Samstag, 13. Juli 2019

Zu Besuch im Knyphauser Wald (Teil 2)

Tach Kinners!

Gestern war ich im Knyphauser Wald, weil ich doch endlich mal eine weibliche Gerandete Jagdspinne mit Kokon fotografieren wollte. 

Ab Anfang Juli kann man bei dieser Art nämlich mit Nachwuchs rechnen.

Doch als ich am ganz frühen Morgen im Gebiet ankam, sah es dort so aus: 





destruction of Raft Spider Habitat

Man hat in der Zwischenzeit im Wald die Ernte eingefahren und die ganzen Baumstämme ausgrechnet über den Gräben, die das Epizentrum der Jagdspinne im gesamten Forst darstellen, aufgestapelt. 

Schon einige Wochen zuvor hatte mich eine Anwohnerin per E-Mail über die unerfreuliche Situation informiert. Doch am Ende sah es noch viel schlimmer aus, als ich es mir zuvor vorgestellt hatte. Darüber hinaus hat man im selben Gebiet auch noch einen großen Teil der Bodenvegetation etfernt, ohne dass mir die Gründe dafür bekannt wären. 

Die Gerandete Jagdspinne ist eine streng geschützte Art! Man darf sie weder anfassen noch stören. Doch wenn man sich an ihrem Lebensraum zu schaffen macht, spielt das keine Rolle. Tatsächlich gelang es mir an diesem Morgen nicht, auch nur ein einziges Individuum ausfindig zu machen. 

In diesem Fall glaube ich aber nicht daran, dass das etwas mit den vorgenommenen Veränderungen zu tun hat. Vermutlich besteht eher ein Zusammenhang mit den längst ausgetrockneten Gräben. Ich habe keine Ahnung, wo genau sich die Spinnen aufhalten, wenn kein Wasser mehr vorhanden ist. Doch bereits im letzten Jahr hatte ich vergleichbare Erfahrungen gesammelt. 

Ich gab die Suche auf und beobachtete die Fichtenkreuzschnäbel und Erlenzeisige, die sich  in den Kronen alter Fichten aufhielten und dort riefen, sangen und speisten. Wenig später begab ich mich dann zu einer offenen Fläche mitten im Wald, die vor allem von der hübschen Glockenheide dominiert wird.

Das folgende Foto zeigt den Weg, der mich ans Ziel führte: 




habitat of rare butterflies

Schon auf diesem Weg begegneten mir gleich mehrere Spiegelfleck-Dickkopffalter und ein einzelner Kaisermantel, der sich aber geschickt meinen Blicken entzog. 

Und dann fand ich das hier:

web of Agelena labyrinthica

Was ungefähr so aussieht wie das viel zitierte Schwarze Loch, ist tatsächlich der gesponnene Trichter des Netzes einer Labyrinthspinne. 

Das Netz selbst kann man soeben unten rechts erahnen. Die Spinne auch, wenn man sich den Trichter aus der Nähe ansieht:


In diesem Schlupfwinkel wartet die Spinne 24 Stunden am Tag geduldig auf Beute, die vor allem aus unvorsichtigen Insekten besteht. 

Ich habe keine Kosten und Mühen gescheut und die Netzbewohnerin hinterlistig aus ihrem Versteck hervorgelockt: 

adult female – all images show the same specimen

Die Labyrinthspinne mag es trocken und warm.

Und sie mag es unbewirtschaftet. 

Man findet sie also vor allem auf Brachflächen und Ödland.

Schon vor zwei oder drei Jahren hatte ich diese interessante wie hübsche Art hier detailliert vorgstellt. Damals war sie mir erstmals in meinem Leben überhaupt in einer ehemaligen Sandgrube bei Friedeburg vor die Linse gekrabbelt. 


Die Labyrinthspinne erreicht zwar nicht die Maße einer Gerandeten Jagdspinne; mit einer Länge von bis zu 14 Millimetern kann sie aber auch recht groß werden.  

Jedenfalls war sie an diesem Tag mehr als nur ein billiger Ersatz für die größere Cousine:


Ich finde, Färbung und Zeichnung passen außerordentlich gut zueinander:

Weniger bedrohlich sieht die Labyrinthspinne im Profil aus:

Es folgt das Foto von einem zweiten Netz, das ich ganz in der Nähe des ersten finden konnte:

second web

Auf einer Fläche von nur einem halben Hektar fand ich unglaubliche 17 Netze.

