Meine Fresse, ich bin so unglaublich erschöpft.
Ich glaube, ich muss erst einmal ein Käsebrötchen erlegen, bevor ich überhaupt weiterschreiben kann.
Kinners, ich habe eine anstrengende Tour durchs Dorf hinter mir.
Zusammen mit meinem Laubpuster.
Dass ich so ein geiles Teil besitze, hatte ich euch ja schon im letzten Beitrag verklickert.
Doch es hat sich reichlich getan in der Zwischenzeit. Ich habe meinen Laubpuster nämlich aufgemotzt, indem ich ihm grelle Rallyestreifen aufgeklebt habe. Und ich habe ein fettes Loch in seinen Auspuff gebohrt, so wie es einst ein Fußballkollege aus der B-Jugend von Blau-Weiß Hollage mit seiner Puch (mit Cuppini-Lenker!) gemacht hatte.
Die war danach zwar nicht schneller geworden, dafür aber umso lauter.
Und nur darauf kommt es an.
Ich war wirklich in jeder Straße, habe überall richtig Lärm gemacht – rattatattabrömmm –, und am Ende waren alle Dorfbewohner wütend auf mich, obwohl ich ihnen an diesem einen Tag doch nur mal aufzeigen wollte, was ich mir in einem ganzen Jahr an jedem einzelnen Tag anhören muss. Das hat aber nicht geklappt. Und es hätte auch dann nicht geklappt, wenn ich mit einem deutlich dickeren Zaunpfosten gewunken hätte.
Ja, meine Laubpuster-Tour war nichts anderes als ein Rachefeldzug. Ich meine, was muss man sich alles anhören in diesem verfickten Dorf. Das geht auf keine Kuhhaut. Der eine Nachbar hämmert den ganzen Tag rum, der andere ist ein Kreis- und Motorsägen-Sympathisant, ein weiterer mäht mit seinem lauten Scheißbenziner im 3-Tage-Rhythmus seinen Golfrasen, nur um zwischen den Mähtagen noch mit einem noch lauteren Freischneider rumzuhantieren, und der Nachbar von der anderen Straßenseite streitet sich den ganzen Tag lautstark mit seiner Frau und, wenn die nicht da ist, mit seinem Hund.
Ein echter Choleriker, wie er im Bestimmungsbuch steht.
Mal ehrlich, wild lebende Tiere, die so laut sind wie meine Nachbarn oder der deutsche Durchschnittsbürger ganz allgemein, würde der Mensch auf der Stelle auf die Abschussliste setzen. Über deutschen Dörfern und Städten brütende Saatkrähen oder mitten im Siedlungsbereich an Gartenteichen brüllende Grünfrösche werden auf der Stelle verstehen, was ich meine.
Die so genannte Zeit zwischen den Jahren ist bekannt dafür, dass sie von grün gekleideten Menschen gerne genutzt wird, um (wieder einmal) ganz wichtigen Naturschutz zu betreiben:
hopefully the last hunting season ever
Und dieser Kandidat steht in etwa in der Mitte auf dem Wunschzettel eines Lodenträgers:
mystery game bird
Für einen Jäger gibt es ganz bestimmt bedeutsamere Beutetiere, aber auch welche, die ihm beim Schießen – äh, Schützen – deutlich weniger Freude bereiten.
Auf jeden Fall ist es so, dass man die Kollegen mit einem geschossenen Vogel dieser Art kaum beeindrucken kann.
Es folgt ein Schätzbild für euch.
Genau 15 Sekunden dürft ihr es euch ansehen, dann müsst ihr weiterlesen, so schwer es euch auch fallen mag. Wer die Vögel auf dem Foto einzeln durchzählt, ist ein Mogler. Und als Mogler sollte man sich schämen.
Das Bild:
how many Lapwings do you see?
Meine Fresse, der Hunger wird immer schlimmer, aber ich will nicht jammern.
this female Common Scoter I spotted in the harbour of Norddeich one day before Christmas Eve
Diese weibliche Trauerente sah ich einen Tag vor dem angeblich Heiligen Abend im Hafenbecken von Norddeich nach Nahrung tauchen.
