich es gar nicht abgesehen an diesem Tag und an diesem Ort, sondern auf Libellen.

Und ich fand auch welche, so wie z. B. diese weibliche Blutrote Heidelibelle, die sich im Windschatten auf einem Weidenblatt sonnte:


female Ruddy Darter

Später entdeckte ich eine Kleine Binsenjungfer:


Small Spreadwing

Niedlich, oder?

So zart, aber keineswegs zerbrechlich!

Eher biegsam. 

Viele Herbstmosaikjungfern gab es in diesen Tagen und auch jetzt noch:


male Migrant Hawker

Ein anderes Männchen, fotografiert aus zwei unterschiedlichen Perspektiven:



another male

Direkt am Parkplatz "fließt" das Pilsumer Tief vorbei. 

Doch dieses Stillgewässer beherbergt nur wenige Libellen, jedenfalls nicht annähernd so viele, wie man sie an windigen bis stürmischen Tagen am Diekskiel beobachten kann. Es handelt sich dann um verdriftete Tiere, die an diesem exponierten Ort direkt am Deich Schutz suchen und finden zwischen den Büschen und Bäumen. 

Dass es keine örtlichen Libellen sind, sieht man sehr schön im Frühjahr, wenn am Diekskiel viele Moosjungfern auftauchen. Moosjungfern brüten nämlich gar nicht in der Krummhörn. Sie stammen also mindestens von der Geest, wo sie Moore bewohnen, vielleicht aber auch aus weiter entfernten Gebieten.

Verdriftet werden nahezu ausschließlich Großlibellen. Umso erstaunlicher war der Fund der Kleinen Binsenjungfer; es war für mich sogar die allererste überhaupt an diesem Ort! 

Weitere Herbstmosaikjungfern für euch:



five males on ealy morning

Und nochmal drei, die jemand zum Trocknen auf die Leine gehängt haben musste:


three males

Der Mindestindividualabstand ist unbedingt einzuhalten!

Die Mädels sind immer deutlich in der Unterzahl:


female

Vonne Seite:


same

Und wieder ein besonders hübscher Kerl:

another male Migrant Hawker for you

Am Mahlbusen des Norder Tiefs bei Neuwesteel (Stadt Norden) steht dieses Trafohäuschen in einem Gehölz, das vor allem aus Pappeln und Weißdorn sowie Eschen besteht:


at this time of the year this small building always harbours tons of Red Underwings, hiding on the wall underneath the Regenrinne 

Achtet bitte auch auf die Silberpappel rechts im Bild. 

Der Weißdorn wächst dort völlig unüblicherweise in tiefstem Schatten zwischen den hohen Pappeln und Eschen und Silberweiden! Ich glaube, ich habe ihn dort noch nie blühend angetroffen, obwohl es dort sehr viele Individuen gibt. 

Es ist auch der Ort, an dem ich meinen bislang einzigen Hornissenglasflügler dingfest machen konnte vor zwei oder drei Jahren. Doch der spielt heute keine Rolle. 

Es geht ums Rote Ordensband:



well camouflaged Red Underwing  ;-)

Dieses Individuum setzte sein Leben leichtfertig aufs Spiel, indem es sich für die Tagruhe einen Standplatz ausgesucht hatte, der vielleicht nicht ganz perfekt war. 

Ich meine, Vögel sind nicht blind. 

Auch nicht viel besser:


well camouflaged (part 2)

Zwei beisammen:


well camouflaged (part 3) 

Achtet mal auf die Spinnweben! 

Unterhalb der Dachrinne lungern vor allem linke Gartenkreuzspinnen herum, aber auch einige andere Arten warten dort geduldig auf fette Beute. Die Ordensbänder sind aber deshalb keineswegs gefährdet. Sie brettern einfach durch die Netze hindurch. Und sie machen das, weil sie es können. Als Rotes Ordensband ist man groß und kräftig, da kann man auch schon mal so einen Stunt riskieren.

Oft gesehen, nix passiert. 

Auch nicht wirklich gut getarnt an Weißdorn:







well camouflaged (part 4) 

Das Suchbild noch einmal für euch, doch diesmal war ich zuvor näher herangegangen:


a bit closer, do you see the hiding cratures now

Zweimal war ich auch am späten Abend vor Ort, um mal wieder mit eklig-klebrigem Rotwein-Rum-Hefe-Zucker-Bananenmatsch zu ködern.

