wilde perspektiven

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Samstag, 10. August 2019

Hornissenraubfliege

Moin Kinners,

da bin ich wieder!

Okay, ich bin quasi gar nicht da, aber einige Kollegen aus dem Tierreich wollen sich hier wieder vorstellen.

Das Spektrum reicht heute vom Flussuferläufer bis zum Deichschaf und von der bereits in der Titelzeile angekündigten Hornissenraubfliege bis – ja, gähn, wieder einmal – zum Distelfalter.

Doch zunächst ein anderes Thema: Wenn ich nach Hause komme, sehe ich seit Wochen immer dasselbe. Die Nachbarin sprengt den Rasen. Erst im Frühjahr ist sie mit ihrem Mann und gleich fünf Hunden dort eingezogen. Davor hatte das Haus ein ganzes Jahr oder so leer gestanden. Was macht man für gewöhnlich zuerst, wenn man in ein neues gebrauchtes Haus einzieht? Genau, man plättet den Garten!

Die ganzen alten Bäume, Kiefern, ein Apfelbaum und eine Rosskastanie, mussten gleich nach dem Einzug dran glauben. Der Sound der Motorsäge klingt mir heute noch in den Ohren. Es folgten die vielen Büsche, die sich so schön breit gemacht hatten und zahlreichen Tieren Unterschlupf boten. Anschließend wurde hinterm Haus Rasen eingesät und vorne gepflastert. Sieht scheiße aus, aber über Geschmack lässt sich eh nicht streiten. Jetzt, weil es seit Wochen nicht regnen will, muss der kurzgeschorene Rasen immer wieder gewässert werden, damit er nicht braun wird. Und das ist doch auch eine schöne Lebensaufgabe für eine Frau, die sonst vielleicht nichts zu tun hat. 

Darin kann man so richtig aufgehen.

Völlig zufällig habe ich das passende Lied zum Thema gefunden: klick!

Egal.

Huaaaaah:

Hornet Robberfly – a true lifer!

Am siebten August 2019 hielt ich mich mal wieder kurz nach Sonnenaufgang auf dem Rysumer Nacken auf.

Es war ein schöner Morgen mit großartigem Licht, leider aber auch mit ganz viel Wind. So richtig wach war ich wohl noch nicht, als da plötzlich gleich zwei junge Schwarzstörche über mir am blassblauen Himmel kreisten. Ich musste erst meine Kamera rauskramen und starklar machen. Die Zeit, die dabei verstrich, nutzten die Vögel, um rasch an Höhe zu gewinnen.

Herausgekommen sind am Ende trotzdem die besten Bilder, die ich jemals vom Schwarzstorch gemacht habe, weil alle anderen noch schlechter waren:





had never seen two Black Storks at the same time in Germany

Es ist möglich, dass ich die Vögel zuvor selbst aufgescheucht hatte!

Ich komme immer an einem Teich vorbei, den man aber erst einsehen kann, wenn man ihn bereits passiert hat. In aller Regel drehe ich mich aber gar nicht mehr um, weil da eigentlich immer nur Stockenten abhängen und manchmal vielleicht eine Schnatterente.  


both were juvenile

Eilig hatten es die Schwarzstörche nicht. 

Ganz gemütlich flogen sie nach Süden davon:


Und ein letztes Bild von einem der Vögel: 


Das war schon eine sehr schöne Beobachtung!

Ich meine, so oft ist mir der Schwarzstorch in Ostfriesland oder gar in der ganzen Republik noch nicht begegnet. Da war die Freude groß.

Groß war die Freude auch, weil beide Neuntöter-Paare auf dem Rysumer Nacken eine erfolgreiche Brut hingelegt haben. Insgesamt haben gleich mindestens acht Jungvögel das Licht dieser kranken Welt erblickt und sind auch erfolgreich ausgeflogen.

Drei von ihnen zeigt, auf dem Zaun des Umspannwerkes stehend, das nächste Bild:


in total eight young Red-backed Shrikes have successfully fledged at so called Rysumer Nacken, of which three can be seen in this photograph

Oh, ein Distelfalter:

pretty Painted Lady

Auf dem Rysumer Nacken wimmelt es zurzeit von Tagfaltern!

Neben der gezeigten Art sieht man dort vor allem den verwandten Admiral:

Red Admiral

Derselbe Falter aus der Nähe:

same

Daneben gibt es dort sehr viele Waldbrettspiele und inzwischen auch einige Wandergelblinge zu entdecken.