Und einen Seehund gab es dort auch noch zu bestaunen:
Harbour Seal in the harbour of Norddeich
Der war aber nicht sehr kooperativ.
Keine Angst vor großen Vögeln:
Green Sandpiper among Barnacle Geese. This species can even be found in winter, but always in small numbers with maximum thee birds together
Bereits am 11. Dezember 2024 hatte ich einen Waldwasserläufer auf einem gefluteten Acker bei Pilsum entdeckt.
Wenige Tage später sah ich am selben Ort einige Kampfläufer durchs seichte Wasser waten, von denen ich einen auch fotografiert habe:
Ruff with Golden Plovers and a Lapwing
Wer auf dem Foto der Kampfläufer ist, müsst ihr alleine herausfinden.
Und falls ihr zu den hiesigen Jägern gehören solltet, wird euch das nie gelingen.
Um Greetsiel herum kann man diesen großen Strandläufer jedenfalls in fast jedem Dezember beobachten, nicht selten sogar in kleinen Trupps.
Doch sobald es zu frieren beginnt und der Zugang zur Nahrung nicht mehr gewährleistet ist, machen Kampfläufer den Abflug, nur um dann sehr früh im neuen Jahr, meist schon im Februar (die Masse aber erst im März!), wieder zurückzukehren und sich auf die Weiterreise in die weiter nördlich gelegenen Brutgebiete vorzubereiten. In Ostfriesland ist der Kampfläufer nämlich schon seit Jahrzehnten als Brutvogel verschwunden.
Den Grund dafür kennt ihr, er geht aufrecht auf zwei Beinen.
Auch Kiebitz und Goldregenpfeifer harren bei uns alljährlich bis zum ersten heftigeren Frost aus, allerdings in deutlich größerer Zahl. Und entsprechend kann man diese beiden schmucken Limikolen auch zurzeit noch in beachtlichen Trupps auf den Feldern der Krummhörn beobachten.
Die vier letzten Bilder sind natürlich nur Belegschüsse, so wie auch das folgende, das aber einen noch viel selteneren Gast hier in Ostfriesland zeigt:
no words
Am 9. Dezember begegnete mir dieser Saarländer auf dem Parkplatz des Pilsumer Leuchtturms!
In voller Bergbaumontur, also mit Unterschenkelschutz, Helm und sogar Werkzeug und Grubenfunzel, machte er sich auf den Weg zum Leuchtturm, um jedem Menschen dort und überall auf der Welt die Geschichte vom Bergbau näherzubringen. Er sei quasi ein Vertreter aus der letzten Generation von Bergarbeitern in Deutschland, so meinte er jedenfalls zu mir.
"Ich möchte, dass diese Tradition am Leben erhalten wird", so setzte er fort: "Und das vor allem auch deshalb, weil die letzten beiden Steinkohlezechen Deutschlands bereits 2018 geschlossen wurden."
Eine davon übrigens im westfälischen Ibbenbüren, also gar nicht weit von Osnabrück entfernt.
Der Mann nahm sich selbst und sein kleines Referat nicht allzu ernst, was immer ein positives Zeichen ist und einen Menschen sympathisch rüberkommen lässt. Davon sollten sich viele Zeitgenossen auf diesem Planeten mal eine fette Scheibe abschneiden, wie ich finde, und manchmal kann es schon ausreichen, wenn man einfach mal den langen Stock aus dem Arsch herauszieht.
Ja, dieser Bergmann war ein ganz besonderes Prachtexemplar unserer Spezies aus der Familie der Menschenaffen (siehe Wikipedia), vielleicht sogar eine eigene Unterart: Homo sapiens saarlandensis.
* * *
Pssst, ihr müsst jetzt ganz leise sein!