Ihr glaubt es nicht, aber kein einziger Falter ließ sich am Stamm der bereits weiter oben vorgestellten Silberpappel blicken! Obwohl es an diesen Abenden mollig warm war. Nicht einmal eine einzelne bescheuerte "Motte". Was für Arschlöcher! Ich stehe mir da stundenlang die Beine in den Bauch, noch dazu in der Finsternis, und niemand schaut vorbei. 

Was war ich enttäuscht! 

Okay, ein paar Naschkatzen gab es schon zu beobachten. Da waren plötzlich hunderte Asseln, die den Stamm während meiner kurzen Abwesenheit wegen des verlockenden Duftes hochgeklettert sein mussten, und eine einzelne Gemeine Eichenschrecke, ein Weibchen, trank auch den verbotenen Saft. Diese Eichenschrecke war an beiden Tagen zu sehen und am selben Baumstamm, ihr Auftauchen war also kein Zufall, wie ich noch bei unserer ersten Begegnung geglaubt hatte.

Das einzige Hochlicht an diesen beiden Abenden war neben der Eichenschrecke also dieser Kandidat hier:


Walnut Orb-weaver Spider

Die erste Spaltenkreuzspinne meines Lebens sah ich im Alter von etwa zehn Jahren. 

Als Tagesversteck hatte sie sich seinerzeit in unserem Garten den schmalen Spalt zwischen dem Deckel eines Nistkastens und dem Nistkasten selbst ausgewählt. Ich weiß noch, ich wollte die Zahl der Eier der Kohlmeisen, die in diesem Kasten brüteten, überprüfen, nahm also den Deckel ab und entdeckte die ledrighäutige Spinne. 

"Oh, sorry, ich wollte nicht stören", stammelte ich überrascht und befestigte den Deckel blitzschnell wieder auf dem Kasten. 

So war das damals. 

Und die Spaltenkreuzspinne vom Trafohäuschen in Neuwesteel hatte ihr Netz direkt neben einer Lampe errichtet. Licht an, Essen kommt, so einfach kann das Spinnenleben sein. Das hatte sie sich bestimmt von den Entomologen dieser Welt abgeguckt, die ja bekanntlich auch mit der Unterstützung von Licht Insekten und vor allem Schmetterlinge anlocken. 

Diese Art ist natürlich keine Rarität, aber man bekommt sie bei Tage so gut wie nie zu Gesicht, weil sie sich dann in ihrem Versteck aufhält, in irgendeinem Hohlraum oder eben einer Spalte. 

Daher ihr Name.  

Nach Sonnenuntergang geht es dann raus ins Netz, das dann erst einmal ausgebessert oder gar komplett erneuert wird. Die ganze Nacht über verweilt die Spinne dann auf der Nabe. 

Tagsüber sonnte sich ein hübscher Admiral fast genau dort, wo in der Nacht zuvor die Spaltenkreuzspinne auf Beute gelauert hatte:


Red Admiral

Der war in meiner Kindheit mein Lieblingsfalter gewesen und vielleicht auch nicht ganz so häufig, wie es heute der Fall ist.

"Seemöven" im Watt bei Pilsum:


"Seagulls"

"Seemöven" im Watt bei Campen:


"Seagulls" (part 2)

Rauch- und Mehlschwalben jagten an einem stürmischen Tag (28. August 2024) unweit des Campener Leuchtturms minutenlang um einen Busch herum:

























on another stormy day these Barn Swallows and House Martins were rocking around the Christmas tree. Actually they were just hunting for food

Wahrscheinlich tummelten sich dort viele Fluginsekten, die sie erbeuten konnten. 

Plötzlich, nur wenige hundert Meter von den Schwalben entfernt, wurde es laut: "Meine Frese, sei doch nicht immer so trantütig!"









Roe Deer (mother with child)

"Immer muss ich auf dich warten! Wen habe ich da bloß großgezogen?""

Ja, ihr wisst das wahrscheinlich nicht, aber auch Rehe schimpfen bisweilen mit ihrer Brut.

Und dann sah die Mutter in meine Richtung: "Frank, dieses Kind wird es nie zu etwas bringen; sehr wahrscheinlich wird es schon bald von einem hirnlosen Menschen abgeballert werden, so unachtsam und verträumt, wie es durchs Outback irrt."

Sie schüttelte den Kopf, Tränen strömten geradezu über ihre Wangen. Und dann schien sie fast zu kapitulieren: "Jetzt muss ich wohl den Rest meines Lebens auf Bambilein aufpassen."