Schon jetzt kann man davon ausgehen, dass es im September abermals zu einem starken Auftreten des Distelfalters in Ostfriesland kommen dürfte. Die Tiere, die dann schlüpfen, werden sich aber wenigstens zum Teil wieder auf den Weg nach Süden begeben müssen, wenn sie zum Fortbestand der Art beitragen wollen.

Interessant ist vielleicht noch, dass ich am 9. August auf dem Rysumer Nacken einen Distelfalter beobachten konnte, der kleiner war als ein Kleiner Fuchs! So einen Winzling hatte ich nie zuvor gesehen. Immerhin war mir aber schon vor ganz vielen Jahren aufgefallen, dass gerade diese Art in unterschiedlichen Größen auftreten kann. Bei keinem anderen Schmetterling habe ich das jemals feststellen können. Belegfotos gelangen mir leider nicht.

Folter mit Fliegen (Teil 2):


note that these flies apparently maintained a strong allergy against white hair ;-)

Beachtet bitte, dass sich die Fliegen nahezu ausschließlich auf dem schwarzen Teil des Fells der Kuh aufhalten. Weil sie genau dem Verlauf dieser schwarzen Flecken folgen, kann das kein Zufall sein, doch ist mir die Ursache dafür unbekannt. Zu diesem Zeitpunkt war es schon wieder sehr warm, sodass ich einen thermo-regulatorischen Vorteil in diesem Fall ausschließen möchte.

Ideen?

Ein Grünspecht, ein junger:

young Green Woodpecker at work

Bislang ist diese Art noch kein Brutvogel des Rysumer Nackens, was sich aber in Zukunft ändern dürfte. 

Denn an Bäumen mit ausreichend starkem Stamm und für die Nahrungssuche notwendigen kurzrasigen oder gar vegetationslosen Bereichen mangelt es dort bereits jetzt nicht. Jungvögel wie dieser stammen zurzeit aber noch aus anderen Ecken, vielleicht am ehesten aus Emden. Dort gelang mir vor einigen Jahren der erste Brutnachweis für die Seehafenstadt, obwohl es in den Jahren zuvor auch schon Bruten gegeben haben dürfte.

Aus sehr großer Distanz bekommt man vom alltäglichen Trubel am Pilsumer Leuchtturm nichts mit:


Pilsum lighthouse

Und das ist auch besser so!

Es folgt eine kleine Pause vom Rysumer Nacken; ich nehme euch mit in den Hafen von Norddeich.

Ringeltaube (rechts) im Anflug:

Wood Pigeon with Domestic Pigeon (in flight)

Puh, die Landung ist geglückt:

same

Dann gehe ich da mal rein:

Dumdidum und dann wieder raus:

same

Ich kenne die Funktion dieser "Giiterbox auf Stelzen" nicht, aber als Brutplatz für die Ringeltaube taugt das Teil allemal. 

Der Grund für den Erfolg dieses Vogels, den so viele Menschen nicht leiden können, ist seine Anspruchslosigkeit. Die Ringeltaube kann nahezu überall brüten, mitten in Städten ebenso wie im Wald oder in der verfickten Feldflur, wo nur ein Busch ausreicht für die Anlage des kunstvollen Nests.

Vielleicht müssen nicht mehr ganz so viele Jahre vergehen, bis die früher so seltene Hohltaube aufschließen kann, denn auch sie wird immer mehr zu einem Gebäudebrüter, zumindest hier in Ostfriesland. 

Mutter und Tochter (wieder aus der längst etablierten Rubrik Serengeti darf nicht sterben):


mother and daughter Deichschaf ;-)

the black sheep of the family

Das Bild illustriert die Wanderung der Großsäuger am frühen Morgen. Und es zeigt sehr eindrucksvoll, dass das schwarze Schaf mal wieder nicht in die Pötte kam und eine Exreawurst gebraten haben wollte und so weiter.

Als ich das Bild machte, lag ich nach sehr langer Zeit mal wieder in meinem Tarnzelt. 

Und dieser kleine Wackelarsch war der Grund dafür:


Common Sandpiper 

Der Flussuferläufer traute dem Braten nicht so recht. Immer wieder nahm er mein Versteck genau ins Visier.

Flussuferläufer-Gedanken: Ist da etwa tatsächlich jemand drin?

same

Wenig später stand derselbe Vogel direkt vor meiner Linse:

same

Was für ein Zufall.