Draußen ist es bereits stockfinster, und ich sitze in meiner noch dunkleren Küche auf der Lauer. Mein Hunger ist jetzt schon so groß, dass ich einfach nicht mehr länger warten konnte und wollte. Ich habe mich etwas versteckt zwischen Küchenstuhl und Kühlschrank – mit der Pumpgun im Anschlag. Nur etwa einen halben Meter von mir entfernt liegen einige Fichtenzweige auf der Anrichte herum. Wirklich erkennen kann ich sie in der Dunkelheit natürlich nicht – ich sehe ja nicht einmal meine eigene Hand vor den Augen –, aber sie sind da, ich meine, ich weiß es ganz bestimmt, habe ich sie doch selber erst vor wenigen Minuten dort hingelegt.
Oh, ein Geräusch!
Das kann eigentlich nur ein Bierschnegel sein oder eben eines der sehr scheuen Käsebrötchen. Ich tippe aufs Brötchen, denn die Schnegel hört man eigentlich immer nur dann, wenn sie etwas umschmeißen. Und das machen sie ganz bewusst und in böser Absicht und grundsätzlich in Teamarbeit.
Da ist es wieder, das Geräusch. Pssst, sagt jetzt nichts, ihr bescheuerten Taubnesseln da draußen. Ich höre es ganz deutlich. Und obwohl ich nichts sehen kann, schmiegt sich mein rechter Zeigefinger schon mal prophylaktisch eng an den kalten Abzug meiner Flinte, freilich ohne allzu viel Druck auf ihn auszuüben. Ein schmaler Grat bleibt es trotzdem, denn meine Pumpgun ist eine tickende Zeitbombe! Sie besitzt nämlich einen eher nervösen und brandgefährlichen Grundcharakter, etwa wie ein Vollstreckungsbeamter des Sinaloa-Kartells auf Crack, und schießt auch schon mal so und ganz ohne mein Zutun wild um sich.
Da muss man immer auf der Hut sein!
Soll ich jetzt schießen oder nicht?
Was meint ihr?
Zweifel keimen in mir auf, doch eigentlich spricht bei nüchterner Betrachtung nichts dagegen, ich meine, nicht nur die Jäger im Petkumer Deichvorland ballern auch gerne mal bei schlechter Sicht einfach drauflos, bei dichtem Nebel oder weit nach Sonnenuntergang an einem Gewässer draußen im Outback. Irgendwen trifft man ja immer, wenn man nur oft genug schießt, und wenn man vorher nicht weiß, wer es ist, dann ist die ganze Kacke doch auch noch viel spannender. Nein, ist sie natürlich nicht, weil die meisten Jäger die verschiedenen Entenarten ja gar nicht auseinanderhalten können. Sie kennen sie nicht einmal.
Pssst, das Geräusch da hinten, vielleicht verursacht das weder einer der Schnegel noch ein Käsebrötchen. Es könnte auch meine Vermieterin sein. Und das wäre doch die Chance!
Plötzlich gibt's kein Zögern mehr: Ka-WUMMMM!
* * *
Apropos Bierschnegel:
unusually patterned and coloured Cellar Slug in my kitchen
Dieses sehr ungewöhnlich gefärbte und gezeichnete Individuum habe ich vor einigen Wochen auf dem Ceranfeld meines E-Herdes fotografiert!
Ein wirklich ganz besonderes Tier:
beautiful black dots, that I have never ever seen in this species
Es hat ein bisschen Ähnlichkeit mit einem Tigerschnegel, ist mit diesem aber weder näher verwandt noch verschwägert.
Tigerschnegel leben übrigens auch nicht in Häusern oder Wohnungen, nicht einmal in meiner eigenen.
Bei der Nahrungsaufnahme:
same specimen eating flower
Ich weiß natürlich, dass ihr da draußen schon richtige Schnegelexperten seid, weil ihr ja immer hier reinschaut und euch auf den neuesten Stand bringt, aber für jene Nullnumern, die permanent im Blindflug unterwegs sind und absolut keine Ahnung haben, wie ein Bierschnegel überhaupt auszusehen hat, gibt es jetzt das folgende Foto:
how they actually are supposed to look like
Ihr seht, da sind schon Unterschiede erkennbar!