Meine Meinung: Da könntest du richtig liegen. 

Gesehen, gehört und abgelichtet für die Ewigkeit am Campener Leuchtturm am Morgen des 18. August 2024. 

Hübsche Zaunwinde:


pretty Hedge Bindweed of subspecies Calystegia sepium roseata 

Am  selben Tag, nur etwas später, entdeckte ich ein Hermelin, das die Uferbefestigung auf und ab lief. 

Und während ich das dackelmäßig langgestreckte und kurzbeinige Knopfauge beobachtete, fielen mir die unzähligen Blüten der Zaunwinde auf, die nicht so aussahen, wie ich sie kannte. Sie waren nämlich nicht etwa rein weiß, sondern weiß-rosa gestreift. 

Für einen Augenblick hielt ich sie für die Blüten der Ackerwinde, doch nur wenig später verwarf ich diesen abwegigen Gedanken schon wieder, weil sie viel zu groß für diese Art waren und, von der Seite betrachtet, auch ganz anders geformt. 

Weil ich völlig ratlos war, musste ich schließlich im Netz nachfragen. Und die Lösung des Rätsels ließ auch nicht lange auf sich warten: Es handelt sich hier um eine seltenere Unterart der Zaunwinde, nämlich um Calystegia sepium roseata!

Das Hermelin sah übrigens so aus:




cute and curious Stoat

Es folgt ein sehr wahrscheinlich männlicher Steinschmätzer:


(likely male) Northern Wheatear

Gesehen und geknipst in Norddeich am 31. August.

Am selben Tag sah ich Haussperlinge, die in zahllosen Gruppen am Rande des Strandes über die Fruchtstände des Strandhafers herfielen:


House Sparrow

Zwei ältere Damen tauchten wie aus dem Nichts auf, und die Vögel flogen davon.

Die Frauen bekamen das sogar mit und fragten rhetorisch: "Oh, entschuldigung, haben wir Sie gestört?"

"Nee, überhaupt nicht, das täuscht", gab ich freundlich zurück. Ich wusste, die Spatzen würden ohnehin schon nach kurzer Zeit zurückkehren. Wären es aber keine Spatzen gewesen, stattdessen vielleicht eine Weidenammer, dann ...

Okay, Weidenammern tauchen eh nicht mehr in Deutschland auf. Und somit wird es auch kein blutiges Pumpgun-Massaker am Strand von Norddeich geben.

Zurück zum Diekskiel, wo es, wie auch an allen anderen Orten Ostfrieslands, in den letzten Wochen nur wenig geregnet hatte, als ich diese Bilder vom Deich aus schoss.

Ich wollte den Wassermangel sauber belegen:



no rain, dry soil

Es handelt sich hier übrigens um die LKW, die die Deichbaustelle mit Klei versorgen. 

 

Vor etwa zwanzig Jahren war mir meine erste Frühe Heidelibelle vor die Linse geflogen. Und zwar auf einem Weg im Venner Moor und somit unweit des Dümmers. 

Ebenfalls vor etwa zwanzig Jahren sah ich meine ersten Feuerlibellen – es waren gleich drei männliche Individuen gleichzeitig gewesen – am Ufer einer frisch angelegten Blänke im Hasetal bei Hollage. Beide Orte liegen übrigens im Landkreis Osnabrück. 

Zwei ursprünglich ausschließlich mediterrane Arten hatten sich auf den Weg gemacht, den Norden Deutschlands zu erobern. Wie einst die Römer getan hatten, übrigens ganz in der Nähe!

Und neulich wiederholte sich dieses Spektakel für mich, nur waren es zwei neue Arten, die ich nie zuvor in Deutschland gesehen hatte. Der Klimawandel macht es möglich, dass wir jederzeit und an jedem Ort mit Überraschungen rechnen müssen, ob wir das wollen oder nicht. Natürlich ist es schön, Arten zu finden, die man vielleicht nie zuvor zu Gesicht bekommen hat, aber die Ursache dafür ist eigentlich eine bedenkliche.

Die Südliche Mosaikjungfer, die ich euch ja bereits im letzten Beitrag vorgestellt hatte (siehe auch dort) ist eine der beiden genannten Arten:


this picture, I had already presented above, does of course not show a Migrant Hawker, but a male Blue Eyed Hawker

Kinners, das war natürlich nur ein Scherz!