Und: Geduld zahlt sich manchmal aus.

Einer seiner Verwandten stand auf der Beobachtungshütte in den Hauener Pütten herum: 


Redshank watching his offspring 

Das war allerdings schon im Juni der Fall, als es dort noch Wasser gab und Nachwuchs, den man beaufsichtigen musste.

Es ist natürlich ein Rotschenkel

Noch einmal mein erster Resedafalter, bereits vorgstellt im letzten Bericht:

Pontia spec.

Inzwischen habe ich in Erfahrung bringen können, dass die Art auch im östlichen Niedersachsen
keine Selbstverständlichkeit darstellt. 

Immerhin sind dort in diesem Jahr (an der Elbe) von einem zuverlässigen Gewährsmann gleich mehrere Indviduen entdeckt worden, nachdem die Art dort von derselben Person satte 15 Jahre nicht beobachtet worden war. Das spricht tasächlich für einen winzigen Einflug aus dem Osten in 2019. Früher soll es im Raum Hannover (Misburg) vorübergehend und über mehrere aufeinanderfolgende Jahre sogar eine kleine Populationen gegeben haben. Doch ob das heute auch noch der Fall ist, konnte ich leider nicht herausfinden. In Teilen Brandenburgs dagegen soll der Resedafalter in diesem Sommer der häufigste Weißling gewesen sein. 

Die beiden Schwarzstörche hätten tatsächlich das Potenzial gehabt, die Hauptdarsteller dieses wieder einmal herausragenden Beitrages zu werden. Doch nur zwei Stunden später, also immer noch am 7. August, flog ein mächtiger Brummer vor meinen Füßen auf. Der Ort des Geschehens: derselbe Weg, an dem ich die Hosenbienen fotografiert hatte (siehe letzten Bericht). Ich erschrak mächtig. Das passiert mir sonst nur, wenn ich versehendtlich einen bescheuerten Fasan aufscheuche oder eine Ringeltaube, die sich dann lautstark ihren Weg durch dichtestes Geäst freischaufelt und sich dabei fast ihre Flügel bricht.

Zumindest hört sich das immer so an.

Diesmal war es aber nicht das Geräusch, das mich zusammenzucken ließ, sondern die Größe des Tieres! Ich schätzte es im Eifer des Gefechts zunächst auf eine Länge von einem halben Meter. Trotzdem hatte ich keinen blassen Schimmer, wer da gerade vor mir hochgeschossen war. Immerhin hatte ich die Farbkombination aus Rotbraun und Gelb erkennen können. Doch eine Hornisse konnte ich sofort ausschließen, weil die nicht so schnell beschleunigen kann. Die Hornissenschwebfliege wiederum kam auch nicht infrage, weil sie sich wohl niemals an einem so offenen Ort auf den Boden stellen würde. Wäre das Biest gleich ganz versschwunden, würde ich jetzt noch rätseln und wahrscheinlich bis zu meinem Tod keinen Schlaf mehr finden. Doch ich hatte Glück. Nach nur drei Metern ging der Flieger wieder runter. Ganz vorsichtig, wie in Zeitlupe, hob ich mein Fernglas an. Und was ich sah, versetzte mich auf der Stelle in großes Erstaunen. Da sonnte sich eine Raubfliege auf dem Boden.

Und was für eine!

Ich nahm meine Kamera in die Hand und schoss noch im Stehen die ersten Bilder. Dann ging ich in die Hocke, um die Perspektive zu verbessern.

Das Resultat sah dann so aus:

my very first image of a Hornet Robber Fly 

Ich habe das hier schon oft erwähnt: Wenn man ein erstes Sicherheitsbild angefertigt hat, kann man ganz gelassen einen Versuch starten, sich zu verbessern.

Also wechselte ich das Objektiv und kroch in niedrigster Gangart auf dem Boden auf die Fliege zu.

Sie zeigte sich völlig gelassen und ließ eine Annäherung bis auf wenige Zentimeter zu:












all images show the same specimen

Nicht erst beim Blick durch den Sucher meiner Kamera war ich zutiefst beeindruckt von dem Tier!