Ein weiteres Exemplar:
flash shows everything, not only the slug!
Der Blitz meiner Knipse hat alles schonungslos ans Licht gebracht.
Den hübschen Schnegel, aber auch die abartigen Putzstreifen in der Spüle! Ich schwöre bei meiner längst verstorbenen Oma väterlicherseits, unter normalen Umständen ist davon nichts zu sehen. Weder bei Tageslicht noch dann, wenn die grelle Deckenlampe eingeschaltet ist.
Ich weiß, die allermeisten Bürger dieses Landes würden beim Anblick von Nacktschneggen in der heimischen Küche auf der Stelle einen Anfall kriegen und, diesmal im übertragenen Sinne, die schwersten Geschütze auffahren.
Mir kommt das gar nicht in den Sinn.
Nur wenn hier statt der Bierschnegel Küchenschaben oder Bettwanzen herumliefen, sähe das anders aus. Doch ich würde sie nicht bekämpfen, sondern ganz schnell ausziehen. Die Bettwanze ist übrigens zurzeit stark im Kommen, nachdem man sie in Deutschland zuvor beinahe ausgerottet hatte. Man kann diesen lästigen Blutsauger übrigens auch jederzeit aus einem der unzähligen weltweiten Urlaubsgebiete mit nach Hause verfrachten und das zunächst sogar völlig unbemerkt. Wenn man aber irgendwann die ersten Stiche wahrnimmt, könnte es schon zu spät sein.
Ich würde also sofort umziehen und die Wohnung vielleicht sogar vor dem endgültigen Abschied noch schnell abfackeln.
Nein, das ganze Haus.
Sicher ist sicher.
Kinners, es gibt doch noch gesunde Feldhasen in der Krummhörn:
pretty Hare
Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen.
Diesen hier habe ich aber am 20. Dezember auf dem Rysumer Nacken gefunden, und der Rysumer Nacken gehört bekanntlich zur Stadt Emden.
Seit einigen Wochen hält sich ein adulter und sehr wahrscheinlich weiblicher Sandregenpfeifer in der so genannten Westdeichecke unweit des Pilsumer Leuchtturmes auf.
Anfangs war er noch sehr scheu mir gegenüber:
late Ringed Plover
Hier kam er aber an einem anderen Tag schon mutig auf mich zugerollt:
same specimen, that has become much more confiding in the meantime
Und längst hat er jegliche Scheu abgelegt:
he loves to eat Mealworms
Weil ich ihm was zu essen gegeben habe.
Doch nicht alle Mehlwürmer schienen dem Sandregenpfeifer zu schmecken:
shaking his head, maybe the last mealworm did not taste so well
Bäh!
Zumindest schüttelte er einmal angewidert sein Haupt, nur um wenig später weitere Beutetiere zu verschlingen. Vielleicht war da das Mindesthaltbarkeitsdatum eines der Mehlwürmer bereits abgelaufen.
Man weiß es nicht.
Fakt ist, dass ich alles richtig gemacht haben muss, wenn ein wilder Vogel im spätnachmittäglichen Seitenlicht ganz entspannt auf einem Bein steht, nur wenige Meter von mir entfernt:
why are you staring at me?
Sobald aber Passanten auftauchten, eilte der Sandregenpfeifer rasch davon.
Hier aber noch nicht:
same
So, ihr lieben Arschkrampen da draußen, ich löse auf:
Mallard is one of the most popular "game" birds, not only in Europe
Genau, das Bild ganz oben zeigt eine männliche Stockente.
Das habt ihr bestimmt sofort erkannt, wie ich euch kenne. Die Stockente ist eigentlich überall sehr häufig, sie ist sehr wahrscheinlich sogar die mit Abstand häufigste "Brutente" unserer Republik überhaupt. Und sie ist hübsch und findet auch durchaus Beachtung sowie Bewunderung unter jenen Menschen, die sie gerne an Parkgewässern füttern. Als Vogelbeobachter, das will ich zugeben, sehe ich beim Anblick einer Stockente eigentlich keinen Grund, warum mein Herz schneller schlagen sollte.