Dieses Bild, das ich euch bereits weiter oben als Herbstmosaikjungfer verkauft hatte, zeigt natürlich eine männliche Südliche Mosaikjungfer.

Beachtet die blauen Augen, die anders gezeichneten Brustseiten und viele andere Merkmale. Im Flug ist die Unterscheidung der beiden nahe miteinander verwandten Arten nicht immer so einfach und im Falle der Weibchen sogar noch schwieriger. Doch die Männchen beider Libellen lassen sich auch fliegend gut voneinander trennen, es sei denn, sie sausen in Lichtgeschwindigkeit an einem vorüber. 

Die leuchtend blauen Augen der männlichen Südlichen Mosaikjungfer fallen nämlich einfach auf. 

Blaue Augen?

Da war doch was.: 

Achtung: "Deine blauen Augen machen mich so sentimental. So blaue Augen! Wenn du mich so anschaust, wird mir alles andere egal. Total egal! Deine blauen Augen sind phänomenal!""

Die Älteren unter euch werden sich vielleicht noch dunkel erinnern. Genau, es handelt sich hier um den Refrain eines Songs der Berliner Neue-Deutsche-Welle-Band Ideal!

Annette Humpe, Sängerin dieser Combo, hat mal einem Redakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung vor 30 Jahren oder so verraten, wie es überhaupt zu diesem Hit gekommen ist. 

Und der hat das einfach abgedruckt.

Ich zitiere aus dem Interview: "Ich begegnete dieser attraktiven Libelle 1980 in Dubrovnik. Es war ein herrlicher Tag, und ich saß ganz allein am Ufer eines Sees, als plötzlich eine große Libelle neben mir auf einem Schilfhalm landete. Leichtfertig sah ich in ihre azurblauen Augen, und es war sofort um mich geschehen. Erst als das hübsche Tier, das ich nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte, abflog, kam ich wieder zu mir. Dieses Erlebnis hat mich beeindruckt und bis heute geprägt. Und ich wusste auf der Stelle, darüber muss ich einen Song schreiben.

Der Rest ist Geschichte.

Wieder wat jelernt, wa?

Das obige Bild ist für mich das mit Abstand schönste, das ich bislang von der Südlichen Mosaikjungfer habe schießen können. Das Licht, die Farben, der Hintergrund gefallen mir ausgesprochen gut. Und selbst die etwas lädierte linke Hinterschwinge fügt sich gut ins Gesamtkunstwerk ein, zeigt sie doch lediglich die Spuren des kurzen Lebens und somit die Vergänglichkeit, wie sie bekanntlich allen Lebewesen gemein ist.

Wir sind da keine Ausnahme!

Ein anderes Männchen, aufgenommen nur einen Tag zuvor:



another male

Dasselbe:


same

Und schließlich ein weiteres, ausnahmsweise fotografiert auf dem Rysumer Nacken: 






another male from another location (Rysumer Nacken)

Ja, diese hübsche Libelle ist mir seit Ende Juli viele Male und an verschiedenen Orten begegnet, doch wie im Falle der Schwesterart sind auch hier die Weibchen deutlich in der Unterzehl, zumindest am Diekskiel. 

Trotzdem hatte ich das große Glück, eines dieser wenigen weiblichen Tiere zu finden:


my very first female Blue Eyed Hawker

Und das war nicht einfach!

Bei den Weibchen muss man wirklich genau hinsehen, und das gilt keineswegs nur für die beiden heute vorgestellten Arten. Der wichtigste Unterschied im direkten Vergleich mit der Herbstmosaikjungfer sind hier die verschieden gezeichneten, also ungestreiften Thoraxseiten, wie ich finde.

Hier sieht man es besser:



same

Der 21. August 2024 war ein stürmischer Tag mit vielen finsteren Wolken und ebenso vielen heftigen Schauern.

Da mussten sich nicht nur die Libellen gut im Windschutz der Büsche verstecken, wenn sie nicht fortgepustet und klitschnass werden wollten. 

Und das wollten sie ganz bestimmt nicht.  

Trotzdem fand ich unter diesen unsäglichen Bedingungen ein Paarungsrad der Herbstmosaikjungfer:


Migrant Hawker on a stormy day

Es war eine stürmische Liebe im stürmischen Wind, und das Männchen umklammerte mit letzter Kraft den dürren Zweig, während es zusammen mit seiner Frau auf Zeit von einer kräftigen Böe, die zu allem Überfluss auch noch einen kräftigen Schauer im Gepäck hatte, durchgeschüttelt wurde.