Beinahe hätte ich mir in die Hosen gemacht, so bedrohlich, ja sogar lebensgefährlich sah das Biest aus. Und die Hornissenraubfliege ist lebensgefährlich! Doch nur dann, wenn man ein Insekt ist. Alles, was sich überwältigen lässt, wird von der Hornissenraubfliege in rasanten Verfolgungsflügen erbeutet und anschließend genüsslich ausgesaugt. Das können Tiere sein, die so groß sind wie sie selbst! Schaut euch mal den mächtigen schwarzen Saugrüssel an. Damit kann die Fliege sogar dicke Chitinschichten eines großen Käfers durchbohren.

Die Körperlänge musste ich allerdings revidieren. Bei genauerem Hinsehen kam ích schließlich eher bei 25 Millimetern raus.

Huaaah (Teil 2)!


Zum Zeitpunkt der Beobachtung wusste ich nicht, wen genau ich da am Rande eines Rapsfeldes entdeckt und abgelichtet hatte.

Doch wegen der Größe des Tieres und der Farbkombination aus Rotbraun und Gelb gab ich einfach ganz spontan den Begriff Hornissenraubfliege in die Suchmaschine ein, ohne zu wissen, ob es so ein Tier überhaupt gab. Die Autovervollständigzng fing sofort zu arbeiten an. Und ja, so eine Fliege existierte wirklich!

Ich hatte das Tier also bestimmt, noch bevor ich überhaupt mit meiner Recherche begonnen hatte. Vor dem Hintergrund, dass ich gerade mal drei oder vier der in Deutschland bislang nachgewiesenen etwa 81 Raubfliegen-Spezies sicher bis auf Artniveau bestimmen kann, ist das eine echte Glanzleistung.

Ich meine, so sieht wohl wahres Heldentum aus.

Der Lebensraum auf dem Rysumer Nacken:

habitat of Hornet Robberfly

Ja, ihr Spacken da draußen, es ist dasselbe Foto, das ich schon im letzten Bericht gezeigt hatte.

Aber warum soll ich ein neues machen, wenn eine Beobachtung am selben Ort stattgefunden hat?

Die Hornissenraubfliege soll früher in weiten Teilen der Republik häufiger gewesen sein. Heute wird sie wohl deshalb deutlich seltener gefunden, weil längst ein Wandel vollzogen worden ist von einer extensiven Viehhaltung hin zu einer intensiven. Die Weibchen legen ihre Eier an Tierkot ab, wo sich die Larven wohl in erster Linie räuberisch von den Larven anderer Insekten ernähren. Man vermutet, dass sich vor allem der Einsatz von Wurmmitteln negativ auf die Artenvielfalt in den Tierexkrementen auswirkt und so eventuell auch einen Rückgang der Hornissenraubfliege herbeigeführt hat. Grundsätzlich scheint diese Art aber nie in hoher Indivduendichte aufzutreten. Die Flugzeit dauert, je nach Quelle, von Juni bis September/Oktober.

Ein letztes Bild:

Bestimmt werdet ihr euch jetzt fragen, wie es möglich sein kann, dass eine vermeintlich lächerliche Fliege den so edlen Schwarzstorch ausstechen kann, wenn es um den Tietel des Hauptdarstellers dieses Beiitrages geht.

Ganz einfach, ich hatte sie nie zuvor gesehen!

Und sie hat mich einfach beeindruckt!

Es folgt eine Schwarzstorch-Pyramide:


Und dann waren sie auch schon wieder weg.

Nonnengänse dagegen nehmen hier in der Krummhörn schon jetzt zahlenmäßig zu, obwohl es sich bei diesen Vögeln sehr wahrscheinlich noch nicht um Individuen aus den arktischen Brutgebieten handelt:


Barnacle Goose

Die Art brütet längst auch in Deutschland, vor allem in Schleswig-Holstein, vereinzelt aber auch in Ostfriesland. Möglicherweise führen diese Populationen dann einen Kurzstreckentzug durch und kommen dann hier vor meiner Haustür an, um fein zu essen. Viele Landwirte wird das ganz bestimmt nicht erfreuen, aber ich bin der Meinung, der Planet ist nicht unser Eigentum.

Brandseeschwalben im Watt in der Nähe der Seeschleuse "Leysiel":


Sandwich Tern

So gewöhnlich diese Art auch auf den Inseln ist, wo man die rauen Rufe permanent hören kann, so selten taucht sie im Wattenmeer auf.

Vor allem in den Monaten August und September kann man ihr hier aber durchaus begegnen, wenn die Jungvögel flügge geworden sind und gleichzeitig der Wegzug eingeläutet wird.

Auch ihr könntet das.

Ihr müsst nur wollen.