Dafür ist sie einfach zu "gewöhnlich".
Doch nur weil die Stockente überall vorkommt, bedeutet das noch lange nicht, dass sie bejagt werden muss.
Merksatz: Keine einzige Stockente auf dieser Welt zeigt auch nur den Hauch von Begeisterung, wenn sie mit Bleikügelchen zugeballert wird.
Das Schätzbild noch einmal für euch:
this picture shows exactly 107 Lapwings (and few blurry Curlews)
Es sind genau 107 Kiebitze (und drei Große Brachvögel) auf dem Bild zu sehen.
Und natürlich habe ich mich vor dem Durchzählen wieder einmal verschätzt. Und zwar um satte 20 Vögel. Immer, aber wirklich immer, liege ich mit meinen Schätzungen zu weit unten. Und in diesem Leben wird sich das wohl auch nicht mehr ändern.
Fast zu guter Letzt:
senseless Brauchtum
Ihr seht, ich hatte Jagdglück!
Und meine Vermieterin ist noch einmal mit ihrem Leben davongekommen.
Auf dem Teller liegt ein Stück Käsebrötchen.
Ein Stück Rehwild und so weiter. Ja, Jäger bezeichnen ihre Beutetiere immer als Stücke. Als Sachen oder Dinge und nicht etwa als fühlende Lebewesen. Und genau so behandeln sie sie ja auch.
Der angeblich so heilige Hubertus, das beweist das leckere Teil auf meinem riesigen Pizzateller, war mir also wohlgesonnen.
Um mich beim in meiner Küche erlegten Käsebrötchen zu entschuldigen und ihm meinen tiefsten Respekt zu zollen, habe ich ihm brauchtumsmäßig Fichtenzweige ins Maul geschoben. Und weil das Käsebrötchen zu den so genannten Rundummäulern gehört, habe ich ihm rundum alles mit diesen Zweigen vollgestopft.
Wenn man ein ernsthafter Jäger ist, dann legt man sehr viel Wert auf solche Gesten und Bräuche. Und wer auch immer sie sich ausgedacht hat, er muss mächtig einen an der Klatsche gehabt haben. Ich meine, wenn ich ein Wildtier respektiere, dann nehme ich ganz bestimmt keine Schusswaffe in die Hand, sondern ein Fernglas.
Oder eine Kamera.
Nebensächliches: Die abgebildete Jagdtrophäe ist übrigens kein herkömmliches Käsebrötchen! Tatsächlich handelt es sich hier um ein Kürbiskern-Käsebrötchen und somit um eine eigene Unterart, die sehr wahrscheinlich in Kürze, ganz dem aktuellen Trend entsprechend und als Resultat wertvoller Schreibtischarbeit, Artstatus erlangen wird, auch wenn es keinen Grund dafür gibt.
So, Kinners, das war es fast schon wieder für heute.
Feiert schön am Silvester-Abend und geht zielsicher und selbstbewusst mit zwei lachenden Augen ins neue Jahr. Trinkt aber nicht so viel Alkohol, denn sonst müsst ihr am Mittwoch-Morgen leiden. Vor allem aber müssen dann andere unter euch leiden, vielleicht sogar schon während der Feier, und das geht natürlich gar nicht!
Guten Rutsch also all jenen Zeitgenossen, die die Natur so respektieren können, wie sie ist, und sie nicht etwa in Gut und Böse einteilen oder für einen Selbstbedienungsladen halten, wie es bekanntlich ein beträchtlicher Teil unserer Gesellschaft zu tun pflegt.
Egal, denn es war einmal ...
... ein junger Schwarzstorch, der am 26. September 2020 eine Pause vom anstrengenden Zug Richtung Afrika in Manslagt eingelegt hatte:
this juvenile Black Stork had a rest close to my home in September 2020. This bird was confiding as hell, did not show any fear, when I took my photographs from close distance and without any hide. Never seen that before and since
Die ersten Bilder schoss ich sicherheitshalber aus sehr großer Distanz, nur um mich dann Schritt für Schritt und in geduckter Haltung immer weiter dem stolzen Vogel anzunähern.