Und es folgten viele weitere Böen und Schauer. 

Seht doch selbst: 


not the best circumstances

Kinners, beide haben es überlebt.

Ich übrigens auch. 

Schlecht getarnt, wie einige der bereits weiter oben gezeigten Ordensbänder, war auch diese immerhin gut frisierte Raupe der Aueneule




Poplar Grey caterpillar

Kaum dass die Sonne hinter einer Wolke verschwunden war und nachdem die Raupe das halbe Blatt der Silberpappel aufgegessen hatte, rollte sie sich ein und gönnte sich erst einmal ein Nickerchen. 

Einfach an Ort und Stelle, um wertvolle Energie einzusparen:


same, but filled up with food and sleeping

Und ich meine auch wieder ein leises Schnarchen gehört zu haben. 

Der stürmische 21. August war auch jener Tag, an dem ich eine zweite neue Libellenart für mich in diesem Jahr entdecken konnte. 

Und zwar noch bevor mir das Paarungsrad der Herbstmosaikjungfer ins Auge sprang:


my very first Southern Darter in Germany

Genau vier Heidelibellen sah ich von meinem Standpunkt im Windschutz der Büsche und aus nur zwei Meter Entfernung auf diversen Warten herumstehen. 

Zwei Große, eine Blutrote und eine Heidelibelle, die mir sehr zeichnungsarm vorkam, sowohl auf dem Abdomen als auch am Thorax. Ich hob mein Fernglas an und riskierte einen genaueren Blick. Dann nahm ich etwas hektisch meine Kamera in die Hand und schoss aus allen Lagen ein Bild nach dem anderen. 

Das Tier zeigte sich wie die anderen Heidelibellen wenig scheu, und es war unmittelbar nach einem der vielen heftigen Schauer nach wie vor finster und recht kühl, sodass ich kaum befürchten musste, die Libelle könnte sich im nächsten Moment aus dem Staub machen. 

Ich hatte nämlich einen Verdacht, war mir aber alles andere als sicher, weil nur ein Teil der vielen Merkmale der Verdachtsart in meinem Hirn abgespeichert war. Doch je mehr Bilder ich schoss, desto entspannter wurde ich, weil ich wusste, dass viele Fotos der Grundstein für eine sichere Bestimmung waren. 

Ich meine, Vergleichsmaterial kann man nie genug haben. 

Und bei meiner nachmittäglichen Recherche am heimischen Rechner bestätigte sich mein Verdacht schließlich auch!

Ich hatte doch tatsächlich die für mich erste Südliche Heidelibelle in Norddeutschland gefunden:


same male

Auf dem folgenden Foto sieht man die nahezu völlig einheitlich rotbraun gefärbte Brustseite: 




same 

Kein Schwarz, kein Gelb, keine Streifen, weder breit noch schmal. 

Nüscht.  

Und auch das Abdomen dieses Männchens war nahezu einheitlich hellrot. Zu allem Überfluss zeigten die Beinchen jeweils einen hellen und breiten Streifen, der etwas ins Rötliche tendierte. Mehr kann man wirklich nicht sehen, besser kann man so einen Nachweis nicht dokumentieren.

Gib Pfötchen, sech mol Moin:


say moin

Möglicherweise handelt es sich hier sogar um einen ostfriesischen Erstnachweis! 

Zumindest gibt es bislang noch keinen Eintrag auf der entsprechenden Karte auf Naturgucker.de

So sieht das aus!

Ich hatte diese Art schon seit vielen Jahren auf dem Schirm gehabt. Und mir war immer klar gewesen, dass ich sie am Diekskiel finden würde – falls überhaupt.

Ich will aber auch ehrlich sein, dieses Biest wäre mir ganz bestimmt nicht aufgefallen, wenn es an diesem Ort an diesem Tag zu einem Massenauftreten von Heidelibellen gekommen wäre, wie ich es dort schon so furchtbar oft beobachtet hatte in der Vergangenheit. Denn dann wäre so ein exklusiver Gast ganz bestimmt einfach in der Menge untergegangen. Aber es waren glücklicherweise nur wenige Heidelibellen anwesend, und genau dieser Umstand bot mir die Chance, diese eine Südliche Heidelibelle auch zu enttarnen.