Der Lebensraum:

habitat shots

Ein anderer Blickwinkel:

Auf diesem zweiten Foto kann man schön sehen, dass da mal Wasser gewesen sein muss.

Im Ostteil des Waldes fand ich neben drei Gemeinen Waldschwebfliegen sehr viele Raupen des Distelfalters:

Painted Lady's caterpillar

Es folgen zwei Raupen unterschiedlichen Alters auf ein und demselben Blatt einer Gemeinen Kratzdistel, wenn ich mich nicht täusche: 

of different age

Wie so viele Schmetterlingsraupen verändern sich auch die des Distelfalters im Laufe ihrer Entwicklung vor allem farblich.

Nach dem so spektakulären Einflug im Juni war damit zu rechnen, dass die Folgegeneration üppig ausfallen würde. Ich denke, ab Ende Juli wird es bei uns von frischen und bunten Distelfaltern nur so wimmeln. 

Ebenfalls sehr häufig ist in diesem Jahr die hübsche Hausmutter

the previous weeks Large Yellow Underwing was really abundant. This specimen and many others have found their way into my vehicle

Wann immer ich in den letzten Wochen am frühen Morgen in meinen Wagen gestiegen bin, einige Plätze waren bereits besetzt.

Kaum fuhr ich los, da schwirrten auch schon die ersten Hausmuttern aufgeregt durch den Innenraum. Das Starten und Vibrieren des Motors hatte sie aus ihren Tagesverstecken im hinteren Teil meiner Karre gescheucht. Die Hausmutter ist ausschließlich nachtaktiv und sucht noch vor Tageanbruch geeignete Ruheplätze auf. Diese Tiere verstecken sich nahezu überall, in dichter Bodenvegetation ebenso wie zwischen Paletten oder aufgeschütteten Steinen. Nach der Landung krabbeln sie blitzschnell in die engsten Spalten und Ritzen, wo sie sicher sind vor ihren Feinden. 

Wie sie es aber geschafft haben, trotz geschlossener Fenster in meinen Wagen einzudringen, wollten mir diese Biester nicht verraten.  

Ein neu angelegter Wildacker im Ostteil des Knyphauser Waldes: 




senseless small field in the wood senselessly created by senseless hunters to feed deer and boar

Offiziell macht man so etwas, weil man Schäden an Bäumen verhindern, wenigstens aber veringern möchte.  

Tatsächlich strebt man eine hohe Wilddichte an. Mehr Wild bedeutet für die Jäger nämlich, dass sie mehr schießen können. Reh, Damhirsch und Wildschwein sind nicht auf eine solche Unterstützung angewiesen. Nahrung gibt es für sie auch ohne Wildäcker im Überfluss. Ich selbst sehe sie nicht selten entlang der Wege beim Frühstück, manchmal auch auf einer direkt an den Wald angrenzenden Wiese. 

Ein weiteres Mal hat man also der Natur etwas weggenommen und ein Stück Land entwertet! Weil sich die  meisten Jäger aber nr für jene Tiere interessieren, die sie bejagen, können sie den Schaden, den sie anrichten, nicht ermessen. Fakt ist nämlich, dass  es in unserer Landschaft an vielem mangelt, ganz bestimmt aber nicht an Äckern. 

Es folgt ein sinnfreier Text:


Wenn ausgerechnet Jäger Rücksicht aufs Wild einfordern, dann klingt das einfach nur zynisch. 

Zum Vergleich: So sieht Natur wirklich aus!


true nature for comparison

Und was meinst du dazu, du Bengel?

this young Stoat was playing with food

Leider war es am frühen Morgen bedeckt und noch ganz finster, als ich dieses halbwüchsige Hermelin in der Nähe der Beobachtungshütte in den Hauener Pütten beim Spielen mit Nahrungsmitteln erwischte (ein absolutes No-Go, wie ich finde!).

Doch mein Schimpfen brachte nichts. 

Das kleine Kerlchen warf die Beute immer wieder in die Luft, um ihr dann blitzschnell hinterherzulaufen. Ich fühlte mich an Hauskatzen erinnert, die sich, wenn sie satt sind, genauso verhalten. Nur wenige Minuten später aber erlosch das Interesse am längst mausetoten Opfer. Es wurde nämlich von einem vorbeirauschenden PKW erfasst und geplättet.

Dieses Hermelin und seine beiden Geschwister ließen sich daraufhin nicht mehr blicken.

So kann's kommen.