Das ging damals eine ganze Weile so: stop and go, wie ein Regenpfeifer. Aber erst als ich schon bis auf zwanzig Meter herangekommen war, schnallte ich endlich, dass dieser junge Schwarzstorch nicht den Hauch von Scheu mir gegenüber zeigte. Ich hätte also durchaus noch näher herangehen können, doch auf Portraits hatte ich es an diesem denkwürdigen Tag nicht abgesehen.
Der Vogel stand wirklich einfach nur da und putzte sich ausgiebig, wie die folgenden Bilder illustrieren:
same
Unter der linken Tragfläche ist jetzt auch alles in Ordnung:
same
Wo ist jetzt was:
same
Am Scheitel juckt's:
same
Irgendwann war der Schwarzstorch fertig mit seiner Gefiederpflege.
Abschließend begutachtete er sich selbst, nur um mir dann eine überraschende Frage zu stellen: "Frank, bin ich eigentlich zu dick?"
bird was asking me: "Am I really too fat?"
Nein, mien Jung, du nicht.
Wenig später nahm der große Vogel nur wenige Schritte Anlauf und hob ganz elegant ab. Er überquerte den nahen Deich und steuerte die Salzwiesen an, wo er in den Prielen nach Beute Ausschau hielt, so wie ich noch vor einigen Minuten in meiner Küche.
Es war nicht mein erster Schwarzstorch gewesen und hoffentlich auch nicht der letzte in meinem Leben, aber bislang der einzige, der komplett störungsresistent daherkam und mich gar nicht beachtete.
Und das war so richtig spektakulär!
Horrido, ihr faulen Eier!
Nachtrag: Kinners, die Geschichte mit dem in meiner Küche geschossenen Käsebrötchen war natürlich erstunken und erlogen! Und eigentlich hättet ihr das auch bemerken müssen. Ich meine, jedes Kind weiß doch, dass Käsebrötchen grundsätzlich nur tagaktiv sind.
Zweiter Nachtrag:
Alles, was ihr oberhalb dieses zweiten Nachtrages gelesen habt, hatte ich bereits vor ein paar Tagen geschrieben. Und diesen Beitrag eigentlich auch bereits abgeschlossen. Doch heute, am 28. Dezember 2024, gelangen mir Bilder, die zum Geschriebenen passen wie der berühmte Arsch auf den Eimer!
Seht doch selbst:
most hunters do not care for nature in general at all as they usually don't care for hunting conditions, as you can see. It is only about shooting living targets
Auf einem Acker südlich der Hauener Pütten wurde heute wieder mal die Natur geschützt.
Etwa 20 bis 30 Jäger vom Hegering Greetsiel (aus Greetsiel, Pilsum, Manslagt) gaben alles, um dort auch wirklich jedes Tier aufzuscheuchen. Es wurde laut geschrien, und immer wieder fielen auch Schüsse. Wer da erschossen wurde, konnte ich bis auf eine Ausnahme (s. u.) nicht erkennen, dafür war der Nebel einfach zu dicht.
Hier könnt ihr einen der Schreihälse unscharf (nein, noch unschärfer als den Typen im Vordergrund) im Hintergrund sehen:
protecting wildlife and nature is an important thing
Ein anderer Jäger schlenderte locker über den Acker und trug eine getötete Nonnengans in seiner Linken:
record shot of a hunter with killed Barnacle Goose. This species is actually protected by law in Germany, but as I already wrote above: hunters don't care
Wegen der schlechten Sicht ist diese Gans das einzige getötete Tier, das ich bis auf Artniveau bestimmen konnte. Leider sind die Bilder nicht so prickelnd geworden, aber als Beleg für das, was diese Menschen so treiben, reichen sie allemal.