In Teilen Süddeutschlands hat sich dieses innerhalb Europas einst ausschließlich mediterrane Taxon längst etablieren können, doch für den Norden der Republik scheint das noch nicht zu gelten. Ob die Art in Niedersachsen bereits reproduziert, ist mir unbekannt.

 

Und, habt ihr inzwischen die Ordensbänder auf der Borke der Silberpappel entdecken können?

Falls nicht, hier sind sie:



where the Red Underwings are

Der obere Falter aus der Nähe 



the upper specimen

Und hier der untere:


the second one

Geil, oder?

Da hat sich Mutter Natur aber mal so richtig Mühe gegeben!

Und zu guter Letzt gibt's noch zwei schlecht verborgene Anfänger:



beginners

Das war es fast schon wieder für heute. 

Aber damit ihr mir glaubt, dass auch im Frühjahr Libellen in großer Zahl vom bösen Wind verdriftet werden, zeige ich euch schnell noch ein Bild, das von mir den Titel Plattbauch-Paaady verpasst bekommen hat: 



Broad-bodied Chaser gathering on a stormy day in last May

Elf Plattbäuche könnt ihr auf diesem Foto erkennen, wenn ihr euch bemüht. 

Und es waren wahrscheinlich über hundert Individuen an diesem Tag insgesamt. 

Der Parkplatz am Diekskiel ist immer wieder ein Erlebnis für mich. Gar nicht mal so selten kann man dort etwas Interessantes entdecken, und zwar gerade so oft, dass die Motivation, diesem Ort immer wieder eine neue Chance einzuräumen, nicht absterben kann. Mal ist es eine junge Sperbergrasmücke, mal baffzig Großlibellen. Und wer weiß schon, was dieser Herbst noch alles bringen wird neben den üblichen Gelbbrauen-Laubsängern, die sich in den Büschen und Bäumen dieses exponierten Parkplatzes alljährlich blicken lassen. 

Heute Morgen zum Beispiel entdeckte ich dort gleich mehrere Grau- und Trauerschnäpper:



the parking lot at so called Diekskiel is a good spot for passerines on migration. This morning I found Common Redstarts, Willow Warblers, Chiffchaffs, Spotted and Pied Flycatchers (two images above) and ...

Oh, da ist eine kleine Spinne, die ess' ich gleich auf:


... a Common Reed Warbler

Dachte sich dieser junge Teichrohrsänger.  

Auf dem Zug ist diese Art auch abseits von Gewässern und schilfigen Lebensräumen anzutreffen. In den Gebüschen am Diekskiel kann man den Teichrohrsänger alljährlich in kleiner Zahl antreffen. Selten sind es dort mehr als fünf Individuen gleichzeitig. Diesen wenig scheuen, dafür aber umso zappeligeren Vogel sah ich heute Morgen, nur wenige Minuten nach Sonnenaufgang.

Zuvor hatte ich dort diesen Steinschmätzer geknipst, der es sich auf dem Deicharbeiter-Denkmal gemütlich gemacht hatte und aufgeplustert die Morgensonne genoss:


Northern Wheatear

Es war nämlich sehr frisch heute Morgen!

Und weil der Wind wieder mal ganz fies aus östlichen Richtungen blies, gab es auch wieder viele Großlibellen zu bestaunen:

Hier seht ihr acht Herbstmosaikjungfern beisammen (Suchbild):


eight Migrant Hawker (one female)

Hier waren es zunächst zehn, doch eine elfte befand sich gerade im Anflug, wie ihr sehen könnt:


eleven (males only)

Später, es war längst wieder sehr warm, patrouillierte dieses Männchen über dem Pilsumer Tief:


male Migrant Hawker patrolling over the ditch and waiting for the ladies

Im kommenden Bericht wird es wohl wieder um Beobachtungen aus dem Landkreis Osnabrück gehen. 

Weil ich Anfang August wieder etliche Tage dort verbracht habe, gibt es auf meiner Festplatte nach wie vor zahllose Bilder, die noch verwurstet werden wollen. 

Vielleicht vermasselt ihnen aber auch noch eine faustdicke Überraschung die Tour. 

Das wäre schön, aber man weiß es nicht. 

Ein letztes Bild für heute: 


I trained my Cellar Slugs for few weeks, now they are able to jump through a burning  hoop

Kinners, ich hab's schnell mit einem ausgenudelten Kugelschreiber auf einen alten Briefumschlag gekritzelt. 

Aus der Erinnerung heraus. 

Fotos durfte ich ja nicht machen. 

Meinten die Bierschnegel.