Wenig später stopfte der Jäger die Nonnengans in seinen Rucksack, nachdem einer seiner Kollegen in meine Richtung gezeigt hatte. Mir war das egel, weil ich meine Bilder bereits im Kasten hatte. Das Verhalten des Jägers zeigt aber, dass diese Leute wissen, dass die Nonnengans geschützt ist, es interessiert sie nur nicht. Sie wissen auch, dass die meisten Menschen in der Krummhörn, keineswegs nur Jäger und Landwirte, keine Gänsefans sind; der Rückhalt in der Bevölkerumg dürfte also groß sein.
Es hätte übrigens auch eine Rothals- oder Zwerggans treffen können! Auch diese beiden sehr seltenen Arten treten regelmäßig in Ostfriesland auf, wo sie sich in der Regel unter andere Gänse mischen. In den riesigen Trupps gehen sie aber förmlich unter, und nicht nur unter schlechten Jagdbedingungen, wie sie heute in Pilsum vorherrschten, lassen sie sich kaum als seltene Arten enttarnen, schon gar nicht im Eifer des Gefechts, wenn alles sehr schnell gehen muss.
Aber man kann nichts dagegen machen.
Jäger haben längst alle Bereiche der Wirtschaft, staatlicher Institutionen sowie des gesellschaftlichen Lebens erfolgreich unterwandert. Sie sitzen in der Kommunal- und in der Bundespolitik, innerhalb der Wirtschaft (gemeint ist jetzt nicht die Dorfpinte, wo sie wahrscheinlich besonders gerne abhängen) sowohl in kleinen Betrieben als auch in großen Konzernen, in Gerichten (Richter, Staatsanwälte und so weiter), im Polizeikörper, aber wohl auch schon in jeder dritten Naturschutzbehörde, in der hiesigen Nationalparkverwaltung und im Naturschutzbund. Der wird sogar seit einigen Jahren von einem Jäger angeführt! Und wenn es sich in seinem Fall auch um einen eher moderaten Vertreter dieser überflüssigen Zunft handelt, nicht erst seit seinem Amtsantritt werden Dinge miteinander verquirlt, die nichts miteinander zu tun haben sollten.
Merksatz: Jagd wird niemals Naturschutz sein!
Kinners, ich beichte euch heute was: Auch ich war mal ein NABU-Mitglied. Nur hieß der NABU damals noch nicht NABU, sondern DBV (Deutscher Bund für Vogelschutz).
Etwa im Alter von zehn Jahren war das damals losgegangen, doch schon mit Mitte zwanzig, also vor über 30 Jahren, trat ich wieder aus. Hauptgrund: Eben genau dieses widerwärtige Gemauschel mit Lodenträgern. Trotzdem wäre ich damals nie im Leben auf die Idee gekommen, dass mal ein Jäger den Platz des NABU-Präsidenten besetzen könnte.
Wie naiv ich doch war!
Rechtliche Schritte wegen des Nonnengans-Abschusses bei Pilsum brauche ich wohl erst gar nicht einzuleiten. Denn selbst wenn ich die Polizei informiert hätte, wäre ganz bestimmt nichts passiert, falls die sich überhaupt auf den Weg gemacht hätte (siehe letzten Bericht!). Für die meisten Polizisten ist so eine Geschichte allenfalls eine Bagatelle, für die es sich nicht lohnt, das Büro überhaupt zu verlassen.
Und Jäger haben sowieso immer mindestens eine Ausrede parat: "Wusste nicht, dass die geschützt ist." Oder: "Habe sie nicht als solche erkannt." Oder: "Ich weiß gar nicht, wer von uns getroffen hat, geschossen haben wir ja alle gleichzeitig."
In den ersten beiden Fällen könnte man noch sagen, Unwissen schütze vor Bestrafung nicht, aber spätestens bei der dritten Variante ist dann Schluss.
Quintessenz: Jäger kommen immer mit allem durch.
Jäger sind für mich keine angenehmen Zeitgenossen, eher alles andere als das. Und so hat mich die heutige Geschichte wieder einmal auf die sprichwörtliche Kokospalme gebracht. Trotzdem hat sich mein kleines Herz inzwischen wieder beruhigt. Ich habe mir nämlich vorhin eine XXL-Packung Baldrian-Dragees eingeschmissen und dann noch ein paar Gewürzspekulatius gerissen.
Fette Beute also auch für mich.
Es folgt das Belegfoto einer Rohrdommel:
blurry record shot of a Bittern, that I had accidentally flushed few seconds before
Gesehen und fotografiert am 26. Dezember bei Manslagt.
Ich hatte den seltenen Überraschungsgast zuvor versehentlich direkt neben einem Weg aufgescheucht und gerade noch ein Belegfoto anfertigen können, bevor er niedrig davonstrich und sich wenig später in einen weit entfernten und verschilften Entwässerungsgraben fallen ließ.
Und dabei beließ ich es auch.
Und jetzt stellt euch bitte noch einmal folgende, bereits weiter oben von mir angedeutete Szene vor: Eine Horde Jäger umzingelt in der Abenddämmerung ein Gewässer und wartet auf den Schlafplatzflug der Enten. Treffen diese schließlich völlig ahnungslos ein, werden sie wahllos beschossen. Denn wie wollen es die Jäger unter solchen Bedingungen eigentlich schaffen, die verschiedenen Arten, von denen die meisten auch noch streng geschützt sind, auseinanderzuhalten, wenn sie das schon bei Tageslicht nicht hinbekommen, weil sie sie gar nicht kennen? Und falls wenige von ihnen diese Kunst doch beherrschen sollten, was ich mir nach meinen langjährigen Erfahrungen beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie bekommen sie es dann hin, mit streuendem Schrot einen "erlaubten" Vogel selektiv aus einem Trupp heraus vom Himmel zu holen, ohne einen der "verbotenen" zu verletzen?
Ihr kennt die Antworten.
Und dann fliegt in der allgemeinen Aufregung plötzlich auch noch eine Rohrdommel aus dem Schilf auf! Ich wette, sie würden auch auf sie schießen, weil sie sie für einen Fasan hielten oder eine große weibliche Ente.
Ich meine, die Gefiederzeichnung hat schon eine gewisse Ähnlichkeit.
Fakt ist, niemand kann kontrollieren, was sich nach Einbruch der Dunkelheit an einem Gewässer irgendwo in der Feldflur abspielt. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Wald-und-Wiesen-Jagd, wie sie hier überall in unserem Land praktiziert wird, alljährlich sehr viele geschützte Vögel zum Opfer fallen. Davon bekommt nur niemand etwas mit. Und den meisten Jägern ist das völlig egal, weil bei der Jagd ganz andere Dinge im Vordergrund stehen.
Das Schießen auf lebende Zielscheiben.
Der Spaß, den sie dabei empfinden.
Die Kameradschaft.
Und das bescheuerte und völlig sinnfreie Brauchtum an sich, das muffiger kaum riechen könnte.
So, Kinners, die beiden finalen Bilder dieses allerletzten Beitrages des Jahres 2024 illustrieren ganz fein das derzeitige Wetter Ostfrieslands, das mir sehr gefällt. Seit etwa einer Woche hat sich die Sonne nicht mehr hier blicken lassen, tagsüber sieht es kaum anders aus als nachts. Es ist bedeckt und nebelig, und manchmal sprühregnet es auch noch etwas.
Aber es weht kein nerviger Wind, und beim Beobachten hat man kein bescheuertes Gegenlicht, das das Bestimmen von Vögel nicht einfacher macht.
Weißdornfrüchte an einem nebeligen Tag:
Hawthorn fruit on a misty day in December
Entdeckt in Pewsum vor einigen Tagen.
Und ein letztes Bild für heute:
feather of unknown origin (maybe a Goose) covered by water drops
Es zeigt eine Feder unbekannter Herkunft, die ich heute in den vernebelten Salzwiesen der Leybucht gefunden habe.
Diese Feder in Kombination mit den hübschen Wassertropfen – beachtet hier bitte auch deren Lupeneffekt! – war wirklich ein Foto wert.
Und wer gerade Langeweile hat, der kann ja die Tropfen zählen.
Guten Rutsch!